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Ergebnisse der Chirurgie und Orthopädie PDF

654 Pages·1911·30.079 MB·German
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ERGEBNISSE DER CHIRU.RGIE UND ORTHOPA DIE HER.AUSGEGEBEN VON ERWIN PAYR HERMANN KUTTNER KONIGSBERG i. Pro BRESLAU DRITTER BAND REDIGIERT VON H. KUTTNER ~nT 175 TEXTABBILDUNGEN UND 16 TAFELN. BERLIN VERLAG VON JULIUS SPRINGER 1911 ISBN-13: 978-3-642-89383-4 e-ISBN-13: 978-3-642-91239-9 DOT: 10.1007/978-3-642-91239-9 Softcover reprint of the hardcover 1s t edition 1911 Inhalt des TIl. Bandes. Seite I. Kocher, Professor Dr. Theodor, Die funktionelle Diagnostik bei Schilddrnsenerkrankungen 1 II. Coenen, Privatdozent Oberarzt Dr. Hermann, Die Wasser mann-Neisser-Brucksche Syphilis-Reaktion im Dienste der Chirurgie . 24 III. Ziegler, Privatdozent Dr. Kurt, Das maligne Lymphom (malignes Granulom, Hodgkinsche Krankheit. (Mit 1 Tafel) . 37 IV. Dollinger, Professor Dr. Julius, Die veralteten traumatischen Verrenkungen der Schulter, des Ellenbogens und der Hiifte. (Mit 27 Textabbildungen und 13 Tafeln) . 83 V. Goebel, Professor Dr. Carl, Chirurgie der heissen Llinder. (Mit 39 Abbildungen) 195 VI. Melchior, Dr. Eduard, Die Hypophysis cerebri in ihrer Bedeutung fUr die Chirurgie. (Mit 12 Textabbildungen und 2 Tafeln) 290 VII. Nast.Kolb, Dr. Alban, Die operative Behandlung der Verletzungen und Erkrankungen der Wirbelsliule . 347 VIII. Spannaus, Dr. Karl, Der Sanduhrmagen. (Mit 16 Abbildungen) 393 IX. Stein thai, Professor Dr. Carl, Die chirurgische Behandlung der Gallensteinkrankheit unter besonderer Berucksichtigung der Dauerresultate . 430 X. von Frisch, Professor Dr. A., Die operative Behandlung der Blasengeschwillste und ihre Erfolge . 466 XI. Hannes, Oberarzt Professo.r: Dr. Walther, Das Karzinom der weiblichen Genitalien. (Mit 2 Abbildungen) . 504 XII. Ludloff, Professor Dr. Karl, Die angeborene Hiiftluxation mit be sonderer Berucksichtigung der Luxationspfanne. (Mit 65 Ab- bildungen) . 529 XIII. Baisch, Professor Dr. Bernhard, Der Plattfuf.i. (Mit 14 Abbil- dungen und 1 Tafel) 571 Autorenregister 610 Sachregister . 623 I. Die funktionelle Diagnostik bei Schilddrnsen erkrankungen. Von Theodor Kocher-Bern. Wir haben anderen Ortes darzutun versucht, in welch' ausgedebntem Ma13e mi13brauchliche Anwendung von einem Mittel gemacht wird, welches bei richtiger Indikation eines der wirksamsten Medikamente darstellt, iiber welche der Arzneischatz verfiigt, wir meinen das J od. Wir glaubten eine be sondere Form als Jodbasedow1) aufstellen zu konnen, bei welcher typische Basedowsymptome unter innerlichem oder au13erlichem Gebrauch von Jod praparaten zum Ausbruch kommen. Die ausgiebigste Anwendung findet Jod bei Kropf und da ist es vorziig lich, wo Schaden gestiftet wird und entweder ein Basedowsymptomenbild sich einstellt oder Erkrankungen der Gefa13e, speziell des Herzens hervorgerufen werden, welche nicht mehr gut zu machen sind. Aber auch sonst findet Jod eine ausgedehnte Verwendung, nicht nur bei Syphilis, gegen deren Spiitsym ptome es so vorziiglich wirkt, sondern auch bei blo13em Syphilisverdacht. So wird z. B. bei Hirntumoren, auch wo die Anamnese keinen Anbaltspunkt ergibt, wo die Wassermannsche Reaktion negativ ist, frohlich Jodkalium verab folgt, bis weitgediehene Stauungspapille zu Erblindung fiihrt oder ein leicht operabler Hirntumor inoperabel geworden ist, sei es zu gro13er Ausdehnung wegen oder weil der durch Jodintoxikation heruntergekommene Patient wegen sekundarer Organveranderungen keinen schweren Eingriff mehr vertragt. Diese Gefahren einer zu lange mit toxischen Dosen durchgefiihrten Jodtherapie sind geeignet, den Wert der glanzenden Entdeckung des neuen Ehrlich-Hataschen Mittels ins Licht zu stellen, bei welchem eine einzige oder einige Einspritzungen geniigen, den syphilitischen Charakter eines Leidens festzustellen und damit das Schlimmste, was einem Patienten mit einem malignen Tumor passieren kann, zu verhiiten, namlich die Aufschiebung der einzig wirk samen operativen Therapie. 1) Langenbecks Arch. f. klin. Chir. 92, 1910. ErgebnissE< d. Chir. III. 1 2 Tbeodor Kocher: Es iilt iiberaus interessant festzustellen, daB der Weg, welcben Ehrlich und Hata eingeschlagen haben, schon unter Beriicksichtigung der normalen physiologisch-chemischen Vorgange im Korper betreten worden ist. Wir ver weisen auf die schonen Experimente von Reid Hunt iiber die auBerordentlich verschiedene Wirksamkeit der verschiedenen Jodverbindungen je nach Bin dung des Jods an diese oder jene andere chemische Gruppe auBerhalb und innerhalb des tieriscben Korpers. Reid Hunt und Asherton Seidell!) priiften bei Mausen die Wirk samkeit des Jod als Schutz mittel gegen Azetonitrilvergiftung. Sajodin mit einem Gehalt von 12,25 mg Jod und Jodalbin mit 0,105 Jod hatte keine Wirkung, "bladderwrack" dagegen mit 0,014 Jod schiitzte Mause gegen 1Yzmal todliche Dosis und Tbyreoidea mit 0,0012 mg Jod schiitzte gegen 7 mal todliche Dose. Es bedarf 20-40 mal mehr Jod in "bladderwrack" als in Thyreoidea, um diesel be Wirkung zu erzielen und in einigen Versuchen zeigte sich das Jod in der Thyreoideaverbindung 3600 mal wirksamer, als in Jodalia und 10 000 mal wirksamer als in J odkalium. Die Wirksamkeit zum Schutz gegen Acetonitrilvergiftung geht dem Jod gehalt bei der Thyreoidea parallel. Jodothyrin mit 0,0003 Jod in 1 ccm friscber Schafsschilddriise zeigte sich oft ebenso wirksam wie Thyreoidea sicca, oft dagegen weniger, einfach deshalb, weil das Praparat kein konstantes ist und sein Jodgehalt sebr erhebliche Schwankungen zeigt. Wie ein Arzt jetzt lieber das Ehrlich-Hatasche Mittel anwenden wird, um rasch zu einer Diagnose zu kommen, statt die kostbare Zeit zu versaumen mit Jodkali- und Quecksilberpraparaten in Gewaltsdosen, so scheint es auch an gezeigt, diejenigen Jodverbindungen bei Schilddriisenleiden und ihren Folgen anzuwenden, welche in minimalen Dosen schon kraftig wirken, statt der massiven Dosen wenig wirksamer Praparate, welcbe unangenehme Nebenwirkungen in Form von J odismus zeitigen und damit groBeren Schaden als N utzen stiften. Die N atur resp. der tierische Korper liefert uns miihelos und billig Ver bindungen, welche Ehrlichs Genie fiir pharmakologische Kombinationen for derte und durch die iiberaus miihsamen und langedauernden Untersuchungen mit Ha ta fUr die Sypbilisbekampfung gliicklich gefunden hat, geeignet, das Maximum giinstiger Wirkung mit geringster Schadigung zu erzielen. Es war ein gliicklicher Griff von Bruns, dem unsere Untersucbungen bald folgten, Schilddriisenpraparate gegen Kropf zu versuchen zu einer Zeit, wo man den Jodgehalt der Schilddriise noch nicht kannte. Denn diese enthalten das Jod in iiberaus wirksamer Form. Wenn sich die Schilddriisenpraparate nicht in gewiinschter Weise be wahrten und bald erhebliche Nachteile zeigten, so daB man zu der alten Jod behandlung zuruckkehrte, so liegt die Erklarung darin, daB - wie man dank Baumanns schoner Entdeckung jetzt sagen kann - viel zu groBe Dosen angewandt worden sind und die Indikationen zur Anwendung nicht scharf genug festgestellt waren. Es geniigt nicht, die Diagnose auf Kropf zu stellen, um - wie es leider noch gang und gabe ist - mit der J odtherapie dreinzufahren. Wer haufig Kropfe sieht, welche nach jahrelang fortgesetzter Jodbehandlung unter sehr 1) Journal of Pharmacology, Baltimore 1910. Die funktionelle Diagnostik bei Schilddriisenerkrankungen. 3 erschwerten Umstanden operative Therapie notig machen, welche sie von vorn herein gebieterisch gefordert hatten, der vermag zu beurteilen, wie vielfach mit Jod, das zu unseren allerwichtigsten Arzneien gehort, gegen das Gebot des "nil nocere" verstoBen wird. Die Absicht der folgenden Auseinandersetzungen ist es, den Arzten die notigen AnhaItspunkte an die Hand zu geben, urn zu beurteilen, ob, in welcher Art und wie lange eine .Struma mit Jodmitteln behandelt werden darf und welche Kropfe von dieser Behandlung auszuschlieBen sind. Eine richtige Entscheidung im Einzelfalle ist aber nur zu treffen, wenn man die Symptome der Hyper- und Hypothyreosis selbst in ihren ge linden Formen und Graden genau kennt und die Methoden funktioneller Priifung richtig anwendet. Man beachtet viel zu wenig, daB die Entwickelung einer Struma sowohl mit Symptomen von Hyper- als Hypothyreosis einhergehen kann. Diese Tat sache haben diejenigen Untersucher iibersehen, welche in den letzten Jahren glaubten gefunden zu haben, daB genau dieselben Blutveranderungen, die wir als wichtige Anhaltspunkte fiir Hyperthyreosis beschrieben haben, auch bei "gewohnlicher" Struma vorkommen. Aber auch diejenigen haben ihr nicht in verdienter Weise Rechnung getragen, welche mit Marine und Lenhart annabmen, daB es sich dabei bloB urn verschiedene Stadien desselben Leidens handle, daB die hyperplastische Kropfentwickelung (speziell auch bei Tieren) mit Hyperthyreosis bloB ein Anfangsstadium sei des gewohnlichen Kolloid kropfes und deshalb spater in Hypothyreose umschlage. Es ist im Gegenteil von groBer Wichtigkeit, daB der Arzt, welcher von einem Patienten mit Struma konsultiert wird, keine Behandlung beginne, ohne scharf unterschieden zu haben, ob die Schwellung der Schilddriise mit Hyper aktivitat derselben oder mit mangelhafter Funktion vergesellschaftet ist. Auf Grund dieser Unterscheidung wird er allmahlich auch lernen, eine rationelle Unterscheidung der Kropfformen als solcher durch direkte Untersuchung des Kropfes vornehmen zu konnen. Bei einem so gesundheitswichtigen Organ, wie die Schild druse, ist es fur die Behandlung maBgebend, eine Erkrankung desselben danach zu be urteilen, ob man die Funktion zu beschranken oder anzuregen hat. Von diesem Gesichtspunkte aus erhalt die Bezeichnung "hyperplastischer" Kropf einen be" stimmten Sinn gegeniiber den a priori degenerativen Formen von KoIloidkropf. Nur darf man nicht vergessen, daB Kombinationen vorkommen, welche die Behandlung entscheidendbeeinflussen. Urn nur einiges zu nennen, kann mit Bildung von Kropfknoten (KoIloidknoten, Zysten) eine Hyperplasie als Folge zustand in Form einer Kompensation kombiniert sein. Hier tutBeseitigung der Knoten der Hyperplasie Einhalt. Umgekehrt und ofter schadigt ein.e zumal multiple Erkrankung in Knotenform das iibrige Gewebe mechanisch und bewirkt Hypothyreose, die gehoben wird durch Entfernung (Enukleation) der Knoten. Ganz besonders muB man sich gegenwartig halten, daB selbst maligne Neubildungen angesichts der urspriinglich auf einen kleinen Teil der Schild druse beschrankten Entwicklung nach beiden Richtungen auf das iibrige Drusen gewebe wirken konnen, bald dessen Funktion beeintrachtigend, bald steigernd. FaIle von gleichzeitiger Ausbildung eines malignen Tumors und von Basedow- 1* 4 Theodor Kocher: symptomen sind mehrfach beschrieben, auch von uns beobachtet worden. Wir haben dieser Tage wieder eine Patientin mit Struma maligna operiert, bei welcher wegen der Basedowsymptome die Charaktere der Malignitat iibersehen worden waren. Durch derartige Beobachtungen werden wir belehrt, daB verschiedene Teile der Schilddriise in ganz verschiedener Weise erkranken konnen und deshalb bei einem Organ, dem so lebenswichtige Funktionen zugeteilt sind, endlich auch einmal, wie dieses fiir andere Organe, Leber, Nieren etc. langst geschieht, neben der Feststellung klinisch- und pathologisch-anatomischer Ver anderungen durchaus auch eine funktionelle Priifung Platz greifen muD. Murray und Howitz haben den Beweis erbracht, daB man die Tatig keit der Schilddriise dadurch ersetzen kann, daB man deren PreBsaft per os oder subkutan in den Korper einfiihrt. Baumann und Roos haben den wich tigen weiteren Fund gemacht, daB dasselbe Ziel erreicht wird, wenn man ge wisse JodeiweiBverbindungen, die durch Jodaufnahme in der Schilddriise ge bildet werden, namlich das Baumannsche Jodothyrin dem Korper einverleibt. Dank diesen Nachweisen sind wir in die Lage versetzt, die Wirkung der in der Schilddriise gebildeten "inneren Sekrete" zu studieren und genaue Bilder von den Storungen zu entwerfen, welche ein Mehr oder Weniger von Schilddriisen saft herbeifiihrt, mit anderen Worten zu beurteilen, ob die Funktion der Schild driise regelrecht vor sich geht oder nach der Seite mangelhafter oder iibermaBiger AuBerung gesWrt ist. Wir konnen die Storungen del' Schilddriisenfunktion unter dem Namen Dysthyreosis zusammenfassen, aber wir kennen zur Stunde nur diejenigen Formen mit einiger Bestimmtheit, welche auf einem Mehr oder Weniger der Funktion beruhen, also die Hyperthyreosis und Hypothyreosis. Der Chemismus der Driise muB noch besser bekannt sein, bevor wir weitere Formen von Dysthyreosis unterscheiden konnen. 1. Hypothyreosis. Das Bild der Hypothyreosis ist gleich in seinen schlimmsten Formen bekannt geworden, als wir im· April 1883 am ChirurgenkongreB unsere Mit teilungen iiber ein typisches Krankheitsbild vorbrachten, welches auf die totale und subtotale Entfernung der kropfigen Schilddriise als konstante Folge sich entwickelte. Nur vereinzelt wiesen vorher Beobachtungen von Curling, Fagge und Ord, Bourneville, Sir W. Gull und den beiden Reverdins auf einen vermutungsweisen Zusammenhang von sporadischem Kretinismus oder gewisser "bizarrer" Storungen (Reverdin) und Schilddriisenveranderungen hin. Es ist von del' allergroBten Wichtigkeit, daB die Arzte sich allmahlich von dem Gedanken losmachen, daB Hypothyreose notwendigerweise das kli nische Bild des Kretinismus hervorbringen miisse. Del' Kretinismus ist eine Folge vollstandigen oder fast vollstandigen Darniederliegens del' Schilddriisen tatigkeit und ist in seinen schlimmsten Formen nur dann zu beobachten, wenn im friihesten Kindesalter die Schilddriise schon nicht funktioniert hat und gleichzeitig eine Vernachlassigung jeglicher hygienischen und diatetischen Ge bote stattgefunden hat. Sonst abel' sind bei aller prinzipiellen Verwandt schaft hinsichtlich atiologischer Grundlagen die Unterschiede im klinischen Die funktionelle Diagnostik bei Schilddriisenerkrankungen. 5 Bilde so gewaltig, daB man fUr die GroBzabl der Hypothyreosen von dem haB lichen Namen des Kretinismus absehen solite. Unser Name der Cachexia thyreopri va hat den Nachteil, etwas lang zu sein, die Ordsche Bezeichnung Myxodem paBt ihrerseits nur fiir eine kleine Anzabl von Fallen. Die Hauptsache ist, daB man die Krankheit friihzeitig erkenne, aucb wenn sie ganz gelinde und nur in vereinzel ten Symptomen auftritt und ganz besonders auch, wenn sie erst von einem bestimmten Augenblick weg in der Wachstumsperiode oder bei Erwachsenen sich entwickelt. Denn man hat in den Schilddriisenpraparaten ein Mittel an der Hand, alle Symptome prompt zum Verschwinden zu bringen, wahrend sie sonst jeder Behandlung trotzten. GemaB der Erfahrung, daB regelrechte Funktion der Schilddriise fiir das Knochenwacbstum von groBter Bedeutung ist, ist bei Auftreten der Krankheit wahrend und nacb der Wachstumsperiode ein Dnterschied darin zu verzeichnen, daB im ersten Falle als ein Hauptsymptom bebindertes Wachs tum in den Vordergrund tritt, wahrend bei Erwachsenen die Korperbildung nach dieser Richtung keine Anomalie darbietet. Wachstumsstillstand ist im Kindesalter ein Hauptzeichen der Ca chexia thyreopriva. Er beruht auf Stillstand der Verknocherung im Bereich der Epiphysenlinien und Nahte und mit diesem Stillstand ist nicht nur mangel haftes GroBenwachstum, sondern auch Difformitaten verbunden. Dnd weil das Wachstum anderer Korpergewebe nicht in demselben MaBe Not leidet, so erscheint der Korper nicht bloB kurz, sondern auch relativ dick und damit schwerfallig. Der Kopf behalt stark vorragende Tubera frontalia und parie talia, die Stirn erscheint kurz, der Nasenriicken eingesunken und dadurch die Nase aufgeworfen, das Nasenskelett in der Tiefe i:ifter verengt, was zu Ozana fiihren kann und zu behinderter Nasenatmung und Granulationswucherung im Nasenrachenraum. Hals und Thorax bleiben kurz, das Becken eng und dadurch erscheint der Bauch zu groB und vorragend und es wird die Dispo sition zu trager Verdauung geschaffen. Auffallig sind die kurzen Finger, die dicker erscheinen und von iiberfliissiger Haut bedeckt sind. So scbafft die friihzeitige Einwirkung der Hypothyreosis einen ganz bestimmten Men schentypus. Zur Sicherung der Diagnose auf hypothyreotischenWachstumsstillstand ist es von Wichtigkeit, durch die Aufnahme von Rontgenbildern festzu stellen, daB das Verhalten der Epiphysenlinien dem Alter der Patienten nicht entspricht, vielmehr Verhaltnisse bestehen bleiben, wie man sie normal bei Aufnabmen viel jiingerer Individuen findet. Leitet man die richtige Therapie ein, so kann man jederzeit bei noch vorhandenen Epiphysenknorpeln ein Wieder einsetzen des Wachstums konstatieren. Immerhin bleibt .nach zu langer Dau~r selbst bei durch Behandlung geheilten Fallen als Zeichen des friiheren Leidens die mangelhafte Skelettentwickelung mit ihren Folgen bestehen. Zweifellos erscheint auch bei einem Erwachsenen, bei welchem sich eine Cachexia thyreopriva entwickelt, der Korper dick und plump und be kommt etwas Schwerfalliges, aber dies geschieht durch die Anschwellungen der Weich teile, welche bei Kindern und Erwachsenen in gleicher Weise be obachtet werden und den AnlaB gegeben haben zur Einfiihrung des Namens Myxodem, zunacbst fiir die Erkrankung im Alter des vollendeten Wachs tums. Den urteilsfahigen Patienten ist dieses Gedunsen- und Dickerwerden 6 Theodor Kocher: des Korpers ein auffalliges Symptom. Entweder stellt es sich ihnen dar in Form bloBer Gewichtszunabme und Fettleibigkeit oder spezieller Schwellung einzelner Teile. Das erstere ist bei recht gelinden Formen, wie man sie z. B. bei ergiebigen Kropfexzisionen zu sehen bekommt, haufiger. Die Patiente n bemerken ein Wachstum ihres Abdomen, ein Dickerwerden von Oberarmen und Beinen, eine Zunahme des Riiftumfanges, die namentlich bei Frauen, welche sich schniiren, die Gegend des GesaBes und der Trochanteren in auffalliger Weise zutage treten laBt und eleganten Frauen sehr unbequem ist. In den Fallen mit langsamer Entwickelung handelt es sich auch wirklich urn Zunahme des Fettes in der Unterhaut, so daB an verschiedenen Stellen, am Abdomen, auf den Trochanteren gewaltige Fettwiilste in die Rand genommen werden konnen, welche die Abhebung diinner Rautfalten unmoglich machen. Letzteres ist auch der Fall am Unterschenkel, wo die elegante konische Form verschwindet und einer zylindriscben Platz macht, indem die Raut namentlich von der Wade abwarts sich verdickt, ihre Faltbar keit einbiiBt und die normalen Einsenkungen und Bogenlinien zum Verschwinden bringt. Ein aufmerksamer Beobachter kann oft schon, wenn er den Patienten die Rand reicht, bemerken, daB Rand und Finger plump und dick erscheinen, die Raut weniger geschmeidig und die Finger weniger gelenkig sich darstellen. Charakteristischer als diese Zunahme des Fettgewebes mit Dickerwerden desselben an dazu disponierten Stellen des Korpers ist das Auftreten mehr u mschrie bener Schwellungen. Dieselben betreffen sowohl die Raut als die Schleimhaute und zeigen groBeren Wechsel, als die erstbeschriebenen Anschwellungen. Zwar ist es seltener, daB sie in Form von akuten und sub akuten Odemen auftreten, obschon ich dieses auch gesehen habe, aber es wird oft angegeben, daB zu gewissen Zeiten die Schwellungen deutlicher sind. Einen gewissen EinfluB konnen die Menses ausiiben. Eine der gewohnlichsten An gaben ist die, daB des Morgens das Gedunsensein des Gesichtes zunimmt. Das ganze Gesicht erscheint dicker, sowohl Backen als Lippen und Nase, aber am auffalligsten treten die geschwollenen Lider einem entgegen, welche ihrer oft durchscheinend weiBlichen Farbe wegen leicht den Gedanken an Anamie, Chlorose oder Nephritis wachrufen konnen. An anderen Stellen als an den Augenlidern hat man nicht den Eindruck eines Odems, vielmehr den einer festeren Schwellung, wie man sie bei beginnender Elephantiasis findet und das hat wohl auch dazu gefiihrt, den Ordschen Namen Myxodem so bereitwillig anzunehmen, obschon die chemischen Nachweise wenigstens fUr das Myxodem des Menschen in der Regel nicht zu leisten waren. Charakteri stisch erscheinen lokalisierte Anschwellungen in Form von supraklaviku laren Wiilsten ein- oder beiderseitig, gelegentlich auch unt!'\l" den Armen, wo sie das Gefiihl von Spannung bewirken. Die Schleimhaute bieten ebenfalls entsprechende Anschwellungen dar, die sich freilich hauptsachlich in unangenehmen Empfindungen von Druck und Spannung geltend machen, ganz besonders oft wird iiber Druckgefiihl im Bereich des Pharynx geklagt. Sichtbare Schwellung tritt an der Zunge ofter zutage, an welcher die Zahneindriicke dieselbe deutlich anzeigen. Nicht selten ist Tranen der Augen mit odematoser Schwellung der Conjunctiva bulbi wahrend Anschwellung von Nasen- und Rachenschleimhaut das Gefiibl von Trockenheit veranlassen und AulaB zu Ozana und behinderter Nasenatmung Die funktionelle Diagnostik bei Schilddriisenerkrankungen. 7 geben kann. Abnahme des Gehors darfte wohl hie und da auf Scbwellung im Rachen, die sich auf die Tube fortsetzt, zu beziehen sein bei leichten Fallen, wahrend schwere Horstorungen tieferen Sitzes den ausgepragten Kretinismus begleiten. Die Beteiligung der Schleimhaute laBt sich auch an dem schlechten Geschmack, der Appetitlosigkeit, der Auftreibung des Leibes und der Ver stopfung erkennen. Neben diesen mit mangelhafter Zirkulation und Resorption einher gehenden Storungen pragt sich die Tragheit der Zirkulation aus in der Kalte der Haut, nicht immer aber haufig verbunden mit subjektivem Kaltegefiihl, das bei auBerer Kalte sehr intensiv sein kann. Es fallt auf, wenn man der artigen Individuen die Hand reicht, wie kalt sich dieselbe anfiihlt; auch das dicke und oft gerotete Gesicht fiiblt sich kiihl an, was sofort einen markanten Unterschied gegen Hyperthyreosis (Basedow) ergibt. Kalte verschlimmert iiberhaupt das Befinden der Patienten ganz wesentlich hinsichtlich unbehag licher Gefiihle und Leistungsfahigkeit. Neben den oft blaurot verfarbten Handen und FiiBen fallen die dunkelroten Backen auf, die sich wie bei venoser Stauung statt besonders warm im Gegenteil kiihl anfiihlen. Sehr ausgesprochen ist die Riickwirkung der mangelhaften Schilddriisen funktion auf die Haut und EpithelialgebiIde, welche von dem Ektoderm ab stammen. Intelligente Patienten fiihlen oft das Heranriicken des Leidens oder einer Verschlimmerung desselben in erster Linie an der Abna,hme korper licher und geistiger Leistungsfahigkeit. Sie werden miide, konnen keine angestrengte geistige Arbeit mehr verrichten, sei es mit Lesen, Schreiben oder Sprechen, ohne sofort ungebiihrlich miide zu werden; ebensowenig ist eine etwas anhaltende korperliche Betatigung moglich. Sie haben den entschie denen Eindruck einer Hemmung im Bereich ihres Nervensystems, iiber welche sie sich klar sind, die sie aber nicht zu iiberwinden vermogen. Es sind dies Vorkommnisse, wie wir sie nach erschopfenden Krank heiten antreffen und bei ausgepragter Anamie. Oft genug werden auch solche Patienten mit beginnender Cachexia thyreopriva mit tonisierenden Mitteln, Eisen und Arsen behandelt ohne den geringsten Nutzen. Es ist aber nicht schwer, den Unterschied zu machen von Cachexia thyreopriva gegeniiber Schwacbe und Blutarmut aus anderen Griinden, wenn man neben der ewigen Miidigkeit die meist kraftige Entwickelung der Muskulatur betrachtet, welche zu kraf tigen Anstrengungen zu befabigengeeignet scheint. Dnd wenn man vollends bei der Blutuntersuchung normale Zahlen der Erythrozyten feststellt und normalen Hamoglobingehalt, so muB die Anamie alB Erklarungsgrund aus geschlossen werden. Es ist nicht haufig, daB mit dem Gefiihl des scbweren und eingenommenen Kopfes und leicht auftretendem Kopfweh aucb Abnahme des Geruchs, Gehors, ja des Geschmacks geklagt wird, doch wird es von gebiIdeten Patienten ge Jegentlich angegeben. Ganz regelmiiBig finden sich ausgesprochene Veranderungen der Epithelialgebilde der Haut. Die Trockenheit, Diinnheit der Haare auf dem Kopf mit mehr oder weniger stark ausgepragtem Haarausfall ist fast kon stant, die Nagel zeigen mangelhaftes Wachstum, sind kurz, zeigen Langsrippen, sind rissig. Die Zahne konnen wacklig werden, sind haufig karios. Die Epi dermis schuppt sich ab, an den dunkelroten Backen ist diese Abschuppung

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