Kirsten Puhr Jens Geldner Hrsg. Eine inklusions- orientierte Schule Erzählungen von Teilhabe, Ausgrenzungen und Behinderungen Eine inklusionsorientierte Schule Kirsten Puhr · Jens Geldner (Hrsg.) Eine inklusions orientierte Schule Erzählungen von Teilhabe, Ausgrenzungen und Behinderungen Herausgeber Kirsten Puhr Jens Geldner Heidelberg, Deutschland Heidelberg, Deutschland ISBN 978-3-658-13774-8 ISBN 978-3-658-13775-5 (eBook) DOI 10.1007/978-3-658-13775-5 Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen National- bibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Springer VS © Springer Fachmedien Wiesbaden 2017 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. 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Lektorat: Stefanie Laux, Kerstin Hoffmann Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Springer VS ist Teil von Springer Nature Die eingetragene Gesellschaft ist Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH Inhaltsverzeichnis Angaben zu den Autor_inn_en ..................................................................... IX Vorwort ......................................................................................................... XI 1. Einleitung ............................................................................................... 1 Kirsten Puhr Exkurs: Die Ernst-Reuter-Schule II in Frankfurt am Main .................... 9 Jens Geldner 2. Theoretische Einsätze in Erzählungen von Teilhabe, Ausgrenzungen und Behinderungen im Kontext inklusions orientierter Schulvorstellungen .......................................... 13 Kirsten Puhr 2.1 Positionierungen zu Fragen von Teilhabe, Ausgrenzungen und Behinderungen......................................................................................... 14 2.2 Erzählung als Konzept performativer, texttheoretisch motivierter Forschungen ............................................................................................. 35 3. Lebensgeschichtliche Erzählungen ...................................................... 63 Exkurs: Episodisch-narrative Interviews und lebensgeschichtliche Erzählungen ............................................................................................. 63 Kirsten Puhr V VI Inhaltsverzeichnis 3.1 Das System der integrativen Gesamtschule war schon interessant ......... 69 Ralf Scheider, Co-Autorinnen Teresa Budach und Kirsten Puhr 3.2 Die Schule war für uns alle eine sehr prägende Zeit ............................... 79 Andrzej Bodek, Co-Autor Jens Geldner, Co-Autorin Kirsten Puhr 3.3 Man fühlt das irgendwie, man ist vernarbt .............................................. 96 Sandra Arroyo, Co-Autor Jens Geldner 3.4 Von der Erfahrung von Teilhabe leitet sich ein Bewusstsein für Ausgrenzung ab ................................................................................. 112 Sara Adel, Co-Autorin Kirsten Puhr 3.5 Das ist jetzt nicht nur auf Menschen mit Behinderung bezogen, sondern einfach generell .......................................................................... 127 Mandana Eftekhari, Co-Autor Jens Geldner 3.6 Jetzt ist es okay ........................................................................................ 140 Paul Gollenbeck, Co-Autorin Teresa Budach, Co-Autor Jens Geldner 3.7 Mein Bereich. Da komme ich klar .......................................................... 146 Max Faur, Co-Autor Jens Geldner 3.8 Das war immer learning by doing ........................................................... 150 David Tocü, Co-Autorinnen Vera Schubert und Kirsten Puhr 3.9 So bestimmte Skills habe ich da mit Sicherheit erworben ...................... 162 Alex Denger, Co-Autor Jens Geldner 3.10 Bei mir in der Schule hat das so gut geklappt ......................................... 175 Julia Denger, Co-Autorinnen Teresa Budach und Kirsten Puhr 3.11 Eigentlich hab ich immer das gemacht worauf ich Lust habe ................. 185 Nicolas Schumann, Co-Autorin Teresa Budach, Co-Autor Jens Geldner 3.12 Das ist vielleicht so die Besonderheit, die ich aus meinem Leben erzählen kann .......................................................................................... 195 Robin Piechota, Co-Autorin Kirsten Puhr Inhaltsverzeichnis VII 3.13 Das ist schon ein ganz schöner Unterschied ........................................... 209 Maximilian Thalheimer, Co-Autorin Kirsten Puhr 3.14 Mein Leben läuft super............................................................................ 224 Carla Thomas, Co-Autorin Vera Schubert 3.15 Ich nehme halt Rücksicht ......................................................................... 230 Birte Thomas, Co-Autorinnen Teresa Budach und Kirsten Puhr 4. Erzählungen von Teilhabe und Ausgrenzungen, Verschiedenheiten und Behinderungen ............................................................................... 239 Exkurs: Zur Entstehung der analytischen Erzählungen .......................... 239 Jens Geldner 4.1 Teilhabe in der Verschränkung von Partizipation und Interdependanz .. 243 Jens Geldner 4.2 Performative und ambiguose Konstruktionen von Behinderungen ........ 269 Judith Mahnert 4.3 Verhältnisse von Teilhabe und Ausgrenzungen, Verschiedenheiten und Behinderungen ................................................................................. 288 Kirsten Puhr 5. Thesen zu inklusionsorientierten Schulvorstellungen ....................... 325 Kirsten Puhr Angaben zu den Autor_inn_en Budach, Teresa, Dipl. Soziologin, aktuell Studium der Sozialen Arbeit an der Hoch- schule Mittweida, tätig als Sozialberaterin im Alphabetisierungsbereich in Leipzig. E-Mail: [email protected] Geldner, Jens, wissenschaftlicher Mitarbeiter, Pädagogische Hochschule Heidel- berg, Institut für Sonderpädagogik, Arbeitsbereich sonderpädagogische Grundla- gen und Handlungsfelder. Arbeitsschwerpunkte: theoretische und politische Fra- gen gesellschaftlicher Teilhabe, mit einem Schwerpunkt auf berufl icher Teilhabe; methodologische und methodische Fragen qualitativer Sozialforschung, Diskurs- theorie und Ethnografi e. E-Mail: [email protected] Mahnert, Judith, Mag.a, Promotionsstipendiatin der Hans-Böckler-Stiftung. Ar- beitsschwerpunkte: gesellschaftliche Prozesse von Inklusion/Exklusion; Erwerbs- arbeit als kulturelles Konzept; Subjektivierungsweisen von (Existenz-)Grün- der_innen; sozioökonomische Denkmodelle; neuere frz. politische Theorie und Philosophie; Ethnografi e; politische Bildungsarbeit. E-Mail: [email protected] Puhr, Kirsten, Dr., Professorin für soziale und berufl iche Integration, Pädagogi- sche Hochschule Heidelberg, Institut für Sonderpädagogik, Arbeitsbereich son- derpädagogische Grundlagen und Handlungsfelder. Arbeitsschwerpunkte: In- klusion/Exklusion als Theorie- und Handlungsprobleme; soziale Ungleichheiten als Fragestellungen der Sozial- und Sonderpädagogik; außer- und nachschulische pädagogische Arbeitsformen und Handlungsfelder; Methodologie und Methoden qualitativer Sozialforschung und pädagogischer Fallarbeit. E-Mail: [email protected] Schubert, Vera, Sonderpädagogin, Lehrerin an der Hermann-Gutzmann-Sprach- heilschule Mannheim. E-Mail: [email protected] Die Autor_inn_en der lebengeschichtlichen Erzählungen sind an dieser Stelle nicht namentlich erwähnt, da einige Erzählungen unter einem Pseudonym ver- öffentlicht werden. IX Vorwort „Die demokratische Logik […] der Einschreibung von Rechten und Gleichheit in Praxen ist notwendig, um die dem liberalen Diskurs inhärente Tendenz zum abstrakten Universalismus zu subvertieren. Die Artikulation mit der liberalen Logik ermöglicht dagegen – durch den Bezug auf die ‚Menschheit‘ und den polemischen Einsatz der ‚Menschenrechte‘ – die permanente Infragestellung der Exklusionsformen, die mit der politischen Praxis […] notwendig verbunden sind.“ (Mouffe 2010, S. 82) Im thematischen Zentrum der Erzählungen dieses Buches stehen Fragen, die sich uns in erziehungs- und sozialwissenschaftlichen sowie bildungspolitischen Aus- einandersetzungen mit Konzeptionen und Praxen von Inklusion und Exklusion stellen. Sie richten sich auf Vorstellungen von Teilhabe und Ausgrenzungen, Ver- schiedenheiten und Behinderungen. Die spezifi schen Weisen zu fragen und sich forschend auf diese Fragen einzulassen legitimieren sich einerseits mit unseren wissenschaftstheoretischen, forschungsmethodologischen und -methodischen Zu- gängen (vgl. Kapitel 1 und 2) und andererseits mit unserer bildungspolitischen Positionierung für eine inklusionsorientierte Schulkonzeption. Die Einsätze der Forschungen, die wir hier als mögliche zur Diskussion stel- len, legitimieren sich damit (auch) politisch: (1) mit dem Inklusionsgebot demo- kratischer Gesellschaften, das prinzipiell gleiche Inklusionsmöglichkeiten für alle Menschen unabhängig von sozialen Merkmalen und individueller Exklusivität for- dert, (2) mit Kritiken an ungleichen Chancen der Teilhabe und sozialen Ausgren- zungen in gesellschaftlichen (strukturell organisierten wie gemeinschaftlichen) Praxen und (3) mit einem radikalen Demokratiekonzept, das den Einsatz für in- klusionsorientierte gesellschaftliche Strukturen und soziale Praxen einschließlich der damit verbundenen Machtverhältnisse „in einem Kontext des Konfl ikts und XI XII Vorwort der Diversität“ (Mouffe 2010, S. 87) angesichts der Unentscheidbarkeit grundsätz- lich voneinander verschiedener Ansprüche verortet. Von daher ist es unser Ziel, mit den Erzählungen dieses Buches das kritisch- produktive Potential integrations- und inklusionspädagogischer Ansätze wissen- schaftlich begründet zur Diskussion zu stellen (vgl. Kapitel 1 und 5), ohne dabei einen deliberativen Anspruch der Versöhnung von Rationalität und Legitimation zu vertreten (vgl. Mouffe 2010, S. 87). Wir widmen dieses Buch dem Lehrer Horst Holzschuh; einem kämpferischen und unermüdlichen Streiter für eine ‚Schule für alle‘. Wir möchten damit einen en- gagierten, leidenschaftlichen Pädagogen würdigen, auch wenn wir ihn persönlich nicht kannten1. Mit dem Namen Horst Holzschuh rufen wir einen Bezug zu den Entwicklungen integrativer Gesamtschulen der 1970iger bis 1990iger Jahre auf. Damit weisen wir zugleich auf Gemeinsamkeiten dieser Konzeptionen und Praxen mit aktuellen bildungspolitischen und erziehungswissenschaftlichen Einsätzen für schulische Inklusion und für Gesamtschulen hin. Die Ernst-Reuter-Schule II in Frankfurt am Main2 – in der Horst Holzschuh langjährig als Lehrer, Pädagogischer Leiter und Mitglied der kollegial gewählten Schulleitung wirkte – versteht sich seit den 1970er Jahren als integrative Schule für Schüler_innen verschiedenster Na- tionalitäten, mit und ohne zugeschriebene Behinderungen, welche in unterschied- lichsten Lebenslagen beheimatet sind. Das politische und professionelle Wirken des Pädagogen Horst Holzschuh steht exemplarisch für die bildungspolitischen, schulorganisatorischen und pädagogisch-didaktischen Auseinandersetzungen um Konzepte und Praxen integrativer Gesamtschulen, denen (auch) diese Schule ihr Profi l zu verdanken hat. In den Erzählungen dieses Buches stellen wir die Ernst-Reuter-Schule als inklusionsorientierte Schule vor. Das empirische Material für diese Vorstel- lungen bekamen wir von 27 Absolvent_inn_en der Ernst-Reuter-Schule II, die zu unterschiedlichen Zeiten mit und ohne zugeschriebene Behinderungen Schüler_innen dieser Schule waren. Wir danken allen Interviewten ganz herzlich 1 Für die Anregung zu dieser Widmung danken wir Rainer Mohr-Herlitz ebenso wie für die Anregung zu der empirischen Erforschung der Lebensgeschichten von Absolvent_ inn_en der Ernst-Reuter-Schule II in Frankfurt am Main. Wir hoffen, dass wir die, mit diesen Anregungen verbundenen, Hoffnungen der Würdigung (möglicherweise nicht in erwarteter, aber) auf unsere Weise eingelöst haben. 2 Wir danken der derzeitigen Schulleitung, der stellvertretenden Schulleiterin, Frau Ingrid Burow-Hilbig, und dem Schulleiter, Herrn Gerhard Schneider, für die Ent- scheidung, uns die namentliche Nennung der Ernst-Reuter-Schule in diesem Buch zu gestatten, auch wenn wir die Schule nicht als Ort der Untersuchung von Gelingensbe- dingungen gemeinsamen schulischen Lernens und Lebens vorstellen.