Endspurt Klinik Innere und Chirurgie Skript 6 Grundlagen der Onkologie, Chirurgisches Grundwissen 106 Abbildungen 28 Tabellen Die Inhalte dieses Werkes basieren überwiegend auf dem Kompendium „AllEx - Alles fürs Examen“, erschienen im Georg Thieme Verlag Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Wichtiger Hinweis: Wie jede Wissenschaft ist die Medizin ständigen Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation Entwicklungen unterworfen. Forschung und klinische Erfahrung er- in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte biblio gra weitern unsere Erkenntnisse, insbesondere was Behandlung und me- fische Daten sind im Internet über dikamentöse Therapie anbelangt. Soweit in diesem Werk eine Dosie- http://dnb.d-nb.de abrufbar. rung oder eine Applikation erwähnt wird, darf der Leser zwar darauf vertrauen, dass Autoren, Herausgeber und Verlag große Sorgfalt da- rauf verwandt haben, dass diese Angabe dem Wissensstand bei Fer- tigstellung des Werkes entspricht. Für Angaben über Dosierungsanweisungen und Applikations- formen kann vom Verlag jedoch keine Gewähr übernommen werden. Jeder Benutzer ist angehalten, durch sorgfältige Prüfung der Bei- packzettel der verwendeten Präparate und gegebenenfalls nach Kon- sultation eines Spezialisten festzustellen, ob die dort gegebene Emp- fehlung für Dosierungen oder die Beachtung von Kontraindikationen gegenüber der Angabe in diesem Buch abweicht. Eine solche Prüfung ist besonders wichtig bei selten verwendeten Präparaten oder sol- chen, die neu auf den Markt gebracht worden sind. Jede Dosierung oder Applikation erfolgt auf eigene Gefahr des Benutzers. Autoren und Verlag appellieren an jeden Benutzer, ihm etwa auffallende Unge- nauigkeiten dem Verlag mitzuteilen. © 2013 Georg Thieme Verlag KG Geschützte Warennamen (Warenzeichen) werden nicht besonders Rüdigerstraße 14 kenntlich gemacht. Aus dem Fehlen eines solchen Hinweises kann D-70469 Stuttgart also nicht geschlossen werden, dass es sich um einen freien Waren- Unsere Homepage: http://www.thieme.de namen handelt. Das Werk, einschließlich aller seiner Teile, ist urheberrechtlich ge- Printed in Germany schützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urhe- berrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und Satz: medionet Publishing Services Ltd., Berlin strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elek- Druck: AZ Druck und Datentechnik GmbH, Kempten tronischen Systemen. Umschlaggestaltung: Thieme Verlagsgruppe Wir haben uns bemüht, sämtliche Rechteinhaber von Abbildungen zu ermitteln. Sollte dem Verlag gegenüber dennoch der Nachweis der ISBN 978-3-13-174281-0 Rechtsinhaberschaft geführt werden, wird das branchenübliche Ho- norar nachträglich gezahlt. Auch erhältlich als E-Book: eISBN (PDF) 978-3-13-174291-9 1 2 3 4 5 6 3 Auf zum Endspurt! Es ist so weit: Nach den ganzen Strapazen der letzten Jahre liegt die Ziellinie jetzt vor Ihnen. Nur die letzte Hürde im Studium, BEISPIEL die 2. ÄP, steht noch an. Doch nach den unzähligen durchlern- Mit unseren Beispielen zeigen wir Ihnen ganz konkret, womit Sie in ten Nächten, der wenigen Freizeit und all dem Stress haben Sie der Prüfung konfrontiert werden. Hier können Sie z.B. epidemiologi- mittlerweile wirklich keine Lust mehr, dicke Bücher zu wäl- sche Rechenaufgaben lösen und das Interpretieren von Laborwerten üben. zen, um sich prüfungsfit zu machen?! 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Die OP-Te chirur gischen Inhalte können Sie an dem roten Strich am Rand kete sind natürlich nur ein Vorschlag unsererseits, wie Sie Ihr (OP-technik) sofort erkennen und so das Fach Chirurgie auch Lernpensum gestalten. Denn wie schnell Sie beim Lernen vor- separat lernen, wenn Sie das lieber möchten. ankommen, hängt natürlich maßgeblich von Ihrem Vorwissen Auch die übergreifenden Fächer Klinische Pathologie, Phar- und Ihrer persönlichen Lerngeschwindigkeit ab. makologie und Radiologie sind direkt bei den jeweiligen Krank- Prüfungsrelevante Inhalte. Damit Sie genau wissen, was Sie heitsbildern integriert, aber nicht extra gekennzeichnet. können müssen, und das auch auf den ersten Blick erkennen, haben wir alle Antworten auf die Prüfungsfragen, die das IMPP Im Kleindruck finden alle, die’s ganz genau wissen wollen, vertiefende Infos und Fakten. zwischen dem Herbstexamen 2006 und dem Frühjahrsexamen 2013 gestellt hat, gelb hervorgehoben. 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Auch verschiedene Zusammenhänge werden den Fall, dass Ihnen unser Produkt gefällt, dürfen Sie uns das noch einmal veranschaulicht, damit Sie sich die Antworten leich- selbstverständlich auch gerne wissen lassen! ☺. ter herleiten können Alles Gute und viel Erfolg für Ihr Examen Ihr Endspurt-Team 4 Inhaltsverzeichnis Grundlagen der Onkologie Chirurgisches Grundwissen 4 Allgemeine Chirurgie, prä- und LErnpAkEt 1 postoperative phase ................................................. 26 4.1 Überblick ......................................................................... 26 1 Einleitung ....................................................................... 5 4.2 Wichtige Grundbegriffe der Chirurgie ............................. 26 1.1 epidemiologie ................................................................... 5 4.3 Präoperatives Management ............................................ 27 1.2 Ätiologie und Pathogenese ............................................... 6 4.4 Im Operationssaal ........................................................... 33 1.3 Stadieneinteilung und Graduierung von Tumoren ............ 8 4.5 Postoperatives Management .......................................... 41 4.6 Fasttrack-Konzept ........................................................... 43 2 tumordiagnostik ......................................................... 9 4.7 chirurgische Begutachtung ............................................. 44 2.1 Häufige Symptome und Komplikationen 4.8 Wunde ............................................................................. 44 durch Tumoren .................................................................. 9 4.9 chirurgische Infektionen ................................................. 46 2.2 Tumorsuche ..................................................................... 10 4.10 Weichteilverletzungen .................................................... 48 3 tu mor therapie ........................................................... 14 5 transplantationschirurgie ....................................... 49 3.1 Internistische Tumortherapie .......................................... 14 5.1 Grundlagen ...................................................................... 49 3.2 chirurgische Tumortherapie ........................................... 24 5.2 Prinzip der Organkonservierung und Grundzüge 3.3 Tumornachsorge ............................................................. 25 der Durchführung ............................................................ 50 3.4 Prognosefaktoren bei Malignomen ................................. 25 5.3 nachsorge ....................................................................... 51 6 Spezielle Operationsprinzipien .............................. 52 6.1 Eingriffe am Hals .............................................................. 52 6.2 Viszeralchirurgie .............................................................. 53 6.3 Thoraxchirurgie ............................................................... 66 6.4 Herzchirurgie ................................................................... 66 6.5 Gefäßchirurgie ................................................................ 70 6.6 neurochirurgische Operationstechniken ........................ 72 6.7 Plastisch-chirurgische Methoden .................................... 73 Sachverzeichnis .................................................................... 79 5 1 t Grundlagen der Onkologie E k A p n r E L LErnpAkEt 1 Foto corel Stock 1 Einleitung 1.1 Epidemiologie lichen Neoplasien, sondern hat auch zur Identifizierung vieler epidemiologisch relevanter Risikofaktoren beigetragen. LErntIPP In Deutschland erkranken etwa 270/100 000 Männer und 200/100 000 Frauen pro Jahr neu an Krebs (Inzidenz). Hierzu Zur allgemeinen Onkologie gibt es zwar nicht so viele Prüfungs- zählen alle bösartigen Neubildungen einschließlich Lymphome fragen, trotzdem ist dieses Thema essenziell, um zu verstehen, und Leukämien. Der nichtmelanotische Hautkrebs wird bei den wie Tumorerkrankungen entstehen und wie man sie (nach aktuellem Stand der Wissenschaft) am besten behandelt. Die speziellen Tumorerkrankungen finden Sie in den jeweiligen Fach- tab. 1.1 Die häufigsten malignen Tumorerkrankungen skripten, dort können Sie dann auch die passenden Fragen dazu Epidemiologie tumorarten kreuzen. Die pathologischen Grundlagen zu Tumorstoffwechsel und Tumorimmunologie sowie zum Wachstumsverhalten von bei Männern ▪ Prostatakarzinom Tumoren werden im Skript Pathologie besprochen. ▪ kolorektales Karzinom ▪ Bronchialkarzinom Im klinischen Sprachgebrauch bezeichnet der Begriff Tumor bei Frauen ▪ Mammakarzinom (Synonym: Geschwulst, Neoplasie, Neubildung) eine umschrie- ▪ kolorektales Karzinom bene, abnorme Gewebemasse, die durch eine autonome Prolife- ▪ Bronchialkarzinom ration körpereigener, entarteter Zellen entsteht. Abhängig von Die o. g. Tumoren unterscheiden sich geschlechtsabhängig, was ihr der Dignität werden benigne und maligne Tumoren unterschie- Auftreten und das Letalitätsrisiko betrifft. Das Mammakarzinom ist z. B. der den. häufigste Tumor bei Frauen und verantwortlich für die meisten tumorbe- Die bevölkerungsbezogene Erfassung von Krebserkrankun- dingten Todesfälle. Bei den Männern verhält es sich umgekehrt (→ meiste Todesfälle durch das Bronchialkarzinom, aber häufigster Tumor Prostatakar- gen in sog. „Krebsregistern“ ermöglicht nicht nur die systema- zinom). tische Ermittlung von Inzidenz und Mortalität der unterschied- 6 Grundlagen der Onkologie | 1 Einleitung Schätzungen allerdings nicht berücksichtigt. Nach den Herz- führen i. d. R. zu einem Funktionsverlust („loss of function“) Kreislauf-Erkrankungen sind Krebserkrankungen die zweit- mit dereguliertem Wachstum. Tumorsuppressorgene verhalten häufigste Todesursache (25 %). Das Auftreten unterschiedlicher sich rezessiv. Für das Aufrechterhalten der Wachstumskontrol- Neoplasien ist stark altersabhängig. Das mittlere Erkrankungs- le reicht ein „gesundes“ Allel aus. alter liegt bei etwa 69 Jahren. Das mittlere Sterbealter wird für Männer mit 71, für Frauen mit 75 Jahren angegeben. tab. 1.2.2 krebsrisikofaktoren 1.1 zeigt die häufigsten malignen Tumorerkrankungen und die karzinogene die am häufigsten zum Tod führenden Malignome bei Männern und Frauen. DEFInItIOn chemische, physikalische oder biologische Sub- stanzen, die Mutationen in der DnA auslösen (genotoxische 1.2 Ätiologie und pathogenese Substanzen) und damit zur Tumorentstehung führen können. 1.2.1 Molekulare Grundlagen Die für die jeweilige Krebserkrankung spezifischen Risikofakto- der tumorentstehung ren werden im Rahmen der Krankheitsbilder behandelt. ▪ chemische Karzinogene: Sie können ihre mutagene Wirkung Ursächlich für die Tumorentstehung ist ein Kontrollverlust der entweder direkt (selten) oder nach metabolischer Aktivie- Zellen über ihr Wachstum. Praktisch immer liegt eine Störung rung im Körper (Prokarzinogene) entfalten. Bei den Prokarzi- von Genen zugrunde, die an der Steuerung von Zellwachstum, nogenen hängt die Lokalisation der Schädigung vom Ort ihrer Proliferation, Differenzierung und/oder Apoptose beteiligt sind. Metabolisierung ab. Man unterscheidet Onkogene von Tumorsuppressorgenen (tab. ▪ physikalische Karzinogene (Strahlung): 1.2). – ionisierende Strahlung (α, β und γStrahlung, Rönt- (Proto-)Onkogene: Protoonkogene sind in der gesunden Zelle genstrahlung): kann praktisch jedes Organ betreffen und für Zellwachstum, teilung und differenzierung (→ prolifera wirkt entweder direkt oder indirekt (Sauerstoffradikale, tionsfördernde Wirkung) verantwortlich. Nach Mutation Peroxide) auf die DNA. Für einige Strahlungstypen können spricht man von Onkogenen. Die Mutationen führen i. d. R. besonders häufige Tumoren identifiziert werden: zu einer deregulierten, gesteigerten Genfunktion („gain of – αStrahlen von 224Radium: Osteosarkome function“), die die Zelle dazu veranlasst, von einem normalen – αStrahlen von 232Thorium: Angiosarkome Wachstum auf ein malignes, ungebremstes Wachstum umzu- – βStrahlen von 131Jod: differenzierte schalten. Onkogene verhalten sich dominant, d. h., es genügt Schilddrüsenkarzinome die Mutation eines Allels, um eine deregulierte Genexpression – γStrahlen: Leukämien, Magen, Lungen und auszulösen. Mammakarzinome, Speicheldrüsentumoren. – nichtionisierende Strahlung (Infrarot und UVStrahlung): tumorsuppressorgene (auch rezessive Onkogene, Antionko- uV-Strahlung hat für die Tumorinduktion die größte Be- gene) sind für die Wachstumskontrolle zuständig. Wird das deutung. Sie führt zu einer direkten Schädigung der DNA Erbmaterial einer gesunden Zelle geschädigt, verhindern diese (→ Plattenepithelkarzinome der Haut und maligne Melano- Gene die Zellteilung, damit eine Reparatur durch DnA-repara- me). turenzyme eingeleitet werden kann. Kann die DNA nicht repa- ▪ biologische Karzinogene: riert werden, aktivieren sie Apoptosegene, die den program- – Aflatoxine (aus Schimmelpilzsporen): primäres Leberzell- mierten Zelluntergang induzieren. Mutationen in diesen Genen karzinom tab. 1.2 Wichtige Onkogene und tumorsuppressorgene Gengruppe Gen Wirkung assoziierte tumoren Onkogene abl → Entstehung des kodiert für Tyrosinkinase chronisch-myeloische Leukämie bcr-abl-Fusionsgens (Philadelphia-chromosom) HeR2/neu kodiert für Wachstumsfaktor-Rezeptor Mammakarzinom ReT kodiert für Transkriptionsfaktor Men II (medulläres Schilddrüsen- karzinom, Phäochromozytom) c-myc kodiert für Transkriptionsfaktor v. a. Burkitt-Lymphom k-ras kodiert für G-Protein v. a. Kolon- und Pankreaskarzinom, bronchiales Adenokarzinom Tumorsuppres- BRcA-1/BRcA-2 DnA-Reparatur fam. Mamma- und Ovarialkarzinom sorgene p53-Suppressorgen sog. „Wächter des Genoms“: Hemmung der Zell- fam. Pankreaskarzinom, fam. Melanom, teilung bei DnA-Schädigung, Induktion der DnA- Li-Fraumeni-Syndrom, sporadisches Reparatur, Apoptoseinduktion Mammakarzinom RB-Gen Kontrolle des Zellzyklus (Hemmung der Zell- Retinoblastom teilung), Apoptoseinduktion APc Hemmung der Proliferation kolorekales Karzinom 1.2 Ätiologie und pathogenese 7 – DNA- und RNA-tumorviren: z. B. Einbau viraler Onkogene präkanzeröse Läsion (tab. 1.3). Meistens liegt der Funktions- in die Wirts-DNA (z. B. HPV) oder Suppression der Immun- verlust eines Tumorsuppressorgens zugrunde. Der Defekt ist 1 t abwehr im Wirtsorganismus (z. B. HIV). Weitere mit Karzi- i. d. R. rezessiv, d. h., das funktionslose Allel kann durch das E nomen assoziierte Viren sind zweite gesunde Allel kompensiert werden, der Phänotyp k A – Epstein-Barr-Virus: Burkitt-Lymphom, bleibt unverändert. Allerdings steigt die Wahrscheinlichkeit, p n Nasopharynxkarzinom (NPC) dass im weiteren Leben auch das zweite Allel durch Mutati- r – humanes T-Zell-Leukämie-Virus (HTLV) 1: Leukämie on funktionsuntüchtig wird und es zur Turmorentwicklung E L – Papillomaviren (HPV16, HPV18): zervikale kommt. intraepitheliale Neoplasien Die Disposition für die Tumorentwicklung kann auch durch Mu- – humanes Herpesvirus 8: Kaposi-Sarkom tationen in den Kanzerogen-Entgiftungsenzymen oder über – Hepatitis-B/C-Virus: hepatozelluläres Karzinom. hereditäre Störungen des Immunsystems vererbt werden. kokarzinogene (tumorpromotoren) Weitere risikofaktoren Alter: DEFInItIOn Substanzen, die das Tumorwachstum zwar nicht ▪ lange Latenzzeit zwischen Tumorinitiation und Tumormani- selbst hervorrufen, aber verstärken können. festation ▪ nachlassende Immunabwehr im Alter Sie fördern die Zellproliferation und hemmen die Apoptose. Ko- ▪ fehlerhafte DNA-Reparatur im Alter karzinogene zeigen häufig eine ausgeprägte Organ und Gewe- Ein Teil der kindlichen Tumoren – meist Blastome oder häma- bespezifität. Wichtige Kokarzinogene sind: toonkologische Erkrankungen – ist vermutlich bereits in utero ▪ chronische Entzündungen: Cholelithiasis (→ Gallenblasen- ausgelöst worden, da die Organe während der Embryo- und Fe- karzinom), Colitis ulcerosa (→ Kolonkarzinom), Refluxöso- togenese besonders empfindlich gegenüber chemischen Karzi- phagitis (→ BarrettÖsophagus und ösophageales Adenokar- nogenen sind. zinom), Bilharziose (→ Harnblasenkarzinom) ▪ hormone und Medikamente: Östrogene (→ Tumoren des Immundefekte: Angeborene und erworbene Immundefekte weiblichen Genitals und der Leber), Barbiturate (→ Lebertu- fördern die Tumorgenese durch Störung in der körpereigenen moren). Abwehr. Geschlecht: Das geschlechtsspezifische Auftreten bestimmter Genetische Faktoren Tumoren lässt sich u. a. auf die unterschiedliche hormonaus- Etwa 5 % der Krebserkrankungen entstehen durch genetische stattung (→ Sexualhormone; Neoplasien des weiblichen und Prädisposition, die sowohl polygen oder monogen vererbt wer- männlichen Genitaltraktes) und die unterschiedliche Expositi- den kann. on gegenüber Karzinogenen zurückführen (v. a. berufliche Ex- ▪ polygen vererbte Disposition: z. B. beim sog. „Familiy-Can- position). cer-Syndrom“, das mit dem familiär gehäuften Auftreten von Ernährung und Genussmittel: Die bekanntesten Beispiele für Adenokarzinomen in Kolon, Endometrium und Ovar einher- die kanzerogene Wirkung von Genussmitteln sind Zigaretten- geht. rauch und Alkohol (z. B. erhöhte Inzidenz des Bronchial- und ▪ monogen vererbte Disposition: Hier ist das Risiko für die Ent- Ösophaguskarzinoms). Während eine ballaststoffarme, fetthal- stehung des entsprechenden Tumors bis auf das 10 000-Fa- tige Ernährung mit der Entstehung des kolorektalen Karzinoms che erhöht. Vererbt wird nicht das Tumorleiden, sondern die assoziiert ist, wirken pflanzenfaserreiche Lebensmittel sowie „Veranlagung“ oder die prädisponierende Erkrankung bzw. frisches Obst und Gemüse protektiv. tab. 1.3 Monogen vererbbare tumorleiden (Beispiele) Vererbungsmodus Erkrankung betroffene Gene autosomal-dominant familiäre Polyposis coli (→ kolorektales Karzinom) APc-Gen (5q21) Lynch-Syndrom (→ kolorektales Karzinom, Endometriumkarzinom, Urothelkarzinome) MSH2, MSH6, MLH1, PMS1, PMS2 Li-Fraumeni-Syndrom (→ Mamma-, Kolon-, Lungenkarzinome, Sarkome) TP53 (17q13) Neurofibromatose Typ 1 und 2 (→ Neurofibrome, Schwannome, Meningeome) nF1 (17q11) bzw. nF2 (22q12) MEN-2-Syndrom (→ medulläres Schilddrüsenkarzinom, Phäochromozytom) ReT familiäres Mamma- und Ovarialkarzinom BRcA-1/BRcA-2 familiäres Retinoblastom RB1 nephroblastom (Wilms-Tumor) WT-1 autosomal-rezessiv Xeroderma pigmentosum (→ Plattenepithelkarzinome der Haut) XPA, XPc, XPD Fanconi-Anämie (→ Leukämie) FA Bloom-Syndrom (→ Lymphome) BLM Ataxia teleangiektasia (→ Lymphome) ATM 8 Grundlagen der Onkologie | 1 Einleitung Umwelteinflüsse: Geografische und kulturelle Faktoren kön- operativen oder sonografischen Befunden beruht. tab. 1.4 gibt nen das Risiko, an bestimmten Neoplasien zu erkranken, signi- einen Überblick über die Einteilung der Tumorstadien. Die UICC fikant erhöhen bzw. senken. Dies liegt v. a. an der regional un- fasst die Stadien nach TNMKlassifikation in 5 Gruppen zusam- terschiedlichen Exposition gegenüber Karzinogenen. Beispiele men (tab. 1.5). sind das gehäufte Auftreten von Sonderfälle in der TNMKlassifikation: ▪ Magenkarzinomen in Japan (Nitrosamine im gepökelten ▪ Präfix r: Beschreibung von (Lokal-)Rezidiven. Fisch) ▪ Präfix y: Der Tumor wurde vor dem chirurgischen Eingriff (= ▪ Hautkrebs in Australien (hohe UVBelastung) vor der histopathologischen Befundung) bereits chemo- oder ▪ Leberzell- und Nasopharynxkarzinome in Afrika und Asien strahlentherapeutisch vorbehandelt. (hohe HBV- bzw. EBV-Infektionsprävalenzraten) oder ▪ Präfix u: Endoluminal durch Ultraschall befundete Tumor- ▪ Zervixkarzinome in Gebieten mit niedrigem Sozialstatus (un- ausdehnung und Lymphknotenbefall. geschützter Geschlechtsverkehr, mangelnde Vorsorgeunter- suchungen). 1.3.2 Differenzierungsgrad (Grading) Das Grading (G1–G4) beschreibt, wie weit sich ein Tumor in 1.3 Stadieneinteilung und Graduierung seiner Differenzierung von seinem Ausgangsgewebe entfernt von tumoren (entdifferenziert) hat. Dem Differenzierungsgrad kommt bei Therapie und Prognose einer Tumorerkrankung entscheidende 1.3.1 Stadieneinteilung (Staging) Bedeutung zu (tab. 1.6). Gemäß der UICC (Union internationale contre le cancer) sind Grading von Karzinomen: Mit zunehmender Entdifferenzie- folgende Kriterien bei der Stadieneinteilung einer Tumorer- rung nehmen Wachstumsgeschwindigkeit, Bösartigkeit und krankung von Bedeutung: evtl. Strahlenempfindlichkeit (!) zu. ▪ Größe und anatomische Ausdehnung des Primärtmors (t) Grading von Sarkomen: Die Bösartigkeit nimmt mit Entdiffe- ▪ Befall der regionalen Lymphknoten = Nodi lymphatici (n) renzierung, Mitosezahl und Ausdehnung der Tumornekrosen ▪ Vorhandensein von Fernmetastasen (M). zu. G1-Sarkome können noch rein chirurgisch therapiert wer- Mit der pTNM-Klassifikation lässt sich das Stadium jeder Tu- den; weniger differenzierte sollten zusätzlich chemotherapeu- morerkrankung international standardisiert beschreiben. Die tisch behandelt werden. Ziffern 0–4 geben dabei die Ausdehnung/Ausbreitung des Tu- mors an. Der Kleinbuchstabe p bedeutet, dass das Staging auf PrüFunGShIGhLIGhtS der postoperativen histopathologischen Befundung beruht. – ! Das Stadium IV der einteilung nach uICC setzt Fernmetasta- Mit dem Präfix c (= clinical) wird angegeben, dass die Klassi- sen voraus. fizierung auf palpatorischen, radiologischen, endoskopischen, – ! TNM-Klassifikation: Der Buchstabe „y“ bedeutet, dass eine neoadjuvante Therapie erfolgt ist. tab. 1.4 Postoperative histhopathologische tumorstadien- einteilung (= Staging) Stadium Beschreibung pt – Primärtumor tab. 1.5 Stadieneinteilung nach uICC pTis präinvasives Karzinom (carcinoma in situ) Stadium t n M pT0 keine histologischen Hinweise auf Primärtumor bei 0 Tis n0 M0 Untersuchung des Tumorresektats Ia T1 n0 M0 pT1, pT2, pT3, zunehmende Ausdehung des Primärtumors pT4 Ib T2 n0 M0 pTx Ausdehnung der Tumorinvasion histopathologisch IIa T3 n0 M0 nicht bestimmbar IIb T4 n0 M0 pn – regionäre Lymphknoten IIIa jedes T n1 M0 pn0 keine histopathologischen Hinweise auf regionären IIIb jedes T n2 M0 Lymphknotenbefall IV jedes T jedes N M1 pn1, pn2, zunehmender regionärer Lymphknotenbefall pn3 tab. 1.6 Tumordifferenzierungsgrade (Grading) pn4 Befall juxtaregionärer Lymphknoten (nicht immer anwendbar) Grad Beschreibung pnx Ausdehnung des Lymphknotenbefalls ist nicht G1 hoch differenzierter Tumor (geringe Malignität) bestimmbar G2 mittelgradig differenzierter Tumor (meist mäßiggradige pM – Fernmetastasen Malignität) pM0 kein Hinweis auf Fernmetastasen G3 wenig differenzierter Tumor (meist hohe Malignität) pM1 Fernmetastasen G4 undifferenzierter (anaplastischer) Tumor pMx Vorliegen von Fernmetastasen nicht bestimmbar Gx Differenzierungsgrad nicht bestimmbar 2.1 Häufige Symptome und Komplikationen durch Tumoren 9 1 t E 2 tumordiagnostik k A p n r E 2.1 Häufige Symptome und hyperurikämie: Durch einen erhöhten Zellumsatz kommt es L zu einem übermäßigen endogenen Harnsäureanfall (sekundäre komplikationen durch tumoren Hyperurikämie). Ein besonders erhöhter Zellumsatz findet sich u. a. bei Leukämien, myeloproliferativen Erkrankungen und 2.1.1 Systemische Tumorwirkungen als Folge der Chemo- und Strahlentherapie. Der akute Harn- B-Symptomatik: klassische Symptomentrias, die im Rahmen säureanfall kann durch die Verstopfung der Nierentubuli und maligner Erkrankungen auftreten kann und als prognostisch Ureteren zu einer obstruktiven uratnephropathie mit akutem ungünstiges Zeichen anzusehen ist: nierenversagen führen (Prophylaxe: Harnalkalisierung, ausrei- ▪ Fieber (≥ 38 °C) chende Flüssigkeitszufuhr, Allopurinol). ▪ massiver Nachtschweiß (nasse Haare, durchgeschwitzte Klei- Amyloidose: Tumorerkrankungen können zu einer Ablage- dung/Bettwäsche) rung von abnorm gefalteten, unlöslichen Proteinaggregaten ▪ ungewollter Gewichtsverlust (≥ 10 % des Körpergewichtes in (βFibrillen) im Interstitium unterschiedlicher Gewebe führen den letzten 6 Monaten). (= Amyloidose). Je nach Organ und Ausmaß der Schädigung un- tumoranämie: Die tumorassoziierte Anämie beruht auf: terscheidet sich das klinische Bild. Besonders häufig ist die Nie- ▪ Hemmung der Hämatopoese durch vom Tumor ausgeschüt- renamyloidose, die mit einer schwerwiegenden Schädigung der tete zytotoxische Substanzen oder Antikörper Glomeruli (Glomerulopathie) einhergeht. ▪ Tumorinfiltration des Knochenmarks mit Verdrängung der Paraneoplasien: Sie werden durch Substanzen ausgelöst, die blutbildenden Zellen vom Tumor sezerniert und in das Plasma ausgeschüttet werden. ▪ Blutungen aus erodierten Blutgefäßen Sie bilden sich mit der Tumorrückbildung oder -entfernung zu- ▪ Nebenwirkungen der Chemo- und/oder Strahlentherapie. rück. tab. 2.1 gibt einen Überblick über die wichtigsten para- tumorschmerzen: Die meisten Tumorpatienten leiden v. a. im neoplastischen Syndrome. Spätstadium ihrer Erkrankung unter Schmerzen, die ihre Le- PrüFunGShIGhLIGhtS bensqualität deutlich reduzieren. Verschiedene Ursachen kom- men infrage: – !! B-Symptomatik ▪ nozizeptive Schmerzen durch Infiltration oder Kompression – ! paraneoplastisches hyperkalzämiesyndrom: Auftreten bei von Organen und begleitende Entzündungsreaktionen (so- Plasmozytom, Bronchialkarzinom, Mammakarzinom, nieren- matische Schmerzen z. B. bei Knochenmetastasen, viszerale zellkarzinom. Schmerzen bei Infiltration von Organen) ▪ neuropathische Schmerzen durch Infiltration oder Zerstö- 2.1.2 Lokale tumorkomplikationen rung von peripheren Nerven oder ZNS ▪ therapiebedingte Schmerzen: Folgen von Operationen, Che- Lokale Komplikationen lassen sich auf das expansive und inva- mo- und/oder Radiotherapie sive Tumorwachstum und die Nekrosenbildung im Tumor- und ▪ psychosomatische Schmerzen als Folge der psychischen Be- umgebenden Gewebe zurückführen. lastung durch das Malignom ▪ Schmerzen durch „tumorbegleiterkrankungen“ wie Herpes Folgen der tumorexpansion und -invasion: In parenchymatö- zoster, Thrombosen oder Infektionen. sen Organen kann das infiltrativverdrängende Tumorwachs- tum das gesunde Parenchym und das zugehörige Stützgewebe tumorkachexie: Allgemeiner Kräfteverfall mit Auszehrung und zerstören. Die Gewebedestruktion kann dabei bis zum kom- Abmagerung, der häufig bei Tumorpatienten im fortgeschrit- pletten, z. T. lebensbedrohlichen Funktionsverlust ganzer Or- tenen Stadium auftritt und mit einer schlechten Prognose ver- gansysteme führen (z. B. Nieren, Leberinsuffizienz, pathologi- bunden ist. sche Frakturen, neurologische Ausfälle). Die Kompression oder Charakteristisch ist ein starker Gewichtsverlust (≥ 5 % des das intraluminale Tumorwachstum in Hohl- und kanalikulären Körpergewichtes innerhalb eines Jahres), meist mit Kraftver- Organen führt zu einer Stenosierung, die abhängig von ihrer Lo- lust, Erschöpfungs-/Müdigkeitssyndrom, Anorexie, Abnahme kalisation mit unterschiedlichen Symptomen einhergeht: des subkutanen Fettgewebes, erhöhten Entzündungsparame- ▪ Gastrointestinaltrakt: Dysphagie, gestörte Nahrungspassa- tern, Anämie und erniedrigtem Serumalbumin. Pathogenetisch ge, Obstipation, Ileus sind folgende Mechanismen von Bedeutung: ▪ harnableitende Organe: Hydronephrose mit Gefahr der Pye- ▪ Appetitlosigkeit lonephritis ▪ Alimentationsstörungen (Tumor behindert Nahrungsaufnah- ▪ Gallenwege: Cholestase und rezidivierende Cholangitiden me und/oder Verdauung) ▪ Bronchien: Dyspnoe, Atelektasen, rezidivierende Retentions- ▪ katabole Stoffwechsellage (durch vom Tumor produzierte Bo- pneumonien tenstoffe wie z. B. TNFα, sog. Kachexin) ▪ Gefäße: venöse Abflussstörung mit sekundärer Varikosis und ▪ tumor- oder zytostatikainduziertes Erbrechen. Thrombusbildung.