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Entwicklung eines universell gültigen Regressionsmodells zur Ermittlung von Planzeitwerten für vorwiegend manuelle Arbeiten PDF

88 Pages·1971·2.817 MB·German
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FORSCHUNGSBERICHTE DES LANDES NORD RHEIN-WESTFALEN Nr.2216 Herausgegeben im Auftrage des Ministerpräsidenten Heinz Kühn vom Minister für Wissenschaft und Forschung Johannes Rau Dr.-Ing. Alfred Borges Dipl.-Ing. Udo Bondroit Dipl.-Ing. Bernd Paffenholz Forschungsinstitut für Rationalisierung an der Rhein.-Westf Techn. Hochschule Aachen Direktor: Professor Dr.-Ing. Rolf Hackstein Entwicklung eines universell gültigen Regressionsmodells zur Ermittlung von Planzeitwerten für vorwiegend manuelle Arbeiten SPRINGER FACHMEDIEN WIESBADEN GMBH 1971 ISBN 978-3-531-02216-1 ISBN 978-3-663-19762-1 (eBook) DOI 10.1007/978-3-663-19762-1 © 1971 by Springer Fachmedien Wiesbaden Ursprünglich erschienen bei Westdeutscher Verlag GmbH, Opladen 1971 Inhalt 1. Problemanalyse ...................................................... 5 1.1 Einführung und Zielsetzung ................................... 5 1.2 Bedeutung der Zeitermittlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 1.3 Auswirkungen falscher Zeiten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 1.3.1 Allgemeine Zusammenhänge. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 1.3.2 Auftragswahrscheinlichkeit und PreisbiIdung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 1.4 Wirtschaftlichkeit der Zeitermittlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 2. Methoden der Zeitermittlung .......................................... 9 2.1 Kriterien zur Methodenwahl ................................... 9 2.2 Zeitermittlungsmethoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 11 2.2.1 Schätzen und Vergleichen ..................................... 11 2.2.2 Berechnen und Zeichnen ...................................... 11 2.2.3 Zeitmessung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 12 2.2.4 Systeme vorbestimmter Zeiten ................................. 12 2.3 Zeitermittlungsverfahren in Handformereien ..................... 13 3. Rationalisierung der Zeitermittlung durch Planzeitwertbildung ............. 18 3.1 Gründe zur Erstellung von Planzeitwerten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 19 3.2 Der Begriff Planzeitwert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 20 3.3 Allgemeine Systematik der PlanzeitwertbiIdung (Sechsstufen-Methode) 22 3.3.1 I. Stufe: Beschreibung des Arbeitsvorgangs .................... 22 3.3.2 11. Stufe: Bestimmung des Gültigkeits bereiches der Planzeitwerte .. 23 3.3.3 In. Stufe: Bestimmung der Einflußgräßen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 23 3.3.4 IV. Stufe: Ermittlung der Zeitdaten ............................ 24 3.3.5 V. Stufe: Statistische Auswertung ............................. 25 3.3.6 VI. Stufe: Darstellung der Planzeitwerte ........................ 25 4. Systemanalyse zur Entwicklung eines universellen Regressionsmodells ....... 26 4.1 Beschreibung des Arbeitsvorganges »Handformen« (I. Stufe) . . . . . .. 26 4.2 Gültigkeitsbereich der Planzeitwerte (n. Stufe) . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 27 4.3 Definition der Haupteinflußgräßen und qualitativer Modellansatz (In. Stufe) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 27 4.3.1 Werkstück.................................................. 28 4.3.2 Verfahren. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 29 4.3.3 Mechanisierung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 29 4.3.4 Organisation. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 30 4.3.5 Mensch. ... . . . . . . . . .. . .. .... . . .... . . . ... .. ... . . . . . . . . . ... . .. 30 4.3.6 Qualitativer Modellansatz für den Arbeitsvorgang »Handformen« . .. 31 5. Untersuchungsdurchführung ........................................... 33 5.1 Datenerhebung (IV. Stufe) .................................... 33 5.1.1 Statistische Grundlagen der Datenerhebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 33 3 5.1.2 Durchführung der Datenerhebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 34 5.2 Statistische Auswertung (V. Stufe) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 35 5.2.1 Datenaufbereitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 36 5.2.1.1 Übertragung der Erfassungsinformationen ....................... 36 5.2.1.2 Qualitative Beurteilung des Datenmaterials. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 36 5.2.1.2.1 V oUständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 36 5.2.1.2.2 Genauigkeit und Einheitlichkeit ... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 39 5.2.1.3 Quantitative Beurteilung des Datenmaterials ..................... 41 5.2.1.3.1 Häufigkeitsverteilungen quantitativer Merkmale .................. 42 5.2.1.3.2 Häufigkeitsverteilungen qualitativer Merkmale ................... 42 5.2.2 Datenauswertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 45 5.2.2.1 Grundlagen der Regressionsrechnung ........................... 45 5.2.2.1.1 Prinzip der kleinsten Quadrate ................................. 45 5.2.2.1.2 Statistische Prüfverfahren ..................................... 46 5.2.2.2 Durchführung der Regressionsrechnung mit Hilfe der elektronischen Datenverarbeitung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 49 5.3 Darstellung der Planzeitwerte (VI. Stufe) ........................ 50 6. Erörterung der Untersuchungsergebnisse ................................ 51 6.1 Optimierung des Regressionsmodells . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 6.2 Strukturanalyse des Regressionsmodells ......................... 56 6.3 Anwendungskriterien des Regressionsmodells .................... 60 6.3.1 Genauigkeitsstufen ........................................... 60 6.3.2 Gültigkeitsbereich ............................................ 62 6.3.3 Praktikabilität. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 64 7. Zusammenfassung und Ausblick... . . ..... . . .. ....... . . ... ...... . ....... 65 8. Literaturverzeichnis .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 67 Abbildungen ........................................................... 70 4 1. Problemanalyse 1.1 Einführung und Zielsetzung Ziel einer jeden Unternehmensleitung ist, durch eine Kostenoptimierung den wirt schaftlichen Erfolg eines Unternehmens sicherzustellen. Für die bestmögliche Realisation dieses betrieblichen Zielsystems sind Führungsentscheidungen erforderlich, die heute nicht mehr als »Erfahrungsentscheidungen« getroffen werden können, sondern die eine eingehende Analyse des Arbeitsgeschehens voraussetzen. Zu einer methodischen Er fassung des Arbeitsgeschehens - welches in Raum und Zeit abläuft - gehört eine treff sichere Fertigungszeitermittlung. Ihre Resultate bilden die unerläßlichen V oraus setzungen für eine wirtschaftliche Fertigung, weil der zunehmende Einsatz moderner Fertigungsplanungs- und Steuerungs systeme mit Hilfe der elektronischen Datenver arbeitungsanlagen nur dann zu wirksamen Verbesserungen des Produktionsgeschehens führen kann, wenn treffsichere Zeitbedarfswerte rechtzeitig zur Verfügung stehen. Außerdem ist die Zeit als wesentlicher Teil der Kosten für die Kostenoptimierung von ausschlaggebender Bedeutung und wird damit zur Entscheidungsbasis vieler betrieb licher Rationalisierungsbemühungen. Ein weiterer Aspekt ergibt sich aus dem Bestreben nach einer möglichst rationellen Zeitermittlung, das heißt, der Aufwand für die Zeitfindung sollte in einem wirtschaft lich vertretbaren Verhältnis zum eigentlichen Arbeitsvolumen der zu kalkulierenden Arbeit stehen. Zusammengefaßt sind damit folgende Forderungen an eine Fertigungs zeitermittlung zu stellen: 1. Für eine Planung des Arbeitsgeschehens müssen die Zeitbedarfswerte vor Erstellung der ersten Produktionseinheit bekannt sein, 2. für eine wirksame Planung müssen die Zeitbedarfswerte angemessen genau ermittelt werden, und 3. für eine rationelle Zeitbedarfsermittlung müssen die in den Betrieben vorhandenen zeitbezogenen Informationen aufbereitet und einmal richtig ermittelte Zeitwerte so abgespeichert werden, daß mit ihrer Hilfe neue, anderen Produktionsb edingungen angepaßte Zeitwerte ermittelt werden können. Schwierigkeiten bei der Ermittlung von Fertigungszeiten treten in besonderem Maße immer dann auf, wenn überwiegend manuelle, von einer Vielzahl menschlicher, sach licher und organisatorischer Imponderabilien beeinflußte Tätigkeiten in ihrem voraus sichtlichen zeitlichen Ablauf zu kalkulieren sind. Diese Situation wird besonders deutlich bei einer kritischen Betrachtung der Fertigungs zeitermittlung für handgeformte Gußstücke. Da in den Handformereien von Gießerei betrieben, die auftragsgebundenen Kundenguß herstellen, trotz aller Mechanisierungs bemühungen der Anteil der manuellen Arbeit noch verhältnismäßig hoch ist, des weiteren kaum ein Gußstück dem anderen hinsichtlich Formgebung, geometrischer Gestalt, Güteanforderungen und Modellausführung gleicht, stellt die Fertigungszeit ermittlung für die betreffenden Arbeitsvorbereitungen eine schwierige und zum Teil aufwendige Aufgabe dar. Die Folge davon ist eine erhebliche Kalkulationsunsicherheit und das Fehlen allgemeingültiger Zeitberechnungsunterlagen. Für die Erfüllung der an eine Fertigungszeitermittlung zu stellenden Forderungen (vgl. oben) erscheint die Zeitermittlungsmethode am geeignetsten, die auf der Verwendung von Zeiterrechnungs formeln basiert. 5 In der vorliegenden Arbeit wird deshalb die Frage untersucht, inwieweit es möglich ist, durch eine systemanalytische Studie die Fertigungszeit für den Arbeitsvorgang »Hand formen« als mathematische Funktion der zeitbestimmenden Einflußgrößen darzustellen mit dem Ziel, die Treffsicherheit der Zeitvoraussage zu erhöhen und die Kalkulations methoden rationeller zu gestalten. Die Zeiterrechnungsformel soll Planzeitwerte liefern und so strukturiert sein, daß durch eine Quantifizierung der wesentlichen quantitativen und qualitativen Einflußgrößen eine universelle Anwendbarkeit für alle Handformereien gegeben ist. Weiterhin soll die Ableitung des Regressionsmodells zur Errechnung von Planzeitwerten in der Weise erfolgen, daß der zu entwickelnde methodische Lösungs weg für vergleichbare Fragestellungen angewendet werden kann. 1.2 Bedeutung der Zeitermittlung * Während die Vorgabezeitermittlung als Teilgebiet des Arbeitsstudiums in der Ver gangenheit vorwiegend als Grundlage der Leistungsentlohnung diente, zeichnet sich jetzt eine Entwicklung ab, die der veränderten technischen und wirtschaftlichen Situation der Gegenwart Rechnung trägt. Die Resultate der Zeitermittlung sind nach RINGENBERG ([43], S.281) »quantitatives Hauptprodukt des Arbeitsstudiums, das für die Unter nehmensführung herausragende Bedeutung besitzt«. STUKEY formuliert die Bedeutung, die der Zeitermittlung in der modernen Industriegesellschaft zukommt, noch konkreter: »Das Arbeitsstudium wird immer mehr zum wesentlichen Instrument für die Einbe ziehung des Faktors Zeit bei der Entwicklung und Gestaltung neuer Produkte, Ma schinen und Werkzeuge, bei der Einrichtung unserer Fabriken und Büros, bei der Planung unserer Produktion, bei der Optimierung der Lagerbestände usw.« (STUKEY [53], S. 1). Eine angemessene und sorgfältige Vorgabezeitermittlung wird zwar für eine produktive Leistungsgestaltung nach wie vor von Bedeutung sein. Da jedoch die Zeit »die häufigste Proportionalität zu den in der Fertigung auftretenden Kosten aufweist« (HACKSTEIN [13], S. 57), wird sie darüber hinaus zu einer Entscheidungsbasis, die Ausgangspunkt vieler methodischer Bemühungen um die Überwachung, Steuerung und Senkung der betrieblichen Selbstkosten ist. Aus einer Zusammenstellung von SEIDEL ([48], S. 197) geht hervor, für welche be trieblichen Fragestellungen vork alkulierte Zeiten benötigt werden: »1. Für die Kalkulation der Erzeugnisse. 2. Für Rationalisierungsvergleiche, d. h. als Maßstab für Rationalisierungserfolge. 3. Für die Abstimmung von Fließarbeit und für die Einführung neuer Fertigungs methoden. 4. Für die Kontrolle der vorhandenen Kapazität und für die dazugehörige Kapazitäts planung. 5. Für Fertigungssteuerung und Termine. 6. Als Leistungsmaßstab zur Berechnung der Kostensätze im Betriebsabrechnungs bogen. 7. Für den Leistungsvergleich der Kostenstellen und evtl. Prämien an die Meister. 8. Und schließlich für Leistungslohn und Akkorde.« An Hand dieser Aufzählung wird deutlich, daß die Zeit als Teil der Kosten für die Kostenoptimierung von ausschlaggebender Bedeutung ist, bzw. »richtig kalkulierte * »Die Vorgabezeit stellt diejenige Zeitdauer dar, die für eine bestimmte Arbeit an einem be- stimmten Arbeitsgegenstand bei fest umrissener Arbeitsweise mit genau bestimmten Betriebs und Arbeitsmitteln sowie unter ganz bestimmten äußeren Arbeitsplatzbedingungen vom Arbeiter je Einheit oder je Auftrag benötigt wird, um eine normale Leistung erzielen zu können« (BÖHRS [2], S. 9). 6 Zeiten sind und bleiben der wichtigste Faktor des Leistungsmaßstabes in allen Be trieben« (SEIDEL [48], S. 198). Eine Vielzahl anderer Veröffentlichungen der letzten Jahre (vgl. u. a. HACKSTEIN [14], MAUL [28], SCHÖTTLE [47], SPRINGER [52]) läßt analog zu den Darlegungen SEIDELS ebenfalls klar erkennen, welche Bedeutung einer umfassenden Nutzung vorkalkulierter Zeiten zukommt und daß nur mit ihrer Hilfe eine gezielte und wirkungsvolle Beein flussung der betrieblichen Selbstkosten erreicht werden kann. 1.3 Auswirkungen falscher Zeiten 1.3.1 Allgemeine Zusammenhänge Ein zielgerechtes Betriebsergebnis wird um so wahrscheinlicher, je treffsicherer die Prognose betrieblicher Ereignisse ist. Der Verbrauch von Zeiten stellt deshalb ein ganz entscheidendes Betriebsereignis dar, weil falsche Zeiten ganze Kettenreaktionen nega tiver Begleiterscheinungen auslösen und die Konkurrenzfähigkeit eines Unternehmens in Frage stellen können. Obgleich die ersten Versuche, den Zeitbedarf für eine genau fixierte Arbeitsverrichtung im vorhinein zu bestimmen, fast zwei Jahrhunderte zurückliegen (SONNENBERG [50], S. 196), war es bis heute nicht möglich, die mit dieser Aufgabe verbundenen Schwierig keiten und Probleme zu lösen (vgl. auch RINGENBERG [43], S.282). Diese Situation wird verständlich, wenn man bedenkt, daß durch den technischen Fortschritt sich auch das Wesen der Arbeit ändert, d. h. es findet nicht nur eine Verlagerung von den un mittelbaren Arbeiten der Produktion zu den mittelbaren statt, sondern auch die Arbeits methoden, technischen Verfahren und Prozesse, die als wesentliche Einflußgrößen den Zeitverbrauch bestimmen, sind einem ständigen und in immer kürzeren Zeitabständen auftretenden Wandel unterworfen. Die Folge davon ist eine zum Teil schwerwiegende Vorkalkulationsunsicherheit*, bzw. früher einmal richtig ermittelte Zeiten werden immer ungenauer, weil sich der Änderungsdienst oft nicht mit der erforderlichen Be weglichkeit den immer neuen Betriebsbedingungen anzupassen vermag. Die aus dieser Situation resultierenden ungenauen oder gar falschen Zeiten können sich nun z. B. nachteilig auf eine termingerechte Auftragsabwicklung auswirken. Durch die in der industriellen Fertigung bevorzugte Arbeitsteilung wird das Zusammenwirken verschiedener Arbeitsplätze oder Betriebsabteilungen durch fehlerhafte Zeitbedarfs werte empfinclich gestört. Lieferterminüberschreitungen sind hier oft eine unausbleib liche Folge. Zu einer ordnungsgemäßen Terminplanung gehört auch eine vorher zu bestimmende Betriebsmittelbelegung. Wird das Verhältnis der Kapazitäten der Maschinen und der Anlagen zueinander durch falsche Zeiten gestört, so sind Durchlaufstockungen oder nicht ausgelastete Betriebsmittel nicht zu vermeiden und beeinträchtigen ihrerseits wieder z. B. die planmäßige Betriebsmittelpflege. So können primäre Auswirkungen falsch kalkulierter Zeiten sekundäre Ausprägungen nach sich ziehen, die u. U. eine größere Kostenrelevanz aufweisen als die primären Folgeerscheinungen. Ähnliche Über legungen kann man für die Kapazitätsermittlung anstellen, die unmittelbar durch die Betriebsmittelnutzung beeinflußt wird. Für eine leistungsorientierte Entlohnung ist in den meisten Fällen bis heute und für die überschaubare Zukunft die genaue Kenntnis des Zeitbedarfs unerläßlich. Entsteht eine Diskrepanz zwischen der vom Arbeitenden erbrachten Leistung und dem dafür ent- * Unter »Vorkalkulation« soll hier die Ermittlung von Vorgabezeiten zur Ausführung von Arbeitsvorgängen als technische Aufgabe eines Betriebes verstanden werden (vgl. SIEGERIST LANGHEINRICH [49], S. 1). 7 haltenen Lohn - eine Erscheinung, die häufig als Folge falscher Vorgabezeiten auftritt -, so wird bei überhöhten Zeiten das Leistungsniveau im Laufe der Zeit abfallen, bzw. bei zu niedrig kalkulierten Zeiten wird zwangsläufig eine Überforderung des Arbeitenden eintreten, die zu kurzfristigen (Verärgerung der Belegschaft) und langfristigen (gesund heitsgefährdende Wirkung) Folgeerscheinungen führt. Wenn auch die Vorgabezeit im Rahmen einer Akkordentlohnung bei hochmechani sierten und automatisierten Fertigungsabläufen an Bedeutung verliert, so wird sie doch nach wie vor unter anderem auch für den immer stärker in das Blickfeld reichenden Bereich der Personalplanung eine wichtige Kenngröße bleiben. 1.3.2 Auftragswahrscheinlichkeit und Preisbildung Im vorhergehenden Abschnitt wurden die Auswirkungen falscher Zeiten auf das Be triebsgeschehen nur andeutungsweise abgehandelt. Für auftragsgebundene und stark lohnorientierte Fertigungen - wie sie auch in der Gießereiindustrie anzutreffen sind - gibt es noch einen anderen Aspekt, der wegen seiner herausragenden Bedeutung im folgenden ausführlicher erörtert werden soll. Nach den Gesetzen der freien Marktwirtschaft regeln Angebot und Nachfrage den Preis eines Erzeugnisses. Die Vorgabezeit beeinflußt als wichtiges Glied in der Kosten rechnung den Preis für ein Produkt unmittelbar, und die in der Zeitbestimmung ent haltenen Fehler gehen um das Mehrfache in die Kostenrechnung ein und damit natürlich auch in den Preis. Das bedeutet, daß eine realistische Kostenrechnung neben der Kon trolle der Wirtschaftlichkeit eines Betriebes eine wichtige Grundlage für die Preis kalkulation darstellt (vgl. TRAUB [56], S. 364). Für eine auftragsgebundene Gußstückproduktion wird wegen der Vielfältigkeit der Gießereierzeugnisse die Stückkostenrechnung in der Regel eine Vorrangstellung gegen über Preislisten einnehmen (REMMEcKE [42], S.369). Wenn man weiter bedenkt, daß der Personalkostenanteil, bezogen auf die Nettoproduktion, für Eisengießereien bei 60% (HACKSTEIN [15], S. 543) liegt und bei einer Vorkalkulation die Bestimmung der Fertigungszeiten - weniger die Bestimmung der übrigen Kalkulationsdaten - Schwierig keiten bereitet, so wird deutlich, welche Bedeutung einer realistischen Zeitermittlung zukommt und welchen Einfluß falsche Zeiten auf die Preisfestsetzung eines Gießerei produktes ausüben können. In einer mathematisch-statistischen Untersuchung an einem Marktmodellleitet PACYNA ([34], S. 323ff.) den Einfluß der Kalkulationsgenauigkeit auf die Erfolgsaussichten der Gießereien ab. Durch einen Vergleich der vorkalkulierten mit den effektiven Werten der Fertigung wird für eine große Zahl von Gußstücken der mittlere Kalkulationsfehler bestimmt und als Systemfehler definiert, der bisweilen bis zu -20% oder auch +20% betragen kann. Kalkulationsstreuungen von ± 30% um diesen Mittelwert auf Grund der Unsicherheit bei der Bestimmung der Fertigungszeiten treten dabei nicht selten auf (s. Abb. 1 und RINGENBERG [43], S.282). Ausgehend vom Prinzip der freien Marktwirtschaft, wonach der billigste Anbieter den Auftrag erhält, kann P ACYNA mit hoher statistischer Sicherheit nachweisen, daß die Auftragswahrscheinlichkeit* mit größer werdendem negativen Kalkulationsfehler steigt. Bei stark positiven Kalkulationsfehlern dagegen sinkt sie ab. Umgekehrt proportional verhält sich die Ergebniserwartung**, d. h., mit größer werdendem positiven System- * »Die Auftragswahrscheinlichkeit besagt, mit welcher Ausbeute an Aufträgen eine Gießerei bei den abgegebenen Angeboten rechnen kann« (P ACYNA [34], S. 325). ** »Die Ergebniserwartung gibt an, ob und in welcher Höhe eine Gießerei bei den hereinge nommenen Aufträgen mit Gewinnen oder Verlusten zu rechnen hat« (P ACYNA [34], S. 325). 8 fehler der Kalkulationen steigen die Gewinnchancen, und umgekehrt sinken sie mit ansteigendem negativen Systemfehler. Wenn auch die von PACYNA für das Rechenmodell gewählten Prämissen für die Praxis nur begrenzt gültig sind, weil neben der Preisfestsetzung auch noch Liefertreue, Qualität und nicht selten persönliche Bindungen der Geschäftspartner für die Erteilung eines Auftrages mitbestimmend sind, so muß doch anerkannt werden, daß durch Ungenauig keiten in der Kalkulation eine Tendenz zur Verschärfung der Konkurrenz durch Sen kung des Preis gefüges zu verzeichnen ist. Schwerwiegende Kalkulationsunsicherheit kann, und hier zeigt sich die ganze Tragweite falscher Zeiten, die Existenzfähigkeit einer Unternehmung oder einer Sparte in Frage stellen. 1.4 Wirtschaftlichkeit der Zeitermittlung Jede betriebliche Tätigkeit verbraucht Zeiten und verursacht damit Kosten, wobei diese in einem wirtschaftlich vertretbaren Verhältnis zum Ergebnis stehen sollten. Die für die Bearbeitung eines Auftrages oder einer Anfrage vom Kalkulator benötigte Zeit wird vorwiegend durch die Objektgröße, durch die für die Vorkalkulation herangezogene Arbeitsmethode und die angestrebte Kalkulationsgenauigkeit bestimmt. Während die vorgegebene Objektgröße als Konstante angesehen werden muß, kann der von dem Kalkulator benötigte Zeitaufwand sowohl durch die Zeitfindungsmethode als auch durch die Genauigkeit der Vorkalkulation entscheidend beeinflußt werden. Zwischen der Zeitfindungsmethode und der Kalkulationsgenauigkeit bestehen nun Korrelationen derart, daß z. B. bestimmte Zeitermittlungsverfahren nur in gewissen Grenzen schwankende Zeitwerte ergeben können. Das bedeutet, daß ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen Zeitaufwand und Güte der Vorkalkulation besteht. Auf diese Beziehung hat PACYNA ([35], Band 1, S. 6) eingehend hingewiesen und her ausgestellt, daß sich zwar durch eine Vergrößerung des Zeitaufwandes die Fehlergrenzen der Vorkalkulationswerte einengen lassen, jedoch keineswegs die Genauigkeit mit größer werdendem Zeitaufwand linear steigt, sondern daß sie sich asymptotisch den Grenz werten nähert, die jedem Kalkulationssystem immanent sind. In Abb. 2 sind diese Zu sammenhänge schematisch dargestellt. Wie zu ersehen ist, steigt die Kalkulations genauigkeit mit größer werdendem Zeitaufwand relativ langsam an, und da das Postulat nach größter Wirtschaftlichkeit auch für den Bereich der Arbeitsvorbereitung gilt, sollte der Planungsaufwand sinnvoll auf die jeweils vorliegende Objektgröße abge stimmt werden. 2. Methoden der Zeitermittlung 2.1 Kriterien zur Methodenwahl Für die Zeitermittlung sind eine Reihe Methoden entwickelt worden, die sich durch ihre spezifischen Einsatzmöglichkeiten und ihre charakteristischen Ergebnisse bezüglich der Genauigkeit und des Aufbaus der gefundenen Zeitwerte voneinander unterscheiden. Welcher Methode der Vorzug zu geben ist, wird davon abhängen, für welchen Verwendungszweck und mit welchem Genauigkeitsgrad die Zeitwerte ermittelt werden sollen. 9

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