Einführung in die physiologische Optik Von Prof. Dr. Armin von Tschermak-Seysenegg Vorstand der Lehrkanzel für Physiologie an der Außenstelle Regensburg der Medizinischen Fakultät der Münchner Universität Zweite, neubearbeitete und vermehrte Auflage Mit 1 1 1 Abbildungen im Text Springer-Verlag Wien GmbH 1947 ISBN 978-3-211-80036-2 ISBN 978-3-7091-7704-4 (eBook) DOI 10.1007/978-3-7091-7704-4 Alle Rechte, insbesondere das der Übersetzung in fremde Sprachen, vorbehalten. Copyright 1942 and 1947 by Springer-Verlag Wien 1947 Ursprünglich erschienen bei Springer-Verlag in Vienna 1947 Vorwort zur zweiten Auflage. Als mir im Jahre 1940 durch die Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft die ebenso ehrende als reizvolle Aufgabe gestellt wurde, diese Reihe von Einzeldar stellungen~') mit einem Beitrage zu eröffnen, war es mir von vornhinein klar, daß ich meine bescheidene Gabe nur jenem Forschungsgebiete entnehmen könnte, dem meine erste Liebe gehörte, und zu dem ich in bald fünf Dezennien fachwissenschaft lieber Arbeit immer wieder zurückgekehrt bin. Es ist der Zaubergarten der physio logischen Optik, in den ich so manchen lieben Schüler einführen konnte, und in den ich nun die größere Schar der Jünger der Augenheilkunde überhaupt ein , Lden möchte. Wir wollen dabei in kameradschaftlichem Verein nicht den her "-ömmlichen schulmäßigen Weg gehen. Vielmehr wollen wir nach eigenem Plan gerade das uns als Biologen und Ärzten besonders reizvoll und bedeutsam Er scheinende aufsuchen und zu einer einheitlichen Schau zusammenfassen. Dabei kann natürlich nur das Wesentliche geboten und selbst dieses oft nur andeutungs weise behandelt werden. Schon so wird sich der Inhalt unseres Bildes bald als so rEich erweisen, daß er immer wieder drohen könnte, den eng gezogenen Rahmen zu sprengen. Deshalb müssen wir uns auch - wenn ich es schulmeisterlich sagen darf - auf die Lehre der physiologischen Optik beschränken, auch von Literatur hinweisen ganz absehen. Dabei können wir allerdings die zur Gewinnung dieser Ergebnisse verwendete und zur Fortarbeit unerläßliche Methodik meist nur kurz streifen. Ihre zusammenfassende Würdigung würde eine gesonderte Darstellung erfordern, wie ich sie- allerdings in ausführlicher, handbuchmäßiger Form und mit reichen Literaturnachweisen, deren Wiederholung hier bald zu einem bloßen Aneinanderreihen von Einzelnamen führen würde (wie entschuldigend bemerkt sein möge) - für die physiologischen Untersuchungsverfahren des optischen Raumsinnes und der Augenbewegungen bereits, wenn auch leider nicht einzeln käuflich, anderwärts (bis 1929) gegeben habe. Hier gilt es mir vor allem, das Interesse weiterer augenärztlicher Kreise für die Schönheit der physiologischen Optik überhaupt zu gewinnen und sie zugleich zur praktischen Auswertung ein zuladen. Wenn mir dies auch nur einigermaßen gelingen sollte, wäre die auf diese Darsteilung verwendete ehrliche Arbeit, die allerdings auch vom Leser nicht wenig verlangt, keine "verlorene Liebesmüh" . ..;\IIerdings wird es auch manchen geben, der die kameradschaftlich, ohne jede Überheblichkeit dargebo tene Führerhand verschmäht und auf eigene Rechnung und Gefahr wandern will. Mag er es tun! Nur ist es ungerecht, wenn dann ein solcher so manches Erwartete, besonders an Untersuchungsmethodik, vermißt - so an der Nicht- *) Die erste Auflage erschien als 1. Band der Sammlung "Augenheilkunde der Gegenwart", J. F. Bergmann, München, und Springer-Verlag, Berlin und Wien 1942. IV Vorwort. . crwähnung de:-; Augen:-;piegel:-; Anstoß nimmt. In eine Einführung zur Lehre von Licht-Farben-Raumsinn, wie Kie hier ohne näheres Eingehen auf die Unter suchungsmittel geboten wird, und die eben kein oculistisches Kompendium darstellt, gehört dieser aber bei aller Bewunderung für das einzigartige Genie eines HELMHOLTZ einfach nicht hinein! Es wäre aber auch ein arges Mißver stehen, wollte man glauben, daß hier als "exakter Subjektivismus" psycho logische Dinge höher gewertet würden als die Naturwissenschaft, speziell die Physiologie. Als bester Gegenbeweis sei nur auf die rein physiologische Erklä rung des Kontrastes, ebenso auf die Einführung einer physiologischen inneren Hemmung an Stelle einer psychologischen Exklusion verwiesen. Das Büchlein bedeutet auch keineswegs einen bloßen Auszug aus früheren eigenen Schriften, wie etwa wohl ein oberflächlich Blätternder erwarten könnte, sondern ist ständig bemüht, nach Möglichkeit neue Wege zu weisen. Einen solchen mag schon der Hinweis auf die Neutrallichtprüfung, auf die Vierlichtereichung des Spektrums, auf die Wahrnehmung der Polarisation des Himmelslichtes, auf die optischen Wirkungen der Massenwerte, auf die überhaupt hier erstmalig behandelte sen sorische Fusion u. a. belehren! Ich aber hoffe damit vor allem unserer oph thalmologischen Wissenschaft zu dienen - getreu dem stolzen Mahnworte des großen, erst jetzt verstandenen Paracelsus ( 1552): Nicht einem anderen hänge sich an, Wer auf eigenen Füßen stehen kann (Alterius non sit, qui suus esse potest)! Diese Zuversicht glaube ich schon daraus schöpfen zu dürfen, daß mein Buch bereits nach etwas über einem Jahr vergriffen war und eine zweite Auflage nötig geworden ist. Bei deren Vorbereitung wurde nicht bloß der Text sorgfältig überprüft, sondern auch nach Möglichkeit die seither erschienene Literatur berücksichtigt, auch der Bestand an schematischen Abbildungen :rtoch verbessert und vermehrt. Straubing, im Sommer 1947. Armin von Tschermak-Seysenegg. Inhaltsverzeichnis. Erstes Kapitel. Das optische Bild. Seite l. Bedeutung und Formulierung der Bilderzeugung ...................... . 1 2. Die Abbildungsfehler des Auges ..................................... . 3. Physiologische Korrektur der Abbildtmgsfehler, Kontrastfunktion ....... . 7 4. Irradiationserscheintmgen ........................................... . 12 .'i. Das Problem der Sehschärfe ........................................ . 13 Zweites Kapitel. Einführung in die Lehre vom Lichtsinn; Photik und physiologische Optik. l. Die Begriffe: Spezifische Energie, ·weiß-Schwarz rmd Grau . . . . . . . . . . . . . 18 2. Sinnesbreite, Helligkeit und Leuchtdichte, Unterschiedsempfindlichkeit. . . 23 3. Farblose Adaptation, Hell- und Dunkelauge: Dämmerungs-, Xacht- und Blendungssehen .................................... : . . . . . . . . . . . . . . 29 4. Der Erregungsablauf im Sehorgan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 Drittes Kapitel. Einführung in die Lehre vom Farbensinn. l. Allgemeine Charakteristik der farbigen Empfindtmgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4tl 2. Verhältnis von \Yellenlänge, Stärke und Zusammensetzrmg der Lichtreize zu den Qualitäten der farbigen Empfindrmgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 3. Begriff tmd Verteilung der Valenzen farbiger Lichter. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 4. Lichtermischung tmd Gegenfarbigkeit bzw. Kompensation . . . . . . . . . . . . . . 57 5. Chromatische Adaptation und Ablauf der farbigen Erregung . . . . . . . . . . . . 62 Anhang: Farbiger Simultankontrast . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 6. Verschiedenheiten des Farbensinnes, Farbenblindheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 7. Theorien des Farbensinnes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 a) Grundforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 b) 1c"bersicht und Kritik der Theorien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 Viertes Kapitel. Einführung in die Lehre vom Raumsinn des Einzelauges. l. Allgemeine Vorbemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 2. Lehre von den Diskrepanzen tmd dem subjektiven Maßstab . . . . . . . . . . . . . . 90 3. Funktionelle Gliederung und Einteilrmg der Netzhaut . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 Fünftes Kapitel. Einführung in die Leht·e vom Raumsinn des Doppelauges. l. Einfach- tmd Doppeltsehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 2. Korrespondenz oder Sehrichtungsgemeinschaft der Netzhäute . . . . . . . . . . . . 99 3. Horopterproblem tmd Diskrepanzen des Doppelauges ................... 105 a) Geometrischer Horopter. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 b) Empirischer Horopter ...................... ; ...................... 106 VI Inhaltsverzeichnis. Seite c) Korrespondenzdiskrepanzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I 09 oo) Horopterabweichtmgen ......................................... 109 ß) Funktionelle Aniseikonie ....................................... llO y) Horopterasymmetrie ........................................... 112 4. Art des Zusammenwirkens der beiden Netzhäute . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 5. Stereoskopische Zusammenarbeit disparater Stellen beider Netzhäute .... ll7 a) Grundlagen der Stereoskopie ...................................... ll7 b) Sehrichtungsangleichung oder sensorische Fusion (Allelotropie) ........ ll9 c) Bedingungen der Stereoskopie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 d) Tiefensehschärfe . . . . . . . . . . • . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 e) Nichtstereoskopische, sekundäre, sogenannt empirische Faktoren der Tiefenlokalisation. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 6. Das räumliche Sehen Schielender ..................................... 128 7. Einflußnahme äußerer Kräfte tmd innerer Faktoren auf die optische Lokali- sation ........................................................... 134 8. Egozentrische Lokalisation ........................................... 140 9. Lokalisation bei bewegtem Blick und optische Wahrnehmtmg von Be wegungen (Kineoskopie) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 10. Allgemeine Lokalisationstheorien ...................................... 149 a) Fundamentalfordenmgen .......................................... 149 b) Übersicht der Lokalisationstheorien ................................ 150 Sechstes Kapitel. Einführung in die Physiologie der Augenbewegungen. l. Allgemeine Vorbemerkungen ......................................... 152 2. Bewegungsgesetze des Einzelauges .................................... 15i a) Das DONDERBsehe und das LISTINGsche Gesetz ..................... 157 b) Extrarolltmg und funktionelle Bedeutung der Sechszahl der Augen- muskeln. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 c) Habituelle Haltung tmd Bewegtmg des Auges ....................... 168 3. Bewegungsgesetze des Doppelauges . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 a) Willkürliche binokulare Bewegtmgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 b) Komplex des N ahesehens .. . .. .. .. . .. .. .. .. .. . .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. 17 3 c) Der Willkür entzogene binokulare Augenbewegtmgen (Anpasstmgs- und Fusionsbewegtmgen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 4 d) Kopf und Auge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 4. Kurze Übersicht der Verbindtmgen YOn Gehirn und Auge ............... 179 5. Biologische Begrü.ndtmg tmd Bedeutung der Augenbewegungen. . . . . . . . . . 183 Schlußwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 Namenverzeichnis ................................................... 186 Sachverzeichnis ..................................................... 189 Erstes Kapitel. Das optische Bild. 1. Bedeutung und Formulierung der Bilderzeugung. Das Auge vermag seine biologische Aufgabe nur dann zu erfüllen, wenn seine einzelnen nervösen Elemente in geordneter Weise durch verschieden gelegene äußere Lichtquellen beansprucht werden. Dieser Vorbedingung erscheint ent sprochen durch Erzeugung eines sogenannten Bildes, an dessen Produktion sich die gekrümmten Grenz- wie Schichtungsflächen der verschieden brechenden Medien beteiligen. Bilderzeugung bedeutet somit, physiologisch gesprochen, Reiz verteilung an die Mosaik oder Klaviatur der Netzhaut, ein geordnetes Anschlagen ihrer Tasten. Dabei ist der Sinn der Lagebeziehung zwischen Lichtpunkten im Außenraum und Reizstellen im Auge grundsätzlich gleichgültig. Gegensinnigkeit oder Um kehr des Bildes ist nur leichter und einfacher zu erreichen als die Erzeugung eines aufrechten oder besser doppelt umgekehrten Bildes. Keinesfalls bedarf es erst einer psychologisch erlernten Rückumkehr des inversen Netzhautbildes, da dieses selbst ja nicht direkt wahrgenommen wird, sondern nur einer bestimmten An schlagsform nervöser Tasten entspricht. Es muß nur das räumliche Reaktions vermögen auf der Netzhaut gegensinnig abgestuft sein, also die Verteilung der funktionellen Lokalzeichen-ein später (S. 90) näher zu erörternder Begriff unter den einzelnen Retinaleiernenten eine entsprechende oder harmonische sein. Zwischen der Lagebeziehung der einzelnen Objektpunkte, der Anordnung der Reizstellen im Auge und dem System der Funktionsverteilung in der Netzhaut muß weitgehende geometrische Ähnlichkeit bestehen. Durch geeignete Anordnung der brechenden Flächen wird im Normalfall eine Abbildung oder Reizverteilung von beträchtlicher Güte erreicht, wie sie angenähert ebenso durch eine einzige Brechungsfläche möglich wäre: so im Schema des reduzierten Auges nach LISTING mit 5,125 mm Radius und 20,075 mm hintere Brennweite. Eine einfache gesetzmäßige Beziehung zwischen Lichtorten und Bildpunkten läßt sich nur formulieren unter Voraussetzung geradliniger Fortpflanzung des Lichtes gemäß dem Strahlenschema sowie bestimmter einheitlicher Kardinal punkte eines sphärischen, axial zentrierten Systems. So arbeitet die üb liche Bildkonstruktion mit charakteristischen "Strahlen", welche die Ob jektpunkte, die Brenn- und Hauptpunkte bzw. Hauptebenen in charakteristi scher Konjugierung verbinden. Dabei verlaufen die nach dem vorderen Fokus zielenden "Strahlen" von dem Treffpunkt der ersten Hauptebene an achsen parallel, während die achsenparallelen Radianten nach Durchstoßen der zweiten Hauptebene dem hinteren Brennpunkt zustreben, endlich der auf den vorderen Knotenpunkt zielende Radiant nach kurzem Verlauf in der Achse den hinteren Tschermak-Seysenegg, Optik. 2. Auf!. 1 2 Das optische Bild. Knotenpunkt parallel zur Einfallsrichtung verläßtl (vgl. Abb. 12). Schon aus dieser Charakteristik wird es klar, daß es sich hier nicht um eigentliche Lichtwege, sondern um Leitstrahlen, d. h. geometrische Konstruktionslinien handelt, welche nur die Aufgabe haben, zu gegebenen Objektpunkten die zugehörigen oder kon jugierten Bildorte finden zu lassen. Dabei erscheint es fast überflüssig, daran zu erinnern, daß die Bemessung der Gegenstands- und der Bildweite zweckmäßi ger von den empirisch erlaßbaren Brennpunkten aus (x, x'), statt von den nur theoretisch angesetzten Hauptpunkten oder von einem "mittleren Hauptpunkt" oder Mittelpunkt einer symmetrisch bikonvexen Linse vorzunehmen ist (a, b). ! Letzteres entspricht der älteren Linsen- oder Hauptweitenformel! + = ~, ersteres der neueren Abbildungs- oder Brennweitenformel xx' = ff', worin 1 Eleganter ist die Darstelhmg in Form einer vom vorderen Brennpunkt aus gehenden Kugelwelle, welche bei Erreichen der vorderen Hauptebene sich zu einer achsensenkrechten Ebene abflacht und als solche weiterläuft - umgekehrt: einer bis zur hinteren Hauptebene laufenden Kugelwelle von unendlichem Radius, welche von hier ab zentrisch gegen den hinteren Brennpunkt schrumpft. Analoges gilt von dem Vergleich des Knotenpunktpaares mit einer planparallelen Platte (Ae. Pl. in Abb. 1 von der Dicke K1K2 = 0,4 mm), welche einen schief einfallenden "Strahl" parallel zu sich selbst verschiebt. Bei der Knotenpunktkonstruktion, welche natürlich bei stark schiefe Inzidenz nur eine grobe Annäherung an die Wirklichkeit abgibt - gar bei Ansetzen eines "mittleren Knotenpunktes" mit dem Schema ungebrochenen Durchlaufens der Leitstrahlen -, ist übrigens die Regression des wirksamen Perspektivitätszep.trums und damit die Reduktion der Bildgröße mit dem Neigungswinkel zu berücksichtigen. Allerdings ist diese Näherung gegen den Retinalpol hin bisher nicht in eine Formel zu fassen. Die chromatische Differenz der K~J;rdinalpunkte, speziell der Knotenpunkte (F'D -F'F = 0,2719mm, KD -KF = 0,0124mm für das schematische Auge-nach EINTHOVEN) bildet die Grundlage für die zweiäugige Farbenstereoskopie, bzw. für die stärkere Krümmung des Blauhoropters gegenüber dem Rothoropter (vgl. S. 107). a Das oben gegebene Schema entspricht allerdings insofern nicht den Verhältnissen der Bilderzeugung im menschlichen Auge, als hier das Bild auf dem Netzhautschirm aufgefangen wird, welcher beim Ernmetropan im hinteren Brennpunkt selbst steht. Auch dürfte das Objekt selbst bei maximaler Akkommodation nicht näher als auf etwa 10 cm (etwa entsprechend dem Vierfachen der Länge der Augenachse) an das Auge heranrücken! Endlich haben die beiden Hauptpunkte ebenso wie die Knoten punkte einen sehr geringen Abstand (0,4 mm) voneinander, wie die nachstehende Übersicht der Abstände vom Hornhautscheitel beim Fernsehen zeigt: Im schematischen Auge Im normalen Auge nach HELMHOLTZ nach LJSTING (I ältere Berechnung, TI neuere Berechnung) Nach GUTTSTRAND I in Millimetern I II Fl -12,833 -12,918 -13,745 -15,707 (bzw. vordere {-15,007) {-14,858) {-15,498) {-17,055) Brennweite = F1H1 = /) Fa 22,647 22,231 22,819 24,387 {bzw. hintere (20,075) {19,875) (20,713) (-22,785) Brennweite = HaFa = /') Hl 2,175 1,940 1,753 1,348 Ha 2,572 2,356 2,106 1,602 Kl 7,242 6,957 6,968 7,078 Kz 7,640 7,373 7,321 7,332 Bedeutung und Formulierung der Bilderzeugung. 3 x = a-I, x' = b-f' und I= f' bei Liegen von Objekt und Bild im gleichen Medium. Beim Auge befindet sich allerdings das Objekt und der vordere Fokus gewöhnlich in der Luft, der hintere Fokus und das mit ihm zusammenfallende Bild in der Netzhaut selbst (x' = 0), so daß die Gleichung lautet oo · 0 = I f' = 20 ·15 = 300 (für das reduzierte Auge; bzw. 295,3 bis 321,01 für das Auge nach den Berechnungen von HELMHOLTZ). Be sonders die Betrachtung (von MöBius) des vorderen Knotenpunktes als des Perspektivitätszentrums des Objektraumes und des hinteren Knotenpunktes als des Perspektivitätszentrums des Bildraumes sowie die Aufstellung eines mittleren I / / --- 1/ / / ....... / / / 0 B a) Abb. 1. Schema der Abbildung. a) .\llgemeiner Fall (nach GAuss), b) Lage der dioptrischen Kardinalpunkte im menschlichen -Auge. Knotenpunktes (nach LISTING 7,44, nach HELMHOLTZ 7,165 bis 7,144 mm-retro corneal) als der Durchstoßstelle ungebrochener Lichtstrahlen oder Richtungs linien hat in der elementaren ophthalmologischen Optik großen Anklang ge funden. Der Vorzug hoher Anschaulichkeit ist dieser Konstruktion trotz da gegen geäußerter Bedenken (GULLSTRAND) nicht abzustreiten.1 Solche einfache Formulierungen sind aber-auch unter den oben bezeichneten Voraussetzungen - nur so lange zulässig, als der Öffnungshalbwinkel des foko- 1 Auf Grund des obigen Schemas erscheinen folgende Werte für Gesichtswinkel und Bildgröße bzw. Netzhautfläche berechnet: Gesichtswinkel Bildgröße neuerer Wert in G ULLSTRANDS älterer Wert (abgerundet) I schematischem Auge lmm 229' 216, 7' (200') 206' 11' 13, 74" 13" ( 12") 12,37" Gesichts· Bildgröße winke! 1' 4,37 I' 4,6 (5) 11- 4,85 J1- 1" 0,0731' 0,077 (0,08) J1- 0,081p, 1*