ERGEBNISSE DER BIOLOGIE HERAUSGEGEBEN VON K. v. FRISCH · R. GOLDSCHMIDT MONCHEN BERLIN·DAHLEM W. RUHLAND · H. WINTERSTEIN LEIPZIG ROSTOCK ZWEITER BAND MIT 177 ABBILDUNGEN SPRINGER· VERlAG BERLIN HEIDELBERG GMBH 1927 ALLE RECHTE, INSBESONDERE DAS DER QBERSETZUNO IN FREMDE SPRACHEN, VORBEHALTEN. COPYJUOHT 1927 BY SPRINGER-VERLAG BERLIN HEIDELBERG URSPRONGLICH ERSCHIENEN BEl )ULIUS SPRINOER IN BERLIN. 1927 SOFTCOVER REPRINT OF THE HARDCOVER 2ND EDITION 1927 ISBN 978-3-642-49433-8 ISBN 978-3-642-49712-4 (eBook) DOI 10.1007/978-3-642-49712-4 Inhaltsverzeichnis. Das Reizleitunpproblem bei den Pflanzen im Lichte neuerer Erfahrungen. Von Professor Dr. PETER STARK, Breslau. (Mit 42 Abbildungen.) Seite Einleitung • . • • • • • • • • . • • • • • • • • • • • • • • I I. Die Bedeutung der Reizstoffe für das normale Wachsturn • 3 Ergebnisse 15 ll. Phototropismus . • • . . • . • 17 Ergebnisse • • . . • • . . • . 33 m. Geotropismus . . • • • • . . . 34 1. Koleoptilen und Hypokotyle 34 2. Keimwurzeln • • . . 39 3· Erwachsene Pflanzen 45 4· Ergebnisse so IV. Traumatotropismus . . 51 1. Koleoptilen • • • . . 51 2. Keimwurzeln • • • . 62 3· Erwachsene Pflanzen 64 4· Ergebnisse • 64 V. Haptotropismus 65 Ergebnisse 66 VI. Traumatonastie 6; r. Mimosa •. 6; 2. Ranken.· 82 3· Ergebnisse 82 .. Schluß • 83 Literatur •.•• 91 Die BLAAUWache Theorie des Phototropiamua. Von Dr. LEo BRAUNER, Jena. (Mit 11 Abbildungen.) 95 Literatur • . • • • . • • • • . . • . . . . • . . . • . . . . • • • 115 Die Georeaktionen der Pflanze. V~n Privatdozent Dr. WALTER ZIMMERMANN, Tübingen. (Mit 23 Abbildungen.) 116 I. Einleitung. • • • • • • • • • • . . 116 ll. Die "einfachen" Georeaktionen. • . 119 A. Geotropismus • • • • • • • . • • . . 119 1. Der äußere Ablauf der Erscheinung • 119 2. Die qualitative Analyse der geotropischen Reizreaktionskette 121 a) Die Suszeption S. 122; b) Die Erregung (Induktion) S. 133; c) Die Reizstoffbildung S. 134; d) Reizstoffleitung S. 138; e) Die Endreaktion S. 140. Zusammenfassung • • • • • • • • • • • • • • . • . • • • 140 3· Die quantitative Analyse der Reizreaktionskette . . . . • • 150 a) Die Gültigkeit des Reizmengengesetzes S. 15 1 ; b) Versuchs material und Begleitumstände S. 156; c) Grenzen des Reiz mengengesetzes S. 158. IV Inhaltsverzeichnis. Seite B. Geomorphosen ( = "Barymorphosen'") • • • . . . • . . • . I 59 I. Quer (zur Organachse) angreifende Schwerkraft . . • • • I59 a) Der äußere Ablauf S. IS9; b) Analyse der Reizreaktions kette S. I6+ 2. Längs- (d. h. parallel zur Organachse) angreifende Schwerkraft I66 a) Die Schaffung einer Längspolarität S. I66; b) Modifikation der Längspolarität durch die Schwerkraft S. I66. C. Geotorsionen . . . . . . . I68 D. Geotonus • • • • • • . . . . • • . . . . . . . . I6g I. Wachstumsbeeinflussung • • • • • . . . . • • . I6g a) Dauerwirkung S. I6g; b) Geowachstumsreaktionen S. I7I. 2. Geotonische Beeinflussung einer geotropen Knimmung I72 a) Durch gleichzeitige Längs-und Querreizung S. I72; b) Quer und Längsreizung hintereinander S. I74· E. Geotaxis . . . • . • • • • . • • • . • . . . • . • . . I 76 III. Die homogen zusammengesetzten Georeaktionen I78 A. Der Plagiogeotropismus • . . . . . • • . . . . I78 I. Die qualitative Analyse • . . . . . . . . . I79 2. Die quantitative Analyse . . • . . • . • . . I82 3· Wechsel der plagiotropen Gleichgewichtslage I8g a) Wechsel auf äußere Faktoren hin S. I89; b) Wechsel auf innere Faktoren hin S. I92. B. Wechselgeotropismen • • . • • • • • • • • • • • • • . • . • I9S I. Nyktinastische Bewegungen (Schlafbewegungen) • . . . . • I9S 2. Ontogenetisch bedingteWechselgeotropismen("Umstimmungs'"- bewegungen •••••••••••.••.•••••.•• 20I a) Florale Bewegungen S. 20I; b) Sonstige Wechselgeotropismen s. 204- c. Zusammenfassende Betrachtung über homogen zusammengesetzte Georeaktionen • • • • • • • • • . • • . . • • • 2o6 IV. Heterogen zusammengesetzte Georeaktionen 209 A. Geotropismus und Phototropismus • 209 B. Klimm- und Ausläuferbewegungen . . • . • . . . 2IO C. Winde- und Rankenbewegungen. • • . • . . . . 2II I. Windepflanzen . • • • • • • • . . . . • • . . 2I2 a) Der äußere Ablauf des Kreisens S. 2I2; b) Die Analyse der Kreisbewegungen S. 2I3. 2. Ranken • • • • • • • • • • . . . 2I9 V. Ökologie der Georeaktionen • • . • • . . . • . 22I VI. Die Phylogenie der Georeaktionen . • • • • • • 229 A. Der historische Ablauf der Georeaktions-Phylogenie 229 B. Die richtenden Faktoren der Georeaktions-Phylogenie 232 VII. Definitionen-Obersicht . • • . . • • . • • • • • • 234 Literatur . • . . • • . • • . • • . • • • • • • • • • • • • 240 Der Harnstoff im Haushalt der Pflanze und seine Beziehung zum Eiweiß. Von Professor Dr. A. KIEsEL. Moskau. Einleitung . • . • • • • • • • • • • . • • • • • • • • • • • • • • • 257 I. Die Harnstoff bildenden Gruppen der Eiweißkörper • • • • • • ~ II. Die Entstehung des Harnstoffes durch Eiweißabbau im Organismus 262 III. Die Verbreitung der Urease • • • • • • • • • . • • • • 27I IV. Das Auftreten von Harnstoff in Pflanzen ••••••••••• 275 Inhaltsverzeichnis. V Seite V. Harnstoff, Asparagin und Glutamin . • • . . • . • • . . • • • 28o VI. Die synthetische Harnstoffbildung im Organismus • • . • . . • 284 Vll. Die Entstehung, Rolle und Umwandlung des Harnstoffs in Pilzen 290 VIII. Die Harnstoffbildung als Anpassung • 30I Literatur . . • . • . • • • . • • . • . • . • • • • • • • • . • • • 304 Die Erscheinung der Heteroploidie, besonders im Pflanzenreich. Von Professor Dr. FRITZ vos WETTSTEIN, Göttingen. (Mit I2 Abbildungen.) Einleitung • • • • • . • • . 3II I. Terminologische Vorbemerkung 3I3 II. Experimentelle Ergebnisse • . • 3I5 I. Entstehung polyploider Rassen 3I 5 2. Eigenschaften polyploider Rassen 3I9 III. Zytologisch ermittelte Tatsachen 344 IV. Theoretischer Ausblick • 347 Literatur . • . • • . . • • . . • . 352 Der GoLGische Binnenapparat. Ergebnisse und Probleme. Von Dr. WERN'ER jACOBS, München. (Mit 6 Abbildungen.) Einleitung . • • • • . . . • . . • . • • • . . . • • . . • • • • . • 357 I. Probleme der Morphologie des GoLGischen Apparates • 359 I. Darstellungsmethoden und daraus sich ergebende Probleme • 359 2. Probleme der Gestalt und Struktur des GoLGI-Apparates. Unter suchungen an tierischen Zellen . • • . . . • . . . . • • • . 366 3· Der GoLGI-Apparat in Pflanzenzellen . • . • . . . . . . • . . 37I II. Der GoLGI-Apparat in seiner Beziehung zur Zellfunktion 372 I. Der GoLGI-Apparat während der Mitose •.••••••.•• 374 2. GoLGI-Apparat und ontogenetische Differenzierung • . . . • • 376 a) Der GoLGI-Apparat in den Geschlechtszellen S. 376; b) Der GoLGI-Apparat während der Furchung S. 382; c) Das Verhalten des GoLGI-Apparates bei der Nervenzellenentwicklung S. 383; d) Der GoLGI-Apparat in Knorpelzellen bei Ossifikation S. 384. 3· Der GoLGI-Apparat in Beziehung zur Funktion vollentwickelter Gewebe • • . • • • • • • • • • . . . . 385 4· Allgemeine Gesichtspunkte und Ausblicke 40I Literatur • . • . . • . . . . . . . . . . . . . . . 402 Histochemie der quergestreiften Muskelfasern. Von Geheimrat Professor Dr. W. BIEDERMANN, Jena. (Mit 27 Abbildungen.) I. Das Verkürzungseiweiß und seine Lokalisation .•.•.•..• 4I6 1. Allgemeines •••..••••...•.•••..•..••• 4I6 2. Die Einwirkung von Wasser, Salzen und Säuren auf quergestreifte Wirbeltiermuskeln • • • • • . • • • • • . • • • • • • . • . 432 3· Beziehungen zwischen Struktur und Funktion der Skelettmuskeln der Insekten • • • • • • . • • . . . • • • . • • • . • • • • 447 4· Die Entwicklung von Wasser, Salzen und Säuren auf Insekten- muskelfasern • • . . • . • . • • • • 456 II. Das Sarcoplasma und seine Bedeutung . 468 Literatur . . . . • . . • . . . . . . . • . . . . . . . . . . . . . 499 VI Inhaltsverzeichnis. Seite Die Milz. Mit besonderer Berücksichtigung des vergleichenden Stand punktes. Von Professor Dr. EMIL v. SKRAMLlK, Freiburg i. B. (Mit 9 Abbildungen.) I. Anatomie der Milz • • . . . . . . . . . . . 505 ll. Die chemische Zusammensetzung der Milz 511 111. Die Funktion der Milz . . . . . . . . . . . 514 r. Die Votumschwankungen der Milz • • . . . . . . • • . . • • 5 r 5 a) Die Zusammenziehung der Milz und deren Abhängigkeit vom nervösen Einfluß S. 515; b) Die Bedeutung der Votumschwan kungen der Milz für die Blutverteilung S. 524· 2. Die Bedeutung der Milz bei der Blutbildung . • . • . . • . . 530 a) Die Bildung roter Blutkörperchen in der Milz S. 530; b) Die Zerstörung der roten Blutkörperchen in der Milz S. 530; c) Die Bildung weißer Blutkörperchen in der Milz S. 533; d) Das Ver halten der Milz gegenüber den übrigen Blutbestandteilen S. 533· 3· Die Folgen der Milzentfernung ..•.....••...••. 534 a) Allgemeine Erscheinungen S. 535; b) Das Verhalten anderer Organe S. 536; c) Die Veränderungen des Blutbildes S. 537; d) Die Verwertung der Abbauprodukte des Blutfarbstoffs S. 539; e) Die Veränderungen im Stoffwechsel S. 541. 4· Milztransplantation und Wirkung von Milzextrakten . . . . . 544 Literatur • . • • . . . . . . . • . • . . . • . . . . • . . . . . . 544 Die zygotischen sexuellen Zwischenstufen und die Theorie der Geschlechtsbestimmung. Von ProfessorDr.RrcHARD GoLo scHMmT, Berlin-Dahlem. (Mit 47 Abbildungen.) I. Begriffsbestimmung. • 555 2. Die lntersexuali tät 556 I. Historisches • • • • • . 556 II. Diploide Intersexualität 557 AA. Intersexualität innerhalb genetischer Zweigeschlechtlichkeit 557 A. Die Wirbellosen • • • . • . • • • . • . . • • . • • . . • 557 a) Die Intersexualität von Lymantria dis:par. S. 557; b) Di ploide Intersexualität bei anderen Lep1do:pteren S. 599; c) Diploide Intersexualität bei Drosophila s1mulans S. 6o2; d) Intersexualität bei Pediculus S. 6os; e) Intersexualität bei Crustaceen S. 6o7; f) Andere Wirbellose S. 6oS. B. Die transitorische Intersexualität der niederen Wirbeltiere 61 I a) Die Amphibien S. 611; b) Die Fische S. 632. C. Intersexualität bei höheren Wirbeltieren • • • • • • • 634 a) Die Vögel S. 634; b) Die Säugetiere S. 642. BB. Intersexualität ohne gametische Zweigeschlechtlichkeit 656 III. Triploide Intersexualität • . • . . • • • . . . . . . . . . 656 A. Historisches • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • 657 B. Die triploiden Intersexe bei Speziesbastarden von Schmetter- lingen ................•.•••.••• 658 a) Saturniden S. 658; b) Bistoniden S. 659. C. Triploide Intersexe durch Befruchtung parthenogenetischer Eier .......•.•......••.•.....• 662 D. Die triploiden Intersexe bei Drosophila 670 E. Die Theorie der triploiden Intersexualität 672 3· Der Gynandromorphismus . 679 Namenverzeichnis Sachverzeichnis ..... . Das Reizleitungsproblem bei den Pflanzen im Lichte neuerer Erfahrungen. Von PETER STARK, Breslau. Mit 42 Abbildungen. Einleitung. Seitdem vor nunmehr zwei Jahrzehnten FITTING (3) die pflanzlichen Reizleitungsvorgänge in einer ebenso ausführlichen wie tiefgründigen Darstellung behandelt hat, sind unsere Erfahrungen nach den verschie densten Seiten hin bereichert worden. Eine der wichtigsten Tatsachen, die dabei gewonnen worden sind, ist diejenige, daß - zum mindesten streckenweise -sich der Reizleitungsvorgang in viel einfacherer Weise gestalten kann, als man sich das häufig vorgestellt hat: Es gelingt, eine Reizübertragung zu erzielen, wenn zwischen Perzeptionszone und Reaktionszone der organische Zusammenhang unterbrochen wird und eine Übermittelung des Reizes nur noch auf dem Wege der Diffusion möglich ist. Das besagt aber, daß bei diesem Prozeß der Erregungs zustand, der eine aktive Beteiligung der lebenden Zellen voraussetzt, ausgeschaltet werden kann. Zum mindesten an der Unterbrechungs zone kann die Weitergabe nur auf dem Übertritt bestimmter chemischer Stoffe beruhen. Danach hat man sich vorzustellen, daß durch den äußeren Reiz im lebenden Gewebe Umsetzungen induziert werden, die zur Produktion von "Reizstolfen", oder, wie man jetzt häufig sagt, "Hormonen" führt, und zwar entstehen sie nach der geläufigen Auffassung im Anschluß an den Perzeptionsprozeß und als dessen Folge. Der Wirkungsbereich dieser Reizstoffe ist sicher sehr ausgedehnt, und man hat ihre Bedeutung schon auf den verschiedensten Reiz gebieten wahrscheinlich machen können. Je nach der Entstehungs ursache und Wirkungsweise hat man sie verschieden benannt, man spricht von Wundhormonen, Nekrohormonen (ja sogar Hungerhor monen ), von Wuchsstoffen, Zellteilungsstoffen, Hemmungsstoffen usw. Auf den folgenden Blättern soll bloß die Rede sein von den neueren Erfahrungen, die zu der Annahme solcher Reizstoffe hindrängen; wir behandeln also nur einen Ausschnitt aus dem Reizleitungsproblem, das natürlich an sich noch ganz andere Fragestellungen umfaßt. Aber noch in weiterer Hinsicht soll der Stoff eingeengt werden. Wie schon oben angedeutet, entfalten die Reizstoffe ihre Tätigkeit bei den verschieden- ErsebDisse der Biologie II. 2 PETER STARK: sten Lebensvorgängen. Es sei hier nur, um ein bekanntes Beispiel herauszugreifen, erinnert an die Versuche von HABERLANDT und seinen Schülern über Zellteilungs- und Wundhormone. HABERLANDT (2) fand, daß Gewebefragmente von Knollen, Stengeln und Blättern keine Tei lungen mehr vollziehen, wenn sie unter eine gewisse Größe herabsinken, und zwar zeigte die nähere Beobachtung, daß es dabei auf das Vor handensein oder Nichtvorhandensein von Elementen des Leptoms, von dem offenbar der maßgebende Reiz ausgeht, ankommt. HABERLANDT nimmt an, daß von dem Leptom ZelUeilungshormone abgegeben werden. Damit vereinbart sich gut die Tatsache, daß auch bei leptomfreien Stücken Zellteilungen erscheinen, wenn man ihnen leptomhaltige an legt. Diese Versuche HABERLANDTS wurden von seinem Schüler LAM PRECHT derart erweitert, daß nun art- und gattungsfremde Gewebe stücke kombiniert wurden. Dabei erwies sich der Erfolg in gewissem Maße von der Verwandtschaft der miteinander in Kontakt stehenden Fragmente abhängig. "Der Reizstoff ist nicht arteigen, er wirkt auch zwischen verwandten Arten, doch nur bei naher Verwandtschaft (z. B. zwischen Bryophyllum-Arten untereinander, Peperomia-Arten unter einander), ja bisweilen sogar bei nahe verwandten Gattungen (z. B. zwischen Bryophyllum calycinum, B. crenatum und Kalanchoe glandu losa). Er wirkt aber niemals zwischen entfernter stehenden Gattungen und zwischen verschiedenen Familien (Piperaceen und Crassulaceen)." Entsprechende Beobachtungen liegen für die Wundhormone vor. HABERLANDT (3) fand, daß bei Kohlrabischeibchen in den unterhalb der Schnittfläche gelegenen Zellagen Teilungen auftreten, die auf Dif fusion von Wundstoffen zurückgeführt werden. Zwei Kontrollversuche geben dieser Auffassung die nötige Stütze. Wäscht man die Schnitt fläche sorgfältig ab, so daß alle Spuren der verletzten Zellen entfernt werden, dann bleiben die Teilungen aus, können aber auch an solchen gesäuberten Schnittflächen erzielt werden, wenn man nachträglich Wundextrakt aufstreicht. Ganz analoge Verhältnisse haben sich bei den Blättern von Crassulaceen herausgestellt (Bryophyllum, Echeveria, Crassula, Sedum und Sempervivum. Auch hier sind Kombinationen zwischen den verschiedenen Gattungen angestellt worden, die von einem positiven Erfolg gekrönt waren: Der Wundextrakt wirkt auch beim Auftragen auf die Schnittflächen fremder Blätter; dagegen greift der Wirkungsbereich nicht auf fremde Familien über. Auch hierin ge langt eine gewisse Spezifität der Reizstoffe zum Ausdruck. HILDEGARD REICHE, eine Schülerin HABERLANDTS, hat bei verschie denen anderen Objekten (Kartoffel, Begonie, Tausendblatt und Seerose) Wundextrakte hergestellt und diese in die Intercellularen künstlich eingespritzt. Es zeigte sich, daß in der Nachbarschaft der eingeführten Wundstoffe Zellteilungen auftreten und daß mitunter Thyllenbildungen in den Intercellularraum hervorwachsen, die sich dem Diffusionszentrum Das Reizleitungsproblem bei Pflanzen im Lichte neuerer Erfahrungen. 3 zuwenden. Auch die Zellwäßde der tiefer gelegenen Zellen zeigen hier wie bei den Kohlrabi- und Crassulaceenversuchen eine deutliche Be ziehung zum Diffusionsstrom, die darauf zurückzuführen ist, daß sich die Kernteilungsspindeln in die Diffusionsrichtung einstellen. Infolge dessen verlaufen die neu eingelegten Wände senkrecht dazu. Auf all diese Befunde sollte hier nur ganz kurz hingewiesen werden, weil sich hier mannigfaltige Beziehungen zu den Tatsachen ergeben, die im Mittelpunkt der folgenden Darstellung stehen. Es sollen hier - und damit gelangen wir zur zweiten Einschränkung - nur die Untersuchungen in den Kreis der Betrachtung gezogen werden, die sich auf die Reizbewegungen der höheren Pflanzen, auf die Tropismen und die Nastien beziehen. Dieser Rahmen kann freilich deshalb nicht streng eingehalten werden, weil im Anschluß an die tropistischen Reiz leitungen Hypothesen aufgestellt worden sind, die auf das normale Wachstum Bezug nehmen und darin gipfeln, daß durch den tropisti schen Eingriff nur das Walten von Reizstoffen, die schon ursprünglich vorhanden sind, in andere Bahnen gedrängt wird. Von diesen Reiz stoffen wird angenommen, daß sie bei ungestörten Verhältnissen gleich mäßig vom Vegetationspunkt herabdiffundieren und dadurch für einen geregelten Zuwachs des sich streckenden Organes sorgen. Diese Dinge sollen in einem besonderen Kapitel vorangestellt werden, da je und je wieder auf sie zurückgegriffen werden muß. I. Die Bedeutung der Reizstoffe für das normale Wachstum. Es ist eine genugsam bekannte Tatsache, daß von dem Vegetations punkt nicht nur ein dirigierender Einfluß auf die Differenzierung der Zellen und Organe ausgeht, sondern daß auch das Wachstum unter seinem Einfluß steht. Das tut sich in sehr deutlicher Weise kund, wenn durch Dekapitation die Sproßspitze entfernt wird. Es greift eine von Objekt zu Objekt verschieden starke Wachstumshemmung Platz, die nicht nur mit dem Wundschock im Zusammenhang steht, sondern auch darauf zurückzuführen ist, daß nunmehr der Zustrom bestimmter Stoffe ausbleibt, die im folgenden mit E. SEUBERT als Wachstumsregu latoren bezeichnet werden sollen und zweifellos zu den Reizstoffen ge hören. Sie unterscheiden sich von den später zu behandelnden Reiz stoffen dadurch, daß ihre Bildung nicht erst durch einen äußeren Reiz ausgelöst wird, sondern daß sie schon ursprünglich im Vegetationspunkt vorhanden sind. In ihnen kann man das Vehikel erblicken, vermittels dessen die Sproßspitze das Wachstum der tiefer liegenden Zonen im normalen Gang erhält. Die wachstumshemmende Wirkung der Dekapitation ist in der älteren Literatur oft behandelt worden. Diese Angaben wurden neuerdings I•