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Empathie im Film: Perspektiven der Ästhetischen Theorie, Phänomenologie und Analytischen Philosophie PDF

281 Pages·1.704 MB·German
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Malte Hagener, Íngrid Vendrell Ferran (Hg.) Empathie im Film Film Malte Hagener, Íngrid Vendrell Ferran (Hg.) Empathie im Film Perspektiven der Ästhetischen Theorie, Phänomenologie und Analytischen Philosophie BBiibblliiooggrraaffiisscchhee IInnffoorrmmaattiioonn ddeerr DDeeuuttsscchheenn NNaattiioonnaallbbiibblliiootthheekk Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deut- schen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. ©© 22001177 ttrraannssccrriipptt VVeerrllaagg,, BBiieelleeffeelldd Die Verwertung der Texte und Bilder ist ohne Zustimmung des Verlages ur- heberrechtswidrigundstrafbar.DasgiltauchfürVervielfältigungen,Überset- zungen,MikroverfilmungenundfürdieVerarbeitungmitelektronischenSys- temen. Umschlagkonzept: Kordula Röckenhaus, Bielefeld Printed in Germany Print-ISBN 978-3-8376-3258-3 PDF-ISBN 978-3-8394-3258-7 Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier mit chlorfrei gebleichtem Zellstoff. Besuchen Sie uns im Internet: http://www.transcript-verlag.de Bitte fordern Sie unser Gesamtverzeichnis und andere Broschüren an unter: [email protected] Inhalt Einleitung: Empathie im Film Malte Hagener & Íngrid Vendrell Ferran | 7 Empathie und (filmische) Fiktion Alex Neill | 31 Filmische Quellen empathischen Wissens Lisa Katharin Schmalzried | 59 Einfühlung und Spiegelung. Eine phänomenologische Interpretation zu SHIRIN (2008) Christian Ferencz-Flatz | 89 Von Angesicht zu Angesicht. Die Herstellung von Subjektivität in Delmer Daves’ DARK PASSAGE Vivian Sobchack | 109 Perspektive und empathische Resonanz: Vergegenwärtigung anderer Sichtweisen Susanne Schmetkamp | 133 Metaphorische Interaktion und empathische Verkörperung: Thesen zum filmischen Erfahrungsmodus Hermann Kappelhoff & Sarah Greifenstein | 167 Ästhetik der Einfühlung und der McGuffins oder: Figuren- und objektbasierte Lesarten des Filmästhetischen Christiane Voss | 195 Empathie und Verkörperung im Material – Überlegungen zur dokumentarischen Filmarbeit Judith Siegmund | 213 Empathie und existentielle Gefühle im Film Jens Eder | 237 Autorinnen und Autoren | 271 Filmverzeichnis | 275 Einleitung: Empathie im Film MALTE HAGENER & ÍNGRID VENDRELL FERRAN GENESE DES BUCHES Der vorliegende Band ist aus der fruchtbaren Zusammenarbeit zwischen Philo- sophie und Filmwissenschaft entstanden. Im Sommersemester 2013 haben wir gemeinsam an der Philipps-Universität Marburg ein interdisziplinäres Seminar über »Emotionsforschung und Film« abgehalten. Unser Ziel dabei war, ver- schiedene affektive und emotionale Antworten in Bezug auf Film zu untersu- chen. Gerade der Film ruft besonders heftige Reaktionen der Freude und Angst, des Ekels und Abscheus, der Lust und Anteilnahme hervor, so dass er als Objekt prädestiniert für derartige Untersuchungen schien. Dabei war uns wichtig, die unterschiedlichen theoretischen Strömungen zu berücksichtigen, welche die heu- tige Debatte geprägt haben. Im Auge hatten wir hauptsächlich die Beiträge zwei- er Denkrichtungen: des Kognitivismus und der ästhetischen Theorie. Unter Kog- nitivismus verstehen wir die verschiedenen Beiträge, die sich in den letzten Jahr- zehnten im Rahmen der analytischen Philosophie der Emotionen entwickelt ha- ben. Diese Autoren vertreten eine Konzeption der Gefühle, der zufolge diese auf kognitiven Phänomenen wie Überzeugungen, Annahmen oder Wahrnehmungen gründen, intentional auf Gegenstände gerichtet sind und eine welterschließende Funktion haben.1 Unter ästhetischer Theorie verstehen wir Positionen, die sich stark an der Phänomenologie und der so genannten Kontinentalphilosophie be- ziehungsweise an poststrukturalistische Positionen anlehnen.2 Diese Beiträge be- tonen weniger die kognitiven Grundlagen der Gefühle, sondern das leibliche Af- 1 Hauptvertreter dieser Richtung sind in Bezug auf den Film Murray Smith, Carl Plan- tinga, Ed Tan, Greg Currie, Noel Carroll, Berys Gaut und Torben Grodal. 2 Dabei haben wir folgende Autorinnen und Autoren im Auge: Vivian Sobchack, Her- mann Kappelhoff, Christiane Voss. 8 | MALTE HAGENER & ÍNGRID VENDRELL FERRAN fiziertseins. Auch wenn beide Denkrichtungen oft als Gegenpole in der Gefühls- forschung präsentiert werden, waren wir doch der Meinung, dass es sich um komplementäre Auffassungen des affektiven Lebens handelte und dass ein Dia- log zwischen beiden Traditionen für das Verstehen unserer Gefühlsreaktionen in Bezug auf Filme sehr produktiv sein könnte. Besondere Aufmerksamkeit erhielt im Seminar die Frage danach, inwiefern eine Einfühlung mit filmischen Figuren möglich oder sogar wünschenswert sei, wie der Prozess der Einfühlung genau abläuft und welche Momente narrativer oder ästhetischer Art die Einfühlung der Zuschauerinnen und Zuschauern auslö- sen. Dabei fiel auf, dass der Begriff der »Empathie« trotz seiner starken Präsenz in den derzeitigen Debatten über unsere Reaktionen auf Filme erklärungsbedürf- tig ist. Welche Art von Bezug bezeichnet der Terminus Empathie? Gibt es eine Taxonomie des empathischen Verhaltens? Empathisiert man nur mit realen Menschen oder ist auch Empathie mit fiktiven Figuren und anderen Elementen des filmischen Universums möglich? Welche Konsequenzen hat der empathi- sche Prozess mit Filmfiguren für das Verstehen fremder Psychen? Diesen Fra- gen, die in der heutigen Debatte noch offen sind, wollen wir in diesem Band nachgehen und damit eine Lücke in der heutigen Empathieforschung füllen, wel- che konkret die Möglichkeit des Empathisierens mit filmischen Alteritäten be- trifft. Der Band ist als ein doppelter Dialog zwischen Disziplinen und Denkströ- mungen konzipiert. Die Aufsätze des Sammelbandes berufen sich zum Teil auf die Tradition der analytischen Philosophie, die bislang eher kognitivistisch ori- entiert war, zum Teil auf aktuelle Entwicklungen in der ästhetischen Theorie, die stärker unter dem Einfluss der phänomenologischen Tradition steht. Der Sam- melband knüpft somit an Debatten an, die bislang in unterschiedlichen Denktra- ditionen verliefen, ohne wirklich in Dialog zu treten, und verfolgt das Ziel, beide in Verbindung zu setzen. Darüber hinaus wollten wir unser Interesse nicht nur auf Spielfilme beschränken (wie dies die Mehrheit der heutigen Beiträge über Empathie im Film macht), sondern auch auf nicht-fiktionale Filme ausdehnen, die bisher in der Diskussion über die Einfühlung wenig beachtet worden sind. FILM-EMPATHIE IN DER HEUTIGEN DEBATTE: EINE LANDKARTE In den letzten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts nahm das Interesse an dem The- ma »Empathie« in der Geistes- und Sozialwissenschaft stark zu. Philosophie, Soziologie, Psychologie und Anthropologie haben sich alle dem Phänomen EINLEITUNG: EMPATHIE IM FILM | 9 »Empathie« gewidmet, um das Verstehen von fremden Psychen zu erklären. Empathie wurde als epistemisches Werkzeug bzw. Methode verwendet, um den anderen zu verstehen.3 Parallel zu dieser Renaissance der Untersuchungen über das empathische Vermögen nahm das Interesse an den Möglichkeiten der Empa- thie mit filmischen Figuren stark zu. So lassen sich in der Filmwissenschaft und der Philosophie eine zunehmende Anzahl an Veröffentlichungen finden, welche die verschiedenen Formen der Auseinandersetzung mit Figuren zum Thema ha- ben. In dieser Sektion wollten wir eine Landkarte dieser Ansätze zur Film- Empathie skizzieren. Viele Beiträge aus einer kognitivistischen Richtung hatten als Ziel, den Be- griff der Identifikation zu kritisieren, der stark von der Psychoanalyse geprägt wurde, und den Begriff der Empathie neu zu definieren.4 Eine Ausnahme in die- sem Zusammenhang bieten die Analysen von Berys Gaut, der den Begriff der Identifikation in der analytischen Debatte neu einzuführen versucht, ohne dabei auf den Terminus Empathie zu verzichten. Man kann sich laut Gaut mit ver- schiedenen Aspekten einer Figur identifizieren. Zu diesen Aspekten gehören die Wahrnehmungen, Überzeugungen, Gefühle und Wünsche der Figur.5 Die Identi- fikation findet dann statt, wenn wir uns vorstellen, wie es für die Figur ist, einen bestimmten mentalen Zustand zu haben. Das Phänomen der Empathie allerdings soll von der Identifikation – besonders von der Identifikation mit den Gefühlen der Figur – unterschieden werden, denn Empathie verlangt nicht nur, dass wir uns vorstellen, wie es für die Figur ist, in einer bestimmten emotionalen Verfas- 3 Monika Dullstein hat dieses epistemische Verständnis der Empathie kritisiert. Denn der Andere wird bloß als Erkenntnisobjekt betrachtet. Ausgehend von Strawson unter- scheidet sie zwischen einer objektiven und eine teilnehmenden Haltung gegenüber anderen Personen. Vgl. Dullstein, Monika: »Einfühlung und Empathie«, in: Thiemo Breyer (Hg.), Grenzen der Empathie. Philosophische, psychologische und anthropolo- gische Perspektiven, München: Fink 2013, S. 93-108, hier S. 97. 4 Der Begriff »Identifikation« wurde von Wollheim kritisiert: Wollheim, Richard: The Thread of Life, Cambridge: Cambridge University Press 1984, S. 75. Eine konkrete Kritik für den Einsatz in Bezug auf Filme kann bei folgenden Autoren gefunden werden: Carroll, Noël: The Philosophy of Horror, New York/London: Routledge 1990, S. 96; Currie, Gregory: Image and Mind: Film, Philosophy, and Cognitive Sci- ence, Cambridge: Cambridge University Press 1995, S. 174 und Smith, Murray: En- gaging Characters: Fiction, Emotion, and the Cinema, Oxford: Clarendon Press 1995, S. 93. 5 Gaut, Berys: A Philosophy of Cinematic Art, Cambridge: Cambridge University Press 2010, S. 260.

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