Technische Universit¨at Dortmund Fakult¨at fu¨r Mathematik Institut fu¨r Analysis Rolf Walter Einfu¨hrung in die differenzierbaren Mannigfaltigkeiten DM. Differenzierbare Mannigfaltigkeiten ........ 1 DM.1. Grundbegriffe ............................. 2 DM.2. Strukturvertr¨agliche Abbildungen ......... 11 DM.3. Tangentiale Abbildungen und R¨aume ...... 14 DM.4. Untermannigfaltigkeiten ................... 26 DM.5. Die Hausdorffeigenschaft .................. 33 DM.6. Tensorfelder ............................... 38 DM.7. Orientierung .............................. 47 DM.8. Integration ................................ 54 Stand: 15.07.2009 — Alle Rechte vorbehalten — Dieser Text umfaßt Grundlagen u¨ber differenzierbare Mannigfaltigkeiten, wie sie in wei- terfu¨hrenden Vorlesungen gebraucht werden. An einigen Stellen werden Hilfsmittel aus der linearen Algebra, der mehrdimensionalen Ana- lysis und der mengentheoretischen Topologie verwendet, aber genau zitiert. Die Zitate be- ziehen sich auf folgende Monographien: [GM] K. P. Grotemeyer: Topologie, Bibliographisches Institut [ELA] R. Walter: Einfu¨hrung in die lineare Algebra, Vieweg [LAG] R. Walter: Lineare Algebra und analytische Geometrie, Vieweg [WA3] R. Walter: Einfu¨hrung in die Analysis 3, de Gruyter. Allgemeine Abku¨rzungen: LA = Lineare Algebra, VR = Vektorraum, UVR = Untervektorraum, KR = Kettenregel. DM.1. GRUNDBEGRIFFE 1 DM. Differenzierbare Mannigfaltigkeiten Grob gesprochen ist eine Mannigfaltigkeit ein Raum, in dem lokal Koordinaten existieren. Einige Charakteristika sind dabei die folgenden: • Eine Mannigfaltigkeit braucht nicht Teil eines Raums Rn zu sein. • Die Art der Koordinateneinfu¨hrung ist i.allg. nicht eindeutig festgelegt. • Koordinaten sind meistens nur lokal brauchbar, d.h. in kleinen“ Bezirken. Weit entfernt ” liegende Bezirke mu¨ssen eventuell getrennt koordinatisiert werden. • VerschiedeneKoordinatenfu¨rdiegleichenPunkteh¨angenu¨ber gute“ Koordinatentrans- ” formationen zusammen. • Beispiele sind p-dimensionale Fl¨achen im Rn, wie sie h¨aufig in der Analysis bei den Integrals¨atzen vorkommen. • Viele Modelle in den Naturwissenschaften las- sen sich als Mannigfaltigkeiten beschreiben, z.B. der Konfigurationsraum eines mechanischen Sy- stems,d.h.dieGesamtheitseinerm¨oglichenLagen. Bei einem ebenen Doppelpendel wird der Konfigu- rationsraum modelliert durch S1×S1, das cartesi- sche Produkt einer Kreislinie mit sich selbst. Denn jeder der beiden Massenpunkte kann sich frei auf einer Kreislinie bewegen. Die Art und Weise, wie in einer abstrakten Mannigfaltigkeit M Koordinaten eingefu¨hrt sind undwieverschiedeneKoordinatenderselbenPunktevonM untereinanderzusammenh¨angen, veranschaulicht man oft durch die folgende (natu¨rlich symbolisch zu verstehende) Skizze: M U ψ U ψ o ψ −1 ψ m A A R −1 ψ o DM.1. GRUNDBEGRIFFE 2 Als konkretes Beispiel betrachten wir verschiede- y ne Winkelkoordinaten“ auf der Einheitskreislinie ” S1. Es sei ϕ der orientierte Winkel eines Punktes auf S1 gegen die positive x-Achse mit 0 < ϕ < 2π. Der Punkt (1,0) wird hierdurch nicht erfaßt (man mu¨ßte ihm ja ϕ = 0 oder ϕ = 2π zuordnen, aber dann entsteht ein Sprung). Weiter sei ψ der ori- x entierte Winkel gegen die negative x-Achse mit 0 < ψ < 2π. Hierdurch wird der Punkt (−1,0) nicht erfaßt. Zusammengenommen erfassen die beidenWinkelkoordinatenalle PunktevonS1.Fu¨r ψ die Punkte auf S1, die sowohl durch ϕ wie durch ψ erfaßt werden, lautet der Zusammenhang zwischen diesen so: auf S1 in der oberen Halbebene: ψ −ϕ = π, d.h. ψ = ϕ+π mit 0 < ϕ < π auf S1 in der unteren Halbebene: ϕ−ψ = π, d.h. ψ = ϕ−π mit π < ϕ < 2π. Die Koordinatentransformation“ ϕ 7→ ψ ist in ]0,2π[\{π} definiert und beliebig oft differen- ” zierbar (wenn auch in den beiden Komponenten der Definitionsmenge durch unterschiedliche Formeln gegeben). DM.1. Grundbegriffe Wir geben nun eine pr¨azise Definition einer Mannigfaltigkeit der Klasse C∞; m ist dabei eine feste natu¨rliche Zahl. A. Definition. Eine C∞-Mannigfaltigkeit der Dimension m ist eine Menge M, zu- sammen mit einer Familie Φ von Abbildungen ϕ : Uϕ → Aϕ mit Uϕ ⊆ M, Aϕ ⊆ Rm, wobei gilt: [ (M.1) M = Uϕ. ϕ∈Φ (M.2) Alle ϕ ∈ Φ sind bijektiv. (M.3) Fu¨r alle ϕ,ψ ∈ Φ ist die Menge ϕ(Uϕ ∩Uψ) offen in Rm und die Abbildung (1) ψ ◦ϕ−1 : ϕ(Uϕ ∩Uψ) −→ ψ(Uϕ ∩Uψ) von der Klasse C∞. (M.4) Die Familie Φ ist maximal bzgl. der Eigenschaften (M.1) – (M.3), d.h. erfu¨llt eine Familie cΦ ⊇ Φ ebenfalls (M.1) – (M.3), so folgt cΦ = Φ. B. Bemerkungen. (i) Natu¨rlich seien M und alle Uϕ nicht leer. Die Forderung (M.3) verlangt nur etwas, wenn Uϕ ∩Uψ 6= (cid:13)/. Solche Trivialforderungen werden in Zukunft nicht mehr erw¨ahnt. (ii) Fu¨r ϕ = ψ verlangt (M.3), daß Aϕ offen in Rm ist. DM.1. GRUNDBEGRIFFE 3 (iii) Werden in (M.3) ϕ und ψ vertauscht, so folgt, daß auch ψ(Uϕ∩Uψ) offen in Rm und ψ ◦ϕ−1 ebenfalls C∞ ist. Da diese Abbildung die in (1) invertiert, beschreibt (1) in Wirk- lichkeit einen C∞-Diffeomorphismus zwischen offenen Mengen des Rm, d.h. eine bijektive Abbildung, die in beiden Richtungen C∞ ist. Bezeichnungen: Man schreibt m =: dimM. Bei dimM = 1 nennt man M auch Kurve, bei dimM = 2 Fl¨ache. Jedes ϕ ∈ Φ wird eine Karte von M genannt, und Φ heißt maximaler C∞-Atlas auf M (der Dimension m). Diese Namen sind sehr sinnvoll; denn die Abbildungen verschiedener TeilederErdoberfl¨acheaufdieBl¨attereinesAtlasseshabengenaudieseRolle.Einmaximaler C∞-Atlas wird auch eine C∞-Struktur genannt. Ist p ∈ Uϕ, so spricht man von einer Karte ϕ um p und nennt Uϕ eine Koordinatenum- gebung von p. Wir schreiben ϕ(p) = (ϕ1(p),...,ϕm(p)) ∈ Rm und nennen die ϕi(p) die Koordinaten von p bzgl. ϕ. Hierdurch ist zu jedem i ∈ {1,...,m} die skalare Funktion ϕi : Uϕ → R definiert, die i-te Koordinatenfunktion. (Es ist hier u¨blich, die Koordinaten durch hoch- gestellte Marken zu numerieren.) Die Abbildung τ := ψ ◦ ϕ−1 in (1) heißt die Koordinatentransformation zu ϕ,ψ. Sie bildet die Koordinaten jedes Punktes von Uϕ∩Uψ bzgl. ϕ ab auf die Koordinaten desselben Punktes bzgl. ψ. Das Attribut C∞ wird manchmal weggelassen oder sprachlich durch glatt bezeichnet. Das Wort Mannigfaltigkeit“ wird gelegentlich durch MF abgeku¨rzt. ” A. Zusatz Sind M,m,Φ genauso, nur daß die Maximalit¨at (M.4) nicht gefordert wird, so heißt Φ ein C∞-Atlas auf M (der Dimension m). C. Bemerkung. Analog lassen sich Cr-Mannigfaltigkeiten definieren, r = 1,2,.... Die Klasse C∞ ist hier der einfachen Formulierung wegen gew¨ahlt. Sonst mu¨ßte bei jeder Fra- gestellung mitangegeben werden, welche Differentiationsklasse gerade erforderlich ist, was nicht schwierig, jedoch umst¨andlich auszudru¨cken ist. Fu¨r r = 0 erh¨alt man topologische Mannigfaltigkeiten. Diese sind allerdings in vieler Hinsicht anders zu behandeln. Bei der konkreten Beschreibung einer Mannigfaltigkeit bevorzugt man einen Atlas statt eines maximalen Atlasses. Gerechtfertigt wird dies durch folgenden D. Satz. Ist Φ ein Atlas auf M, so existiert genau ein maximaler Atlas Φ ⊇ Φ auf M. Beim Beweis dieses und ¨ahnlicher Sachverhalte mu¨ssen die Definitionsmengen von zusam- mengesetzten Abbildungen n¨aher bestimmt werden. Dazu erfolgt eine systematische Bemer- kung zur DM.1. GRUNDBEGRIFFE 4 E. Handhabung von Abbildungen. Wir betrachten generell Abbildungen: f 1 X −→ Y 1 1 f 2 X −→ Y . 2 2 Dann sei die Komposition f ◦f mit der gr¨oßtm¨oglichen sinnvollen Definitionsmenge verse- 2 1 hen: (cid:8) (cid:12) (cid:9) Def(f ◦f ) := x ∈ X (cid:12) f (x ) ∈ X = f−1(Y ∩X ). 2 1 1 1 1 1 2 1 1 2 Analog, falls f : X → Y injektiv ist, sei die Inverse f−1 mit der gr¨oßtm¨oglichen sinnvollen Definitionsmenge versehen: Def(f−1) := f(X). Dann gelten weitgehend vertraute Regeln, jedoch einschließlich der Gleichheit der Definiti- onsmengen, z.B. f ◦(f ◦f ) = (f ◦f )◦f =: f ◦f ◦f 3 2 1 3 2 1 3 2 1 f injektiv =⇒ (f−1)−1 = f f ,f injektiv =⇒ (f ◦f )−1 = f−1 ◦f−1. 1 2 2 1 1 2 Man best¨atigt dies leicht, z.B. bei der ersten Regel so: (cid:8) (cid:12) (cid:9) Def(f ◦(f ◦f )) = x ∈ Def(f ◦f ) (cid:12) f (f (x )) ∈ X 3 2 1 1 2 1 2 1 1 3 (cid:8) (cid:12) (cid:9) = x ∈ X (cid:12) f (x ) ∈ X , f (f (x )) ∈ X 1 1 1 1 2 2 1 1 3 (cid:8) (cid:12) (cid:9) Def(f ◦f ) = x ∈ X (cid:12) f (x ) ∈ X 3 2 2 2 2 2 3 (cid:8) (cid:12) (cid:9) Def((f ◦f )◦f ) = x ∈ X (cid:12) f (x ) ∈ Def(f ◦f ) 3 2 1 1 1 1 1 3 2 (cid:8) (cid:12) (cid:9) = x ∈ X (cid:12) f (x ) ∈ X , f (f (x )) ∈ X . 1 1 1 1 2 2 1 1 3 Die U¨bereinstimmung der Zuordnungsvorschriften ist sowieso klar. Wir haben ¨ofters folgende Situation zu betrachten: f 1 X −→ Y 1 1 id X X−→ X f 2 X −→ Y . 2 2 Hierfu¨r best¨atigt man: (2) f ◦id ◦f = (f ◦f )|f−1(X ∩Y ). 2 X 1 2 1 1 1 Beweis von D. Existenz: Einnatu¨rlicherKandidatistdieFamilieallermitΦvertr¨aglichen Bijektionen.Eine Bijektion η : V −→ B, wobei V ⊆ M, B ⊆ Rm offen DM.1. GRUNDBEGRIFFE 5 heißt vertr¨aglich mit Φ, falls fu¨r alle ϕ ∈ Φ in dem Diagramm ϕ◦η−1 −→ (3) η(V ∩Uϕ) ϕ(V ∩Uϕ) ←− η ◦ϕ−1 beide Mengen offen und beide Abbildungen C∞ sind (sie sind invers zueinander). Sei (cid:8) (cid:12) (cid:9) Φ := η (cid:12) η mit Φ vertr¨aglich . Es ist klar, daß Φ das Φ umfaßt [wegen (M.1) – (M.3) fu¨r Φ] und daß der gesuchte maximale Atlas die η’s enthalten muß [wegen (M.1) – (M.3) fu¨r diesen]. Wir zeigen, daß Φ selbst schon maximaler Atlas ist, also (M.1) — (M.4) erfu¨llt. Zu (M.1) – (M.2) fu¨r Φ: Dies ist klar. Zu (M.3) fu¨r Φ: Sind η : V → B, η : fV → fB aus Φ gegeben, so ist z.z.: η(V ∩ fV ) ist e offen in Rm und η ◦η−1 ist C∞: Zun¨achst ist e ! [ [ η(V ∩ fV ) = η (V ∩ fV ∩Uϕ) = η(V ∩ fV ∩Uϕ). ϕ∈Φ ϕ∈Φ Dabei wurde (M.1) fu¨r Φ verwendet. Fu¨r die letzten η-Bilder gilt weiter: η(V ∩ fV ∩Uϕ) = (η ◦ϕ−1 ◦ϕ)(V ∩ fV ∩Uϕ) = (η ◦ϕ−1)(ϕ(V ∩ fV ∩Uϕ)) (cid:16) (cid:17) = (η ◦ϕ−1) ϕ(V ∩Uϕ)∩ϕ(fV ∩Uϕ) . Hierin ist η ◦ ϕ−1 C∞-Diffeomorphismus, und beide Mengen ϕ(V ∩ Uϕ), ϕ(fV ∩ Uϕ) sind offen in Rm, also ist das Ergebnis ebenfalls offen in Rm. Zusammengenommen folgt, daß η(V ∩ fV ) offen in Rm ist. Weiter gilt nach (2) (η ◦η−1)|η(V ∩ fV ∩Uϕ) = (η ◦ϕ−1)◦(ϕ◦η−1). e e Da eine Abbildung auf einer Vereinigung offener Mengen des Rm glatt ist, wenn dies auf den zu vereinigenden Mengen zutrifft, ist η ◦η−1 C∞. e Unmittelbar aus der Definition von Φ liest man fu¨r je zwei Atlanten auf M ab: (4) Ψ ⊆ Ψ =⇒ Ψ ⊆ Ψ (Reihenfolge!). 1 2 2 1 Zu (M.4) fu¨r Φ: Gilt fu¨r einen Atlas Ψ ⊇ Φ so ist z.z.: Ψ = Φ. Dies geht so: Einerseits schließt man nach (4): Ψ ⊇ Φ =⇒ Ψ ⊆ Φ =⇒ Ψ ⊆ Ψ ⊆ Φ. Andererseits schließt man nach (4) auch: Φ ⊆ Φ =⇒ Φ ⊇ Φ. Zusammengenommen gilt Ψ ⊆ Φ. Eindeutigkeit: Sei Φ irgendein maximaler Atlas auf M mit Φ ⊇ Φ. Dann folgt wiederum 1 1 mit (4): Φ ⊆ Φ, also wegen der Maximalit¨at von Φ : Φ = Φ. (cid:3) 1 1 1 DM.1. GRUNDBEGRIFFE 6 D. Zusatz (i) Φ besteht aus allen Bijektionen η, die mit Φ vertr¨aglich sind. (ii) Fu¨r je zwei Atlanten auf M gilt: Ψ ⊆ Ψ =⇒ Ψ = Ψ . 1 2 1 2 Beweis. Zu (ii): Nach (4) gilt: Ψ ⊆ Ψ =⇒ Ψ ⊇ Ψ , also folgt wegen der Maximalit¨at 1 2 1 2 von Ψ : Ψ = Ψ . (cid:3) 2 1 2 Hinweis: WirlegeninZukunfteineMannigfaltigkeitoftauchdadurchfest,daßwirzurMengeM einen (nicht notwendig maximalen) Atlas Φ angeben. Der maximale Atlas ist dann automatisch bestimmt als Φ. Werden Eigenschaften mittels Φ ausgedru¨ckt, so mu¨ssen diese auch fu¨r Φ zutreffen, damit sie wirklich der Mannigfaltigkeit zukommen. Deshalb ist eine U¨berpru¨fung fu¨r beliebige mit Φ vertr¨agliche Karten η notwendig, d.h. die Invarianz gegenu¨ber beliebigen Parametertransformationen (3) muß verifiziert werden. Konvention: WennvoneinerKarteeinerMFohnen¨ahereBestimmungdieRedeist,soistdamiteineKarte des maximalen Atlasses gemeint. Wenn von einem Atlas einer MF ohne n¨ahere Bestimmung die Rede ist, so ist damit ein Teilatlas des maximalen Atlasses gemeint. F. Beispiele. (i) Gegeben sei eine (nichtleere) offene Menge A ⊆ Rm. Es sei M := A und Φ := {id }. A Innerhalb Φ existiert nur eine Koordinatentransformation, n¨amlich id ◦ id−1 = id , die A A A natu¨rlich C∞ ist. Dadurch wird A kanonisch zu einer C∞-Mannigfaltigkeit der Dimension m. Insbesondere trifft dies fu¨r Rm selbst zu. (ii) Auf Rm existieren auch nicht-kanonische C∞-Strukturen, z.B. bei m = 1: Φ = {ϕ}, ϕ(x) = x : kanonisch Ψ = {ψ}, ψ(x) = x3 : nicht kanonisch. Es gilt Φ 6= Ψ! Angenommen, es w¨are Φ = Ψ. Dann ist ϕ mit Ψ vertr¨aglich, also ϕ◦ψ−1 C∞. √ Jedoch gilt ϕ◦ψ−1(x) = 3 x, was in 0 nicht differenzierbar ist, Widerspruch! (iii) SeiV reellerVektorraum(=VR)derDimensionm(alsVR).DefiniereΦalsdieFamilie aller linearen Bijektionen (d.h. VR-Isomorphismen) ϕ : V → Rm. Dann ist Φ Atlas auf V; denn fu¨r ϕ,ψ ∈ Φ ist ϕ◦ψ−1 : Rm → Rm linear, also C∞. V wird somit kanonisch zu einer C∞-Mannigfaltigkeit der Dimension m. (iv) Der reelle projektive Raum Pm(R) (kurz Pm) ist definiert als Menge der eindi- mensionalen Untervektorr¨aume (Strahlen) von Rm+1. Fu¨r x = (x0,...,xm) ∈ Rm+1 \{0} wird der von x aufgespannte Strahl verschiedentlich bezeichnet: sp(x) := R·x := [x] := [x0,...,xm] := {λx | λ ∈ R}. DM.1. GRUNDBEGRIFFE 7 Man nennt die x0,...,xm homogene Koordinaten von [x], weil sie nur bis auf einen gemein- samen reellen Faktor 6= 0 bestimmt sind (also sicher nicht im jetzigen Sinne als Koordinaten dienen k¨onnen). Wir fu¨hren inhomogene Koordinaten ein, allerdings auf m+1 verschiedene Weisen: Zu festem i ∈ {0,...,m} seien U und ϕ definiert als i i U ⊂ Pm, U := (cid:8)[x] (cid:12)(cid:12) xi 6= 0(cid:9) i i ! x0 cxi xm ϕ : U −→ Rm, ϕ ([x]) := ,..., ,..., . i i i xi xi xi Die Quotienten rechts (ohne den weggelassenen) sind die inhomogenen Koordinaten des Punktes [x] ∈ Pm bzgl. ϕ . i Wir zeigen: Φ := {ϕ ,...,ϕ } ist ein C∞-Atlas auf Pm: (M.1), (M.2) sind klar. Bei (M.3) 0 m sei i < j angenommen (fu¨r i > j geht es analog, und fu¨r i = j ist außer der Offenheit von ϕ (U ) = Rm nichts zu zeigen). Es gilt i i (cid:8) (cid:12) (cid:9) ϕ (U ∩U ) = ξ = (ξ1,...,ξm) ∈ Rm (cid:12) ξj 6= 0 i i j (cid:0) (cid:1) ϕ ◦ϕ−1(ξ1,...,ξm) = ϕ [ξ1,...,ξi,1,ξi+1,...,ξm] j i j ! ξ1 ξi 1 ξi+1 cξj ξm = ,..., , , ..., ,..., . ξj ξj ξj ξj ξj ξj Hieraus folgt die Behauptung, da die Bru¨che rechts wegen ξj 6= 0 glatte Funktionen darstel- len. Somit wird Pm kanonisch zu einer C∞-Mannigfaltigkeit der Dimension m. G. Lemma. Sei Φ Atlas auf M, ϕ ∈ Φ, V ⊆ Uϕ und B := ϕ(V) offen in Rm. Dann ist (ϕ|V : V → B) ∈ Φ. Beweis. Es ist z.z.: η := ϕ|V ist mit Φ vertr¨aglich: Fu¨r ψ ∈ Φ gilt η(V ∩Uψ) = ϕ(V ∩Uψ) = ϕ(V ∩Uϕ ∩Uψ) = B ∩ϕ(Uϕ ∩Uψ) =: D ψ(V ∩Uψ) = ψ ◦ϕ−1 ◦ϕ(V ∩Uψ) = ψ ◦ϕ−1(D) =: Z. D und Z sind danach offen in Rm. Weiter ist ψ ◦η−1 = ψ ◦ϕ−1|D, η ◦ψ−1 = ϕ◦ψ−1|Z, somit beide C∞. (cid:3) H. Definition. Eine Teilmenge U ⊆ M heißt offen, wenn U = (cid:13)/ oder wenn U Vereinigung von Koordinatenumgebungen Uϕ fu¨r geeignete ϕ ∈ Φ ist. I. Satz. Fu¨r die Familie U aller offenen U ⊆ M gilt: (Top.1) (cid:13)/,M ∈ U. (Top.2) U,V ∈ U =⇒ U ∩V ∈ U. [ (Top.3) U0 ⊆ U =⇒ U0 ∈ U. U0∈U0 DM.1. GRUNDBEGRIFFE 8 Beweis. (Top.1), (Top.3) sind unmittelbar klar. (Top.2) folgt so: Sei [ U = Uψ, Ψ ⊆ Φ ψ∈Ψ [ V = Uω, Ω ⊆ Φ. ω∈Ω Dann ist (Distributivgesetz der Mengenlehre) [ U ∩V = Uψ ∩Uω. ψ∈Ψ,ω∈Ω Hierin ist Uψ ∩ Uω eine Koordinatenumgebung, n¨amlich zu ψ|(Uψ ∩ Uω), da ψ(Uψ ∩ Uω) offen in Rm und nach G. (cid:3) Sobald man offene Mengen erkl¨art hat, kann man nach einem allgemeinen Schema weitere topologische Grundbegriffe einfu¨hren. Wir skizzieren dies in der folgenden Bemerkung u¨ber J. Grundbegriffe der Topologie. (i) Sei M eine Menge. Eine Topologie auf M ist eine Familie U von Teilmengen U ⊆ M, mit den obigen Eigenschaften (Top.1) – (Top.3). Das Paar (M,U) (oder auch M selbst) heißt dann ein topologischer Raum und die U ∈ U seine offenen Mengen. Dies sei im folgenden so vorausgesetzt. (ii) Eine Menge A ⊆ M heißt abgeschlossen, wenn das Komplement M \A offen ist. (iii) Zu jeder Menge B ⊆ M sind definiert: ◦ [ B := U Inneres oder offener Kern U offeninM,U⊆B \ B := A Abschluß oder abgeschlossene Hu¨lle Aabgeschl.inM,A⊇B ◦ ∂B := B \B Rand von B. (iv) Gilt p ∈ U ∈ U, so heißt U offene Umgebung des Punktes p ∈ M. Ferner ist (cid:8) (cid:12) (cid:9) U(p) := U ∈ U (cid:12) p ∈ U das offene Umgebungssystem von p. (v) Eine Folge (p ) in M heißt konvergent mit dem Grenzwert q ∈ M, wenn fu¨r k k∈N alle U ∈ U(p) ein K ∈ N existiert, so daß p ∈ U fu¨r alle k > K. k (cid:8) (cid:12) (cid:9) (vi) Ist C ⊆ M, so ist die Spurtopologie auf C definiert durch U := U ∩C (cid:12) U ∈ U . C Es ist leicht zu sehen, daß dies eine Topologie auf C ist. Wenn nichts anderes gesagt ist, wer- den Teilmengen mit der Spurtopologie versehen und dann als topologische Unterr¨aume bezeichnet. (vii) Seien (M,U), (N,V) topologische R¨aume und f : M → N eine Abbildung. Man nennt f stetig, wenn fu¨r alle V ∈ V gilt f−1(V) ∈ U. Man nennt f hom¨oomorph oder einen Hom¨oomorphismus, wenn f bijektiv ist und f,f−1 beide stetig sind. Man nennt M,N hom¨oomorph, wenn ein Hom¨oomorphismus f : M → N existiert.
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