Schneeweiß· Entscheidungskriterien bei Risiko Ökonometrie und Unternehmensforschung Econometrics and Operations Research VI Herausgegeben von I Edited by M. Beckmann, Bonn . R. Henn, Göttingen . A. Jaeger, Cincinnati W. Krelle, Bonn . H. P. Künzi, Zürich K. Wenke, Ludwigshafen . Ph. Wolfe, Santa Monica (Cal.) Geschäftsführende Herausgeber I Managing Editors W. Krelle . H. P. Künzi Entscheidungskriterien bei Risiko Hans Schneeweiß Mit 35 Abbildungen Springer-Verlag Berlin Heidelberg New York 1967 Professor Dr. HANs SCHNEEWEISS Institut für Ökonometrie der Universität des Saarlandes Saarbrücken ISBN 978-3-642-86590-9 ISBN 978-3-642-86589-3 (eBook) DOI 10.1007/978-3-642-86589-3 Alle Rechte, insbesonders das Übersetzungsrecht in fremde Sprachen, vorbehalten. Ohne ausdrückliche Genehmigung des Verlages ist es auch nicht gestattet, dieses Buch oder Teile daraus aufphotomechani schem Wege (photokopie, Mikrokopie) zu vervielfältigen © by Springer-Verlag Berlin • Heidelberg 1966 Softcover reprint of the hardcover 1st edition 1966 Library of Congress Catalog Card N umber 66-22469 Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk be rechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annarune, daß solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jeder- mann benutzt werden dürften Titel-Nr. 6481 Meinen Eltern Vorwort Die Anregung zu den folgenden Untersuchungen gab ein Gespräch mit Herrn Professor Dr. G. MENGES über die Frage, welche Beziehungen zwischen dem modernen Bernoullischen EntscheiduIl:gsprinzip, also dem Prinzip der maximalen. Nutzenerwartung, einerseits und älteren, aber noch immer gebräuchlichen Entscheidungskriterien andererseits bestehen, Kriterien, die keine Nutzenfunktion verwenden, sondern die die Ent scheidung von dem Wert eines Risikomaßes, etwa der Risikostreuung, abhängig machen. Es zeigte sich bald, daß diese Beziehungen im wesent lichen negativer Art sind, d. h. daß die beiden Typen von Entscheidungs prinzipien - von speziellen Fällen abgesehen - unverträglich mitein ander sind. Bei Beschränkung auf spezielle Risikosituationen, solchen etwa, die sich durch eine Normalverteilung für die möglichen Gewinne oder Verluste beschreiben lassen, können dagegen sehr enge Zusammen hänge nachgewiesen werden. Das Resultat dieser Untersuchungen wurde im Februar 1964 als Habilitationsschrift der Rechts- und Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität des Saarlandes zur Erlangung der venia legendi in Statistik und Ökonometrie vorgelegt. Die vorliegende Abhandlung erwuchs aus dieser Schrift, indem sie die dort vorgetragenen Gedanken und Ergebnisse weiterführt und verallgemeinert, zugleich aber auch eine breitere und ausführlichere Einführung in die Entscheidungstheorie und damit in den oben angedeuteten Problemkreis intendiert. Ich verdanke Herrn Professor Dr. MEISTER Hinweise auf die moderne Literatur zur Wärmeleitungstheorie, die gerade bei dem zuletzt genannten Problem eine bedeutende Rolle spielt. Wichtige Literaturhinweise und manche nützliche Ratschläge zur Verbesserung des ursprünglichen Manu skripts verdanke ich ferner Herrn Professor Dr. E. SOHMEN. Zu Dank verpflichtet bin ich vor allem meinem verehrten Lehrer, Herrn Professor Dr. G. MENGES, der mir in großzügiger Weise genügend Zeit zur Fertigstellung dieser Arbeit einräumte und mir beratend zur Seite stand, ohne dabei meine Freizügigkeit, in welche Richtung ich meine Untersuchungen vorantreiben wollte, in irgendeiner Weise einzu engen. Herr Dr. RUTSCH, Herr Dipl.-Kfm. THON und Herr Dipl.-Math. REITER haben freundlicherweise das Manuskript teilweise oder ganz durchgelesen und wertvolle Verbesserungsvorschläge beigesteuert; auch x Vorwort ihnen sei an dieser Stelle gedankt. Danken möchte ich schließlich Frau SCHÄFER und Frau BENDIG, die den größten Teil eines streckenweise schwierigen Manuskripts geduldig in Maschinenschrift übertrugen. Mein Dank gebührt sodann den Herren Professor Dr. W. KRELLE und Professor Dr. A. JAEGER, die sich für die Aufnahme dieser Arbeit in die Reihe "Ökonometrie und Unternehmensforschung" eingesetzt haben, sowie dem Springer-Verlag für seine Bereitschaft, diese Abhand lung in sein Programm aufzunehmen. H. SCHNEEWEISS Inhaltsverzeichnis Vorwort. . IX Einleitung . 1 Teil I. Ungewißheit und Risiko Erstes Kapitel Das Grundmodell der Entscheidungstheorie 1.1. Die Entscheidungsmatrix. . . . . . . 7 1.1.1. Definition der Entscheidungsmatrix .. 7 1.1.2. Reduktion auf die Entscheidungsmatrix 14 1.2. Entscheidungskriterien . . . . . . . 17 1.2.1. Entscheidungsregel und Entscheidungsprinzip 17 1.2.2. Beispiele ..... 20 1.3. Die Risikosituation . 27 1.3.1. Wahrscheinlichkeiten 27 1.3.2. Geldeinkommen . . 29 Zweites Kapitel Entscheidungskriterien für Risikosituationen 2.1. Grundlegende Kriterien 32 2.1.1. Die Grundannahme . . 32 2.1.2. Das ordinale Prinzip . 35 2.1.3. Das Dominanzprinzip . 38 2.1.4. SicherheitsäquivaIente . 42 2.2. Klassische Entscheidungsprinzipien 46 2.2.1. Präferenzfunktionen von Verteilungsparametern. 46 2.2.2. Der Erwartungswert als Entscheidungskriterium, andere Mittelwerte der Lage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 2.2.3. Die Streuung als Risikomaß, höhere Momente . . 52 2.2.4. Verlustwahrscheinlichkeit und andere Risikomaße . 57 2.3. Das BernouIli-Prinzip . . . . . . 61 2.3.1. Definition und Grundeigenschaften 61 2.3.2. Die Gestalt der Nutzenfunktion . 64 2.3.3. Nutzenmessung . . . . . . 67 2.3.4. Nutzenaxiomatik . . . . . . . 73 2.4. Zum RationaIitätsproblem. . . 77 2.4.1. Rationalität des BernouIIi-Prinzips 77 2.4.2. Subjektive und objektive Rationalität 79 Anhang zum zweiten Kapitel Die Gleichheit von Sicherheitsäquivalent und Einsatz bei speziellen Nutzen- funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 XII Inhaltsverzeichnis Tell 11. Konsequenzen des Bemoulli-Prinzips Drittes Kapitel Bernoulli-Prinzip und Klassisches Prinzip 3.1. Bemoulli-Prinzip und metrische Parameter. 89 3.2. Spezielle metrische Parameter. . . . . . 95 3.3. Bemoulli-Prinzip und ordinale Parameter 103 3.4. Andere Parameter. . . . . . . . . . . 111 Anhang zum dritten Kapitel Notwendigkeit einer quadratischen Nutzenfunktion für eine zweipara metrige Klasse von Wahrscheinlichkeitsverteilungen beim (p, u)-Prinzip 113 Viertes Kapitel Das Bernoulli-Prinzip für spezielle Klassen von Wahrscheinlichkeitsverteilungen 4.1. (p, u)-Klassen. . . . 119 4.2. Lineare Klassen . . 121 4.3. Normalverteilungen . 129 4.3.1. Ein Kriterium . . . 129 4.3.2. Beispiele zum Kriterium . 145 4.4. Logarithmische Normalverteilungen . 160 4.5. Einfache Alternativen . . . . . . . 164 Fünftes Kapitel Das p-Kriterium im Wiederholensfall 5.1. Definition und allgemeine Eigenschaften. 173 5.2. Beispiele ................... . 177 Schluß. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 184 Anhang I: Ökonomisches Verhalten bei Risiko . . . . . . . . . . .. 191 Anhang II: Einige Definitionen und Bezeichnungen aus den Elementen der Mengenlehre und Logik· 202 Literaturverzeichnis 204 Sachverzeichnis . 210 Namenverzeichnis . 213 Von diesen Betrieben stehen der Wissenschaft am nächsten diejenigen, bei denen der Zufall die geringste Rolle spieltl. Ich habe erfahren, wovon die Griechen nichts wissen: die Ungewißheit 2. Einleitung Daß jedes auch noch so sorgfältig geplante Handeln grundsätzlich immer von ungewissem Ausgang ist, hat die Menschheit seit eh und je als quälende Provokation empfunden. Mit den Mitteln der Astrologie und anderer mantischer Wissenschaften und später durch die Ent deckung von Naturgesetzen versuchte sie, diese Ungewißheit zu elimi nieren oder sie zumindest zu reduzieren, was ihr freilich nur in beschränk tem Umfang gelang. Der Aufbau einer Wahrscheinlichkeitstheorie kann als Versuch zur Quantifizierung der Ungewißheit angesehen werden und impliziert das Eingeständnis, daß diese sich nicht völlig in Gewißheit auflösen läßt. Ihre unmittelbare Anwendung fand und findet die Wahr scheinlichkeitstheorie in der Beurteilung von Glücksspielen und Lotte rien sowie im Versicherungswesen und später in der (analytischen) Statistik. Die Wissenschaft vom wirtschaftenden Menschen aber hat das Phänomen der Ungewißheit erst relativ spät voll beachtet, was wohl mit ihrem ursprünglich fast ausschließlichen Interesse an statischen Theorien zusammenhängt. Heute wird es in der modernen Wirtschaftstheorie, Wirtschaftspolitik und Unternehmensforschung mehr und mehr zu einem Problem von zentraler Bedeutung3• ARRow [195la] hat seinen Einfluß auf zahlreiche ökonomische Erscheinungen nachgewiesen, ein Einfluß, der von direkter Verbundenheit ex definitione (Versicherungswesen) über sachlich be dingte Zusammenhänge (Lagerhaltung, Aktienkurse) bis hin zu losen und indirekten Auswirkungen (Firmengröße) reicht. Zusammenfassend kann man mit KRELLE [1957] sagen: "Die Unsicherheit ... ist sozusagen 1 ArusTOTELES: Hauptwerke, ausgewählt und übersetzt von W. NESTLE. 2 JORGE LUIs BORGES: Die Lotterie von Babyion. 3 Als Beispiel für die Integration des Ungewißheitsphänomens in die Wirtschafts theorie mag gelten: KRELLE [1961] und neuerdings HAAS [1965]. Seine Berücksich tigung bei wirtschaftspolitischen Überlegungen findet man bei GIERSCH [1960] sowie bei 1'HEIL [1961]. An betriebswirtschaftlichen Untersuchungen in deutscher Sprache seien genannt: ALBACH [1959], WITTMANN [1959]. 1 Schneeweiß, Entscheidungskriterien bei Risiko