Einführung in die Festigkeitslehre für Studierende des Bauwesens Von Fritz Chmelka Ernst Melan und Dr. phll. Dr. temD. Dlpl• • In(. Dr. temD. Privatdozent an der o. Professor an der Temnl.men Homsmule In Wien Temol.meo Hodl.mule In Wien D r i t t e, verbesserte Auflage Mit 216 Textabbildungen Springer-Verlag Wien GmbH ISBN 978-3-7091-3579-2 ISBN 978-3-7091-3578-5 (eBook) DOI 10.1007/978-3-7091-3578-5 Alle Rechte, insbesondere das der übersetzung in fremde Sprachen, vorbehalten. Copyright 1946, 1947 and 1948 by Springer-Verlag Wien Ursprünglich erschienen bei Springer-Verlag in Vienna 1948 Vorwort zur erslen Auflage. Die vorliegende Einführung in die Festigkeitslehre schließt an die von den beiden Verfassern herausgegebene Einführung in die Statik an; wie diese verdankt auch sie ihre Entstehung in der Hauptsache meinem Mitarbeiter Dr. CHJlELKA, der es unternommen hat, meine und in meiner Vertretung von ihm an der Fakultät für Architektur der Technischen Hochschule in Wien gehaltenen Vorlesungen in eine zum Selbststudium für den Anfänger geeignete Form zu bringen. Die An forderungen, welche an eine Vorlesung gestellt werden, sind stets etwas andere als die, welche ein Buch zu erfüllen hat. Zeitliche Beschränkung hat es zur Folge, daß in der Vorlesung manches ausfallen muß oder weniger eingehend gebracht werden kann als es wünschenswert erscheint. Dr. CHMELKA stand daher bei der Abfassung des Buches vor der Aufgabe, den Stoff der Vorlesungen stellenweise beträchtlich zu erweitern, um das Bild abzurunden, das der Leser von der technischen Festigkeits lehre erhalten soll. Dem Charakter des Buches als Einführung in den Gegenstand entsprechend, waren natürlich auch hierbei gewisse Be schränkungen geboten. Jedoch geben ein Literaturverzeichnis und Anmerkungen im Text dem Leser Hinweise zur Erweiterung seiner Kenntnisse. Die Darstellung ist in erster Linie Anwendungen im Bauwesen, jedoch mit Ausschluß der Stahlbetonbauweise, angepaßt. Diese wurde, da sie ein weitgehend in sich abgeschlossenes Wissensgebiet darstellt, nicht mit einbezogen. Den Anwendungsbeispielen liegen die derzeit in Österreich und in Deutschland noch unverändert in Geltung befind lichen Dinormen zugrunde. Ich freue mich, daß mein Mitarbeiter nunmehr der Statik die ver sprochene Einführung in die Festigkeitslehre folgen ließ, und hoffe, daß sie die gleiche freundliche Aufnahme wie die Statik findet. Wien, im März 1946. ERNST MELAN. Genau wie die im selben Verlag erschienene Einführung in die Statik soll auch dieses Buch eine Einführung in die Festigkeitslehre sein. Es wendet sich daher vor allem an Leser, die mit dem Gegenstand zum ersten Mal in Berührung kommen. Dementsprechend sind auch die mathematischen Kenntnisse, die beim Leser vorausgesetzt werden, etwa die, welche in den Realschulen oder Gymnasien vermittelt werden, mit Einschluß der Kenntnis der einfachsten Grundregeln der Differential und der Integralrechnung. Nur an ganz wenigen Stellen wurde etwas über dieses Niveau hinausgegangen; diese können jedoch allenfalls vom Leser ohne Nachteil für das Verständnis des folgenden überschlagen IV Vorwort. werden. Weiters ist selbstverständlich vorausgesetzt, daß der Leser mit den Grundlagen der Statik, etwa im Umfang des eingangs erwähnten Buches, vertraut ist. In der Statik war die Einhaltung einer möglichst elementaren Dar stellungsweise noch verhältnismäßig einfach durchzuführen. Die Festig keitslehre ist nun einmal ein etwas schwieriges Gebiet, und es war manch mal nicht leicht, bei logischer Strenge, auf die stets großer Wert gelegt wurde, doch auch dem Anfänger verständlich zu bleiben. Aus diesem Grunde wurde stellenweise von dem Ideal einer wissenschaftlichen Darstellung abgegangen, die den allgemeinen Fall zuerst behandelt und aus ihm durch vereinfachende Annahmen zum besonderen Fall gelangt. Besonders dann, wenn der spezielle Fall in der Praxis der weit aus häufigere ist, wurde, um den Leser nicht mit unnötigem Ballast zu beschweren, dieser zuerst behandelt und erst hernach der seltener auftretende allgemeine Fall besprochen (z. B. bei gerader und schiefer Biegung). Dem Vorteil leichterer Verständlichkeit beim Übergang vom Einfacheren zum Schwierigen steht natürlich der Nachteil gewisser Wiederholungen gegenüber; sie dürften jedoch nicht allzusehr ins Gewicht fallen, da sie die Einprägung ins Gedächtnis erleichtern. Die Erfahrung im Umgang mit den Studierenden zeigt, daß zur Erreichung eines wirklichen Verständnisses und einer richtigen An wendung der Theorie die Vorführung von möglichst vielen praktischen Beispielen unerläßlich ist. Es sei jedoch betont, daß es nicht als Ziel dieses Buches betrachtet wurde, eine vollständige Darstellung aller in der technischen Praxis vorkommenden Anwendungen zu geben. Dies ist vielmehr Aufgabe der Baukonstruktionslehre. Ich möchte an dieser Stelle allen jenen danken, die mir bei der Ver fassung des Buches geholfen haben. Insbesondere sei dem Verlag gedankt, der auch in dieser schweren Zeit keine Mühe scheute, um das Buch heraus zubringen. Wien, im März 1946. FRITZ CHMELKA. Vorwort zur dritten Auflage. Obwohl der Österreichische Normenausschuß sehr fleißig am Werk ist, sind die Beratungen über diejenigen Normblätter, die den Stoff des vorliegenden Buches betreffen, noch immer nicht abgeschlossen, und es konnten daher allfällige Änderungen gegenübfr den Dinormen noch nicht aufgenommen werden. Die dritte Auflage weist daher gegenüber der zweiten lediglich einige Verbesserungen auf. Wie n, im März 1948. ERNST MELAN. FRITZ CHMELKA. Inhal tsverzeichnis. I. Grundlagen der Festigkeitslehre. Seite I. Einleitung ........................................................ . I 2. Arten der Beanspruchung .......................................... . 2 3. Spannung und Spannungszustand. Der einachsige Spannungszustand .. . 3 4. Der ebene Spannungszustand ...................................... . 8 5. Der Mohrsehe Spannungskreis ...................................... . 16 6. Der räumliche Spannungszustand ................................... . 20 7. Spannung und Verformung. Das Hookesche Gesetz .................. . 24 8. Das verallgemeinerte Hookesche Gesetz ............................. . 29 9. Das überlagerungsgesetz ........................................... . 31 10. Zusammenhang zwischen E, G und p, .••••.••••••••••••.•••.••.••.••• 33 II. Die Raumdehnung ................................................ . 35 12. Der Zug- und der Druckversuch bei Stahl .......................... . 37 13. Der Zug-und der Druckversuch bei Holz, Gußeisen, natürlichen und künst- lichen Steinen .................................................... . 43 14. Zeit- und Dauerfestigkeit ......•.................................... 45 15. Die Formänderungsarbeit .......................................... . 48 16. Bruch- und Fließhypothesen, zulässige Spannungen .................. . 54 17. Beispiele auf Zug, Druck und Schub beanspruchter Bauteile ...•....... 59 18. Berechnung von Niet- und Schraubenverbindungen ., ................ . 66 19. Beispiele zur Berechnung von Niet- und Schraubenverbindungen ...... . 71 20. Der Einfluß von Temperaturänderungen ..........•.................. 75 11. Trägheits- und Deviationsmoment ebener Flächen. Das Widerstandsmoment. 21. Definition des Trägheitsmoments.................................... 77 22. Zwei Hilfssätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 23. Praktische Berechnung von Trägheitsmomenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 24. Trägheitsmoment des Rechtecks und des Quadrats. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 25. Zusammenhang zwischen Trägheitsmomenten um parallele Achsen...... 81 26. Das Deviationsmoment . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 27. Deviationsmomente für parallele Achsenkreuze........................ 84 28. Trägheits- und Deviationsmoment bei Drehung des Achsenkreuzes...... 88 29. Hauptachsen und Hauptträgheitsmomente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 30. Zeichnerische Ermittlung der Hauptträgheitsachsen und der Haupt- trägheitsmomente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 31. Das Widerstandsmoment ........................................... 94 32. Trägheits- und Widerstandsmomente eines ungleichschenkeligen Winkel- querschnittes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 33· Trägheitsradius, Trägheitsellipse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . .. . . 97 34. Das polare Trägheitsmoment. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 VI Inhaltsverzeichnis. Seite 35. Trägheits- und Widerstandsmomente technisch wichtiger Flächen ••..•. 100 36. Technische Anwendungen ....................................•...... 105 37. Trägheitsmomente unregelmäßiger Flächen. Zeichnerische Ermittlung des Trägheitsmoments ................................................. 108 III. Biegungs- und Schubbeanspruchung gerader Träger. A. Die Biegungsbeanspruchung. 38. Die Spannungsverteilung infolge reiner Biegung. Die gerade Biegung ... II2 39. Bemessung von Trägern, die auf gerade Biegung beansprucht sind ..... II8 40. Beispiele zur Bemessung von Trägern, die auf gerade Biegung beansprucht sind .............................................................. 119 41. Die schiefe Biegung bei Querschnitten mit Rechtecksumhüllung ........ 126 42. Schiefe Biegung bei beliebiger Form des Querschnittes ................ 128 B. Die Schubbeanspruchung in folge der Querkräfte. 43. Die Schubspannungen infolge der Querkraft auf einem rechteckigen Quer- schnitt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . • . . . . . . . .. 134 I- 44. Schubspannungsverteilung im Kreis-, und [-Querschnitt. Der Schub- mittelpunkt ....................................................... 139 45. Verdübelte Holzbalken ............................................. 144 46. Berechnung der Nietteilung von Blechträgern ...•...•................ IS0 IV. Beanspruchung auf außermittigen Zug oder Druck, bzw. durch Biegemoment und Normalkraft. 47. Allgemeines ....................................•.................. 154 48. Der Kraftangriffspunkt liegt auf einer Hauptachse .................... 156 49. Anwendungen •...............................................•.... 158 50. Der Kraftangriffspunkt liegt nicht auf einer Hauptachse .............. 161 SI. Anwendungen ..................................................... 165 52. Kraftangriffspunkt, Nullachse und Zentralellipse ...................... 167 53. Der Kern eines Querschnittes .......•...........•................... 170 54. Kerne technisch wichtiger Flächen .................................. 173 55. Technische Anwendungen .................••........................ 174 56. Die Kernpunktsmomente .......•.....•....•........................ 176 57. Zeichnerische Ermittlung der Randspannungen mit Hilfe der Kernpunkte 178 58. Beispiele zur rechnerischen und zeichnerischen Ermittlung der Rand spannungen mit Hilfe der Kernpunkte .....................•......... 178 59. Außermittiger Druck bei versagender Zugzone ............•........... 179 V. Die Biegelinie. 60. Die Differentialgleichung der Biegelinie des geraden Stabes ....•....... 181 61. Ermittlung der Gleichung der Biegelinie in einigen einfachen Belastungs- fällen •...•...••.........••........................................ 186 62. Die zeichnerische Ermittlung der Biegelinie mit Hilfe der Momenten- belastung .................•....................................... 190 63. Zeichnerische Ermittlung der Biegelinie von Trägern mit veränderlichem Trägheitsmoment ......................•........................... 197 64. Rechnerische Ermittlung von Durchbiegungen . bzw. der Biegelinie mit Hilfe der Momentenbelastung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . • . . • .. 200 Inhaltsverzeichnis. VII Seite 65. überlagerung von Biegelinien ••.....•.••.•......••.••..••..........• 207 66. Der Neigungswinkel der Biegelinie .•..•.....•........••.............. 209 67. Die Durchbiegung infolge der Querkräfte •.•••.•.••..•................ 210 VI. Verdrehung prismatischer Stäbe, 68. Allgemeines .....•.•...••.........•.•...•........••................ 214 69. Stäbe mit Kreis- und Kreisringquerschnitt . • . . . . . . • . . • • . . . . . . . . • . . . .. 215 70. Beispiele und Anwendungen .....•..•..•..••..•................•...• 219 71. Verdrehung von Stäben mit beliebigem Querschnitt •..•...•......•..•• 221 72. Rechtecks- und Walzprofilquerschnitte ••....•......•................• 223 73. Dünnwandige Hohlquerschnitte •.••.••.••.••.•..••.•...•......•..•... 226 vn. Druck:stäbe (Knickung). 74. Allgemeines •..•..•..••.•..•..••..•.•.••.••..•..•..•..••..•.....••. 231 75. Die Eulerformel •...••.•..•..••.•..•.••.•..•.•••••.•••••••••••..•.• 232 76. Richtung des Ausknickens • . . . . . . . . . . • . . • . . . . . . . . . . . • . . • . . • . . . • • . . •. 238 77. Knickung im elastischen und im plastischen Bereich •.....•........... 239 78. Bemessung von Druckstäben nach dem Omega-Verfahren.............. 242 79; Beispiele zur Berechnung einteiliger Druckstäbe .........•............ 246 80. Zusammengesetzte Druckstäbe .•....•.....••.....•..•..•....•....... 249 8r. Außermittiger Kraftangriff bzw. Druck und Biegung .•....•...••.•...• 250 82. Knicken in verschiedenen Ebenen ..•...................•..•......••. 251 83. Mehrteilige Druckstäbe .•••••..•..•....••.•...•..........•.......... 253 VIII. Statisch unbestimmte Tragwerke. 84. Allgemeines •....•..•..•.••••••...•••••.••••...•.....••.••..•...••. 259 85. Die Elastizitätsgleichung für das einfach statisch unbestimmte Tragwerk 262 86. Der Träger auf drei Stützen........................................ 267 87. Anwendungen ..••..•.••.•••••••..•.••..•.••.•.•••••.••••..••.••..• 275 88. Träger auf beliebig vielen Stützen. Die Clapeyronsche Gleichung •••..• 278 89. Auflagerdrücke, Biegemomente und Querkräfte des Durchlauft rägers . • .. 285 90. Anwendungen ••.••..•.••.••.••.••.•••••.••....•..•..•..••.•..••..• 287 91. Biegelinie statisch unbestimmter Träger ..•...........••.•..•..•....•. 290 92. Zweigelenkbogen und Zweigelenkrahmen ..•.••..•....•..•.....•..••.. 290 93. Beispiel eines symmetrischen Zweigelenkrahmens . . • • . • . • • . . • . . • . . . . . •• 29lZ Namen- und Sachverzeichnis ......•....•.•......................•.. 301 Literaturverzeichnis ..•••.............•........................... VIII Literaturverzeichnis. Aus der Fülle der Literatur über Elastizitäts- und Festigkeitslehre seien die im folgenden angeführten Werke herausgegriffen und dem Leser zum Weiter studium empfohlen. Sie sind, soweit dies möglich ist, nach steigender Schwierigkeit bzw. steigendem Umfang geordnet. a) Lehrbücher. W. GEHLER U. W. HERBERG: Festigkeitslehre. Sammlung Göschen. T. PÖSCHL: Elementare Festigkeitslehre. Berlin: Springer-Verlag. A. FÖPPL: Vorlesungen über technische Mechanik, UI. Bd., Festigkeitslehre. München u. Berlin: R. Oldenbourg. S. TIMOSHENKO U. I. M. LESSELLS: Festigkeitslehre, deutsch von I. MALKIN. Berlin: Springer-Verlag. E. CHWALLA: Einführung in die Baustatik. Ein Studienbehelf für Frontstudenten, herausgegeben vom Deutschen Stahlbau-Verband, Berlin. R. SALlGER U. F. BARAVALLE: Praktische Statik. Wien: F. Deuticke. R. GlRTLER: Einführung in die Mechanik fester elastischer Körper und das zu gehörige Versuchswesen. Wien: Springer-Verlag. A. FÖPPL U. L. FÖPPL: Drang und Zwang, eine höhere Festigkeitslehre für Ingenieure. Zwei Bände. München u. Berlin : R. Oldenbourg. A. E. H. LOVE: Lehrbuch der Elastizität, deutsch von A. TIMPE. Leipzig u. Berlin : B. G. Teubner. Handbuch der Physik, herausgegeben von H. GEIGER U. K. SCHEEL. Bd. VI, Mechanik der elastischen Körper. Berlin: Springer-Verlag. b) Taschenbücher (enthalten zum Teil auch kurze Zusammenfassungen der Theorie). A. VELTEN: Mathematisch-technische Zahlentafeln. Berlin: Springer-Verlag. R. WENDEHORST: Bautechnische Zahlentafeln. Berlin: B. G. Teubner. F. BOERNER: Statische Tabellen. Berlin: W. Ernst u. Sohn. "Hütte", des Ingenieurs Taschenbuch. Berlin: W. Ernst u. Sohn. Stahlbaukalender, herausgegeben vom Deutschen Stahlbau-Verband, Berlin. W. Ernst u. Sohn. R. HALASZ : Holzbau-Taschenbuch. Berlin : W. Ernst u. Sohn. Stahl im Hochbau, herausgegeben vom Verein deutscher Eisenhüttenleute in Düssel dorf. Düsseldorf: Stahleisen m. b. H.; Berlin: Springer-Verlag. Taschenbuch für Bauingenieure, herausgegeben von F. SCHLEICHER. Berlin: Springer-Verlag. I. Grundlagen der Festigkeitslehre. I. Einleitung. Die Festigkeitslehre liefert die Grundlagen für die Bemessung der einzelnen Bauteile technischer Konstruktionen. Im Rahmen des vorliegenden Buches sollen in der Hauptsache jene Gebiete der Festigkeitslehre behandelt werden, die auf das Bauwesen Bezug haben, doch hat vieles von dem, was hier gebracht wird, auch für den Maschinenbau seine Bedeutung. Wir betrachten stets feste Körper, die sich unter dem Einfluß der auf sie wirkenden Kräfte im Gleichgewicht, also in Ruhe befinden. Unseren sämtlichen Betrachtungen sind daher die Gesetze der Statik zugrunde zu legen. Soweit die theoretischen Erörterungen reichen, ist vorausgesetzt. daß die Körper homogen, d. h. bis in ihre kleinsten Teile von vollkommen gleichartiger Zusammensetzung, und ferner isotrop sind, d. h. nach allen Richtungen gleiches Verhalten zeigen. Die Festigkeitslehre fußt einerseits auf praktischen Erfahrungen, wie sie von der Baustoffkunde und dem Materialprüfungswesen vermittelt werden, anderseits auf theoretischen Überlegungen, welche zum Groß teil an die mathematische Elastizitätstheorie anknüpfen. In der Festigkeits lehre kommen wir im allgemeinen mit dem Idealbild des starren Körpers nicht mehr aus, sondern müssen des öfteren die Verformungen berück sichtigen, welche die betrachteten Körper unter dem Einfluß der auf sie wirkenden Belastungen erleiden. Die mathematische Elastizitäts theorie geht bei ihren Betrachtungen stets von einem bestimmten, mathe matisch faßbaren Zusammenhang zwischen den Belastungen, oder genauer gesagt, zwischen den durch die Belastungen geweckten Span nungen (s. Nr.3) einerseits und den Formänderungen anderseits aus, welcher als Elastizitätsgesetz bezeichnet wird. Das einfachste Elastizitäts gesetz ist die Annahme, daß zwischen den Spannungen und den Form änderungen ein linearer Zusammenhang besteht (Hookesches Gesetz, s. Nr.7). Die auf diesem Gesetz beruhende Elastizitätstheorie wird als klassische Elastizitätstheorie bezeichnet und wurde unter Zuhilfe nahme der höheren Mathematik sehr weit ausgebaut. Da selten ein anderes, komplizierteres Elastizitätsgesetz zugrunde gelegt wird, welches dann natürlich die Theorie erheblich schwieriger gestaltet, meint man, Chmelka-Melan, Festigkeitslehre, 3. Auf!. x 2 1. Grundlagen der Festigkeitslehre. wenn man von Elastizitätstheorie spricht, fast immer die klassische Theorie. Für welche Stoffe nun ein bestimmtes Elastizitätsgesetz gilt, bzw. in welchem Belastungsbereich dieses Gesetz das tatsächliche Verhalten des Stoffes richtig beschreibt, daüber kann nur der Versuch, also das Materialprüfungswesen, Auskunft geben. Versuche zeigen uns auch, welcher Zusammenhang zwischen Spannung und Formänderung nach Durchschreiten des Gültigkeitsbereiches des Elastizitätsgesetzes, den man als elastischen Bereich bezeichnet, besteht, sie zeigen ferner, wann der Bruch oder das Versagen des Werkstückes zu erwarten ist und liefern somit weitere Grundlagen zu theoretischen Forschungen (Plastizitäts theorie, Theorie des Bruches). p , ,I ":1 J "~ I ~ -::_wh_ . _-_-__-_-_-_ -_- -2 T,o p y Abb. 1. Die strengen Ansätze und die exakten Lösungsmethoden der mathe matischen Elastizitätstheorie sind häufig zu kompliziert, um den Aus gangspunkt für die praktische Berechnung von Bauteilen bilden zu können. Deshalb stellt sich die technische Festigkeitslehre die Aufgabe, mit möglichst elementaren mathematischen Hilfsmitteln und gegebenen falls unter vereinfachenden Annahmen das Wesentliche der jeweils vorliegenden Probleme zu erfassen und für die Bemessung der Bauteile möglichst einfache Gebrauchsformeln zu entwickeln. 2. Arten der Beanspruchung. Man unterscheidet gewisse einfachste Arten der Beanspruchung, aus denen sich dann kompliziertere Beanspru chungen zusammensetzen lassen. Bild I der Abb. I zeigt die Beanspruchung eines geraden Stabes auf reinen Zug. Die beiden an dem Stab angreifenden Kräfte wirken in der Stabachse, das ist die Verbindungslinie aller Quer schnittsschwerpunkte des Stabes. Bild 2 zeigt die Beanspruchung eines kurzen Zylinders auf reinen Druck. Die beiden Druckkräfte wirken in der Zylinderachse. Ein besonderer Fall der Druckbeanspruchung ist die Beanspruchung auf Knickung, wie sie bei Stäben auftritt (Bild 3). Auch