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Ent-Täuschungen: Philosophische Signaturen des 20. Jahrhunderts PDF

142 Pages·1991·12.345 MB·German
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Bibliothek Metzler Norbert Wokart Ent-Täuschungen Philosophische Signaturen des 20. Jahrhunderts Ent-Tauschungen NorbertWokart Ent-Tauschungen Philosophische Signaturen des 20.Jahrhunderts ]. B.Metzlersche Verlagsbuchhandlung Stuttgart BibliothekMetzler Band 5 CIP-TitelaufnahmederDeutschenBibliothek Wokart,Norbert Ent-Tiiuschungen:philosophischeSignaturendes20.Jahrhunderts/ NorbertWokart.- Stuttgart:Metzler-Poeschel, 1991 (Bibliothek Metzler;Bd.5) NE:GT ISBN978-3-476-00771-1 ISBN978-3-476-03369-7(eBook) DOI 10.1007/978-3-476-03369-7 DiesesWerk einschlieBIichallerseinerTeileisturheberrechtlich geschutzr. JedeVerwertungauBerhalb der engenGrenzendes Urheberrechtsgesetzesistohne ZustimmungdesVerlagesunzuliissigund strafbar.DasgiltinsbesonderefurVervielfiiltigungen,Ubersetzungen, Mikroverfilmungenund dieEinspeicherungund Verarbeitungin elektronischenSystemen. © 1991Springer-VerlagGmbHDeutschland Ursprunglich erschienen bei J. B. Metzlersche Verlagsbuchhandlung und Carl Ernst Poeschel Verlag GmbH in Stuttgart 1991 Inhalt Vorwort Seite7 I. PathologischeFreiheit Seite9 II. DiefaischeWeltder rechtenVernunft Vernunftund "richtige" Vernunft Seite26 DieMenschenrechte Seite35 DieWurde desMenschen Seite46 III. Verantwortung. GarantkonservativerEthik Seite59 IV. PladoyergegenToleranz Seite76 5 V. InArcadia nemo Du forderstArkadienvon mir? Seite89 Du forderstviet Seite93 Ichgeb'esdirnicbt Seite98 VI. Oknos. KeinBediirfnisnach Erlosung Seite103 VII. PhilosophischeMentalitatim20.Jahrhundert Seite117 Anmerkungen Seite137 6 Vorwort Philosophie, die ihre Aufgabe erfiillt, rnuf den falschen Schein in den Grundbegriffen und Leitideen ihrerZeitaufdecken.Sieist da her zunachst immer destruktiv, unterminiert aile Konstruktionen desVerstandes und offenbartden triigerischen Grund, dem er ver traut. Die kleinen Schutzhiitten privater Oberzeugung reiBt sie ebenso nieder, wie sie die grolsen Dome allgemeinen Wissens in Triimmer legt. Doch jede Enttauschung falscher Hoffnungen und Gewiliheiten ist auch eine Ent-Tauschung, macht bewulsr,in wel chen Irrtiimernman befangenwarund hebtsiedadurchauf. Unter dem Anspruch aufWahrheitwar solches Ent-Tauschen schon im mer die Aufgabe und schopferische Leistung der Philosophie ge wesen. Diesem Anspruch versuchen auch die vorliegenden Essays da durch gerecht zu werden, daBsieauf Probleme in solchen Begrif fen hinweisen, die man nicht nur fur unproblematisch halt, son dern fur unverzichtbar zum Aufbau einer verniinftigen, gerechten und humanen Welt. Siewerden deshalb gewohnlich als Werte ge schatzt und von der Kritik verschont. Eine Auseinandersetzung mit ihnen dadsich freilich nicht mit dem Nachweis ihrer falschen oder unsauberen Anwendung begniigen, sondern muB ihre inne ren und unaufhebbaren Widerspriiche entwickeln. Trostlich sind die Ergebnisse nicht.Docheswarnoch niedie Aufgabe der Philo sophie, den Menschen zu trosten und zu verfuhren, sondern auf zuklaren. 7 I. Pathologische Freiheit Wenige Ideen erfreuen sich einer solchen Wertschatzung wie die Idee derFreiheit,die in derphilosophischenLiteraturwie in Sonn tagsredengleichermaBenals hohes Gutgepriesenwird. Dasist der Grund dafur, daB man einerseits so viel Aufhebens von ihr, sich aber andererseits auch so wenig Gedanken tibersie macht, so daB Hegels Feststellung, uber keine Idee wisse man es so allgemein, »daB sie unbestimmt, vieldeutig und der graBten MiBverstandnis se fahig und ihnen deswegen wirklich unterworfen ist als iiber die Idee der Freiheit-Il], ihre Relevanz bis heute nicht verloren hat. Eines dergewohnlichstenMiBverstandnisseist aberdie Annahme, Freiheitseiein Wert, obgleichmanseit Schellings Formel, Freiheit sei ein Verrnogen zum Guten und zum Bosen zugleich, das Unzu reichendedieserVorstellungharte bemerkenmiissen, DaBdie Frei heit ambivalent und eine Medaille mit zwei verschiedenen Seiten unddaherso niitzlichwie schadlich,jedenfallsaberunvermeidlich ist, das ist freilich schon fruh, und sparer aller Propaganda zum Trotz, immer wieder reflektiert worden. Inunserer Zeit hat nun Gunther Anders (*1902) mit seiner These, der Mensch sei unbe stimmt und in der Welt auf kein Verhalten festgelegt, wieder an diese Tatsache erinnert.Er hatseine Thesefreilich selbstnie expli ziert, ihr soli hier, auch im Riickgang auf ihre historischen Ur sprunge, nachgedachtwerden. DerAusgangspunkt des philosophischen Denkensvon Gunther Anders war die Anthropologie, doch bekannt wurde er mit dem apokalyptischen Thema der moglichen Selbstvernichtung der 9 Menschheit, deren Ergebnis eine Welt ohne Menschen, vielleicht ohne Leben ware. Diesen Wechsel von der philosophischen An thropologie zur politischen Philosophie bezeichneter selbstals ei ne »Kehre« und gibtals Begriindungdafiir an, daB die Anthropo logie iiberholtsei;denn essei »philosophisch infantil«[2], die Fra genachdem Wesendes Menschenmiteinem Unterschiedzu ande ren Lebewesen zu beantworten. Sinnlos seies aber auch, das We sen des Menschen in einer »spezifischen Mission im Universurn (S.128) sehen zu wollen, weiI diese Annahme den Glauben an Gott voraussetze, und selbstgefallig sei die Frage nach dem Men schenzudem,da manzum Beispielauchnichtnachdem Wesendes Pferdes frage. Diese Begriindungist von einererstaunlichen Primi tivitat, und wergehofft hatte, die Probleme, die man bisherin der Frage, was der Mensch sei, artikulierte, durch Anders sinnvoller formuliert, gar beantwortet zu erhalten, wird enttauscht, zumal auch Anders mit derselben Infantilitat, die er gerade rugte, den Menschen im Unterschied zu anderen Lebewesen definiert; denn er schreibtselbst,daBer seit langemim Menschen (undeben nicht in den Tieren oder Pflanzen) »das nichtfestgelegte, das indefinite Wesen gesehen- (S.129)habe.Wenn abertiber den Menschenim merhin zu sagen ist, daB er in der Welt nicht festgelegt sei, dann behauptet auch Anders eine Sonderstellung des Menschen, wenn vielleicht auch eine bedenklichere, als sie bisher angenommen wurde;dennvieleAnsatzezurErlauterungder exklusivenStellung des Menschen in der Welt haben, von der menschlichen Gortes ebenbildlichkeitmehroderwenigeriiberzeugt,eher idealeVorstel lungen als die Realitat beschrieben. Die der menschlichen Unbe stimmtheit entsprechende Anthropologie, schreibt Giinrher An ders weiter, habe er allerdings schuldig bleiben miissen, da ein in definites Wesen »definieren zu wollen paradox ware- (S. 129). Dennoch und obwohl die philosophische Anthropologie anti quiertsein solI,nennter sein Werk ungenierteine »philosophische Anthropologieim Zeitalterder Technokratie- (S.9). Diese Fiille von Widerspriichen schon im Ansatz ist nicht mit dem Argument zu entkraften, Anders schrecke auch sonst nicht vor Ungereimtheiten zuriick, und dies besage also nicht viel, son dern begriindet erste Zweifel an der Durchfiihrung seiner Kehre; 10 denn er steht auch nach ihr noch dort, wo die philosophische Anthropologieimmer schonstand, und daherversuchter wie die se, negative Auswirkungen des menschlichen Denkens und Han delns bishin zurmoglichenSelbstzerstorungmit den ublichenVor schlagen aus dem Repertoire der Ethik zu verhindern. Aber die Selbstvernichtung der Menschheit, die heute moglich geworden ist, und dieZerstorungder Humanitat,dieschonimmer Wirklich keit war,sind keineVersehen,diesichmit Appellen verhindernlas sen. Siesind keine Verkehrungen und blofieVerirrungen desMen schen, sondern immanenteKonsequenzen aus seiner Unfestgelegt heit. Diesen Zusammenhang, aus dem sich erst eine Vorstellung desMenschengewinnen die weder in die Resignation vor ei nem unabwendbarenSchicksalnochzuhilflosemmoralischenAk tivismus fiihrt, hat Anders freilich nie analysiert. Dennoch finden auch seine spateren Oberlegungen zur denkbaren Selbstvernich tungdesMenschenin diesem Zusammenhangihre philosophische Begriindung; denn gerade dadurch, daf der Mensch nicht festge legt ist, kann und will er »grundsatzlich nicht gesund sein (So 129),wieAnders selber schreibt. Das Leben istniemals einfach nur gesund, sondern gewinntsich aus einer diffizilen Balance, die Tod und Hoffnunggleichermalieninsichtragt. Fur Anders ist die grundsatzliche Situation des Menschen seine Weltlosigkeit oder »die 'Unfestgelegtheit des Menschen', d.h.: die Tatsache, dem Menschen eine bestimmte bindende Natur fehlt,«[3] wir Menschen also »auf keine bestimmte Welt und aufkeinen bestimmtenLebensstil festgelegt,vielmehrdaraufange wiesen seien, uns in jeder Epoche, an jedem Orte, wenn nicht so gar tagtaglich,eineneueWeltund einenneuenLebensstil zubesor genoderzuschaffen; wenn wir uns als 'geschichtlich'und als 'frei' bezeichnen, (wir)nichts anderestaten,alsdiesenanthropolo gischen Defekt'Nichtfestgelegtheit' zu positivieren.ej-l] Erglaubt, Sartre und Gehlen seiensparermit diesem Gedanken,den erseIber schon 1929 formuliert habe,[S] beriihmt geworden. Dieser Ge danke ist jedoch alter, und er auch andersdenn als blofsesDe fizitzu denken ist, bezeugt nichtnur dieTradition, in der ersteht, sondernklingt gelegentlich beiGuntherAnders selbst an, wenn er etwa schreibt, die Menschheithabe immerversucht, »ihre Unfest- II

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