Dieter Oesterwind Energie und Klimaforschung Dieter Oesterwind Energie und Klimaforschung In 28 Tagen rund um den Globus POPULÄR Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über <http://dnb.d-nb.de> abrufbar. Die Handlung und alle handelnden Personen sind frei erfunden. Jegliche Ähnlichkeit mit lebenden oder realen Personen wäre rein zufällig. 1. Auflage 2011 Alle Rechte vorbehalten © Vieweg+Teubner Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011 Lektorat: Ulrich Sandten | Kerstin Hoffmann Vieweg+Teubner Verlag ist eine Marke von Springer Fachmedien. Springer Fachmedien ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media. www.viewegteubner.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich ge schützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Ur heber rechts ge set zes ist ohne Zustimmung des Verlags unzuläss ig und strafb ar. Das gilt insb es ondere für Vervielfältigungen, Über setzun gen, Mikro verfil mungen und die Ein speiche rung und Ver ar beitung in elek tro nischen Syste men. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: KünkelLopka Medienentwicklung, Heidelberg Innenlayout: Ivonne Domnick Freies Lektorat: Nina Hoyer Druck und buchbinderische Verarbeitung: MercedesDruck, Berlin Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier. Printed in Germany ISBN 978-3-8348-1210-0 Inhalt 8 Die Preisverleihung Lia und Nils haben den Kopernikus-Preis für junge Nachwuchs- forscher gewonnen. Eine vierwöchige Reise führt sie an die Stätten des »Weltenwandels«. 14 Hellseher mit Sammelleidenschaft Bei der Internationalen Energieagentur in Paris lernen die beiden Preisträger die globalen Herausforderungen der Energie- versorgung und des Klimawandels kennen. 44 Das Morgen und das Gestern Im renommierten Forschungszentrum Jülich werden sie in die naturwissenschaftlich-technischen Grundlagen der Energie- technik und des Klimawandels eingeführt und erhalten einen Einblick in innovative Energiesysteme. Ein Aus(cid:192) ug in das »fossile Energiezeitalter« rundet ihren Besuch ab. 110 Die Effizienzpioniere In München erfahren Lia und Nils bei der Fraunhofer-Gesellschaft etwas über die Energie-Ef(cid:191) zienzrevolution. 122 Die Preismacher Bei der OPEC in Wien lernen sie die Funktionsweise der Weltenergiemärkte kennen. 6 Fortschrittliche Nuklearentwick- 136 lungen und Innovationsforschung Am Massachusetts Institute of Technology und an der Harvard University in den USA studieren Lia und Nils die neuesten Entwicklungen in der Nuklearforschung und erfahren welche Faktoren für erfolgreiche Innovationen notwendig sind. 164 Think big! In der Wüste von Nevada lernen sie etwas über die Entwicklung solarthermischer Kraftwerke für die industrielle Nutzung. 178 Megacitys In Shanghai erfahren die beiden, wie die Gestaltung von Ballungsräumen die Energie- und Klimazukunft entscheidend beein(cid:192) ussen kann. 204 Erkenntnisse Lia und Nils haben während ihrer Reise viel über die Zusammenhänge von Physik, Technik und Ökonomie gelernt und welche Rolle sie für die Energie- und Klimazukunft spielen. Aber auch viel über sich selbst erfahren … 210 Anhang Dank | Formeln | Chemische Verbindungen | Umrechnungen von Maßeinheiten | Umrechnungsfaktoren | Abkürzungen Glossar | Bildnachweis | Literatur 77 Halle Paris Jülich Boston 1 München Wien Nevada Shanghai Paris Die Preisverleihung Lia und Nils haben den Kopernikus-Preis für junge Nachwuchsforscher gewonnen. Eine vierwöchige Reise führt sie an die Stätten des »Weltenwandels«. i n der ältesten naturwissenschaftlich-medizinischen Gelehrtengesell- schaft der Welt – der Deutschen Akademie der Naturforscher Leo- poldina in Halle an der Saale – steigt die Spannung. Im Festsaal war- ten über dreihundert Gäste auf Namen. Namen von jungen Menschen, die den europäischen Kopernikus-Preis für junge Nachwuchsforscher erhalten haben. Das weiche Licht der barocken Deckenleuchten und die farbenprächtigen Blumengrüße, die von unzähligen Schulen aus den Nachbarländern überbracht wurden, geben dem Ereignis einen festlichen Anstrich. Als der Präsident des Europaparlaments erneut ans Mikrofon tritt, halten alle spürbar den Atem an. »Und nun würdigen wir die herausragendsten Leistungen. Aus der Stadt Coimbra in Portugal, von der Escola Secundaria Quinta das Flores erhält für ihre Studie Natur und Migration den ersten Preis auf dem Gebiet der Geogra(cid:191) e … « Es folgt eine lange Pause. » … Lia Da Silva.« Lia springt freudestrahlend von ihrem Stuhl auf und wirft ihren Eltern einen triumphierenden Blick zu. »Und in Physik«, fährt der Präsident betont langsam fort, »in Physik ver- leihen wir einem jungen Mann aus dem hohen Norden, vom Södra Latins Gymnasium aus Stockholm, den ersten Preis für seine Arbeit Nanotech- nologie und Energieef(cid:191) zienz.« Wieder eine lange Pause. »Er heißt Nils Svensson. Bitte kommen Sie beide zu mir aufs Podium.« Während sich Lia und Nils den Weg zum Podium bahnen, werden sie von heftigem Applaus begleitet. Mit einem Nicken nehmen sie ihre Urkunden entgegen. Nach der feierlichen Urkundenübergabe ist es Zeit für das obligatorische Foto, natürlich mit der Europa(cid:192) agge im Hintergrund. So wie Lia zwischen dem stattlichen, korpulenten Würdenträger und dem hochgewachsenen Blondschopf steht, bietet sich dem Publikum das Bild eines wehenden Bambusbäumchens zwischen einem sanften Riesen und einer Nord- manntanne. Lia lässt sich davon jedoch nicht beeindrucken und trotzt der scheinbaren körperlichen Übermacht mit ihrer kecken Bubikopffrisur und ihren lebhaften Blicken in den Festsaal. Erneut nähert sich der Präsident dem Mikrofon. »Bitte schenken Sie mir noch einen Augenblick Ihre Aufmerksamkeit. Die fachkundige Jury hat es sich nicht leicht gemacht, aus den vielen quali(cid:191) - zierten Schülern die richtige Wahl zu treffen. Dafür wollen wir ihr danken. Und den jungen Leuten, die heute keinen Preis erhalten haben, möchte ich sagen: Seien Sie nicht traurig. Ich habe in meinem ganzen Leben noch keinen Preis gewonnen und bin trotzdem Präsident des Europapar- laments geworden.« D. Oesterwind, Energie und Klimaforschung, DOI 10.1007/978-3-8348-9787-9_1, © Vieweg+Teubner Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011 1100 D ie P re is v e Lautes, entspanntes Gelächter ertönt im Saal. Einige Besucher erheben rle ih u sich bereits von den Stühlen, um im Foyer noch einen Imbiss einzuneh- n g men, als der Präsident ins Mikrofon ruft: »Noch eine Minute, bitte. Eine wichtige Nachricht habe ich noch. Lia Da Silva und Nils Svensson haben sich auf den Weg gemacht, Neues zu entdecken. Und so wie Kopernikus – der Namenspatron dieses Preises – das geozentrische Weltbild der Menschheit revolutionierte und seine Lehrjahre an fremden Orten verbrachte, so ist auch dieser Nachwuch- spreis mit einer vierwöchigen Reise an die Stätten des Weltenwandels verbunden. Also an die Forschungsstätten unserer heutigen Energie- und Klimaforscher.« Ein erstauntes Raunen geht durch den Saal, dann brandet Applaus auf. Außer sich vor Freude und Übermut dreht Lia sich ruckartig um, um sich persönlich bei dem Präsidenten zu bedanken, und rennt dabei fast Nils über den Haufen, der den gleichen Gedanken hatte. Er wirft ihr einen leicht genervten Blick zu. Na, das kann ja heiter werden, denkt Lia. Später im Foyer werden die beiden frisch gekürten Preisträger von einem Fernsehteam abgefangen. »Dürfen wir Ihnen beiden ein paar Fragen stellen?« »Ja, natürlich«, antwortet Lia prompt. »Wie kamen Sie zu dem Thema Ihrer Arbeit?«, fragt sie der Journalist. »In meiner Heimat Portugal leben viele Neubürger aus Afrika. Ihren Weg zu uns haben sie meist unter großer Lebensgefahr zurückgelegt, und schauen wir in ihre Gesichter, sind sie von unermesslicher Traurigkeit gezeichnet. Ich habe mich gefragt, was diese Menschen dazu bewo- gen hat, ihre Heimat aufzugeben und ihre Familien zu verlassen. Also habe ich in den Schulferien viele von ihnen dazu befragt. Ich wollte den Ursachen dafür auf den Grund gehen und etwas über ihre persönlichen Beweggründe erfahren. Als ich darüber Bescheid wusste, zumindest über einige, habe ich mit ihnen gemeinsam Vorschläge erarbeitet, die ihnen ermöglichen könnten, in ihrer Heimat zu bleiben. So kam mir die Idee zu diesem Projekt.« Der Journalist wendet sich an Nils: »Und wie war es bei Ihnen?« »Bei einem Unternehmenspraktikum habe ich mich mit Nanomaterialien befasst. Dabei habe ich Ideen skizziert, wie die Nanotechnologie zur Energieef(cid:191) zienzverbesserung eingesetzt werden könnte. Und dann hat das eine das andere ergeben.« »Sie sind gerade erst siebzehn und achtzehn Jahre alt. Waren Sie nicht neidisch auf Ihre Freunde, wenn die abends in die Disco gingen und Sie über Ihrer Arbeit brüten mussten?«, stellt der Journalist ihnen die nächste Frage. 11 »Ganz und gar nicht«, antwortet Lisa zuerst. »Teilweise habe ich die Interviews sogar in der Disco durchgeführt.« »Ich mach mir nichts aus Disco, ich bin Jazz-Fan und spiele in einer Baltik-Jazz-Band Saxofon. Wir sind häu(cid:191) g in Skandinavien unterwegs«, antwortet Nils. »Apropos unterwegs. Sie beide werden bald vier Wochen gemeinsam auf Reisen sein und zwangsläu(cid:191) g viel Zeit miteinander verbringen. Was schießt einem da so durch den Kopf?« »Ich habe zwei jüngere Schwestern zu Hause«, ergreift Nils das Wort. »Mal sind sie süß und mal nervig und ungestüm.« Er grinst Lia zugleich bezeichnend und entwaffnend an und nimmt seinem etwas gönnerhaften Kommentar damit die Spitze. Vielleicht ist er ja doch ganz in Ordnung, denkt Lia. »Es wird auf alle Fälle ein Abenteuer«, schließt Nils. »Wir wissen noch nicht mal, wohin es geht, noch ist es ein Geheimnis«, meldet sich Lia zu Wort. »Aber wir Portugiesen sind ein neugieriges Volk, von Portugal aus wurde einst die Welt neu vermessen. Was mich anbe- langt, so kann ich es kaum erwarten. Von mir aus könnte es sofort losge- hen.« Und mit feiner Ironie und einem kurzen Seitenblick auf Nils ergänzt sie: »Und mit einem so großen, starken Bruder an meiner Seite kann ja wohl kaum etwas schie(cid:192) aufen.« Kurz darauf suchen Lia und Nils für wenige Minuten das Weite, um der lauten Geräuschkulisse und dem nicht enden wollenden Glückwunschrei- gen zu entkommen und ein paar erste Worte miteinander zu wechseln. Sie stehen auf der Eingangstreppe der ehrwürdigen Leopoldina, als wie aus dem Nichts eine alte Frau vor sie hintritt. »Für Ihr Alter haben Sie schon viel erreicht«, sagt sie, »Sie können sich zu einem wirklichen Vorbild mausern. Aber passen Sie gut auf sich auf und vergessen Sie bei allem, was Sie tun, nicht, aus Ihrem Leben ein Kunstwerk zu schmieden.« Lia und Nils sehen sich verwundert an. Noch bevor sie reagieren können, taucht die alte Frau im dichten, abendlichen Februarnebel unter. 12