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Empirische Polizeiforschung: Interdisziplinäre Perspektiven in einem sich entwickelnden Forschungsfeld PDF

236 Pages·2000·13.012 MB·German
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EMPIRISCHE POLIZEIFORSCHUNG EMPIRISCHE POLIZEIFORSCHUNG Interdisziplinäre Perspektiven in einem sich entwickelnden Forschungsfeld Karlhans Liebl Thomas Ohlemacher (Hg.) Centaurus Verlag & Media UG 2000 Die Herausgeber: Prof. Dr. Karlhans Liebl ist Professor für Kriminologie an der Fachhochschule für Polizei Sachsen (Rothenburg). PD Dr. Thomas Ohlemacher ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Kriminologi schen Forschungsinstitut Niedersachsen (Hannover) und Privatdozent am Institut für Soziologie der Universität Hamburg. Die Deutsche Bibliothek-CIP-Einheitsaufnahme Empirische Polizeiforschung: interdisziplinäre Perspektiven in einem sich entwickelnden Forschungsfeld / Karlhans Liebl/ Thomas Ohlemacher (Hg.).- Herbolzheim: Centaurus-Verl.-Ges., 2000 ISBN 978-3-8255-0314-7 ISBN 978-3-86226-877-1 (eBook) DOI 10.1007/978-3-86226-877-1 Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigtoder verbreitet werden. © CENTAURUS Verlags-GmbH & Co. KG, Herbolzheim 2000 Umschlaggestaltung: DTP-Studio, Antje Walter, Lenzkirch Umschlagabbildung: Eine Fußstreife vor dem " Bonner Loch", einer stark frequentierten Geschäfts-, Bundes- und U-Bahn Unterführung. Aufnahme: Susan ne Baumgarten. © photoagentur vario-press. Das Photo wurde zu Verfügung gestellt vom Süddeutschen Verlag-Bilderdienst. Inhaltsverzeichnis Empirische Polizeiforschung: Forschung in, .für und über die Polizei (Thomas Ohlemacher und Kar/hans Lieb/) ................................................................ 7 Polizei und Polizeikultur Cop Culture und Polizeikultur: Von den Schwierigkeiten einer Corporate Identity der Polizei (Rafael Behr) .......................................................................................... l2 Anforderungsprofile für Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte, oder: Was erwarten Polizistinnen und Polizisten von der Soziologie? (Hans Schneider) ...................................................................................................... 27 Mitarbeiterzufriedenheit in der Polizei: Weg von der abstrakten Beschreibung, hin zur konkreten Veränderung (Manfred Bornewasser) .............................................. .35 Konstruktionen von Kriminalität Erfahrungen, Einstellungenu nd Entscheidungstindung in Betäubungsmittelstrafsa chen bei der Polizei -Ausgewählte Befunde einer kriminologischen Untersuchung polizeilicher Rechtsanwendung (Jürgen Stock) ....................................................... 50 Fehlerquellen der Polizeilichen Kriminalstatistik (Willi Stad/er und Werner Walser) ........................................................................... 68 Polizei und Bevölkerung Entwicklung des Vertrauens der Bevölkerung in die Polizei 1984-1995 (Kurt H. G. Groll und Bettina Lander) .................................................................... 92 Polizeipräsenz und Sicherheitsgefiihl: Eine vergleichende Analyse auf Basis von Aggregat-und Individualdaten (Kari-Heinz Reuband) ......................................... .ll4 Wer kontrolliert die Qualität der polizeilichen Arbeit? Subjektive Kontrollwahr nehmungen und Fremdenabweisung Hamburger Polizisten und Polizistinnen (Rainer Dollase) ..................................................................................................... 132 Kriminologische Regionalanalyse Castrop-Rauxel: Quantitative und qualitative Ergebnisse im Überblick ( Gisbert van Eisbergen ) ................................................ 143 6 Polizeialltag und Habitus: Eine sozialökologische Fallstudie (Jörg Hüttermann) ................................................................................................. 157 Innovative Vorhaben Evaluierung eines Fortbildungsprogramms für Trainer in Konflikthandhabung und Krisenintervention bei der Polizei Baden-Württemberg ( Werner K. Kunisch ) ................................ .' ............................................................. 184 Das Projekt Jugendkriminalität in Kassel (Kai Freitag) ....................................... 193 Kommunale Kriminalprävention in Deutschland. Eine quantitative Annäherung (Martina Kant, Norbert Pütterund Christine Hohmeyer) ..................................... 201 Polizei im Wandel: Eine geplante empirische Analyse zur Arbeitssituation von Polizeibeamten und -beamtinnen in Niedersachsen (Thomas Ohlemacher, Christiane Bosold und Christian Pfeiffer) ........................ 220 Verzeichnis der Autorinnen und Autoren .............................................................. 239 Ohlemacher!Liebl: Einleitung 7 Empirische Polizeiforschung: Forschung in,jür und über die Polizei Thomas Ohlemacher und Karlhans Liebl Als empirische Polizeiforschung kann jede im weitesten Sinne sozialwissenschaft liehe Auseinandersetzung mit dem Thema Polizei gelten, die basierend auf der Methodologie und Methodik empirischer Sozialforschung theoretisch inspiriert und methodisch kontrolliert Daten erhebt, analysiert und/oder interpretiert. Empirisches Material fiir solche Analysen bieten nicht nur klassische Befragungen qualitativer oder quantitativer Art. Empirische Polizeiforschung kann auch aus teilnehmender Beobachtung oder Gruppendiskussionen bestehen, sie kann Aktenanalysen, Dis kurs-oder Inhaltsanalysen anderer Art betreiben. Empirische Polizeiforschung kann dabei bereits vorliegende Statistiken, aber auch alternative empirische Materialien heranziehen, die nicht eigens fiir den Forschungszweck erhoben wurden, sich somit gleichsam "anfallenden empirisches Materials" bedienen (z.B. in Form von Veröf fentlichungen in der polizeispezifischen Fachöffentlichkeit, die einer inhaltsanalyti sche Analyse unterzogen werden). Analyseeinheiten sind dabei nicht nur die ein zelnen Polizisten, sondern auch Subgruppen innerhalb der Polizei, ausgewählte organisatorische Einheiten und/oder die Polizei als Ganzes. Die empirische Polizei forschung in der Bundesrepublik Deutschland ist jedoch -insbesondere im interna tionalen Vergleich betrachtet - nicht als sehr ausgeprägt zu bezeichnen. Dies hat u.a. mit ihrer -trotz ihrer zeitlichen Kürze -doch recht wechselvoll zu nennenden Geschichte zu tun. Nach einer kurzen "Blüte" Ende der sechziger/Anfang der siebziger Jahre hat sich die empirische sozialwissenschaftliche Forschung über die Polizei zu einer For schung fiir die Polizei entwickelt. Empirische Studien zur Polizei wurden in der Regel von polizeiangestellten Sozialwissenschaftlern bzw. Kriminologen durchge fiihrt oder aber erfolgten als Auftragsforschung durch polizeiexterne Wissen schaftler- zumeist mit dem (Forschungs)Ziel einer Optimierung der Verbrechens bekämpfung. Erst im Laufe der späten achtziger und verstärkt in den neunziger Jahren hat sich eine neue empirische Polizeiforschung etabliert, die zumeist mit 8 Ohlemacher/Liebl: Einleitung qualitativen Methoden und externer Finanzierung neuerlich Forschung über die Polizei betreibt. Daneben hat sich auch innerhalb der Ausbildungs- und For schungsinstitutionen der Polizei (insbesondere den Fachhochschulen und krimino logischen Forschungsstellen) eine institutionenkritische Forschung (beispielsweise zur Arbeitszufriedenheit der Polizist/inn/en) herausgebildet. Auch die Auftragsfor schung der Polizei hat sich fiir polizeikritische Themen (wie z.B. die Untersuchung fremdenfeindlicher Übergriffe) geöffuet. Auf Einladung der Sektion "Soziale Probleme und Kontrolle" der Deutschen Ge sellschaft fiir Soziologie, der Fachhochschule fiir Polizei Sachsen und des Krimi nologischen Forschungsinstituts Niedersachsen trafen sich vom 7.-9. Oktober 1999 in Rotheuburg (Sitz der FH fiir Polizei Sachsen) die Teilnehmerinnen und Teil nehmer einer Tagung zum Thema "Empirische Polizeiforschung". Im Untertitel der Tagung wurde die Absicht deutlich: "Forschung über die Polizei trifft Forschung für die Polizei". Diese polarisierende Unterscheidung aus den Diskussionen der siebzigerund achtziger Jahre aufuehmend, versammelten sich empirisch Arbeiten de von innerhalb und außerhalb der Polizei, aus heterogenen Disziplinen und aka demischen Institutionen. Die Organisatoren konnten über 35 Vertreter aus der So ziologie, der Politikwissenschaft, den Rechtswissenschaften und der Psychologie begrüßen. Institutionell war die Mehrheit der Teilnehmenden außerhalb der Polizei zu verorten, jedoch hatte sich auch eine Anzahl von (Polizei-) Fachhochschuldo zenten aus den alten und neuen Bundesländern eingefunden. Die Tagung wurde begleitet von einem abwechslungsreichen kulturellen Programm - mit seinen Hö hepunkten in der nächtlichen Altstadt von Görlitz. Thematisch wurden in rascher Folge 15 Beiträge präsentiert und diskutiert. Nicht alle der Beiträge sind in diesem Band dokumentiert. Einige der Vortragenden haben es aus nachvollziehbaren Gründen vorgezogen, die Tagung als Diskussionsforum fiir noch unfertige Papiere zu nutzen, und/oder haben andere Publikationsorte vor gezogen. Insgesamt bot sich ein buntes Bild, hervorgerufen durch unterschiedliche inhaltliche Perspektiven, disziplinäre Fragestellungen und empirische Methoden. Jedoch gerade diese Vielfalt war intendiert, sollte doch die Tagung einen Überblick über das einerseits recht heterogene (gerade weil unterentwickelte), aber damit eben auch perspektiven-und methodenreiche Forschungsfeld geben. Inhaltlich gegliedert nach den Feldern "Polizei und Polizeikultur'', ,,Konstruktio nen von Kriminalität", "Polizei und Bevölkerung" und abschließend "Innovative Vorhaben" deuteten sich jedoch rasch mögliche Brückenschläge an. So wurde bei spielsweise die einleitend von Rafael Behr (Frankfurt) eingebrachte Unterscheidung von "Polizeikultur vs. Polizistenkultur" von vielen Referenten und Debattenteil nehmern aufgenommen und auf ihre jeweiligen Ergebnisse und Interessenfelder angewandt (vgl. Behr in diesem Band). Konkrete Studien zum polizeilichen Handeln aus unterschiedlichen Perspektiven ließen ein facettenreiches Bild entstehen (u.a. Jürgen Stock, Aschersleben, aus ju- Ohlemacher/Liebl: Einleitung 9 ristisch-kriminologischer Sicht zur faktischen Verfahrenshoheit der polizeilichen Fahnder gegenüber den Staatsanwaltschaften; Jörg Hütterrnann, Bielefeld, klas sisch-soziologisch zu Street-Corner-Polizisten im Ruhrgebiet und Astrid Jacobsen aus ethnographischer Perspektive zum Polizeimanagement (letztere leider nicht in diesem Band vertreten); Willi Stadler und Werner Walser, Villingen Schwenningen, zur "Übererfassung" in der PKS). Hierbei wurden vor allem greif und fassbar die beinahe zwangsläufige "Selektivität" des Vorgehens der Polizisten, das unvermeidliche "lückenhafte Wissen" und korrespondierend die Notwendigkeit zur Schaffung von "Gewissheit". Phänomene, die auf der Individualebene in Unzu friedenheiten der Beamten und Beamtinnen zu münden scheinen (empirisch breit belegt von Manfred Bornewasser, Greifswald). Ein weiteres sich herausschälendes Haupt-Thema der Tagung war die Frage: Was kann die Wissenschaft (in und außerhalb der Polizei) zur Begleitung, Analyse und Anleitung polizeilichen Handeins beitragen? Aus jeweils soziologischer (Hans Schneider, Gießen), psychologischer (Rainer Dollase, Bielefeld) und politikwissen schaftlicher (Hans-Jürgen Lange, Marburg/Bochum) Perspektive wurde hier deut lich, dass zwar ein weites Feld "brach liege". Jedoch: Probleme der "Übersetzbar keit" der verschiedenen Sprachen und Rationalitäten von Wissenschaft und Praxis, fehlende finanzielle und zeitliche Ressourcen, mangelhafte Effektivität in der Um setzung ("Polizei will verändern, verändert aber nichts"), wie auch methodologi sche Zugangsbarrieren (weniger im Sinne der "Gelegenheit" zu Projekten als im Bereich der Validität der Angaben der Befragten) wurden immer wieder als für augewandte Forschungen störend angefiihrt. Vereinzelt war davon die Rede, dass Forschung im Polizeibereich (z.B. zur Arbeitszufriedenheit) zu selbsterfüllenden Prophezeiungen gerät (z.B. in Form der Fortführung des polizeilichen "Meckerdis kurses"). Pointiert wurde die Meinung vorgetragen, dass beispielsweise die Sozio logie erst dann zu den "hot issues" wie Korruption, Übergriffe und Korpsgeist vor stoßen könne, wenn sie an anderer Stelle im polizeilichen Bereich ihre Professio nalität in der Form anwendbaren Wissens deutlich gemacht, gleichsam bewiesen habe. Professionalität schaffen und zur Verfügung stellen, dies war auch das Plädoyer in den Diskussionen zur Methodik von Mitarbeiter- und Bevölkerungsumfragen ins besondere zur Zufriedenheit und Sicherheitsgefühlen (in dieser Tagung vertreten vor allem von Karl-Heinz Reuband und Kurt Groll, zu dieser Zeit beide Düsseldorf, und Manfred Bornewasser). Hierbei könnte Wissenschaft auf der einen Seite Be dürfnissen der Praxis entgegenkommen, auf der anderen Seite wäre es aber auch möglich, eigene (akademische) Forschungsbedürfnisse zu verfolgen. Professiona lität war dabei jedoch nicht nur auf das methodische, sondern auch das je diszipli näre theoretische Instrumentarium bezogen (Was sind soziologische, psychologi sche bzw. kriminologische Fragestellungen? Welche Erkenntnisse können sie erbringen? Was ist praktisch umsetzbar?). 10 Ohlemacher!Liebl: Einleitung Einen weiteren Fokus der Diskussion bildeten Untersuchungen zur kommunalen Kriminalprävention (so z.B. in den Beiträgen von Frank Bemer, Bielefeld, Gisbert van Eisbergen, Osnabrück, und von Vertreter/inne/n der AG Bürgerrechte und Po lizei, Berlin). Dieser referatsübergreifende Diskurs stellte die Frage nach den ge sellschaftlichen Folgen der Verlagerung insbesondere von Präventions-, aber auch Repressionsbemühungen in den Mittelpunkt. Auch hierbei wurde die Notwendig keit weiterer empirischer und theoretischer Studien betont. Insgesamt blieb zum Abschluß der Tagung der Eindruck a) eines heterogenen Feldes "Empirische Polizeiforschung" mit b) erheblichen empirischen, methodi schen und theoretischen Desiderata, c) eine große Anschlussfähigkeit der diszipli när betrachtet heterogen erzeugten Befunde und d) eine im Rahmen dieser Tagung deutlich spürbare Offenheit und Toleranz gegenüber anderen Perspektiven und Erkenntnisinteressen. Soll heißen: Die Kämpfe zwischen "für" vs. "über" sind ge kämpft, es geht nunmehr um die integrative Forschung "in, ffir und über" die Poli zei (Bomewasser) mit dem Ziel eines deutlich kumulierenden Vorgehens. Diesem Ziel, diesem Zweck soll auch der nunmehr vorgelegte Band mit einem Großteil der Referate dieser Tagung dienen. Hinzugekommen ist ein Beitrag von Thomas Oh lemacher, Christiaue Bosold und Christian Pfeiffer, der ein Projekt im Entstehen beschreibt. Wir möchten an dieser Stelle den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Fach hochschule fiir Polizei Sachsen, welche die Tagung haben organisatorisch gelingen lassen, unseren Dank aussprechen. Dank geht auch an Anja Fiedler und Nicole Ethe (beide Universität Hamburg), die während ihrer studentischen Praktika am Krimi nologischen Forschungsinstitut Niedersachsen einen Teil der Beiträge engagiert auf verbliebene Fehler hin durchgesehen haben. Der entscheidende Dank geht jedoch an die Autorinnen und Autoren, deren Beiträge wir hier versanuneln durften. Hannover/Rothenburg, im Juni 2000

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