Stefan Miiller-Stach Jens Piontkowski Elementare und algebraische Zahlentheorie Aus dem Programm Algebra und Zahlentheorie ^ Algebra fur Einsteiger von Jorg Bewersdorff Algebra von Gisbert Wustholz Einfiihrung in die Zahlentheorie und Algebra von Jurgen Wolfart Elementare und algebraische Zahlentheorie von Stefan Muller-Stach und Jens Piontkowski Zahlentheorie fur Einsteiger von Andreas Bartholome, Josef Rung und Hans Kern Zahlen fur Einsteiger von Jurg Kramer Zahlentheorie von HeJmut Koch vieweg J Stefan Muller-Stach Jens Piontkowski Elementare und algebraische Zahlentheorie Ein moderner Zugang zu klassischen Themen 2., verbesserte Auflage 3 vieweg Bibliografische Information Der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet iiber <http://dnb.d-nb.de> abrufbar. Prof. Dr. Stefan Muller-Stach Priv.-Doz. Dr. Jens Piontkowski Universitat Mainz Institut fur Mathematik Staudingerweg 9 55099 Mainz E-Mail: [email protected] [email protected] 1. Auflage Dezember 2006 Alle Rechte vorbehalten © Friedr. Vieweg & Sohn Verlag | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2006 Lektorat: Ulrike Schmickler-Hirzebruch | Petra RuBkamp Der Vieweg Verlag ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media. www.vieweg.de Das Werk einschlieBlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich ge- schiitzt. lede Verwertung auBerhalb der engen Grenzen des Ur- heberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulassig und strafbar. Das gilt insbesondere fur Vervielfaltigungen, Uber- setzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verar- beitung in elektronischen Systemen. Umschlaggestaltung: Ulrike Weigel, www.CorporateDesignGroup.de Druck und buchbinderische Verarbeitung: MercedesDruck, Berlin Gedruckt auf saurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier. Printed in Germany ISBN 978-3-8348-0211-8 Fur unsere Eltern, Evija und Siggi Vorwort Der Ausgangspunkt dieses Buches war ein gemeinsam entwickeltes Vorlesungsskript der bei- den Autoren, das eine anschauliche Darstellung der Grundbegriffe der elementaren und al- gebraischen Zahlentheorie zum Ziel hatte. Dabei standen die theoretischen Aspekte zwar im Vordergrund, aber der Stoff sollte immer durch Beispiele und explizite Algorithmen konkre- tisiert werden. Der rote Faden dieses Buches ist die Losungstheorie diophantischer Gleichungen, d.h. die Suche nach ganzzahligen oder rationalen Losungen von Polynomgleichungen in mehreren Variablen. Dabei stehen die quadratischen Gleichungen im Mittelpunkt, um den Stoff ele- mentar zu halten. Das Buch fiihrt dazu in mehrere Techniken ein. In der Kongruenzrechnung versucht man, eine Gleichung zuerst modulo einer naturlichen Zahl n zu losen. Dabei bietet es sich an, fur n eine Primzahlpotenz pk zu wahlen, weil man die Losungen zu verschiedenen Primzahlpotenzen mit dem chinesischen Restsatz zusammensetzen kann. Der Grenziibergang von k nach unendlich fiihrt zu den /7-adischen Zahlen. An Hand der quadratischen Formen wird demonstriert, wie aus Losungen liber den /7-adischen Zahlen auf eine Losung liber den rationalen Zahlen geschlossen werden kann. Einige diophantische Gleichungen werden durch spezielle Techniken effektiver gelost, so helfen Kettenbruche bei der Losung der Pellschen Gleichung x2 - dy2 = 1 fur deK Eine andere Methode neben der Kongruenzrechnung besteht darin, solche Gleichungen zunachst nicht liber den ganzen Zahlen, sondern liber einem etwas groBeren Ring zu betrach- ten. Zum Beispiel faktorisiert die Pellsche Gleichung bereits liber dem Zahlring Z [y/d\ als (x + y/dy)(x — \[dy) — 1. Durch die Beobachtung, dass beide Faktoren Einheiten sind, wird aus der Suche nach Losungen eine Suche nach Einheiten in Z [y/d]. Welche Erweiterungs- ringe von Z fur solche Betrachtungen geeignet sind und welche Eigenschaften diese haben, wird in der algebraischen Zahlentheorie studiert. Der Schwerpunkt liegt darauf zu bestim- men, welche dieser algebraischen Erweiterungsringe faktoriell sind, bzw. ihre Abweichung davon mit Hilfe der Klassengruppe zu messen. Das vorliegende Buch kann auf verschiedene Weisen gelesen und zu Vorlesungen benutzt werden. Die Abschnitte § 1—§9 bilden die Grundlage der elementaren Zahlentheorie und soil- ten auf jeden Fall grlindlich bearbeitet werden. AnschlieBend kann auf drei verschiedene Wei sen fortgefahren werden, wenn man eine Auswahl treffen will: Eine Moglichkeit besteht dar in, direkt quadratische Formen bis zum Satz von Hasse-Minkowski zu behandeln (§ 13—§15). Andererseits kann man auch Kettenbruche (§10) erarbeiten und darauf aufbauend entweder mit Primzahltests und Faktorisierungsalgorithmen (§11-§12) oder mit den Grundbegriffen der algebraischen Zahlentheorie (§ 16—§ 19) fortfahren. Die Kombination § 1—§9 zusammen Vlll mit §10—§12 bietet sich fur eine einsemestrige Vorlesung (Modul) im Bachelor-Studiengang an; man kann den Rest des Buches dann fur einen Vertiefungsmodul im Rahmen des Master- Studienganges nutzen. Soil der Schwerpunkt schon friih auf die algebraische Zahlentheorie gelegt werden, so liest man §1—§10 mit § 16—§ 19, was aber nur mit einigen Vorkenntnissen in einem Semester behandelt werden kann. Im Anhang des Buches konnen Grundkenntnisse liber Gruppen, Ringe und Korper nachge- schlagen werden. Eine kurze Einfuhrung in das freie Computeralgebrasystem PARI/GP ladt zu zahlentheoretischen Experimenten ein. Ebenso befinden sich dort die Losungshinweise zu den Aufgaben. Wir bedanken uns bei Ralf Gerkmann, Jens Mandavid und Oliver Petras fur viele wertvol- le Hinweise zu vorlaufigen Fassungen des Textes und die tatkraftige Unterstutzung beim Ubungsbetrieb zu den beiden Vorlesungsreihen in 2004/2005 und 2005/2006. Allen unseren Studenten sind wir sehr dankbar fur die aktive Teilnahme an den vier Veranstaltungen und fur ihre zahlreichen Korrekturhinweise. Mainz STEFAN MULLER-STACH September 2006 JENS PIONTKOWSKI Inhaltsverzeichnis 1 Primzahlen 1 2 Teilbarkeitstheorie 5 3 Der ggT und der euklidische Algorithmus 13 4 Kongruenzrechnung 19 5 DieRingeZ/nZ 25 6 Endlich erzeugte abelsche Gruppen 33 7 Die Struktur der Einheitengruppen U 43 n 8 Quadratische Reste 51 9 Quadratsatze 61 10 Kettenbriiche 67 11 Primzahltests 83 12 Faktorisierungsalgorithmen 95 13 /7-adische Zahlen 105 14 Quadratrestklassen und Hilbert-Symbole 119 15 Der Satz von Hasse-Minkowski 135 16 Zahlkorper 143 17 Teilertheorie im Ring ganzer Zahlen 161 18 Die Idealklassengruppe 179 19 Die Klassenzahl quadratischer Zahlkorper 191 A Elementare Gruppentheorie 213 B Elementare Ringtheorie 217 C Elementare Korpertheorie 221 D Einfuhrung in PARI/GP 223 E Losungshinweise zu den Aufgaben 225 Literaturverzeichnis 237 Stichwortverzeichnis 239 1 Primzahlen Einer der Hauptgegenstande der Zahlentheorie sind die Primzahlen, die wir als die natiirli- chen Zahlen ungleich 1 definieren konnen, die nur durch 1 und sich selbst teilbar sind. Die wichtigsten Fragen liber Primzahlen sind: 1. Wie kann man feststellen, ob eine natiirliche Zahl p eine Primzahl ist? 2. Kann man auf einfache Weise eine sehr groBe Primzahl finden? 3. Wie viele Primzahlen gibt es? 4. Wie sind die Primzahlen in den natiirlichen Zahlen verteilt? Wir wollen in diesem ersten Abschnitt diese Fragen ansprechen — in spateren Abschnitten werden wir die Antworten dann noch weiter vertiefen. Falls eine natiirliche Zahl n keine Primzahl ist, also in ein Produkt n — ab mit a, b > 1 zerfallt, dann muss a oder b groBer gleich y/n sein. Diese Uberlegung fiihrt zu einem ersten Primzahl- test: Naiver Primzahltest Sei n G N gegeben. Teste, ob n durch eine der ganzen Zahlen zwischen 2 und \/n teilbar ist. Falls nein, ist n prim. Falls ja, ist n nicht prim. Wir werden sparer im Abschnitt 11 wesentlich schnellere Primzahltests kennenlernen. Um alle Primzahlen von 2 bis zu einer Zahl N G N zu finden, benutzt man das folgende Verfahren: Sieb des Eratosthenes 1. Schreibe alle Zahlen von 2 bis N auf. 2. Betrachte jede Zahl n zwischen 2 und N in aufsteigender Reihenfolge: Falls die Zahl nicht gestrichen ist, streiche alle Vielfachen der Zahl mit Ausnahme der Zahl selber. 3. Die verbleibenden nicht-gestrichenen Zahlen sind die Primzahlen.