Erfolg in der Sozialen Arbeit Michael Boecker Erfolg in der Sozialen Arbeit Im Spannungsfeld mikropolitischer Interessenkonfl ikte Michael Boecker Hagen, Deutschland Die vorliegende Arbeit wurde an der Fakultät Erziehungswissenschaft und Soziologie der Technischen Universität Dortmund als Dissertation angenommen. ISBN 978-3-658-07346-6 ISBN 978-3-658-07347-3 (eBook) DOI 10.1007/978-3-658-07347-3 Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Natio- nalbibliografi e; detaillierte bibliografi sche Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufb ar. Springer VS © Springer Fachmedien Wiesbaden 2015 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zu- stimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Über- setzungen, Mikroverfi lmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in die- sem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu be- trachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürft en. Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Springer VS ist eine Marke von Springer DE. Springer DE ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media. www.springer-vs.de Inhalt Abbildungsverzeichnis ......................................................................................... 9 Einleitung .......................................................................................................... 11 1 Makropolitische Aspekte Sozialer Arbeit .............................................. 17 1.1 Das Sozialstaatsprinzip des Grundgesetzes ....................................... 18 1.2 Sozialpolitische Entwicklungslinien in der Bundesrepublik Deutschland ....................................................................................... 20 1.3 Soziale Gerechtigkeit ........................................................................ 28 1.4 Eigenverantwortung, Solidarität und Subsidiarität ............................ 33 1.5 Das bundesdeutsche System sozialer Dienstleistungserbringung ..... 40 1.5.1 Sozialbudget, Einfluss- und Leistungswege in der Sozialpolitik .............................................................................. 40 1.5.2 Das sozialrechtliche Dreieckverhältnis ..................................... 48 1.6 Soziale Organisationen zwischen Staat, Markt und Gesellschaft ...... 53 1.7 Fazit und Schlussfolgerungen ........................................................... 58 2 Mikropolitische Aspekte Sozialer Arbeit ................................................ 59 2.1 Der Paradigmenwechsel in der Organisationstheorie ........................ 60 2.2 Mikropolitische Theorie – Standortbestimmung und konzeptionelle Rahmungen ....................................................................................... 66 2.2.1 Macht, Spiele und Strategien .................................................... 74 2.2.2 Organisation und Umwelt ......................................................... 79 2.2.3 Unsicherheitsbewältigung und Rationalität .............................. 83 2.2.4 Handlung und Struktur ............................................................. 87 2.3 Exkurs: Organisation und Moral ....................................................... 89 2.4 Fazit und Schlussfolgerungen ........................................................... 93 6 Inhalt 3 Die Transformation der Wohlfahrtsproduktion in Deutschland .......... 97 3.1 Rahmenbedingungen und neue Herausforderungen für die Wohlfahrtspflege in der Bundesrepublik Deutschland ...................... 99 3.1.1 Die Entgrenzung des traditionellen Wohlfahrtskorporatismus ....................................................... 105 3.1.2 Veränderungen in der Sozialgesetzgebung und im Leistungsrecht ......................................................................... 110 3.1.3 Die neue Kundensouveränität selbstbestimmter Akteure ....... 115 3.2 Soziale Arbeit im Spannungsfeld erfolgreicher, effektiver und effizienter Leistungserbringung....................................................... 118 3.3 Sozietale Aushandlungssysteme als Folge der Komplexität gesellschaftlicher Wohlfahrtsproduktion ......................................... 124 3.4 Fazit und Schlussfolgerungen ......................................................... 128 4 Untersuchungsdesign: Stand der Forschung, Untersuchungsfeld, Forschungsfragen, Hypothesen und Methoden .................................... 131 4.1 Wirkungs- und Erfolgsforschung in der Sozialen Arbeit ................ 131 4.2 Die Eingliederungshilfe für behinderte Menschen .......................... 139 4.2.1 Sozialrechtliche und historische Grundlagen ......................... 139 4.2.2 Spannungsfelder und Diskurse ............................................... 158 4.2.3 Zusammenfassung .................................................................. 162 4.3 Hypothesen und forschungsleitende Fragestellungen ..................... 164 4.4 Design und Erhebungstechniken der empirischen Untersuchung ... 165 5 Empirische Untersuchungen .................................................................. 173 5.1 Standpunkte, Definitionen, Fremdeinschätzungen .......................... 173 5.1.1 Wesentliche Aufgaben der Eingliederungshilfe ..................... 174 5.1.2 Erfolgsdefinitionen und Erfolgskontrolle ............................... 175 5.1.3 Favorisierte Finanzierungsarten .............................................. 178 5.1.4 Auswirkungen der Ökonomisierung ....................................... 180 5.2 Mikropolitische Arenen der Aushandlung ...................................... 185 5.2.1 Eigene Rolle(-n) und Auftrag ................................................. 185 5.2.2 Spannungsfelder der Eingliederungshilfe ............................... 186 5.2.3 Strategien, Macht und Einfluss ............................................... 191 5.3 Spannungsfelder und Unsicherheitszonen Sozialer Arbeit .............. 194 5.3.1 Sozialpolitischer Anspruch versus Realisierbarkeit ................ 195 5.3.2 Interessen der Leistungserbringer versus Ombudstätigkeit .... 196 Inhalt 7 5.3.3 Effektivität versus Effizienz; Messbarkeit von Effektivität versus „diffuser Beziehungsdimensionen“ ............................. 198 5.3.4 Partizipation von Nutzerinnen und Nutzern versus Abhängigkeit .......................................................................... 200 5.3.5 Beziehungsqualität und Fürsorgeprinzip versus „Neue Professionalität“ .......................................................... 202 5.3.6 Konkurrenz der Anbieter versus kooperativer Hilfeplan ........ 204 5.3.7 Profession – Auftrag – Doppeltes Mandat? ............................ 206 5.4 Fazit und Schlussfolgerungen ......................................................... 209 6 Diskussion der theoretischen und empirischen Ergebnisse ................. 211 6.1 Die Erfolgsfrage – Soziale Arbeit im Spannungsfeld interessengeleiteter Akteure ............................................................ 211 6.2 Zur Ökonomisierung und Mikropolitisierung Sozialer Arbeit ........ 214 6.3 Zur Rekursivität erfolgreicher und effektiver Aushandlungssysteme ..................................................................... 216 6.4 Zur Macht sozietaler Akteure .......................................................... 218 6.5 Wessen Brot ich ess, dessen Lied ich sing – oder die Zerrissenheit der Profession Sozialer Arbeit? ....................................................... 221 7 Professionstheoretische, sozialpolitische und gesellschaftspolitische Implikationen – Forschungsperspektiven ............................................. 225 7.1 Professionstheoretische Implikationen ............................................ 225 7.2 Sozialpolitische Implikationen ........................................................ 228 7.3 Gesellschaftspolitische Implikationen ............................................. 230 7.4 Forschungsperspektiven .................................................................. 232 8 Resümee ................................................................................................... 239 Literaturverzeichnis: ...................................................................................... 243 Abbildungsverzeichnis Abbildung 1.1: Sozialbudget 2012: Leistungen nach Institutionen ............... 41 Abbildung 1.2: Pluralistische Demokratie und totalitäres System ................ 43 Abbildung 1.3: Einfluss- und Leistungswege in der Sozialpolitik ................ 45 Abbildung 1.4: Das sozialrechtliche Dreieckverhältnis ................................ 49 Abbildung 1.5: Erwartungen an Leistungen der Sozialen Arbeit .................. 55 Abbildung 2.1: Erkenntnisinteressen der Mikropolitik-Ansätze ................... 72 Abbildung 2.2: Vergleich von Einflusstaktiken ............................................ 78 Abbildung 2.3: Direkte und indirekte Einflüsse auf die Organisationsstruktur ........................................................... 81 Abbildung 2.4: Organisationale Antagonismen ............................................ 85 Abbildung 2.5: Individuum und Gesellschaft: Strukturation und Vermittlung .......................................................................... 91 Abbildung 3.1: Qualitätsdefinitionen in Handlungsfeldern der Sozialen Arbeit ................................................................................. 121 Abbildung 3.2: Input – Output – Outcome .................................................. 122 Abbildung 3.3: Die Funktionsweise sozietaler Systeme ............................. 125 Abbildung 4.1: Das Wirkungsmodell .......................................................... 137 Abbildung 4.2: Entwicklung ambulante und stationäre Wohnhilfen für Menschen mit psychischen Behinderungen in Westfalen-Lippe ................................................................. 156 Abbildung 4.3: Kosten- und Fallzahlentwicklung der wohnbezogenen Hilfen in Westfalen-Lippe .................................................. 157 Abbildung 4.4: Theoretisches Sampling ..................................................... 168 Abbildung 4.5: Interviewpartner/-innen und Strukturmerkmale ................. 170 Abbildung 4.6: Struktur Leitfaden .............................................................. 171 Abbildung 5.1: Erfolgsdefinitionen in der Fremdwahrnehmung ................ 177 Abbildung 5.2: Spannungsfelder Eingliederungshilfe ................................. 187 Einleitung „Erfolg in der Sozialen Arbeit im Spannungsfeld mikropolitischer Interessenkon- flikte.“ Dieser Titel impliziert verschiedene Fragestellungen. Was kann unter Er- folg in der Sozialen Arbeit verstanden werden, oder wie sieht gegebenenfalls er- folgreiche Soziale Arbeit aus? Welche Spannungsfelder sind gemeint, wenn makro- und mikropolitische Interessenkonflikte angesprochen werden und wer sind die handelnden Akteure oder Interessenvertreter? Die fachpolitische Debatte der letzten 30 Jahre war geprägt von einer inten- siven Auseinandersetzung mit den gravierenden Veränderungen im Bereich der Wohlfahrtsproduktion. Neue Legitimationsanforderungen an die Träger der frei- en Wohlfahrtspflege, einhergehend mit enormen sozialpolitischen Veränderun- gen, provozierten eine Fülle unterschiedlicher und zum Teil kontroverser fach- politischer Beiträge und führten zu einer Ökonomisierung Sozialer Arbeit. Be- grifflichkeiten wie Qualitätsmanagement, Effektivität und Effizienz sozialer Dienstleistungen, Input-Output-Relationen (Produktivität), Benchmarking präg- ten und prägen die Debatte im Kontext alter und neuer Ordnungssysteme der So- zialwirtschaft und führten zu einer Vielzahl wissenschaftlicher Publikationen. Schwerpunkt der fachpolitischen Debatte ist die Beschreibung der Auswirkun- gen und der Konsequenzen der oben genannten Entwicklungen auf die Leis- tungserbringer Sozialer Arbeit und deren Handlungsmöglichkeiten. Die vorliegende Arbeit will diesen Blickwinkel erweitern und den For- schungsschwerpunkt auf die unterschiedlichen Akteure der „sozialpolitischen Arena“ richten, auf ihre Wahrnehmungsmuster und Strategien. Empirischer Schwerpunkt des Forschungsinteresses sind die Selbst- und Fremdeinschätzun- gen der am Dienstleistungsprozess Sozialer Arbeit beteiligten Akteure zu den relevanten Fragestellungen. Leistungsträger, Leistungserbringer und Leistungsberechtigte stellen die Hauptakteure der Distribution und Inanspruchnahme sozialer Dienstleistungen in der Bundesrepublik Deutschland dar. In der Tradition subsidiärer und korpo- ratistischer Ordnungssysteme delegieren öffentlich-rechtliche Träger soziale Dienst- und Sachleistungen an freie Träger, welche diese wiederum den Leis- tungsempfängerinnen und Leistungsempfängern zur Verfügung stellen. War es in der Vergangenheit schon sehr problematisch, die unterschiedlichen Sichtwei- sen der oben genannten Akteure adäquat zu berücksichtigen, so scheint im Zuge M. Boecker, Erfolg in der Sozialen Arbeit, DOI 10.1007/978-3-658-07347-3_1, © Springer Fachmedien Wiesbaden 2015 12 Einleitung der Ökonomisierung Sozialer Arbeit eine Verschärfung der unterschiedlichen Interessenlagen der beteiligten Akteure stattzufinden. Die vorliegende Arbeit untersucht und analysiert die spannungsgeladenen makro- und mikropolitischen Prozesse sowie die unterschiedlichen Sichtweisen, Interessenlagen, Strategie- und Machtoptionen der beteiligten Akteure im Hin- blick auf die komplexe Erfolgs- und Effektivitätsdiskussion in der Sozialen Ar- beit. Darüber hinaus gilt es erste Erkenntnisse der Auswirkungen sozialman- agerieller und sozialwirtschaftlicher Handlungskonzepte aus Sicht der beteiligten Akteure, im Hinblick auf die heterogenen Anforderungen an den Erfolg Sozialer Arbeit, zu skizzieren. Ausgangspunkt weiterer Überlegungen stellt die These dar, dass die am Dienstleistungsprozess beteiligten Akteure sich nicht nur von fachlichen Argu- menten bei der spezifischen Definition von erfolgreicher und effektiver Arbeit leiten lassen, sondern individuelle, politische, ökonomische und professionelle Interessen eine wichtige Rolle spielen. Dies lässt sich am Beispiel der nachste- henden Fragestellungen konkretisieren: (cid:131) Wie nehmen die unterschiedlichen Akteure den Einfluss wirtschaftlicher und professioneller Entwicklungen wahr und wie wirken sich diese wiede- rum auf die Konstruktion von Erfolgs-, Effektivitäts- und Qualitätsdefiniti- onen aus? (cid:131) Welche mikropolitischen Strategien setzen die Akteure gegebenenfalls ein und über welche Machtpotentiale verfügen die verschiedenen Akteure? (cid:131) Welche Unsicherheits- und Spannungsfelder und welche Interessenkonflikte lassen sich daraus ableiten? (cid:131) Welche Konsequenzen können für die Profession der Sozialen Arbeit fest- gestellt werden? (cid:131) Ist Soziale Arbeit im Zuge der Ökonomisierung und durch den Einzug sozialmanagerieller Konzepte und Ideen effektiver und/oder erfolgreicher geworden? Als ein Ausgangspunkt weiterer Analysen dient unter anderem der Ende der 1970er Jahre von Crozier und Friedberg (1979) geprägte mikropolitische Ansatz, welcher Ende der 1980er Jahre durch Küpper und Ortmann (u. a. 1988) einen großen Einfluss auf die Organisationstheorie ausübte. In einer mikropolitischen Betrachtungsweise verfügen die jeweiligen Akteure spezifischer Organisations- zusammenhänge über Eigeninteressen jenseits der postulierten Organisationszie- le. Diese werden im Kontext mikropolitischer Spielvariationen, mit Hilfe von Machtoptionen, im Rahmen des jeweiligen Organisationskontextes, ausgehan- delt. Mikropolitische Vorgehensweisen haben somit einen essentiellen Einfluss
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