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Einführung in die Koordinationschemie PDF

181 Pages·1968·11.551 MB·German
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Walter Schneider Einfiihrung in die Koordinations- chemie Mit 58 Abbildungen Springer-Verlag Berlin· Heidelberg. New York 1968 Professor Dr. WALTER SCHNEIDER, Laboratorium fUr anorganische Chemie der Eidgenossischen Technischen Hochschule, CH - 8006 ZUrich, UniversitatsstraBe 6 ISBN-13:978-3-642-92970-0 e-ISBN-13:978-3-642-92969-4 DOl: 10-1007/978-3-642-92969-4 Alie Rechte vorbehalten. Kein Ten dieses Buches dare ohne schriftliche Genehmigung des Sprlnger Verlages iibersetzt oder in irgendeiner Form vervielfaltigt werden. © by Springer-Verlag Berlin • Heidelberg 1968. Library of Congress Catalog Card Number 68-20503. Softoover reprint of the hardoover 1st edition 1968 Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen. Handelsnamen. Warenbeze!chnnngen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme. daB solche Namen 1m Slnne der Warenzeichen-und Markenscbutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wiren und daher von jeder mann bentzt werden diirften. Titel-Nr. 1485 Vorwort Die eingehende Behandlung der Metallverbindungen schlieBt im Boch schulunterricht allgemein an Grundvorlesungen in anorganischer, orga nischer und physikalischer Chemie an. Es liegt nicht in ihrem Rahmen, einen giiltigen Eindruck von der Vielfalt der Chemie der Metalle zu ver mitteln. Die enorme Entwicklung dieser Chemie in den letzten zwanzig Jahren, welche oft als Renaissance der anorganischen Chemie bezeichnet wird, macht es zunehmend schwierig, einen Dberblick zu wahren. 1m fortgeriickteren Unterricht nimmt die Pflege der Quantenchemie und der verschiedenen spektroskopischen Disziplinen einen steigenden Umfang an. So wird es auch fiir den Studierenden zur wachsenden Berausforde rung, sich eine ausgewogene Basis an chemischem Wissen zu erarbeiten und dann auch zu behalten. Dieses Buch ist seinen Voraussetzungen nach an die Schwelle zwischenGrundausbildungundspezialisierterem Unterricht zu setzen. Es war die Absicht des Autors, ein beschranktes, aber signifi kantes Tatsachenmaterial einzufangen, einen adaquaten Dberblick iiber die Koordinationschemie zu vermitteln, und grundlegende Gesichts punkte und Fragestellungen hervortreten zu lassen. Es ging keineswegs darum, ein Sediment von kategorisch-abschlieBenden Folgerungen zu prasentieren. 1m Vorwort zu seiner ausgezeichneten Monographie "Inorganic Com plexes" unterstreicht C.K. J0RGENSEN IDit Recht, daB der heutige Che miker "ohne einiges Verstandnis von Spektroskopie und Quantenchemie in Gefahr ist, am wirklich interessanten Teil neuerer Entwicklungen vor beizugehen". Andererseits ist es auch wahr, daB die echte Wiirdigung der Aufgaben und Leistungen quantenchemischer Modelle fest an die Kennt nis chemischer Tatsachen gebunden ist. Dem Leser diirften bei der Lektiire dieses Buches keine Zweifel an der Bedeutung quantenchemischer Modelle aufkommen. GemaB den angetonten Voraussetzungen soIl er aber nicht fiir alliallig mangelnde Grundlagen gebiiBt oder mit wenig niitzlichen Schlagworten abgefertigt werden. Zu den Privilegien einer Einfiihrung, welche ala Briicke dienen soIl, ge horen vielerlei Einschrankungen, von denen nur zwei weitere hervor gehoben seien. Es ist heute allgemein bekannt, daB koordinationschemi sche Phanomene wichtige technische Anwendungen erfahren, und nicht minder aktuell sind katalytische Wirkungen von Metallkomplexen in der Biosphii.re. Verbindungen, welchen aus solchen Griinden brennendes In teresse entgegengebracht wird, sind hier nicht einbezogen worden. Das Verstandnis solcher Systeme und ihrer Wirkungen setzt das Verstandnis VI Vorwort einfacherer Systeme voraus. Die V orarbeit liegt im Bereich der hier besprochenen Phanomene. Das Manuskript ist weitgehend im Rahmen eines Gastaufenthaltes am Dlinois Institute of Technology abgefaBt worden. Den Herren Professoren A. E. MARTELL, R. FILLER und K. NAKAMOTO bin ich fiir ihre Gastfreund schaft und Unterstiitzung in Dank verbunden. Besonderen Dank schulde ich auch den Herren Professoren G. SCHW. litZENBACH, H. H.litTMANN und Dr. C. K. J 0RGENSEN fiir alle Bereicherung, welche ich durch ihre Arbeiten erhielt. Herrn H. H.litDMEIER danke ich fiir die Hilfe bei der Anfertigung der Figuren. ZUrich, im Marz 1968 w. SCHNEIDER Inhalt Kapitel 1. Einleitung: Koordination - Ein Gilsichtspunkt 1 Literatur . 7 Kapitel 2. Metallatome und Metallionen 8 A-Kationen . 14 B-Kationen . 15 ti-Kationen . 16 SE-Ionen . 23 Ionisierungsenergie und Atomisierungsenthalpie 24 Koordinationsgeometrie 26 Literatur . 29 Kapitel 3. Ligandatome und Liganden • 30 Kapitel 4. Metallaquoionen . 35 Literatur . 45 Kapitel 5. Ligandersatz in witBriger LOsung: Gleichgewichte 46 Messende Komplexchemie. 49 Gleichgewichtsbedingungen . 50 SWchiometrische Beziehungen • 50 Anwendung einer pL-Methode: Amminkomplexe 53 Chelatkomplexe . 58 Literatur • 69 Kapitel 6. Regelmii./3igkeiten und charakteristische Ziige in der Koordina- tioDStendenz metallischer Zentren 70 Typisches Verhalten von A-Kationen . 71 Typisches Verhalten von B-Kationen. 73 Empirische Kategorien und Klassifizierung von Koordinations- partnern .................. 75 Das Verhalten ausgewiihlter tibergangskationen . 77 Qualitative Betrachtungen zur Metall-Ligand Wechselwirkung 81 Literatur • 84 Kapitel 7. Robuste Komplexe und prii.parative Komplexchemie . 85 Aus der Chemie von Cr, Mo, W 86 Aus der Chemie von Co, Rh, Ir 92 Isomerie 96 Bindungsisomerie 96 Stereoisomerie • 97 Literatur • 97 Kapitel 8. Typus und Verlauf von Reaktionen 98 Ligandsubstitution an oktaedrischen Komplexen 101 Ligandsubstitntion an quadratisch planaren Komplexen 106 Der Trans-Effekt an quadratisch planaren Pt(I1)-Komplexen 108 Priiparative Chemie von Pt(I1) und Pt(IV) 109 Redoxreaktionen 110 Literatur • 113 VIII Inhalt Kapitel 9. .Anorganische Chromophore . . . . . . . . . 113 Literatur ............... . 124 Kapitell0. Ligandatome mit niedriger Elektronegativitat . 125 Hydride und Hydridokomplexe 125 OH; als Ligand . . . . . . . 127 Cyclopentadienylverbindungen 131 Dibenzolkomplexe . . . . . 134 Oarbonylmetallverbindungen . 136 Phosphinliganden . . . . . . 142 Ligandspharen mit verschiedenen Liganden . 144 Hydrid in der Ligandsphare. . . . . . . . 147 Literatur ............... . 150 Kapitel11. .Angehaufte Metallatome als Koordinationszentren 151 Literatur .............. . 156 Kapitel12. Bindungstheoretische Erganzungen. . . . . . . 156 .Angeregte Zustande isolierter Metallionen. . . 156 Komplexe von th -Zentren mit geringer Wechselwirkung zwi- schen den Ligandatomen . . . . . . . . . . 159 Einelektronenschemata im Ligandenfeldmodell. 167 Literatur 170 Sachverzeichnis. . . . . . 171 Kurzzeichen von Liganden . 174 Kapitell Einleitung: Koordination - ein Gesichtspunkt Die Koordinationschemie im heutigen Sinne ist historisch gesehen einer vale~chemischen Revolution entsprungen. 1m Jahre 1893 veroffent lichte ALFRED WERNER eine Arbeit unter dem Titel "Beitrag zur Kon stitution anorganischer Verbindungen". Er ordnete darin ein damals wohlbekanntes Tatsachenmaterial nach neuen Gesichtspunkten und setzte damit zum Beweis an, daB "die aus den Konstitutionsverhaltnissen der KohlenstoiIverbindungen entwickelten Valenzvorstellungen kein geniigendes Bild vom Molekiilbau der anorganischen Verbindungen ab zuleiten gestatten". In diesem Zitat wird auf die unitarische Valenzlehre des 19. Jahrhunderts angespielt, wie sie von FRA.:NKL.AND, COUl'ER und KEKULE gepragt worden ist. Ihr zentrales Prinzip war die Valenz als charakteristische atomare Eigenschaft im Sinne einer merten Anzahl von Haftstellen. Bei der Verkniipfung von Atomen zu Verbindungen sollten nach der unitarischen Valenzlehre die Valenzen abgesattigt wer den, also gleichsam Haftstellen miteinander kombinieren. Tatsachlich erlaubte die Zuordnung der Wertigkeit 4 zu Kohlenstoff, 1 zu Wasser stoff, 2 zu Sauerstoff, 1 zu Chlor die Ordnung eines groBen Tatsachen materials sowie die Vorhersage vieler Verbindungen innerhalb der er wahnten Elemente. Mit den Vorstellungen VAN'T HOFFs wurden sohlieB lich Strukturformeln in den dreidimensionalen Raum geriiokt. Hatte vorerst die Wertigkeit alB fixierte Zahl zur Debatte gestanden, so wurde im weiteren auch die Frage der raumlichen Fixierung von Bin dungsrichtungen aktuell. An diesem Punkt griff auch WERNER 1891 mit seiner Habilitationssohrift "Beitrage zur Theorie der Affinitat und Valenz" in die Diskussion ein. In dieser geht er unter anderem der un orthodoxen Ansohauung nach, die ohemische Affinitat sei eine "vom Zentrum des Atoms gleichmaBig nach allen Teilen einer Kugeloberflache wirkende, anziehende Kraft". Die unitarische Valenzlehre hatte auch Metallen in binaren Verbin dungen wie NaCI, CaCI2, OOls, PtCl4 Wertigkeiten zugeordnet, welche sich natiirlich sofort aus der Wertigkeit eins von Chlor ergaben. Wurde nun die Existenz dieser Chloride alB Absiittigung von Valenzen seitens der Partner verstanden, so muBte es sohwer zu deuten Bern, daB etwa CrCls und PtC4 in besonders ausgepragter Weise mit anderen abge- 1 Schneider, Koordlnatlonschemle 2 Einleitung: Koordination - ein Gesichtspunkt sattigten Systemen wie NH3 oder KCl neue, definierte Verbindungen liefern konnen: + CrCla 6 NHa -+ CrCla • 6 NHs + PtCl4 2 KCl -+ PtC4' 2 KCI (1.1) + PtC4 nNHa -+ PtC4· nNHa, n = 2, 3,4,5,6. Eine ausgedebnte Refue meisterhafter praparativer Arbeiten iiber solche komplexe Verbindungen hatte vor allem S. M. J0RGENSEN langst durch gefiihrt, als WERNER es 1893 wagte, sozusagen obne Legitimation durch fleiBiges Experimentieren die geistige Verarbeitung des "fremden" Tat sachenmaterials zu bewaltigen. Dieses umfaBt in der ersten zitierten Ab handlung unter anderem folgende Gruppen von Verbindungen: [M(NHs) ..C l6-..] Cl. . -3; M=Co,Rh,Ir n =3,4,5,6 Aa[M(CN)6]; M = Cr, lin, Fe, Co, Rh, Ir Aa[MCl6]; M = Cr, Fe, Rh, Ir (1.2 a) Aa[M(NOz)6]; M=Co,Rh A+: einfach positiver ionogener Rest [Co(HZO)6]Clz : als Beispiel fUr Dutzende von sog. Hydraten von Met&llsalzen mit stochiometrischem Wassergehalt. n =2,3,4 (1.2b) Wir verzichten auf die Erliiuterung iilterer Formulierungen, mit denen sich WERNER auseinanderzusetzen hatte. Die fum zuganglichen experimen tellen Tatsachen umfaBten nebst der Darstellungsmethode (i) die Zusammensetzung der Verbindungen, (ii) Beobachtungen iiber Farbe und Kristallform, (iii) Befunde betreffend die Fallbarkeit von Bestandteilen wie Chlor als AgCl, sowie iiber Elektrolytcharakter und Losungsverhalten. Die revolutionierende Erleuchtung, welche in den Formulierungen (2) bereits beriicksichtigt ist, ist in direkter Beziehung zum Zitat auf S. 1 zu sehen: die adaquate Sicht setzt im dreidimensionalen Raum an, die Zahl und Art der nachsten Nachbarn von M und we Anordnung muG die zentrale Stellung in der Argumentation erhalten. Mit dem Griff in den Raum und dem Konzept der Koordinationszahl (= Anzahl der einem zentralen Atom in chemischer Bindung zugeordneten Nachbarn) iiber springt WERNER die verheerende Hiirde der unitarischen Valenzlehre. FUr die ersten fiinfVerbindungsgruppen ordnen sich die Tatsachen liicken los ein, wenn folgende Postulate beriicksichtigt werden: Koordinationszentrum: M Koordinationszahl: 6 Anordnung der Nachbarn (= Liganden): oktaedrlsch Das Gebilde aus Zentrum M und sogenannter erster Koordinationssphare (Komplex) umfaBt aber in den Beispielen (2a) nur jenen Teil der Formel- Einleitung: Koordination - ein Gesichtspunkt 3 einheit, welcher in eckige Klammern gesetzt worden ist. Die Stochio metrie wird erst vollstandig wiedergegeben, wenn eine zweite, formale OrdnungsgroBe nebst der Koordinationszahl eingefiihrt wird, welche zum. Beispiel der Tatsache Rechnung tragt, daB in den koordinativen Anderungen (3) + CrCls 6 NHs -+ Cr(NHa)6Cla + (1.3) PtC14 6 NHs -+ Pt(NHa)6Cl4 das Verhitltnis von Metall zu Chlor erhalten bleibt. Nach der Arrhenius schen Theorie der elektrolytischen Dissoziation (Ende 19. Jahrhundert) war die Stochiometrie salzartiger Verbindungen wie KCI, KCN, KNOz konsequenterweise mit den Ladungen von in Losung existierenden Ionen K+, Cl-,CN-, NO"2 anzugeben. Die formale Zuordnung derselben Ladungen fiir die Liganden in den Komplexen (2) fiihrt konsequent auch zu einer dem Metall zuzuordnenden Ladungszahl. Diese Ladungszahl bleibt in den Reaktionen (3) erhalten und wird damit zu einer niitzlichen OrdnungsgroBe, welche wir heute stochiometrische Wertigkeit oder Oxyda tionszahl nennen. WERNER hatte ihr den Namen primare Valenz gege ben, eine kleine Reminiszenz an vorangegangene historische Entwick lungen. Charakteristische Tatsachen, welche WERNERs Konzepte induzierten, bestatigten und zur Priifung auf Allgemeingiiltigkeit herausforderten, seien im folgenden skizziert: [Co(NHa)6]Cla [Co(NHa)sCI]Cl2 [Co(NHa)4CI2]CI. (1. J) (1. II) (1. III) Silberion fallt in waBrigen Losungen der drei Kobalt(III)-verbindungen (I, II, III) in rascher Reaktion drei, zwei und ein AgCI pro Formeleinheit. Mit anderen Worten, nur drei, zwei und ein Chlor haben die Fahigkeit behalten, in Losung die Reaktion des bekannten Chloridions zu zeigen; diese Funktion von Chlor auBerhalb der ersten Sphare driickte WERNER mit dem Adjektiv ionogen aus. In (11)_ ist ein Chloratom koordiniert und somit nicht ionogen, wahrend in (III) zwei koordinierte Chlor vorliegen, von denen eines nach kurzer Zeit bei Raumtemperatur die erste Koordi nationssphare verlaBt und ionogen wird, eine Beobachtung, welche weder J0RGENSEN noch WERNER entgangen war. In verschiedener Funktion liegt Chlor auch in den Iridium(III)verbindungen (IV, V, VI) vor, denn [Ir(NHa)sCI]Cl2 [Ir(NHa)4Cl2]Cl [Ir(NHa)aCls] (1.1V) (1.V) (1. VI) konzentrierte Schwefelsaure setzt aus denselben zwei, ein und kein Mol HCI frei. Die Einheit Koordinationszentrum und Ligandhiille wird ganz speziell auch in sogenannten Salzreihen hervorgehoben, welche sich her stellen lassen, wenn ionogene Partner gegeneinander ausgetauscht wer den; so litBt sich etwa die Salzreihe (4) gewinnen. [CO(NHa)6]XS; X-= F-, Cl-, Br, J-, NOs, ClO4", (1.4) t t C2042-, 8042- • 1*

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