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Einführung in die deutsche Literatur des 12. bis 16. Jahrhunderts: Adel und Hof — 12./13. Jahrhundert PDF

292 Pages·1985·6.455 MB·German
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Winfried Frey . Walter Raitz . Dieter Seitz u.a. Einführung in die deutsche Literatur des 12. bis 16. Jahrhunderts Band 1: Adel und Hof - 12./13. Jahrhundert Grundkurs Literaturgeschichte Westdeutscher Verlag ISBN 978-3-531-11483-5 ISBN 978-3-322-91931-1 (eBook) DOI 10.1007/978-3-322-91931-1 Inhalt Vorbemerkung ................................. 6 1 "Frühhöfische' Dichtung. Die Aristokratisierung der Literatur .................................. 11 2. Das Nibelungenlied. Widersprüche höfischer Gewalt reglementierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 49 3. Weltliche deutsche Lyrik vom Kürenberger bis zu Heinrich von Morungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 88 4. Artusroman: Hartmanns von Aue Erec und [wein 121 5. Wolfram von Eschenbach: Parzival ................ 158 6. Wolfram von Eschenbach: Willebalm ............... 197 7. Gottfried von Straßburg: Tristan 222 8. Walther von der Vogelweide . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 262 Register .................................... 293 Die Verfasser 000 5 Vorbemerkung Wer heute eine literaturgeschichtliche Einführung veröffentlicht, darf sich schon fast wieder von einem Trend getragen fühlen. Denn nach der zum Teil radikalen Kritik in den vergangenen Jahren an der Dominanz der historischen Stoffe und Fragestellungen u.a. im Literaturunterricht - einer Kritik, die sich formalistisch verkürzt fortsetzt in den "Entrümpelungs"-programmen der staatlichen Bil dungsplaner - wird heute von vielen Seiten wieder das Festhalten an der historischen Dimension des Denkens und der Analyse geradezu beschworen. Dennoch wird keiner behaupten wollen, daß diese allge meine Zuwendung zur Geschichte einem Konsens darüber ent spränge, was denn das Wesentliche an der Geschichte sei, mit wel chem Interesse man sich ihr nähern soll, welche Schwerpunkte da bei zu setzen sind, was schließlich an ihr "zu lernen" wäre. Zu unter schiedlich stellt sich das Spektrum der Meinungen dar, das reicht vom Interesse an der kommerziellen Verwertung nostalgisch-eska pistischer Tendenzen über den Versuch, durch Rückbesinnung auf traditionelle Werte historisch vermittelte Kritikfähigkeit zu neutra lisieren, bis zur Reformulierung des Kanons des literarisch und ge schichtlich "Denkwürdigen", wie der Überprüfung der Begründungs problematik historischer Sinnfragen. In einer solchen Situation einfach zur alten, selbstgenügsamen philologischen Praxis zurückzukehren, käme allerdings einem Einge ständnis der Irrelevanz der historischen Wissenschaften gleich. Denn die Frage, wie eine Beschäftigung mit Geschichte aussehen muß, die weder als Identifikation mit dem überlieferten Geschehen und Den ken propagiert noch als neutrales Erarbeiten von ins Belieben der In terpretation gestellten "Fakten" ausgegeben wird, ist nicht vom Tisch, sie ist auch in keiner Weise überflüssig geworden. Wer sich mit Schülern oder Studenten über historische Texte aus einandersetzt, dem wird schnell klar, daß er zu wählen hat zwischen der Installierung eines unmotivierten Faktenvermittlungsrituals und dem Versuch, einen spezifischen historischen Erkenntniswert da durch zu erschließen, daß er - trotz aller Schwierigkeiten, die sich aus dem punktuellen Wissensstand der Lernenden ergeben - die Ver bindungen zwischen dem historischen Problemzusammenhang und 7 dem, womit der gegenwärtige Rezipient zu tun hat, aufnimmt und das differenzierte Ausarbeiten des Gegensätzlichen zum Gegenstand historischer Methode macht. Der vorliegende literaturgeschichtliche Grundkurs kann weder von seinem Umfang noch seinem einführenden Charakter her ein aus geführtes didaktisches Konzept oder gar eine generelle Antwort auf die Frage nach der Bedeutung geschichtlicher Texte geben. Er will aber Vorarbeit dazu leisten, daß über solche Fragen im einzelnen und inhaltlich konkret gesprochen werden kann. Daraus ergibt sich ein Konsens im methodischen Vorgehen der einzelnen Beiträge, wie unterschiedlich sie in der Akzentuierung, in der Begrifflichkeit oder auch in der Form der Darstellung sein mögen. Hier um jeden Preis zu vereinheitlichen hätte bedeutet, begründete Unterschiede in der Me thode verwischen zu wollen. Dagegen erschien es sinnvoller, verschie dene Realisationsmöglichkeiten im Rahmen einer gemeinsamen In tention zu dokumentieren. Die einzelnen Abschnitte konzentrieren sich also auf die einführende Funktion: als Grundkurs setzen sie we der spezielle historische Kenntnisse noch die Lektüre des Textes vor aus vielmehr wollen sie eine sinnvolle Lektüre erst möglich machen. Deshalb werden die Texte in der Regel nacherzählt, die zitierten Stellen übersetzt und aus der Paraphrase eine Interpretation der Er zählweisen, Strukturen, Inhalte entwickelt, die Bedeutungsdimensio nen entfaltet und damit eine Aufforderung zur überprüfenden eige nen Lektüre werden kann. Aus diesem Grund konnte auch nicht vollständige Präsentationen des Vorhandenen intendiert werden. Daß die Auswahl sich am etablierten Kanon orientiert, halten wir für den gegebenen Zeitraum, der den Anfang und zugleich ersten Höhepunkt einer genuin nicht-kirchlichen Literatur in deutscher Sprache um faßt, deshalb für sinnvoll, weil dieser Kanon die entscheidenden Werke enthält, auf die es in einem Grundkurs zunächst einmal ankommt. Es konnte schließlich nicht der Sinn der Darstellung sein, einen möglichst vollständigen Überblick über das Spektrum der jeweiligen wissenschaftlichen Fragenkomplexe zu geben bzw. eine umfassende Auseinandersetzung mit den divergierenden Forschungspositionen zu leisten. Vorgestellt werden sollen Interpretationen der wichtigsten Texte vom Ende des 12. und Anfang des 13. Jahrhunderts, in denen der literarische Text als ästhetische Form der Auseinandersetzung mit der Wirklichkeit gelesen wird. Aus Gründen einer besseren Übersicht ist der Anmerkungsappa rat so knapp wie möglich gehalten. Die Literaturangaben sind zu ver stehen als Hinweise auf neuere Literatur, die Voraussetzung bzw. 8 Anregung für die Interpretationen sind, von denen aus aber auch der Einstieg in die allgemeine Forschungsdiskussion leicht zu finden ist. Die einzelnen Beiträge sind aus einführenden Vorlesungen hervor gegangen. Die Autoren haben versucht, noch etwas spüren zu lassen vom Charakter des mündlichen, durch Fragen und Diskussion unterbrochenen Vortrags, obwohl vor allem der Zwang zur Kürze regulierend wirkte im Sinne einer Anpassung an den "schriftlichen" Abhandlungsstil. Wenn dennoch der Versuch, sich dem Duktus prä tentiöser Wissenschaftssprache zu entziehen, noch spürbar wäre, ent spräche es der Absicht der Autoren. 9 1. "Frühhöfische" Dichtung Die Aristokratisierung der Literatur Literarhistorische Ortung Um die Mitte des 12. Jh. beginnt für die deutsche Literaturge schichte ein neuer Abschnitt. Die Texte der vorhergehenden 100 Jahre hatten überwiegend religiöse Themen behandelt und waren fast ausschließlich von einer Tendenz der Weltabgewandtheit geprägt ge wesen. Jetzt aber findet man in der schriftlichen Überlieferung erst mals wieder weltliche Sujets umfangreich dargestellt. In manchen Fällen bilden sie sogar den Hauptinhitlt eines Werkes. Die ersten dieser neuartigen, wenn auch nicht traditionslosen Texte werden allgemein zur vor- bzw. frühhöfischen Literatur zusammengefaßt. Angeblich "dokumentieren [sie] das Vorberei tungsstadium der höfisch-ritterlichen Kultur und Dichtung, die um 1200 sich voll entfaltet."! Doch gerade die beiden Attribute höfisch und ritterlich als Gattungsmerkmale mhd. Literatur werfen mehr Probleme auf als sie klären. Das Rittertum als Träger der deutschen Kultur um 1200 verflüchtigt sich dem kritischen Betrachter immer mehr ins Nebulöse ideologischer Entwürfe. Auch das Merkmal höfisch weist große Unschärfen auf. Zum einen soll es sich auf den konkreten Adelshof des 12. und 13. Jh. als den Ort beziehen, wo diese Texte entstanden und rezipiert wurden. Zum anderen ist damit der Inhalt gemeint, insofern höfisches Leben par excellence hier dar gestellt werde. Aber auch die sogenannte vor- bzw. fTÜhhöfische Literatur hätte ohne den realen Adelshof nicht existieren können. Selbst wenn höfisch sich nur auf Inhalt und Art der Darstellung be ziehen soll, wird damit sicher nicht das entscheidende Charakteristi kum dieser Werke erfaßt. In einigen von ihnen spielt das höfische Leben kaum eine Rolle, in anderen wird es von sonstigen Merkmalen so überlagert, daß diese eher zu einer Charakteristik heranzuziehen wären. Doch möchten auch wir die mhd. Texte zwischen etwa 1150 und 1180 als eigene Formation auffassen. Obwohl recht unterschiedliche Werke in dieser Zeit entstehen, stellt sich dennoch ein Zusammen hang her über die Funktion, die diese Texte für bestimmte Gruppen 11 der damaligen Gesellschaft haben. Die Zeit "um 1180" gilt uns des halb als Einschnitt, weil danach mit den Artusepen Hartmanns von Aue (siehe unten) wieder etwas Neues beginnt, das zwar in der Tradi tion der vorhergehenden Epoche steht, gleichzeitig aber qualitativ und funktional Anderes repräsentiert. Angesichts der großen Zahl der in Frage kommenden Werke können wir nur exemplarisch vorgehen. Die Auswahl wird dabei ein mal von der Überlieferungslage bestimmt. Eine ganze Anzahl sicher lich wichtiger Werke, wie z. B. der Graf Rudolf, der Herzog Ernst oder der Tristrant Eilharts von Oberge ist nur in spärlichen Frag menten oder so späten Bearbeitungen erhalten, daß sie nur bedingt einen fundierten Eindruck von Bestand und Funktion der mhd. Lite ratur der 2. Hälfte des 12. Jh. geben können. Zum anderen sollen die auszuwählenden Texte geeignet sein, über ihre Heterogenität hinaus die Gemeinsamkeiten der literarischen Formation demonstrieren zu können. Dazu ist ein Minimalbestand an symptomatischen Merk malen erforderlich, denen in den einzelnen Werken gleichsam wie an Leitlinien nachgespürt werden kann. Unter diesem Gesichtspunkt muß z. B. auf das Moralium dogma "deutsch" Wernhers von Elmen dorf verzichtet werden. Neben ihrer Darstellung ist unser Hauptanliegen, die besondere historische und gesellschaftliche Funktion der Werke aufzuzeigen. Allerdings werden wir dabei nicht immer zu endgültigen und abge sicherten Ergebnissen vorstoßen können. Häufig nämlich fehlen selbst die einfachsten materiellen Grundlagen einer solchen Inter pretation. Person der Autors, Abfassungszeit, Entstehungsort, Auftraggeber, Publikum und Verbreitung sind bei den meisten Texten kaum bekannt. Selbst eine relative Chronologie der einzelnen Werke zueinander ist nur mit Vorbehalten herzustellen, da Entste hungszeiten und mögliche Verbindungen oft nur vage aus text immanenten Hinweisen erschlossen werden können. Schon aus diesem Grunde verbietet sich der Versuch, eine stringente Linie der literarischen Entwicklung für diese Zeit aufzeigen zu wollen. Mit den ausgewählten Texten wird deshalb die literarische Landschaft gleichsam nur schlaglichtartig ausgeleuchtet. So wird zwar kein geschlossenes, gar organisches Bild, trotzdem aber ein umfassender Eindruck dieser Literatur vermittelt. 12 Kaisercbronik Wir beginnen mit der Kaisercbronik, die wohl auch zeitlich mit an den Anfang der Epoche gehört. Der Oberlieferungshäufigkeit nach steht sie sicher an erster Stelle. Immer wieder wurde die Kaiser cbronik abgeschrieben, erfuhr Bearbeitungen, gar Fonsetzungen. Von ihrer ersten, wohl um oder kurz nach 1152 in Regensburg entstandenen Fassung kennen wir außer den Fragmenten 7 mehr oder weniger vollständige Abschriften. Für einen deutschen Text aus der Mitte des 12. Jh. ist dies außergewöhnlich viel. Und doch wissen wir weder, wer die Kaisercbronik verfaßt hat, noch für wen sie entstand. Was ist dies für ein Werk, für das das 12. und 13. Jh. so großes Interesse hegten? Die Kaisercbronik bezeichnet sich selbst als cronica (17). Eine Chronik will eine Aufzeichnung geschichtlicher Ereignisse in ihrer zeitlichen Abfolge geben. Selektives Vorgehen zur Struktu rierung der unübersehbaren Fülle des historischen Materials ist dabei selbstverständlich. So nennt auch die Kaisercbronik in einem Prolog (1-42) ihr Auswahlprinzip, dem sie explizit ein didaktisches An liegen hinzufügt. Unter dem abschreckenden Verweis auf die tumben (Dummen/Törichten; 6), die sich gegen jegliche auch nur mit der geringsten Mühe verbundene Unterweisung sträubten, wird ein un mittelbarer Nutzeffekt proklamiert. Den Aufmerksamen nämlich er schließe der Text einen solchen Sinn, 12 dannen sie mahtent haben wistuom unt ere; und wlZf'e iedoch [rum der sele. (wovon sie Weisheit und Ehre erlangen könnten; und dennoch nütze es auch dem Seelenheil.> Das Material der Belehrung soll die Geschichte der Päpste und Könige sein, die Romisces ricbes pblagen (das römische Reich lenkten; 22). Diesem Konzept entspricht das Konstruktionsprinzip, das dem Werk den Namen "Kaiserchronik" eingetragen hat: die aggregatartige Aneinanderreihung von Kaiserviten. Diese beginnen mit lulius Caesar und enden (mitten im Satz) nach 17283 Versen im Dezember 1147 mit der Notiz, daß der Staufer Konrad Ill. sich zum Kreuzzug entschlossen habe. Doch darf der heutige Leser sich keine falschen Vorstellungen über die historische Authentizität des Berichtes machen. "Es gibt in der gesamten mittelalterlichen Chronistik bis zum 13. Jh. kein Werk, in dem die Chronologie auch nur annähernd so vernachlässigt wäre, 13

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