Holger Schramm · Jörg Matthes Christian Schemer Hrsg. Emotions Meet Cognitions Zum Zusammenspiel von emotionalen und kognitiven Prozessen in der Medienrezeptions- und Medienwirkungsforschung Emotions Meet Cognitions Holger Schramm · Jörg Matthes · Christian Schemer (Hrsg.) Emotions Meet Cognitions Zum Zusammenspiel von emotionalen und kognitiven Prozessen in der Medienrezeptions- und Medienwirkungsforschung Werner Wirth gewidmet anlässlich seines 60. Geburtstags Hrsg. Holger Schramm Jörg Matthes Institut Mensch-Computer-Medien Institut für Publizistik- und Universität Würzburg Kommunikationswissenschaft Würzburg, Deutschland Universität Wien Wien, Österreich Christian Schemer Institut für Publizistik Universität Mainz Mainz, Deutschland ISBN 978-3-658-25962-4 ISBN 978-3-658-25963-1 (eBook) https://doi.org/10.1007/978-3-658-25963-1 Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen National- bibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Springer VS © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von allgemein beschreibenden Bezeichnungen, Marken, Unternehmensnamen etc. in diesem Werk bedeutet nicht, dass diese frei durch jedermann benutzt werden dürfen. Die Berechtigung zur Benutzung unterliegt, auch ohne gesonderten Hinweis hierzu, den Regeln des Markenrechts. Die Rechte des jeweiligen Zeicheninhabers sind zu beachten. Der Verlag, die Autoren und die Herausgeber gehen davon aus, dass die Angaben und Informa- tionen in diesem Werk zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt sind. Weder der Verlag, noch die Autoren oder die Herausgeber übernehmen, ausdrücklich oder implizit, Gewähr für den Inhalt des Werkes, etwaige Fehler oder Äußerungen. Der Verlag bleibt im Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutionsadressen neutral. Springer VS ist ein Imprint der eingetragenen Gesellschaft Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH und ist ein Teil von Springer Nature Die Anschrift der Gesellschaft ist: Abraham-Lincoln-Str. 46, 65189 Wiesbaden, Germany Vorwort und Widmung Neufahrn bei München – irgendwann im Jahr 2003 oder 2004: Eine Gruppe von hochmotivierten Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaft- lern sitzt nach einem anstrengenden EU-Projektmeeting abends gesellig beisam- men. Der Gastgeber, Werner Wirth, hat eingeladen und öffnet erstmal eine gute Flasche Wein. Die Gespräche werden gelöster, offener, ehrlicher. Einer aus der Runde fragt: „Und ihr – was treibt euch eigentlich richtig um? Wofür brennt ihr? Wofür wollt ihr mal irgendwann mit eurer Forschung stehen?“ Nach einer kurzen Besinnungspause gibt’s kein Halten mehr: Der Erste will mal eben mit seiner For- schung irgendwann die Welt retten, der Nächste mal mindestens die Friedenskom- munikation als Disziplin neu erfinden. Werner Wirth schweigt. Als es kein Ent- rinnen mehr gibt, schaut er zunächst ein wenig verlegen, dann Mut fassend und energisch in die Runde: „Liebe Leut, muss man immer gleich in diesen großen Dimensionen denken? Ich interessiere mich einfach nur für das wechselseitige Zu- sammenspiel von Kognitionen und Emotionen, insbesondere wenn es um Infor- mationsverarbeitung und Persuasion geht. Das ist spannend und lohnend genug!“ Er sollte recht behalten! Während die Medienwirkungsforschung zum Teil noch bis in die 90er Jahre hinein die „Black Box“ der Rezeption vernachlässigte, dachte Werner Wirth von Beginn an in komplexen Wechselwirkungen von kogni- tiven und emotionalen Prozessen in der Rezeptionsphase, die ihn befähigten, intra- und interindividuell unterschiedliche Medienwirkungen erklären zu können. Wer- ner Wirth wird am 12. Juni dieses Jahres 60 Jahre und hat wie kaum ein anderer genau diesen Bereich der Medienrezeptions- und Medienwirkungsforschung in den letzten drei Jahrzehnten geprägt. Seine Forschung zeichnet sich dadurch aus, dass sie nicht nur im besten Sinne theoriegeleitet, sondern in vielen Fällen – gerade wenn seiner Meinung nach die bestehenden Theorien keine ausreichende Erklä- rung bereitstellen – theoriebildend angelegt ist. Methoden sind für Werner Wirth nicht nur Mittel zum Zweck, sondern Instrumente, die es weiterzuentwickeln gilt. Nicht von ungefähr gründete Werner Wirth 1998 die Fachgruppe Methoden in der Deutschen Gesellschaft für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft und fungierte als ihr Sprecher in den ersten vier Jahren ihres Bestehens. Werner Wirth denkt selten in einfachen Zusammenhängen, weil das der Realität, die es zu erklä- ren gilt, meist nicht ausreichend gerecht werden würde. Akribie und Komplexität zeichnen die Forschungsdesigns Werner Wirths aus. Es ist herausfordernd, an- strengend und lohnenswert zugleich, mit Werner Wirth zusammen zu forschen. VI Vorwort Werner Wirth ist keiner, der einfache Lösungen sucht oder wenige Forschungsfel- der immer auf die gleiche Weise beackert, um persönlich so schnell wie möglich ans Ziel zu kommen. Seine fast einzigartige Fähigkeit, Komplexität und Leichtig- keit beim wissenschaftlichen Denken zu verbinden, ist ansteckend und motivie- rend. Mit Werner Wirth zu arbeiten heißt, sich nicht zufriedenzugeben, mehr zu wollen als das gerade Notwendige, manchmal auch den langen statt den kurzen Weg zu gehen – aber wie würde er sagen: „Im Extremfall machbar!“ Alle, die mit ihm zusammenarbeiten durften, können nicht nur das bestätigen, sondern auch: „Im Regelfall extrem fruchtbar!“ Die Beiträge dieses Bandes sollen diese fruchtbare Zusammenarbeit wider- spiegeln. Sie stehen stellvertretend für diejenigen Forschungsfelder, denen sich Werner Wirth in besonderer Weise angenommen hat bzw. die er mit besonderer Inbrunst „beackert“ hat. Christian Schemer, Katharina Sommer und Rinaldo Kühne wurden von Wer- ner Wirth am Institut für Kommunikationswissenschaft und Medienforschung (IKMZ) der Universität Zürich promoviert. Ihr Beitrag beschäftigt sich mit Emo- tionseinflüssen auf die Urteilsbildung und Verhalten, einem Thema, das Werner Wirth in vielen Forschungsprojekten und Publikationen umtrieb und immer noch umtreibt. Die Autorinnen und Autoren schlagen eine Systematisierung von Emo- tionseinflüssen bei der Meinungsbildung in sozialen Medien vor, die sowohl intra- individuelle Emotionsprozesse als auch Gruppenemotionen und kollektive Emo- tionen umfasst. Jörg Matthes wurde ebenfalls von Werner Wirth in Zürich promoviert, Bri- gitte Naderer ist Postdoktorandin bei Jörg Matthes in Wien. Sie greifen eine These von Werner Wirth zur Brauchbarkeit des Involvementkonzepts auf, die er in einem Überblicksartikel 2006 formuliert hatte. Vor dem Hintergrund der neueren For- schung zu Involvement in der Werbewirkungsforschung gelangen sie zum Fazit, dass das Involvementkonzept zwar nach wie vor populär sei, aber einen sehr be- grenzten wissenschaftlichen Nutzen habe. Holger Schramm ist ein langjähriger Weggefährte von Werner Wirth und war sein Oberassistent in den ersten sieben Jahren am IKMZ. In seinem Beitrag „Was ist eigentlich Unterhaltung?“ geht er auf die Rolle von kognitiven Verarbeitungs- prozessen für die Genese von Emotionen und Unterhaltungserleben ein – ein For- schungsbereich, den Werner Wirth und Holger Schramm in ihrer gemeinsamen Zeit in Zürich beherzt vorantrieben. Matthias Hofer war Doktorand und ist aktuell Oberassistent von Werner Wirth am IKMZ. Sein Beitrag beschäftigt sich mit Präsenzerleben (engl. „Presence“) als Folge kognitiver und emotionaler Verarbeitungsprozesse, einem Bereich, den Werner Wirth im Rahmen eines dreijährigen EU-Projekts intensiv beforschte (u.a. zusammen mit Peter Vorderer, Tilo Hartmann, Christoph Klimmt, Vorwort VII Holger Schramm, Niklas Ravaja oder auch Lutz Jäncke) und zu dem er im Nach- gang des EU-Projekts noch intensiv publizierte (u.a. zusammen mit Matthias Hofer). Patrick Weber hat ebenfalls als Doktorand in Wirths Team gearbeitet und dort mit einer Arbeit zur Nachrichtenwerttheorie promoviert. Sein Beitrag be- schreibt die Entwicklung und Validierung eines Infotainment-Index, der auf Selbstauskünften der Befragten über ihr Rezeptionserleben beruht. Der Beitrag setzt damit Impulse nicht nur für die Theoriearbeit, sondern auch für die Metho- denentwicklung, ganz im Sinne der Arbeiten von Werner Wirth. Heinz Bonfadelli ist langjähriger Weggefährte von Werner Wirth am IKMZ in Zürich und teilt mit ihm die Leidenschaft für die Wissenskluftforschung. In sei- nem Aufsatz arbeitet Heinz Bonfadelli den medienpsychologischen Beitrag von Werner Wirth zur Wissenskluftforschung deutlich heraus. Gleichzeitig diskutiert er die Relevanz von kognitiven und affektiven Prozessen, die für die Entstehung von Wissensklüften relevant sein können. Veronika Karnowski war Doktorandin von Werner Wirth und arbeitete mit ihm und Thilo von Pape vier Jahre lang zusammen an der LMU München in einem vom deutschen Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Dritt- mittelprojekt zu internetbasierten Technologien. Aus dieser Zusammenarbeit ent- stand u.a. das so genannte „Mobile-Phone-Appropriation-Modell“, dessen Trag- fähigkeit Veronika Karnowski in ihrem Beitrag vor dem Hintergrund der rasanten Entwicklung vom Mobiltelefon hin zum Metamedium Smartphone diskutiert. Jörg Matthes fragte Werner Wirth während seiner Zeit als Postdoc in Zürich, ob er sich als Sprecher der Fachgruppe Methoden bewerben solle, was Wirth mit einem leidenschaftlichen Plädoyer für das Engagement in Fachgruppen und ins- besondere für die Fachgruppe Methoden beantwortete. Herausgekommen ist nun ca. 10 Jahre später ein durchaus kritischer Beitrag zum Stellenwert der Methoden in der Kommunikationswissenschaft. Martin Wettstein schloss im Jahr 2015 seine Promotion zur Automatisierung der Inhaltsanalyse in der Kommunikationswissenschaft bei Werner Wirth ab und arbeitet derzeit als Oberassistent in Wirths Team. Sein Beitrag knüpft an die Ar- beiten von Wirth zur Psychologie des Codierens an und zeigt empirisch auf, dass ein Großteil der Codiererinnen und Codierer sich gut an die vorgegebenen Instruk- tionen hält. Gleichzeitig wird jedoch eine kleine Gruppe identifiziert, die eher un- erwünschtes Codierverhalten an den Tag legt. Helmut Scherer ist ein langjähriger Weggefährte von Werner Wirth. Er holte Werner Wirth für die entscheidenden Jahre vor der Berufung ans IJK Hannover und teilt mit ihm nicht nur die Leidenschaft für gesellschaftlich relevante Medien- wirkungsforschung, sondern auch für gute Weine. In seinem Beitrag „Trink Brü- VIII Vorwort derlein trink …“ diskutiert Helmut Scherer unterschiedliche Strategien zur Erfor- schung der Wirkung von Alkohol auf prosoziales Verhalten – das Ganze garniert mit einem Vorschlag für ein Feinschmecker-6-Gänge-Menü und Weinempfehlun- gen zu jedem Gang! Dominique Wirz und Anne Schulz, aktuell als Postdoktoranden in Fribourg und Oxford tätig, waren ebenfalls Doktorandinnen von Werner Wirth. Diskussio- nen über die Qualität von Wein waren am Lehr- und Forschungsbereich von Wer- ner Wirth ein häufiges wie umstrittenes Thema. Um diese Diskussion noch stärker empirisch zu unterfüttern untersuchten Dominique Wirz und Anne Schulz die Qualitätsurteile bei der Weinverkostung. Sie fokussieren dabei den Einfluss von Weinempfehlungen und Quellenglaubwürdigkeit bei der geschmacklichen Beur- teilung von Wein und integrieren dabei wiederum ein Leib- und Magenthema von Werner Wirth: das Zusammenspiel von kognitiven und affektiven Prozessen bei der Urteilsbildung. Ein Blick auf die vielfältigen Beiträge dieses Bandes verdeutlicht, dass die Arbeit von Werner Wirth ihre Spuren in zahlreichen Feldern der Kommunikationswis- senschaft hinterlassen hat: In der Rezeptions- und Wirkungsforschung, der politi- schen Kommunikations- und Persuasionsforschung sowie in der Werbe-, Unter- haltungs-, Online-, Aneignungs- und Methodenforschung. Sein großes Interesse am Zusammenspiel von kognitiven und emotionalen Prozessen durchzieht den Großteil seiner Arbeiten wie ein roter Faden. Wir danken allen Kolleginnen und Kollegen, Freundinnen und Freunden sowie Schülerinnen und Schülern, die sich an dieser Festschrift beteiligt haben und sich so effizient an unseren ambitionierten Zeitplan gehalten haben. Ein großer Dank gilt auch dem Verlag, der uns die not- wendigen Freiheitsgrade für diesen besonderen Zuschnitt des Bandes eingeräumt hat, sowie Ninon Lauber für die Endredaktion. Dem Jubilar wünschen wir eine informative, wissensgenerierende, meinungsbildende und gleichsam emotionale, unterhaltsame, involvierte Lektüre … und dazu einen guten Wein! Holger Schramm, Jörg Matthes und Christian Schemer Würzburg, Sydney und Mainz im Februar 2019 Inhaltsverzeichnis Christian Schemer, Rinaldo Kühne & Katharina Sommer Zum Einfluss von Gruppenemotionen und kollektiven Emotionen in sozialen Medien.............................................................................................. 1 Brigitte Naderer & Jörg Matthes Der Involvementbegriff in der Werbeforschung: Zum überfälligen Ende eines schwer greifbaren Konzeptes ................................................................... 21 Holger Schramm Was ist eigentlich Unterhaltung? Annäherung an die Sphinx der Medienrezeptions- und Medienwirkungsforschung. .................................... 35 Matthias Hofer „The feeling of being there“: Presence-Erleben als Folge kognitiver und emotionaler Verarbeitungsprozesse .................................................................. 53 Patrick Weber Infotainment als kognitiv-affektives Metaerleben: Ein Operationalisierungsvorschlag ................................................................... 63 Heinz Bonfadelli Die Wissenskluft-Perspektive: Zum Einfluss von Kognitionen und Emotionen ................................................................................................. 73 X Inhaltsverzeichnis Veronika Karnowski Die theoretische Modellierung der Nutzung mobiler Medien – vom Innovationscluster Mobiltelefon zum Metamedium Smartphone ....................... 83 Jörg Matthes Viel Luft nach oben. Eine kritische Reflexion zum Stellenwert der Methoden in der Kommunikationswissenschaft ................................................ 93 Martin Wettstein Motivation und Gelegenheit zur kognitiven Verarbeitung beim Codieren ....... 105 Helmut Scherer Trink Brüderlein trink, lass doch die Sorgen zu Haus. Diskussion unterschiedlicher Forschungsstrategien zur Wirkung von Alkohol auf prosoziales Verhalten. ................................................................. 117 Dominique Wirz & Anne Schulz Emotionale und kognitive Facetten des Weingenusses: Ein medienpsychologisches Experiment ......................................................... 129 Autorinnen und Autoren ................................................................................. 139