Kirsch/Michael/Weber Entscheidungsprozesse in Frage und Antwort Prof. Dr. Werner Kirsch, Dr. Manfred Michael und Dr. Wolfgang Weber Entscheidungsprozesse in Frage und Antwort Betriebswirtschaftlicher Verlag Dr. Th. Gabler, Wiesbaden ISBN 978-3-663-02077-6 ISBN 978-3-663-02076-9 (eBook) DOI 10.1007/978-3-663-02076-9 Copyright by Betriebswirtschaftlicher Verlag Or. Th. Gabler, Wiesbaden 1973 Vorwort Dieses Arbeitsbuch soll den Studierenden eine Hilfe bei der Erarbeitung der wichtigsten Begriffe, Konzeptionen und Zusammenhänge der verhaltenswissen schaftlichen Entscheidungsforschung sein, die in den drei Bänden der "Entschei dungsprozesse" dargestellt sind. Die Gliederung des Arbeitsbuches, die jener meiner Lehrveranstaltungen über Entscheidungsprozesse an der Universität Mannheim entspricht, weicht von der Gliederung dieser drei Bände etwas ab. Den Studierenden ist so ein alternativer Zugang zu den angeschnittenen Pro blemkreisen gegeben. Dies mag auch zu einer gewissen Relativierung führen. Gerade das erscheint mir unbedingt erforderlich. Es hat für den Autor etwas Er schreckendes an sich, wenn er seine Gedankengänge, die er wie alle wissen schaftlichen Bemühungen nur als vorläufig betrachten kann und zum Teil schon längst modifizieren und ergänzen möchte, plötzlich in Frage und Antwort "ver absolutiert" sieht. Dies erinnert mich allzusehr an mündliche Prüfungen alter deutscher Ordinarienherrlichkeit, wie sie in unzähligen Witzen und Anekdoten karikiert und überliefert ist. Dieses Arbeitsbuch erfüllt seinen Sinn nur, wenn es dazu beiträgt, daß der Studierende eine gewisse Souveränität über den behan delten Stoff erlangt. Prüfen Sie also, wenn Ihre Antwort auf eine Frage von der Antwort dieses Arbeitsbuches abweicht, ob nicht gerade Ihre Antwort die bes sere ist. Die von den drei Bänden der "Entscheidungsprozesse" abweichende Gliederung dieses Arbeitsbuches bedingte, daß einige Problemkreise angeschnitten werden mußten, die in den drei Bänden bisher nicht hinreichend behandelt sind. Dies betrifft vor allem Fragen und Antworten zu den Gruppenentscheidungen. Dieser Abschnitt ist deshalb etwas ausführlicher gehalten und enthält weiter gehende Literaturhinweise. Der Text der Antworten ist einem bisher unveröffentlichten Manuskript von mir entnommen. Ich bin meinen Koautoren Dr. Manfred Michael und Dr. Wolfgang Weber sehr dankbar für die Mühe, die sie sich mit diesem Arbeitsbuch gemacht haben. Zu Dank bin ich auch Herrn Dipl.-Kfm. Peter Näger verpflichtet, der das Manuskript kritisch durchgesehen und viele Verbesserungsvorschläge gemacht hat. Herrn Dipl.-Kfm. Wolfgang Bruder gilt mein Dank für das Korrekturlesen und die redak tionelle Feinarbeit am fertiggestellten Manuskript. Dr. Weber hat das Arbeitsbuch in seiner im Sommersemester 1972 an der Universität Mannheim durchgeführten Lehrveranstaltung über Entscheidungsprozesse getestet und von den Studenten wertvolle Anregungen erhalten, wofür wir uns ebenfalls herzlich bedanken. Auch die Fragen des Multiple-Choice-Tests am Ende dieses Buches stammen aus die ser Lehrveranstaltung, und ich bin stolz darauf, daß mein eigener Versuch mit diesem Multiple-Choice-Test doch so ausgefallen ist, daß mir ein Schein hätte erteilt werden können. Werner Kirsch Inhaltsverzeichnis Seite Erster Tell: Fragen - Uteraturhlnwelse - Antwortvorschllge 9 I. Grundlegung: Systeme und Entscheidungen • . . . . 11 A. Verhaltenssysteme • • . . . . . . . . . . . 11 B. Mensch. Gruppe und Organisation als Verhaltenssysteme 14 C. Steuerung. Regelung. Entscheidung. Problemlösen 17 D. Entwicklungstendenzen in der Entscheidungstheorie 19 11. Individualentscheidungsprozesse . . . . . . . . 23 A. Das Modell des homo oeconomicus. . . . . 23 B. Intervenierende Variable im Entscheidungsprozeß 32 C. Phasen und Ablauf des Individualentscheidungsprozesses . 38 D. Informationsverarbeitung und heuristische Problemlösungsverfahren 46 E. Die Lösung nicht-operationaler Entscheidungsprobleme 52 111. Entscheidungsinterdependenzen . . . . . . 57 A. Grundbegriffe. . . . . . . . . . . . 57 B. Das Verhalten interdependenter Entscheider 60 C. Macht und Manipulation 63 D. Verhandlungen . . . 74 IV. Gruppenentscheidungsprozesse 79 A. Grundbegriffe ..... 79 B. Bezugsrahmen zur Analyse von Gruppenentscheidungsprozessen 81 C. Konflikt und Kooperation im Gruppenentscheidungsprozeß 87 D. Das Risikoverhalten von Gruppen 92 V. Politische Entscheidungsprozesse in der Organisation 94 A. Grundbegriffe . . . . . . . . . 94 B. Das politische System der Organisation 97 C. Entstehung und Handhabung von Forderungen 100 D. Ablauf politischer Entscheidungsprozesse 102 Seite Zweiter Teil: Fragen zur Selbstkontrolle. . . 105 I. Grundlegung: Systeme und Entscheidungen 107 A. Verhaltenssysteme . . . . . . . . 107 B. Mensch, Gruppe und Organisation als Verhaltenssysteme 108 C. Steuerung, Regelung, Entscheidung, Problemlösen 109 D. Entwicklungstendenzen in der Entscheidungstheorie 110 11. Individualentscheidungsprozesse . . . . . . . 111 A. Das Modell des homo oeconomicus. . . . . 111 B. Intervenierende Variable im Entscheidungsprozeß 113 C. Phasen und Ablauf des Individualentscheidungsprozesses 115 D. Informationsverarbeitung und heuristische Problemlösungsverfahren 117 E. Die Lösung nicht-operationaler Entscheidungsprobleme . 118 111. Entscheidungsinterdependenzen . . . . . . 119 A. Grundbegriffe . . . . . . . . . . . 119 B. Das Verhalten interdependenter Entscheider 119 C. Macht und Manipulation 120 D. Verhandlungen . . . 123 IV. Gruppenentscheidungsprozesse 125 A. Grundbegriffe . . . . . 125 B. Bezugsrahmen zur Analyse von Gruppenentscheidungsprozessen 126 C. Konflikt und Kooperation im Gruppenentscheidungsprozeß 127 D. Das Risikoverhalten von Gruppen 129 V. Politische Entscheidungsprozesse in der Organisation 130 A. Grundbegriffe . . . . . . . . . 130 B. Das politische System der Organisation 130 C. Entstehung und Handhabung von Forderungen 132 D. Ablauf politischer Entscheidungsprozesse . 132 Dritter Tell: Test . . . 133 Lösung der Testaufgaben 146 Erster Teil Fragen - Literaturhinweise - Antwortvorschläge I. Grundlegung: Systeme und Entscheidungen A. Verhaltenssysteme 1. Was wird unter einem S y s t e m verstanden? 111, 27 *J In einer sehr allgemeinen Begriffsfassung wird unter einem System eine Menge von Elementen verstanden, die in irgendeiner Beziehung zueinander stehen. Die Gesamtheit der Beziehungen bezeichnet man gewöhnlich als Struktur. Häufig wird ausdrücklich der Gedanke der Ganzheit und der wechselseitigen Beeinflussung der Systemelemente hervorgehoben, so daß Veränderungen eines Elements Veränderungen des gesamten Systems hervorrufen. 2. Worin besteht die A n z i e h u n 9 s k r a f t des Systemansatzes? 111, 26 Die Vorteile der Verwendung der Sprache und der Betrachtungsweise des Systemansatzes werden vor allem in drei Gedanken zusammengefaßt: a) Die i n t erd i s z i pli n ä re I n t e g rat ion: Die Sprache des System ansatzes kann als "Esperanto zwischen den Wissenschaften" dienen. Als Meta sprache stellt sie ein begriffliches Instrumentarium bereit, das zwar verhältnis mäßig grob ist, aber immerhin die Kommunikation über so unterschiedliche Erscheinungen wie biologische Organismen, menschliches Verhalten, maschi nelle Anlagen und soziale Gebilde ermöglicht. Die Kehrseite dieser "Kommuni kationsfunktion" des Systemansatzes besteht darin, daß das begriffliche Instru mentarium meistens nicht ausreicht, um spezifische und komplizierter gelagerte Problem kategorien in den Griff zu bekommen, so daß in diesen Fällen meist doch auf die viel entwickelteren Fachsprachen - zum Beispiel der Biologie oder der Psychologie - zurückgegriffen werden muß. b) Pro b I e m f i n dun gun d H Y pot h e sen b i I dun g (heuristische Funktion): Beim Auffinden von Problemen und Lösungshypothesen können Er kenntnisse anderer Wissenschaften mit Hilfe des Systemansatzes übertragen werden. Dabei kann auch die Analogiebildung Hilfe leisten. Diese heuristische Funktion des Systemansatzes darf jedoch nicht in der Weise mißverstanden werden, daß eine unüberprüfte übertragung gesicherter Erkenntnisse einer Wis senschaft auf andere Systeme bzw. wissenschaftliche Fragestellungen als zuläs- 'J Diese Angaben verweisen auf Band und Seite von "Entscheidungsprozesse". Beispiel: 111, '0 = Entschei dungsprozesse, Band 111, Seite '0. 12 Fragen - Literaturhinweise - Antwortvorschläge sig erachtet wird. Freilich wird vielfach davon ausgegangen, daß natürliche und künstlich geschaffene Erscheinungen allgemeingültig beschreibbare Gemein samkeiten aufweisen. c) Vor te i I e der ga n z h e i t I ich e n Be t ra c h tun g s w eis e : Wichtige Probleme werden von weniger wichtigen dadurch unterschieden, daß die Systembetrachtung ganzheitlicher Natur ist und die Fragen der System erhaltung, des Systemverhaltens und der Systemsteuerung zwangsläufig im Blickfeld bleiben. Man muß sich allerdings im klaren sein, daß damit ein Kri terium für wissenschaftliche Relevanzentscheidungen eingeführt wird, das nicht unbedingt jedermann zu teilen braucht. 3. Warum müssen Systeme näher gekennzeichnet werden? Ein so allgemein gehaltener Systembegriff wie der oben genannte schließt praktisch alles ein, was existiert. Wenn also von einer natürlichen oder künstlich geschaffenen Erscheinung gesagt wird, daß sie als System gesehen werden kann, enthält das keinerlei Informationen über diese Erscheinung. Deshalb müs sen die jeweils konkret betrachteten Systeme genauer gekennzeichnet werden. Die zahlreichen Arten von Systemen, die in der Literatur genannt werden, unter scheiden sich in der Regel durch bestimmte S y s t e m e i gen s c h a f t e n. 4. Nennen Sie die wichtigsten S y s t e m art e n, die unterschieden werden, und geben Sie das Kriterium an, nach dem die Unterscheidung erfolgt! 1I1,28ff. Unter anderem werden folgende Systemarten unterschieden: • nach dem Merkmal des Seinsbereichs re ale und a b s t ra k t e oder i d e ale Systeme, • nach dem Merkmal des Ursprungs n at ü r I ich e und k ü n s t I ich e Systeme, • nach dem Merkmal der Prognosesicherheit d e t e r m i n ist i s ehe und pro b abi I ist i s ehe Systeme, • nach dem Merkmal der Komplexität ein f ach e, kom pie x e und ä u ß e r s t kom pie x e Systeme, • nach dem Merkmal der Umweltverbindungen 0 f f e n e und g es chi 0 s - sen e Systeme, • nach dem vorherrschenden Regelmechanismus h 0 m Ö 0 s tat i s ehe und nie h t - h 0 m Ö 0 s tat i s ehe Systeme und • nach dem Merkmal des Stabilitätsbereichs ein f ach e s tab il e , u I t ras tab i I e und m u I t ist abi I e Systeme. Grundlegung: Systeme und Entscheidungen 13 5. Was wird unter akt I v e n und pas s I v e n Eie m e n t enverstanden? 11, 32f., 76t.; 111,27 Akt i ve Eie m e n t e weisen Inputs und Outputs auf. Input und Output kön nen stofflich-energetischer und informationeller Natur sein. Die Transformation der Inputs in Outputs entspricht dem Verhalten der aktiven Elemente. Aktive Elemente werden von anderen Elementen beeinflußt und beeinflussen ihrerseits andere Elemente. Die Outputs sind gleichzeitig Inputs, die Inputs gleichzeitig Outputs anderer Elemente. Stoffe bzw. Energie und Informationen können als pas s i ve Eie m e n t e bezeichnet werden. Mit ihnen geschieht etwas, aber sie zeigen kein Verhalten. 6. Was ist ein Ver halt e n s s y s t e m ? 11, 32ft., 76 ft.; 111,27 Ein Verhaltenssystem besteht aus einer Menge aktiver Elemente, die miteinan der gekoppelt sind. Eine Kopplung von Elementen liegt dann vor, wenn der Output des einen Elements gleichzeitig Input eines anderen Elements ist. Die Beziehungen zwischen den aktiven Elementen sind so geartet, daß jede Trans formation von Input in Output durch ein aktives Element Veränderungen im gesamten System nach sich zieht. Das Verhalten des Systems hängt ab vom Verhalten der einzelnen aktiven Elemente und von der Anordnung der Beziehungen zwischen den Elementen, der Struktur des Systems. 7. Inwiefern ist der Systembegriff stets relativ? rrr,36-45 Die Bildung eines Systems hängt von der Betrachtungsweise ab. Es handelt sich um einen A b s t ra k t ion s pro z e ß, der bestimmte Elemente und deren Beziehungen untereinander aus der Vielfältigkeit der komplexen Realität her aushebt. Dabei geht man davon aus, daß die Zahl der Beziehungen innerhalb eines Sy stems größer ist als zwischen den Systemelementen und Elementen außerhalb des Systems. Als Kriterium für die Abgrenzung wird also in der Regel das Ausmaß der Beziehungen zwischen den Elementen verwendet. Alle Systeme lassen sich zu Systemen höherer Ordnung zusammenfassen. Die jeweils betrachtete Ganzheit wird als System, die Teile werden als Sub systeme, das übergeordnete System wird als Suprasystem bezeichnet. Was als Subsystem, System oder Suprasystem bezeichnet wird, ergibt sich also aus der gewählten Ebene der Betrachtungsweise.
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