Nils Schulenburg Entstehung von Unternehmenskrisen GABLER EDITION WISSENSCHAFT Nils Schulenburg Entstehung von Unternehmenskrisen Eine evolutionstheoretische Erklärung Mit einem Geleitwort von Prof. Dr. Michael Hülsmann GABLER EDITION WISSENSCHAFT Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über <http://dnb.d-nb.de> abrufbar. Dissertation Universität Bremen, 2008 1. Auflage 2008 Alle Rechte vorbehalten © Gabler | GWVFachverlage GmbH, Wiesbaden 2008 Lektorat: Frauke Schindler /Sabine Schöller Gabler ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media. www.gabler.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbe- sondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. indiesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: Regine Zimmer, Dipl.-Designerin, Frankfurt/Main Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN 978-3-8349-1391-3 Geleitwort Ein Blick in die betriebswirtschaftliche Krisenliteratur zeigt ein widersprüchliches Bild: Es finden sich zahlreiche Handlungsempfehlungen, die den Anspruch postulieren, zur nach- haltigen Vermeidung oder Bewältigung von Unternehmenskrisen den Schlüssel zu liefern. Jedoch Unstimmigkeiten und Unvereinbarkeiten sowohl innerhalb des Kanons an Hand- lungsempfehlungen wie auch deren evidenter Mangel an validierten, vom Einzelfall abs- trahierten, generellen Kausalzusammenhängen legen es nahe, das Fehlen einer be- triebswirtschaftlichen Theorie der Unternehmenskrise zu vermuten, die inhaltlichen wie auch wissenschaftstheoretischen Erklärungsanforderungen hinreichend gerecht werden würde. Deshalb konstatieren etliche Autoren (wie z.B. SCHREYÖGG) ein substanzielles The- oriedefizit. Dieses Theoriedefizit, das im Zuge der Arbeit kriteriengestützt anhand einer systemati- schen Aufarbeitung bestehender betriebswirtschaftlicher Literatur zum Krisenmanage- ment substantiiert wird, nimmt sich die vorliegende Arbeit von Herrn Nils Schulenburg zum Ausgangspunkt ihrer Untersuchung. Sie stellt sich die Aufgabe, einen Beitrag zur theoriegeleiteten Erklärung von Unternehmenskrisen zu leisten. Ziel der vorliegenden Arbeit ist es deshalb, auf Basis evolutionstheoretischer Arbeiten ein Erklärungsmodell für die Entstehung von Unternehmenskrisen zu entwickeln. Der Fokus auf die Krisenentste- hung begründet sich aus deren Bedeutung für das Krisenmanagement und insbesondere die Krisenprävention: Eine allgemeingültige Erklärung für die Entstehung von Unterneh- menskrisen ist ein notwendige Voraussetzung für die begründete Entwicklung von Ansät- zen zur deren Vermeidung. Auf systemtheoretischer Basis konkretisiert die vorliegende Arbeit das Explanandum der Krisenentstehung und schafft, ausgehend von einem allgemein gültigen unternehmeri- schen Zielsystem, eine Methodik zur Identifikation und Messung von Krisen. Damit legt Herr Schulenburg einen zentralen Beitrag zur Krisenforschung vor, denn mit der Formu- lierung von Identitäts-, Inhalts-, und Bewertungsdimensionen für die Störung peripherer Ziele wird ein Mess- und Prognoseinstrument für ein frühzeitiges, aktives Krisenmanage- ment geschaffen. Mit diesem teleologisch orientierten Messinstrument lässt sich nicht nur die Krisenentstehung identifizieren, auch liefert es einen Beitrag zu deren Verortung im sozio-technischen System einer Unternehmung und liefert Hinweise auf die Relevanz und Intensität der einer Krise immanenten Existenzbedrohung für die betreffende Unterneh- mung. Aus evolutionstheoretischer, genauer aus populationsökologischer Sicht wird dann das Explanans der Krisenentstehung konkretisiert In Fortführung des Forschungsstandes zur Evolutionstheorie werden von Herrn Schulenburg bestehende Erkenntnisse systema- tisch auf das Phänomen der Unternehmenskrise angewendet und Baustein für Baustein in einer evolutionstheoretischen Erklärung der Entstehung von Unternehmenskrisen zu- VI Geleitwort sammengetragen. Dazu werden drei Kausalmodelle der Krisenentstehung entwickelt. Zum einen wird ein partiales Erklärungsmodell basierend auf Arbeiten von HANNAN und FREEMAN vorgestellt, zum anderen wird basierend auf Arbeiten von ALDRICH, AMBURGEY und anderen Vertretern der Populationsökologie ein weiteres – konkurrierendes – Partialmo- dell erarbeitet. Zum Dritten wird ein Gesamtmodell erstellt, das einerseits die Partialmo- delle zu integrieren und um eigene Variablen zu ergänzen sucht. In diesem kausalen, theoretisch fundierten Gesamtmodell liegt der zentrale Beitrag der vorliegenden Untersuchung, die sich somit von anderen Vorhaben zur betriebswirtschaft- lichen Krisenforschung abgrenzt: Es existiert mit dieser Arbeit erstmals ein umfassender Erklärungsversuch für die Entstehung von Unternehmenskrisen, der nicht auf einige aus- gewählte Faktoren abstellt, sondern der – aus der Begründungsperspektive der Evoluti- onstheorie – eine logische Multikausalität abzubilden vermag. Insgesamt überzeugt die Arbeit von Herrn Schulenburg sowohl durch eine umfangreiche und solide theoretische Basis, durch einen geschickten Umgang mit wissenschaftlichen Methoden sowie durch eine konsequent strukturierte Vorgehensweise. Im Ergebnis steht ein substanzieller Beitrag zur Erklärung der Entstehung von Unternehmenskrisen, dem eine angemessene Rezeption zu wünschen ist. Die von Herrn Schulenburg mit seiner Dis- sertationsschrift vorgelegte Untersuchung besitzt ein hohes Impulspotenzial für die be- triebswirtschaftliche Krisenforschung und erschließt dieser etliche Erkenntnisse und wei- terführende Fragestellungen, die es fortan zu beachten gilt – insbesondere von For- schungen, die sich mit den Ursachen von Unternehmenskrisen und der Krisenprävention befassen wollen. Für die Managementpraxis lohnt sich die Lektüre der vorliegenden Pub- likation aus zweierlei Gründen: Zum einen bietet das von Herrn Schulenburg entwickelte Messsystem ein interessantes Instrument zur Diagnose und Prognose krisenhafter Unter- nehmensentwicklungen, das sicherlich das Potenzial besitzt, ein ebenso anwendbares wie aussagekräftiges und wichtiges Element für das strategische Controlling zu werden; zum anderen sensibilisiert die Arbeit für die Risiken, die sich mit monokausalen Erklärungsan- sätzen und theoretisch wenig fundierten Handlungsempfehlungen für das Krisenmana- gement verbinden. Zudem erschließt sich mit dem evolutionstheoretischen Ansatz ein vielversprechendes Denkmodell für das präventive Krisenmanagement. Deshalb sei es an dieser Stelle erlaubt, der Hoffnung Ausdruck zu verleihen, dass die vorliegende Arbeit einen ebenso breiten wie interessierten Leserkreis in Wissenschaft und betrieblicher Pra- xis gewinnen möge. Prof. Dr. Michael Hülsmann Vorwort Ein Vorwort bietet neben der Möglichkeit, sich bei den Menschen zu bedanken, die zum erfolgreichen Abschluss einer umfangreichen, sich über Jahre hinziehenden Arbeit beigetragen haben, auch die Gelegenheit, diese Jahre der Arbeit Revue passieren zu lassen. Und da auch eine Monografie über einige hundert Seiten selten die Leistung einer einzelnen Person ist, soll dem Dank Vorzug vor der Revue eingeräumt werden. Durch die Beantwortung der Frage nach einer Priorisierung von Klassen ist die Frage der Priorisierung innerhalb einer Klasse jedoch noch nicht beantwortet. Fachliche Unterstützung trägt dazu bei, ein gesetztes Ziel schneller und besser zu erreichen als ohne Hilfe. Aber erst emotionale Unterstützung macht es erträglich, dass ein gesetztes Ziel noch nicht erreicht ist. Somit sei der Würdigung der emotionalen Unterstützung hier Vorrang eingeräumt, ohne dadurch die besondere Bedeutung der fachlichen Hilfe abwerten zu wollen. Zunächst und vor allem möchte ich mich gleichermaßen bei meiner Freundin und bei meinen Freunden bedanken, von denen ich während der gesamten Promotionszeit und insbesondere während der Phasen, in denen meine Laune ins Unerträgliche abzurutschen drohte, liebevolle aufmunternde Unterstützung erfahren habe: Svenja, Röle, Maria, Brilli, Meyer, Janina, Jense, Andrea, Claasi, Jana, Co, Krömchen, André, Reza, Fichtel, Jörni, Christine und Jörn. Euch kann ich nur sagen: Ihr seid das Beste, was man sich wünschen kann. Wenn ihr mich braucht, werde ich da sein. Weiterhin gilt mein Dank meinen Eltern, Monika und Jürgen, die ihr mich insbesondere dadurch gefördert habt, dass ihr mich immer habt machen lassen, auch wenn – oder vielleicht gerade weil – euch vielleicht nie ganz klar war, was ich eigentlich genau mache. Mein fachlicher Dank gilt vor allem meinem Doktorvater, Herrn Prof. Dr. Hülsmann, der in seiner ganz besonderen Art zum Erfolg meiner Promotion beigetragen hat. Ihnen wünsche ich viel Erfolg für Ihre wissenschaftliche Karriere und viele talentierte Doktoranden. Auch wenn es für Sie anstrengend ist, machen Sie weiter externe Doktorandenseminare, die waren großartig. Bei Herrn Prof. Dr. Möhrle möchte ich mich für zwei Dinge bedanken: Erstens, dass Sie das Zweitgutachten übernommen und dazu meine Dissertation während Ihres Urlaubs gelesen haben. (Hoffentlich war der Urlaub trotzdem schön.) Zweitens, dass Sie mich – trotz meiner etwas ungeschickten Erstansprache – bezüglich der VWA gefördert haben. Herrn Prof. Dr. Burmann und Herrn Prof. Dr. Marx möchte ich für die Teilnahme am Kolloquium danken. Weiterhin gilt mein herzlicher Dank meinen Doktorandenkolleginnen und -kollegen Christine, Jörn, Philip, Markus und Linda. Euch alles Gute für eure Forschungsprojekte und besten Dank fürs Korrekturlesen, für alle Diskussionen und fürs lästige Plus- und Minus-Addieren. VIII Vorwort Schließlich möchte ich Andrea und Svenja für die geduldige kritische Durchsicht meines Manuskriptes danken. Ohne euch wäre ich wohl immer noch nicht fertig. Während meiner Promotionszeit, die immerhin rund vier Jahre gedauert hat, sind mir drei Dinge klar geworden. Erstens, dass der Schlüssel zu jedem komplexen Phänomen eine saubere Struktur ist. Besonders in Erinnerung geblieben ist mir hier ein Ausspruch meines Doktorvaters, der die Strukturierung erfunden zu haben scheint: „Ich gliedere Ihnen auch ein totes Schaf.“ Herr Hülsmann, dieser Satz hat mich tief beeindruckt und ich hoffe, genug Strukturierungskompetenz für meine Karriere mitgenommen zu haben. Zweitens habe ich erkannt, dass es die gegenseitige Unterstützung und die Offenheit für die Hinweise Anderer ist, die zu wirklich guten Ergebnissen und Erfahrungen führt. Ohne das tolle Team, in dem ich sein durfte, wäre meine Promotion höchstwahrscheinlich nicht nur von schlechterer Qualität, sondern die Promotionszeit auch weniger freudvoll gewesen. Ich möchte dies mit einem innigen „Rock´n´Roll“ würdigen. Drittens musste ich erkennen, dass Wissenschaft verdirbt: So praktisch es auch ist, ein Schaf zu gliedern, so leidvoll ist es festzustellen, dass man auf einmal alle Dinge hinterfragt, sich nicht mehr mit einfachen Antworten zufrieden gibt und eine Schwarz-Weiß-Lösung per se als unmöglich erachtet. Alles scheint multikausal, pluriperspektivisch und höchst komplex zu sein. Fern sind die einfachen Entscheidungen, das Denken mit dem Bauch und das Handeln übers Rückenmark. Welche Möglichkeit haben wir Promovierten damit umzugehen? Vielleicht reicht es manchmal, das Wesentliche zu sehen. Und für mich konnte keiner dieses Wesentliche besser in Worte fassen als Michael Lee Aday, der mich nicht kennt, den ich allerdings für seine Musik verehre, auch wenn dies für viele unfassbar ist: „And if life is just a highway, then the soul is just the car.“ Chapeau! Nils Schulenburg Inhaltsübersicht Geleitwort...........................................................................................................V Vorwort...........................................................................................................VII Inhaltsübersicht..................................................................................................IX Inhaltsverzeichnis...............................................................................................XI Abbildungsverzeichnis........................................................................................XXI Abkürzungsverzeichnis....................................................................................XXVII 1. Einführung......................................................................................................1 1.1. Problemstellung........................................................................................1 1.2. Problemrelevanz.....................................................................................10 1.3. Erkenntnisziele der Arbeit........................................................................13 1.4. Vorgehen..............................................................................................21 2. Erklärungsdefizite der betriebswirtschaftlichen Krisenentstehungsforschung............27 2.1. Konzept der Teiluntersuchung: Erkenntnisziel und Vorgehensweise................27 2.2. Erkenntnisanforderungen an eine Erklärung................................................28 2.3. Aktueller Stand der Krisenentstehungsforschung.........................................41 2.4. Vergleich von Erkenntnisanforderungen und aktuellem Stand der Krisenentstehungsforschung...................................................................119 2.5. Teilfazit...............................................................................................121 3. Theoriebasierte Erklärung der Entstehung von Unternehmenskrisen....................123 3.1. Konzept der Teiluntersuchung: Erkenntnisziel und Vorgehensweise..............123 3.2. Identifikation einer theoretischen Basis....................................................124 3.3. Konzipierung eines Explanandums der Krisenentstehung............................150 3.4. Konzipierung eines Explanans’ der Krisenentstehung.................................202 3.5. Teilfazit...............................................................................................261 X Inhaltsübersicht 4. Modellbasierte Erklärung der Entstehung von Unternehmenskrisen......................265 4.1. Konzept der Teiluntersuchung: Erkenntnisziele und Vorgehensweise............265 4.2. Bildung von Modellen ...........................................................................267 4.3. Vergleich von Erkenntnissen...................................................................338 4.4. Modellanalyse und Bestimmung der Erklärungsgüte...................................361 4.5. Teilfazit...............................................................................................378 5. Fazit und Ausblick........................................................................................381 5.1. Fazit...................................................................................................381 5.2. Ausblick..............................................................................................395 Anhang...........................................................................................................401 Anhang 1: Pfade der Krisenentstehung und deren Variablen gemäß dem Gesamtmodell..............................................................................................401 Anhang 2: Entscheidungsbaumanalyse zum Gesamtmodell.................................411 Literaturverzeichnis..........................................................................................425