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Ergebnisse der Chirurgie und Orthopädie PDF

254 Pages·1969·14.02 MB·English
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ERGEBNISSE DER CHIRURGIE UNO ORTHOPAOIE BEGRUNDET VON E. PAYR UNO H. KUTTNER HERAUSGEGEBEN VON B. LOHR A. SENNINC A. N. WITT KIEL ZURICH MUNCHEN SCHRIFTLEITER: M. TREDE, HEIDELBERG BAND 52 MIT 75 ABBILDUNGEN SPRINGER- VERLAG BERLIN· HEIDELBERG· NEW YORK 1969 AIle Rechte vorbehalten. Keln Tell dieses Buches dart ohne schriftliche Genehml- gung des Springer-Verlages o.bersetzt oder In irgendelner Form vervlelfiltlgt werden. © by Springer-Verlag Berlin . Heidelberg 1969 Softcover reprint of the hardcover 1s t edition 1969 Library of Congress Catalog Card Number 69-18018. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handeisnamen, Warenbezelchnungen usw.1n diesem Werk berechtlgt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, daB solche Namen 1m Sinn der Warenzelchen- und Markenschutz·Gesetzgebung als frel zu betrachten wii.ren und daher von jedermann benutzt werden dftrften Tltel-Nr. 4504 ISBN-13: 978-3-642-95086-5 e-ISBN-13: 978-3-642-95085-8 DOl: 10.1 007/978-3-642-95085-8 Inhalt Experirnentelle Untersuchungen zur Hemmkorpertherapie der akuten Pankreatitis. Von K.-H. GROZINGER 1 Die habituelle Patellarluxation als praarthrotische Deformitat. Von P. LOFF und G. FRIEDEBOLD 60 Lokale Anregung des Extremitatenwachstums irn Tierexperi- ment. Von H. ROHLIG 81 Wechselbeziehungen zwischen N eigung der Pfanneneingangs- ebene und Richtung der Schenkelhalsachse. Von H. SCHMIDT 118 Tierexperirnentelle Untersuchungen zum alloplastischen Tra- cheaersatz nach Kontinuitatsresektion. Von R. F. LICK 157 N amenverzeichnis 230 Sachverzeichnis 247 Experimentelle Untersuchungen zur Hemmkorpertherapie der akuten Pankreatitis* K.-H. GROZINGElt Mit 17 Abbildungen Inhalt A. Einleitung . . • . • . • • . . • . 2 B. EnzymopatWen bei akuter Pankreatitis 3 I. ex-Amylase . 3 II. Trypsinogen • . • . . . . . . . 4 III. Lipase . . . • . . . . . . . . . 5 IV. Andere Enzyme im Pankreassekret 6 a) Ribonuclease, Desoxyribonuclease . 6 b) Esterasen . 6 c) Glucosidasen 6 d) Peptidasen . 6 e) Kinine ... 7 V. Hypercoagulabilitat bei akuter Pankreatitis . 8 C. Pathophysiologie der akuten Pankreatitis . 9 I. Morphologie •.•.•.. . . 9 II. Atiopathogenese ....... . 11 III. Storungen der Pankreassekretion 12 IV. Verlauf der akuten Pankreatitis . 13 D. Hemmung der Enzymwirkung • . . 14 I. Zur Wirkungsweise der Enzym-Inhibitoren 14 II. Die klinische Anwendung von Proteinase-Hemmstoffen . 16 a) Allgemeine Erfahrungen . . . . . . . . 16 b) Klinische Behandlungsberichte . . . . . . 18 E. Experimentelle Untersuchungen zur Pankreatitis . 19 I. Tierversuche zur Erzeugung einer Pankreatitis 19 II. Untersuchung der Wirksamkeit von Enzymhemmstoffen . 21 F. Eigene Tierversuche . . . . . . . . . . . 22 I. Vbersicht fiber friihere Untersuchungen . . . . . . . 22 II. Neue Tierexperimente .....•.......•. 24 a) Versuche mit der Lipofundinpankreatitis an Hunden 24 b) Versuche mit der Intralipidpankreatitis an Katzen 36 G. Diskussion . • . . 42 H. Zusammenfassung . 46 Literatur ....•. . 46 * Herrn Professor Dr. W. DOERR (Direktor des Path. Inst. d. Univ. Heidelberg) sei auch an dieser Stelle fUr vielfii.ltige Anregungen und Hinweise gedankt. 1 Ergebnisse der Chlrnrgie, Bd. 52 2 K.-H. GOOZINGER: A. Einleitung Historische Berichte iiber die Behandlung der akut entziindlichen Erkran- kungen der Bauchspeicheldriise sind selten. Der Berner Stadtarzt F ABRIOIUS Hn.DANUS hielt das Pankreas noch 1624 fiir ein driisiges Kissen, das zum Schutz des Magens diene. Nachdem WIRSUNG 1642 den bereits ein Jahr zuvor von dem Altdorfer MAURITIUS HOFMANN am Truthahn beschriebenen Ausfiihrungs- gang beim Menschen gefunden hatte, sich aber seinen Zweck nicht erklaren konnte, sondierte 1664 REIGNIER DE GRAAF in Schoonhaven als erster den Pankreasgang von Hunden. In dem irrtiimlich als sauer bezeichneten Pankreas- sekret entdeckte er eine starkespaltende Substanz. DaB der Pankreassaft tat- sachlich alkalisch war, wurde erst zu Anfang des 19. Jahrhunderts von LEURET und LASSAIGNE festgestellt. PURKINJE soli um 1836 die eiweiBspaltende Fahigkeit des Pankreassaftes erstmals erkannt haben. CLAUDE BERNARD fand schlieBlich 1856 einen fettspaltenden Stoff. Drei Heidelberger Forschern war es vorbehalten, die Identitat des in mehrfacher Hinsicht bedeutungsvollen eiweiBspaltenden Enzyms Trypsin nachzuweisen: TIEDEMANN, GMELIN und KUHNE. Sie konnten damit einen von dem ebenfalls in Heidelberg lehrenden J. C. BRUNNER 1682 verursachten Irrtum wieder wettmachen, der die Entdeckung der endokrinen Funktionsstorung der Bauchspeicheldriise iibersehen hatte: nach Entfernung des Pankreas waren einige seiner Hunde an Polydipsie, Polyurie und schwersten Stoffwechselstorungen gestorben. Andere, die iiberlebten, veranlaBten ihn zu der falschlichen Annahme, das Pankreas habe keinerlei lebenswichtige Funktion. Spater wurden noch andere im Pankreas gebildete und in den Darm sezer- nierte Substanzen mit enzymatischen Eigenschaften nachgewiesen, die aber nur zum Teil Bedeutung fiir die Diagnose einer akuten Pankreatitis erlangten. RICH- TERIOH (1964) stellte etwa zehn pankreasspezifische Enzyme zusammen (Tabelle 1), Tabelle 1. Enzyme im Pankrea88ekret (nach RWRTERIOH) Nucleasen Ribonuclease, Desoxyribonuclease Esterasen Lipase, Cholinesterase, Lecithinase Glucosidasen oc-Amylase, p-Galactosidase ( ?) Peptidasen Trypsinogen, Chymotrypsinogen, Procarboxypeptidase, Kollagenase, Elastase von denen die wichtigsten IX-Amylase, Trypsinogen und Lipase sind. IX-Amylase und Lipase liegen bereits in der Acinuszelle als aktive Enzyme vor; Trypsinogen bedarf zu seiner Dberfiihrung in die Aktivform Trypsin der Anwesenheit von Enterokinase aus dem Darm und von Ca++-Ionen; moglicherweise wirken auch toxische Blutabbauprodukte aktivierend. Die iibrigen im Pankreas gebildeten Enzyme sind klinisch und experimentell nahezu bedeutungslos. Bei krankhaften Zustanden der Bauchspeicheldriise gelangen die Pankreas- enzyme durch die Basalmembran der Acinuszellen iiber postinsulare Capillaren in den Kreislauf. Dieser Vorgang wurde von KATSOH (1924) als "Fermentent- gleisung" bezeichnet. Der Nachweis einer erhohten IX-Amylasekonzentration im Experimentelle Untersuohungen zur Hemmkorpertherapie der akuten Pankreatitis 3 Blut und, wegen der Harngangigkeit des Enzyms, auch im Urin, wird allgemein als Kriterium fiir eine Pankreaserkrankungen angesehen, obwohl die at-Amylase nicht unbedingt pankreasspezifisch ist. Am Ort der Schadigung - im Pankreas - lassen sich nur Wirkungen der Enzyme mit proteolytischer oder lipolytischer Aktion nachweisen: sog. "tryp- tische Nekrosen" als Folge des autodigestiven Gewebezerfalls sowie Fettgewebe- nekrosen mit Kalkeinlagerungen. Nach hamatogener Ausbreitung finden sich ahnliche Nekrosen im Fettgewebe des Thorax, des Abdomens und der Subcutis. Ein anatomisches Substrat fiir die pathologische Gewebewirkung der at-Amylase fehlt. Die Therapie der akuten Pankreatitis war im Laufe der vergangenen Jahr- zehnte sehr wechselvoll, je nach der gerade vorherrschenden Meinung fiber ihre Pathophysiologie. Noch 1927 vertrat SCHMIEDEN auf der 51. Tagung der Deut- schen Gesellschaft fiir Chirurgie die Auffassung, die akute Pankreatitis sei eine therapeutische Domane fiir den Chirurgen, und es dauerte immerhin noch ein weiteres Jahrzehnt (NORDMANN, 1938), bis sich die aktiv-konservative Behand- lung des Leidens durchsetzen konnte. Durch die Entdeckung von Hemmstofien, welche die Aktivierung oder fiber- maBige Bildung von Enzymen zu verhindern imstande waren, erhielt auch die konservative Behandlung der Pankreaserkrankungen neue Impulse. Die im spe- ziellen Fall der akuten Pankreatitis experimentell erarbeiteten Grundlagen einer klinischen Enzyminhibitortherapie sind Gegenstand der vorliegenden Arbeit. Bevor auf die Ergebnisse der experimentellen Untersuchungen bei animalischer Pankreatitis und die Resultate der klinischen Behandlung der akuten Pankreatitis beim Menschen eingegangen wird, sollen einige Bemerkungen zu den patho- physiologischen Wirkungen der Pankreasenzyme vorausgeschickt werden. B. Enzymopathien bei akuter Pankreatitis I. or;-.Amylase Diese Endoamylase grent bei .Anwesenheit von CI--Ionen in einem pH-Optimum von 6,9-7,0 das Kohlenhydratmolekiil von innen an. Sie kann, zusammen mit der Maltase, Starke bis zur Gluoose spalten, aber keine anderen Disaooharide auftrennen (AUERSWALD, 1959). Beirn Gesunden werden regelmaBig geringe Mengen von a-Amylase irn Serum ge- funden, deren Herkunft naoh JANOWITZ und DREILING (1959) nioht sioher bekannt ist. Naoh Entfernung der Bauohspeioheldriisen bei Saugetieren laBt sioh keine Verminderung der normalen ex-Amylasekonzentration im Serum naohweisen (DrwoK, TRETTIN und Gfu.zow, 1963). Als mogliohe Statten einer diskreten ex-Amylasebildung bei Saugetieren werden Speiohel- driisen, Leber, quergestrei£te Muskulatur, Endometrium, Fettgewebe und entziindete Darm- absohnitte genannt. JANOWITZ und DREILING (1959) zeigten, daB sioh die mensohliohe ex-Amy- lase normalerweise elektrophoretisoh mit der Albuminfraktion bewegt, die dem Pankreas und den Speioheldriisen entstammende a-Amylase aber mit der y-Globulinfraktion wandert. DREILING, JANOWITZ und JOSEPHBERG konnten 1963 in detaillierten Untersuohungen naoh- weisen, daB die ex-Amylase bei akuter Pankreatitis mit der y-Globulinfraktion, bei ohronisoher Pankreatitis mit der Albuminfraktion und beim Pankreasoaroinom mit der y-Globuliufraktion wandert. Die ex-Amylasekonzentration in den Serumproteinen ist 3-4mal groBer als im Serum. Die beim Neugeborenen fehlende und erst naoh dem ersten Lebensjahr konstante ex-Amy- lasesekretion soheint von einer intakten Leberfunktion abhangig zu sein. Da die zirkulierende ex-Amylase sehr empfindlioh auf Zufuhr von Gluoose (HEINKEL und BERGENTHAL, 1963), Fruotose, Tolbutamid (KNlOK, BAIER, JAGER, JOCKEL und SCHEUREN, 1962), Insulin, Adre- nalin, ACTH (HEINKEL und BERGENTHAL, 1963) und Cortison reagiert, offenbar wegen deren 1* 4 K.-H. GR5ZINGER: Wirkung auf den Kohlenhydratstoffwechsel in der Leber, ist zu vermuten, daB die normaler- weise im Serum nachweisbare OI:-Amylaseaktivitat zum groBen Teil diesem Organ entstammt. Bei Pankreaserkrankungen findet ein Teil der 01:-Amylase seinen Weg in das Blut (KATsOH, 1924; EGDAHL, 1958). Dies mag direkt, d.h. im Sinne einer "retrograden Sekretion", oder durch eine Veranderung hydrostatischer Druckverhaltnisse iiber den Lymphweg (HATANO, GRENIER, ADLOFF und WEISS, 1963) geschehen. Die Ursache der retrograden Enzymsekretion ist in einer ErhOhung des AbfluBwiderstandes in den pankreatischen Ausfiihrungsgangen zu sehen; sie folgt aber auch der "endokrinen" Sekretion, da eine Schadigung und somit bessere PermeabiIitat der Basalmembran der Acinuszellen nicht auszumachen ist. Die normale OI:-Amylasekonzentration im Serum kann durch Morphin, Codein und Para- sympathicomimetica erhiiht werden. Obwohl die Mechanismen der OI:-Amylaseausscheidung im Ham (GAMBILL und MASON, 1963; HEINKEL und MUSCHTAKI, 1964) noch nicht geklart sind, muB festgehalten werden, daB auch eine mangelhafte Nierenfunktion mit OI:-Amylase- retention zu einer Vermehrung des Enzyms im Blut fiihrt. In sog. Provokationsversuchen konnte festgestellt werden, daB Secretin, Mecholyl und Pankreozymin einzeln oder in Kombination die OI:-Amylasekonzentration im Blut zu erhiihen vermiigen. Dabei sind jedoch bestimmte Vorbedingungen wesentlich: 1. AbfluBstiirung des Pankreassekrets infolge Obstruktion oder Sphincterspasmus, 2. entziindliche Veranderungen der AcinuszeIlen, 3. geniigende Menge funktionell aktiven Pankreasgewebes ("sekretorische Energie"). HEINKEL und CARVALHO (1959) fanden, daB die OI:-Amylase des Blutes nach Erzeugung einer Taurocholatpankreatitis bei Ratten weder durch Trasylol noch durch Terramycin, Buscopan, Novocain oder Adrenalin beeinfluBt werden kann. Riintgenbestrahlung bleibt ohne EinfluB auf die OI:-Amylasesekretion (HEINKEL und BERGENTHAL, 1963). DaB aber die OI:-Amylase nicht nur bei akuten Pankreaserkrankungen, sondem auch bei zahlreichen anderen Leiden, wie perforiertem Ulcus pepticum, Ileus (BYRNE und BOYD, 1963), Coronarinfarkt, Cholecystitis und Appendicitis im Serum erhiiht sein kann, bewiesen neben JANOWITZ und DREILING besonders Untersuchungen von CHAPMAN (1959) und von ELLIOTT und WILLIAMS (1961). Bei der fur klinische Zwecke vollauf geniigenden laboratoriums- maBigen Bestimmung der OI:-Amylase in Blut und Ham wird eine ganze Rellie von OI:-Amylasen nachgewiesen, die sich durch ihre Substratspezifitat unterscheiden (WETTENDORFF, 1964). Ihre elektrophoretische Trennung laBt die Aufteilung in verschiedene Isoamylasen zu. Trotz der multilokularen Herkunft der OI:-Amylase und des Nachweises verschiedener Isoenzyme wird der Erhiihung der OI:-Amylasekonzentration im Serum groBe Bedeutung fiir die Diaguose einer akuten Pankreatitis beigemessen (CALKINS, 1964), wenngleich sie nur gemeinsam mit dem klinischen Untersuchungsbefund verwertet werden darf (HEINKEL, 1961). BERNARD, LAMELIN und DELATTRE (1964) fanden immerhin in 80% der FaIle mit einer Hyperamylasamie eine akute Pankreasaffektion. Allerdings wiesen MCGOWAN und WILLS (1964) auf die auch nach Magenresektionen zu beobachtenden Erhiihungen der OI:-Amylase- konzentrationen im Serum hin. n. Trypsinogen Das in der Bauchspeicheldruse gebildete Trypsinogen mit einem Molekulargewicht von etwa 23800 gilt als Vorstufe des im Darm durch Enterokinase in Anwesenheit von Ca++- Ionen aktivierten Enzyms Trypsin. Trypsinogen kann aber auch autokatalytisch aktiviert werden (AUERSWALD, 1959), wobei eine Lysin-Isoleucinbindung des Trypsinogenmolekiils geliist und ein Hexapeptid freigesetzt wird. Das gebildete Trypsin katalysiert vorzugsweise die Hydrolyse von Peptidbindungen zwischen der Carboxylgruppe von Arginin und Lysin und der Aminogruppe einer anderen Aminosaure; Trypsin wirkt dariiber hinaus als Esterase und Amidase. Das Enzym wurde von NORTHROP, KUNITZ und HERRIOTT (1948) kristallisiert. Fiir die Klinik ist ein Trypsinnachweis im Blut auBerordentlich schwierig, da sich das Enzym infolge rascher Bildung eines Enzym-Inhibitorgemisches der chemischen Bestimmung entzieht. Dagegen kann der Nachweis von Trypsin im Duodenalinhalt und in den Faeces fiir die diagnostische Klarung einer chronischen Pankreasinsuffizienz interessant sein (AM- MANN, DYCK, ROSENMUND und AVRAHAM, 1964). Wenn es bisher auch nicht gelungen ist, nach experimenteller Erzeugung einer animali- schen Pankreatitis aktives Trypsin in der Bauchspeicheldriise nachzuweisen (CREUTZFELDT, Experimentelle Untersuchungen zur Hemmkorpertherapie del' akuten Pankreatitis 5 SOLING und KETTERER, 1963; SCHON, HEINKEL und HENNING, 1963), so ist dieses Enzym doch mit groBer Wahrscheinlichkeit fiir die lokalen Veranderungen im Pankreas und ver- mutlich auch fUr die Fernwirkungen in anderen Organen verantwortlich zu machen. Nach CORRELL, TURNER, FAIN, CONN und COCKRELL (1963) verarmt das Pankreas nach Erzeugung einer Pankreatitis innerhalb kurzer Zeit an proteolytischem Potential, womit jedoch nicht nur Trypsinogen, sondern auch andere Proteinasen gemeint sein diirften. Warum eine meBbare Menge aktiven Trypsins im Pankreas nicht nachzuweisen ist, hat verschiedene Ursachen, unter denen die unmittelbar nach seiner Entstehung erfolgende Bindung an einen im Pankreassekret enthaltenen Trypsininhibitor (KuNlTz und NORTHROP, 1936) die groBte Wahrscheinlichkeit hat (HAVERBACK, DYCE, BUNDY und EDMONDSON, 1960). Von gewisser Bedeutung ist sichel' auch, daB die Autokatalyse von Trypsinogen zu Trypsin durch die Alkalinitat des normalen Pankreassaftes gebremst wird; in saurem Milieu ist die Trypsinogenaktivierung gesteigert. Berichte, nach denen es durch Galle bzw. Gallesalze (BERNARD, PAGET und LAMELLIN, 1960), Blutabbauprodukte, Mischungen von Strepto- dornase und Streptokinase zu einer Trypsinogenaktivierung im Pankreas kommen soIl, mussen mit Zuriickhaltung aufgenommen werden, da die Ergebnisse nicht immer und nicht mit genugender Sicherheit zu reproduzieren sind. DaB Trypsin unter bestimmten Bedingungen (BECKER und WILDE, 1963) eine Digestion des Pankreasparenchyms verursacht, ist unbestritten. Die unter del' Einwirkung proteo- lytischer Enzyme im Pankreas entstehenden autolytischen Nekrosen werden seit del' ersten Beschreibung dieses Phanomens durch CHIARI (1896) auf die sog. "intrapankreatische Akti- vierung von proteolytischen Enzymen" bezogen und wegen del' morphologisch einer Eigen- verdauung del' Drusen gleichenden Lasion als tryptische Nekrosen bezeichnet (DOERR). Offenbar geniigen geringste, dem chemischell Nachweis nicht zugangliche Mengen von aktivem Trypsin, diese organischen Schaden auszulosen. Wenn es sich dabei nicht um aktives Trypsin handelt, wiirde del' kurzlich erfolgte Nachweis einer sog. "proteolytischen Restaktivitat" (NAGEL und WILLIG, 1964), entsprechend dem proteolytischen Potential von TURNER, COR- RELL, FAIN, CONN und COCKRELL (1963), durchaus genugen, die proteolytischen Nekrosen zu verursachen. Die Verminderung des proteolytischen Potentials in der Druse ist regel- maBig von einem Anstieg proteolytischer Enzyme im Blut ge£olgt. Diese konnen zu mikro- skopisch nachweisbaren chemischen Nekrosen an parenchymatosen Organen, besonders an Leber und Niere, abel' auch an Herzmuskel und Gallenblasenschleimhaut fiihren (WANKE und GROZINGER, 1965). SCHON und HENNING fanden 1963, daB bei del' Inkubation von Pankreashomogenaten verschiedener Tiere eine Aktivierung von Peptidasen und Proteinasen in gesetzmaBiger Weise erfolgt. Erst viel spateI' als die Procarboxypeptidase wird Trypsinogen aktiviert. ill. Lipase Dieses Enzym spaltet bei einem pH-Optumim von 9,1 (VOGEL und ZlEVE, 1963) Fette mit langen Fettsaureketten; zu seiner Wirkung benotigt es aktive Sulfhydrylgruppen (AUERS- WALD, 1959). Die Wirkung der im Pankreas gebildeten Lipase wird im alkalischen Milieu durch Gallensauren, Leucyl-Glycyl-Glycin, Calciumoleat und Albumin intensiviert. Die ahnlich del' a-Amylase bei akuter Pankreatitis auch ins Blut ubertretende Lipase (CALKINS, 1964; EGD.AHL, 1958) wird durch Hamoglobin inhibiert (AUERSWALD, 1959; ELLIOTT, 1957). Da aber noch andere Esterasen, die kurzgliedrige Fettsauren von Glycerin odeI' anderen Alkoholen abspalten, im Blut vorkommen, ist der Nachweis einer hiiheren Lipasekonzen- tration im Blut weniger wertvoll als bei der a-Amylase (GAMBILL und MASON, 1963). Dennoch gilt die Pankreaslipase als das am meisten organspezifische Enzym (RICHTERICH, 1964). Der morphologisch sichtbare Effekt der unzeitgemaB und am falschen Ort wirksamen Lipase ist in Form der Fettgewebenekrosen bei der akuten Pankreatitis allgemein bekannt. Zur Beurteilung des Funktionszustandes der Bauchspeicheldruse achlug KERN (1956) eine kombinierte Untersuchung der Serumwerte fiir a-Amylase und Lipase mit Tributyrin als Substrat vor. Dieses Verfahren hat sich aber nicht durchgesetzt, weil die sog. Tributyrinase bei zahlreichen Oberbaucherkrankungen ohne Pankreasbeteiligung ebenfalls vermehrt im Serum gefunden wird. 6 K.-H. GROZINGER: Die nach Erzeugung einer experimentellen Pankreatitis gelegentlich beschriebene Er- hOhung von Plasmatriglyceriden ist hinsichtlich ihrer Entstehung bisher ungeklart (KESSLER, FINKEL, Ho und JANOWITZ, 1962); auffallend ist aber eine nahezu gleichzeitige Abnahme der Lipoproteinlipase. KESSLER, KNIFFEN und JANOWITZ (1963) glauben, daB diese nicht dem Pankreas entstammende Lipase durch einen aus nekrotischen Pankreaszellen stam- menden Inhibitor gehemmt wird. IV. Andere Enzyme im. Pankreassekret a) Ribonuclease, Desoxyribonuclease Wenn auch nicht bekannt ist, ob die Ribonuclease und die Desoxyribonuclease patho- logische Wirkungen im Pankreas ausiiben, so ist doch hinsichtlich ihrer Bedeutung fiir den Verdauungsvorgang sicher, daB sie bei der Depolymerisation der beim Abbau zelligen Materials anfallenden Nucleoproteine mitwirken. Die Aktivitat der Desoxyribonuclease ist bei akuter Pankreatitis im Serum erhOht. Eine der altesten Pankreasfunktionsproben, die Stuhluntersuchung auf Verwertung von Muskelfasern, beruht auf der Wirkung der Nucleasen. Ribonucleasen kommen ubiquitar vor. Da sie in allen biologischen Vorgangen notwendig sind, bei denen Aminosiiuren fiir die Bildung genotypischer Merkmale umgesetzt werden, scheinen sie art- und organspezifisch zu sein. KUNITZ (1940) war der erste, der die aus Rinderpankreas isolierte Ribonuclease rein dar- gestellt und kristallisiert hat. Inzwischen wurde aber bekannt, daB auch unter scheinbar gleichen Ribonucleasen Isoenzyme mit unterschiedlicher elektrophoretischer Wanderungs- geschwindigkeit vorkommen. Native Ribonuclease wird von Trypsin und Chymotrypsin nicht angegriffen (SPAOKMAN, STEIN und MOORE, 1960). Desoxyribonucleasen spalten kurzgliedrige Polynucleotide mit 5'Phosphatenden. Dazu werden Mg++-, Mn++-, Co++- oder Ca++-Ionen benotigt. Desoxyribonuclease I (KUNITZ, 1950) und II (LASKOWSKI, 1961) unterscheiden sich durch ihre Substratspezifitat. b) Esterasen Neben der Lipase mit ihren Isoenzymen sind verschiedene weitere Esterasen bekannt geworden (RICHTERICH, 1964), die aber klinisch weniger in Erscheinung treten: Cholin- esterase und Lecithinase. c) Glucosidasen Die cx.-Amylase steht unter den Glucosidasen natiirlich an erster Stelle. Moglicherweise sezerniert das Pankreas aber noch eine fJ-Galaktosidase, die beim Menschen bisher zwar noch nicht, bei Saugetieren aber schon nachgewiesen wurde. d) Peptidasen Wesentlich wichtiger als die vorher beschriebenen Enzyme sind verschiedene Peptidasen im Pankreassekret, die in der Verdauung von unmittelbarer Wirksarnkeit sind. 1. ChymotrYP8inogen. Dieses Proenzym (Molekulargewicht ca. 25000) wird ebenso wie Procarboxypeptidase durch Trypsin aktiviert. Nach AUERSWALD (1959) wird bei seiner Aktivierung durch Offnung einer Peptidbindung ein Dipeptid (Seryl-Arginin) frei. Fiir Chymotrypsin ist die labartige, die Milchgerinnung fordernde Wirkung charakteristisch. Die Wirksarnkeit von Trypsin und Chymotrypsin wird durch Peptidasen derart unterstiitzt, daB beispielsweise Aminopeptidasen (Kathepsin III) Di- und Tripeptide spalten, sofern freie Aminogruppen vorhanden sind. Chymotrypsin hydrolysiert Peptidbindungen mit L-Tyrosin und L-Phenylalanin. D-Isomere werden nicht angegriffen. 2. Prooarboxypeptidase. Nur im Pankreas wird dieses Enzym (Kathepsin IV) gebildet, das Peptide angreift, sofern diese eine freie Carboxygruppe haben. Das Wirkungsoptimum dieser und einiger anderer Peptidasen liegt im schwach alkalischen Milieu. Die Bestimmung der Carboxypeptidase im Duodenalsaft ist besonders fiir die Diagnose einer exkretorischen Pankreasinsuffizienz bedeutungsvoll (RICK, 1960).

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