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Durchsicht 1987 – 2005 Bernhard Leitner: Universität für Angewandte Kunst Wien PDF

135 Pages·2005·6.969 MB·German
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DURCHSICHT 1987 - 2005 BERNHARD LEITNER Universitat fur Angewandte Kunst Wien Band1 / MATERIALIEN ^ SpringerWienNewYork 7 Vorwort 9 Anselm Wagner Multimediale Grundlagenforschung Bernhard Leitners Medienklasse an der Angewandten 16 Mitarbeiterteam 21 Franz Schuh Virtuell / Materiell 24 LUMINA 2003 25 Bernhard Leitner LUMINA 2003 30 Gesprache 32 Exkursionen 33 SENSOREN 2001 34 Franz Schuh Switch the Media 39 Anselm Wagner Die Kunst der Lehre 44 DVD Navigation 46 DVD 1/DVD 2 Projektiisten 48 Impressum DURCHSICHT 1987-2005. Durchsicht ist als eine rijckblickende Tatigkeit zu sehen, urn aus den vielen Projekten, die wahrend meiner siebzehneinhalbjahrigen Arbeit mit jungen Kunstlern und Kunstlerinnen an der Universitat fur Angewandte Kunst in Wien entstanden, eine gefilterte Dokumen- tation zu formen. Durchsicht zu behalten, mit einem skeptisch-kriti- schen, wie neugierig-offenen Durchblick auf das Wesentliche, was Fragen zur Kunst und den Umgang mit Kunst betrifft, war mein Anspruch in dieser Arbeit. Es ist e/>7e Dokumentation. Ich mochte festhalten, dass diese Dokumentation mangelhaft ist, sein muss, da eine nicht geringe Anzahl von herausragenden kijnstlerischen Arbeiten bedauerlicher- weise nicht gespeichert wurde, oder in den verfugbaren Medien nicht gespeichert werden konnte. Anderten sich auch die Titel von Meisterklasse fur Gestaltungslehre zu Medienubergreifende Bild-, Ton- und Raumgestaltung und schliesslich Medienubergreifende Kunst, so blieb von 1987 bis 2005 der inhaltliche Schwerpunkt derselbe: Hinterfragen, Uberla- gern, Verweben von Bild-, Ton- und Raumsprachen zu neuen kiinst- lerischen Ausdrucksweisen. Bildnerisches und akustisches Experim- entieren, Beobachten, Research-Modelle, Simulation, laborartig kunstlerische Forschung. Themen und Material der Auseinander- setzung mit Kunst- und Kunstproduktion sind weit gefachert. „Medienubergreifend" steht in dieser Klasse aber nicht nur fur einen moglichst breiten Ansatz kunstlerisch-kreativer Arbeit, fiJr ein Off- nen eng definierter Bereiche kunstlerischer Arbeit, fur das heute fast selbstverstandliche Ineinanderfliessen friiher genau abge- trennter Gebiete, sondern auch fur ein grenzuberschreitendes Auf- arbeiten geschichtlicher Kunstformen sowie fur interdiziplinare Gesprache zu Kunst und Politik, zu Kriterien der Kunstrezeption, zu Kunst und Wissenschaft. Finden und Erfinden von Kunst - entwickelt aus der kritischen und reflektiven Identitat kunstlerischen Handelns - als Wahrnehmungs- scharfung, als andere, erweiterte Wirklichkeit, als Gegenmodell. Bernhard Leitner LUMINA, 2003 Photo: Elisabeth KohlweiB Anselm Wagner Multimediale Grundlagenforschung Bernhard Leitners Medienklasse an der Angewandten Vor sechs Jahren wurden die osterreichischen Kunsthochschulen in Universitaten umgewandelt. Hinter der Orientierung der Kunstler- ausbildung am universitaren Modell steckte die von der Kunst- theorie der 90er Jahre forcierte Idee, Kunst sei eine Form von Wissenschaft. Tatsachlich haben sich viele neokonzeptualistisch orientierte Kunstlerlnnen der 90er Jahre genuin wissenschaftlicher Methoden bedient, sich als Ethnographen, Okologen, Urbanisten, Sozialforscher etc. betatigt. Neu ist seither auch, dass die Studierenden (zumindest theore- tisch) nicht mehr auf einen Professor, den „Meister", fixiert sind, sondern innerhalb eines Instituts die gesamte Palette des Lehr- angebots wahrnehmen konnen. Die Gefahr, dass die „Meister- schuler" bloB ihren „Meister" nachahmen, ist somit geringer. De facto sind die ehemaligen „Meisterklassen" aber nach wie vor intakt. Das beginnt bei den Aufnahmeprufungen, wo die Stimme eines Professors fur die Aufnahme genugt (und bei dem man dann auch unterkommt), und wird stabilisiert durch den Arbeitsplatz, den man in einer bestimmten „Klasse" zusammen mit anderen „Klassen- kolleglnnen" bezieht. Zu anderen Professorlnnen geht man dann meist nur in Notfallen. Sehr viel hangt daher nach wie vor davon ab, wie breit die Palette des Lehrangebotes innerhalb einer Klasse ist. Zu den bemerkens- wertesten Beispielen innerhalb der osterreichischen Kunst- unilandschaft zahit hier das „Ordinariat fur medienubergreifende Bild-, Ton- und Raumgestaltung" an der Universitat fur Angewandte Kunst in Wien. Hinter diesem umstandlichen Titel verbirgt sich die ehemalige Klasse fur Gestaltungslehre des Klangkijnstlers Bernhard Leitner, die bis vor vier Jahren noch fur die Ausbildung von bildneri- schen Erziehern zustandig war, seither jedoch in derfreien Medien- kunst angesiedelt ist. Hier wird auf exemplarische Weise auspro- biert, wie Kunst und Wissenschaft eine sinnvolle Symbiose bilden konnen. Leitner, der selber von der Architektur her kommt und seit den 70er Jahren als Pionier akustischer Architektur und Skulptur kunstlerische Grundlagenforschung betreibt (siehe PARNASS 2/ 2002), verkorpert den Typus des Kunstler-Wissenschafters in einem der Naturwissenschaft verwandten Sinn: Versuchsanordnung und Experiment sind ihm selbstverstandliche Mittel fur asthetische Ziele, und seine Arbeitsstatte gleicht mehr einem elektro-akusti- schen Labor als einem herkommlichen Atelier. Leitner ist Exponent einer in Osterreich oft marginalisierten Traditionslinie, in der u.a. das 10 Bauhaus sowie die Allianz von Neuer Musik, Modern Dance und Minimal Art wichtige Orientierungspunkte bilden und fur die als lokale Inkunabein der Wiener Kinetismus und das Wittgensteinhaus stehen. Anfang der 70er Jahre hat Leitner Ersteren wiederentdeckt, Letzteres vor dem Abriss gerettet und somit nebenbei auch in den Disziplinen der Kunstwissenschaft und Denkmalpflege Beachtliches geleistet. Wiewohl ein im kritischen Kunstdiskurs New Yorks der 70er Jahre und der groBen Zeit der Concept Art sozialisierter Intellektueller, ist Leitner kein Vertreter eines diskursiven Kunstbegriffs. Das mag dem zuvor betonten wissenschaftlichen Charakter seiner Arbeit zunachst zu widersprechen. Leitners Credo lautet: „Eine asthetische Haltung vermittelt sich nicht allein durch das Wort". Vielmehr geht es ihm um eine Scharfung und Erweiterung der Wahrnehmung in einer umfas- senden, alle Sinne aktivierenden Form, was man oft nur durch die Erzeugung einer bestimmten Atmosphare erreicht. Erst auf dieser Basis kann begriffliche Erkenntnis aufbauen. Seit Antritt seiner Wiener Professur im Jahr 87 hat Leitner es ver- standen, sich einen auBerst vielfaltigen Mitarbeiterstab aufzubauen, wie man ihn in dieser Breite wohl kaum woanders findet. Die urspriinglich von der Malerei kommende Nita Tandon und der Video- kiJnstler Helmut Rainer vertreten dabei das zentrale kunstlerische Fach. Tandon, die Anfang der 90er Jahre mit medienanalytischen Objekten zum Thema Tafelbild bekannt wurde, ist u.a. fur den Umgang mit Materialien und primaren Gattungen wie der Hand- zeichnung verantwortlich und vermittelt Kenntnisse im Umgang mit Objekt und Raum. Rainer, der in den 80er Jahren Wesentliches zur kleinen Phalanx der osterreichischen Videoskulptur beitrug und heute vor allem als Lichtkunstler in Erscheinung tritt, betreut das Feld elektronischer Kunst. Beide stellen ihren Studentlnnen Semester- themen, die jedoch fur jedes beliebige Medium offen sind. Um- fassende Recherche heiBt dabei die Maxime. Zum Thema „Licht - Raum - Atmosphare" kann es schon mal sein, dass Rainer auch die Lekture von Albert Camus' „Der Fremde" empfiehlt. Vor einigen Jahren konnte der ehemalige Leitner-Schuler Markus Wintersberger diesen Kernbereich erweitern. Wintersberger hat seine Arbeit im Schnittfeld von Korperkunst und Digitalisierung begonnen und bie- tet den Studierenden nun Forschungsmoglichkeiten zwischen Video, Tanz und Performance an, wofiir er auch professionelle Tanzerlnnen 11 engagiert. Fur den Sound- und Musikbereich sind der Elektro- akustiker Peter Bohm und neuerdings Florian Bogner zustandig. Vier Studentlnnen aus Bohms Klanglabor gestalteten diesen Marz die „Tonspur 5" in der Electric Avenue im Museumsquartier. Abweichend von den bisher dort installierten rein akustischen Klangarchitekturen wurde dabei eine Einheit aus Bild und Ton erzielt. Abgerundet wird das praktisch-technische Angebot von Philipp Stadler, bis vor kur- zem wie Wintersberger noch Student der Klasse, der nun Prasentationstechniken und grafische Gestaltung unterrichtet. In vielen Meisterklassen ist es ab den 80er Jahren ubiich geworden, sich eigene „Haustheoretiker" zu halten. Sehr spezifisch ist dabei die Wahl von Bernhard Leitner ausgefallen. Seine beiden Theo- retiker kommen nicht - wie fur solche Jobs ubiich - aus der Kunst- wissenschaft, und beide sind teilweise auch Praktiker. Der Psychologe, Biologe und Elektrotechniker Johannes Steurer lehrt einerseits Wahrnehmungstheorie und Sensorik, andererseits fiJhrt er die Studentlnnen in die Technik des digitalen Videoschnitts ein. Der Schriftsteller und Literaturwissenschafter Franz Schuh, Leitners prominenteste „Erwerbung", konfrontiert die Studierenden zwar auch mit kunstsoziologischen Phanomenen und erfiillt damit den Job eines klassischen „Haustheoretikers", vor allem aber schlagt er eine BriJcke zum Medium der Sprache in der Belletristik, denn, wie er sagt, die Kenntnis einer anderen asthetischen Disziplin lehre einen auch, die eigene Disziplin besser zu beherrschen - so wie man durch das Lernen von Fremdsprachen auch die Kenntnis der eigenen Muttersprache erweitere. Die ungewohnliche Breite des klasseninternen Angebots, das immer direkt auf die jeweiligen studentischen Interessen und Probleme reagieren kann und sich damit grundsatzlich von allge- LUMINA, 2003 Photos: Elisabeth KohlweiB

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