Philipps-Universität Marburg Lehrstuhl für Technologie- und Innovationsmanagement Prof. Dr. Michael Stephan Diplomarbeit im Wintersemester 2008/2009 Durchsetzung portabler Brennstoffzellentechnologie in kommerziellen Anwendungen Betreuer: Dipl. oec. Tim Kessler von Timo Paulsen Paul-Ehrlich-Weg 3 35037 Marburg Tel.: 0173/ 652 95 97 Email: [email protected] Matrikelnummer: 1531832 Betriebswirtschaftslehre im 11. Fachsemester Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis.....................................................................................................................ii Abbildungen.............................................................................................................................iv Tabellen.....................................................................................................................................v Abkürzungen...........................................................................................................................vi 1. Einleitung.............................................................................................................................1 1.1 Zielsetzung und Problemstellung................................................................................2 1.2 Aufbau und methodische Basis...................................................................................2 2. Die Brennstoffzellentechnologie als General Purpose Technology.....................................4 2.1 Die Brennstoffzelle als Energieversorger von morgen? .............................................4 2.2 Grundlagen der Technologie.......................................................................................7 2.3 Die Brennstoffzellentypen und Ihre Anwendungsbereiche........................................9 2.4 Die portable Brennstoffzellentechnologie.................................................................12 2.5 Relevante Technologien für portable Anwendungen................................................14 2.6 Wettbewerbstechnologien der portablen Brennstoffzelle.........................................17 2.6.1 Photovoltaik und Generatoren.......................................................................17 2.6.2 Batterien und Akkumulatoren.......................................................................18 2.6.3 Konvergenz der Technologien......................................................................21 2.7 Einsatzgebiete und Einstiegsmärkte der portablen Brennstoffzellentechnologie.....22 3. Consumer Electronic Markt...............................................................................................27 3.1 Allgemeine Darstellung.............................................................................................27 3.2 Der globale Mobiltelefonmarkt.................................................................................28 3.3 Konsumentenbedürfnisse und Treiber des Marktes..................................................31 3.4 Herausforderungen der Brennstoffzellenentwicklung...............................................35 3.5 Kommerzialisierungsankündigungen........................................................................36 ii 4. Fallbeispiele.......................................................................................................................40 4.1 SFC Smart Fuel Cell AG...........................................................................................40 4.2 Samsung SDI Co. Ltd................................................................................................45 5. Kommerzialisierung der portablen Brennstoffzellentechnologie......................................50 5.1 Die Brennstoffzelle und die Brennstoffinfrastruktur: Eine Henne -Ei-Problematik?50 5.2 Die Wertschöpfungskette der portablen Brennstoffzellentechnologie......................53 5.2.1 Die Wertschöpfungsstufen............................................................................53 5.2.2 Veränderung der Wertschöpfungskette.........................................................56 5.3 Normen und Standards der portablen Brennstoffzellentechnologie.........................58 5.3.1 Begriffsbestimmung und Einführung............................................................58 5.3.2 Internationale Standards der portablen Brennstoffzellentechnologie...........60 5.3.3 Bedeutung von Normen und Standards für die Kommerzialisierung...........62 5.3.4 Anwendung von Normen und Standards in der Praxis.................................65 5.3.5 Partizipation am Standardisierungsprozess...................................................66 5.3.6 Durchsetzung eigener Standards und Markteintrittsbarrieren.......................69 6. Zusammenfassung und Fazit..............................................................................................71 Literaturverzeichnis..................................................................................................................I Anhang..................................................................................................................................VII iii Abbildungen Abbildung 1: Alternative Energieumformung der Brennstoffzelle............................................8 Abbildung 2: Prinzipaufbau einer Brennstoffzelle.....................................................................9 Abbildung 3: Brennstoffzellentypen und Anwendungsbereiche.............................................11 Abbildung 4: Speicherdichte unterschiedlicher elektrochemischer Systeme...........................16 Abbildung 5: Vergleich der Energiekapazität von Li-Io-Batterie und DMFC........................20 Abbildung 6: Kumulierte Absatzzahlen von Brennstoffzellensystemen im Freizeitbereich...24 Abbildung 7: Marktanteile Mobiltelefonmarkt weltweit: 1. Quartal und 4. Quartal 2007......29 Abbildung 8: Top 5 Mobiltelefonhersteller - Umsätze in Million US$ 2006 und 2007..........30 Abbildung 9: Top 5 Mobiltelefonhersteller - Umsätze und Gewinn in Million US$ 2007.....31 Abbildung 10: Operating Time Issues in Mobile PC...............................................................34 Abbildung 11: SFC Smart Fuel Cell AG - Umsatz nach Produkten 2004 bis 2007................42 Abbildung 12: SFC Smart Fuel Cell AG - Internationalisierungsstrategie.............................43 Abbildung 13: SFC Smart Fuel Cell AG - Kostenreduktion (A50 / EFOY 1200)..................44 Abbildung 14: DMFC Prototyp-Design - Samsung Notebook................................................48 Abbildung 15: Organisationsstruktur Samsung.......................................................................49 Abbildung 16: Wertschöpfungskette der Brennstoffzelle portabler Anwendungen................54 Abbildung 17: Arten von Normen und Standards....................................................................59 iv Tabellen Tabelle 1: Brennstoffzelltypen.................................................................................................10 Tabelle 2: Permanenter Kapazitätsverlust von Lithium Ionen Batterien in Abhängigkeit von Temperatur und Ladezustand..................................................................................20 Tabelle 3: Japanische Mitglieder der Working Group 8: Micro fuel cell power systems – Safety......................................................................................................68 v Abkürzungen DMFC Direct Methanol Fuel Cell GPSG Geräte- und Produktsicherheitsgesetz GPT General Purpose Technology GS Geprüfte Sicherheit ICAO International Civil Aviation Organization IEC International Electrotechnical Commission MEA Membrane Electrode Assembly OEM Original Material Manufacturer PAS Publicly Available Specification PEMFC Polymer Electrolyte Membrane SDI Samsung SDI Co. Ltd. SFC SFC Smart Fuel Cell AG vi 1. Einleitung „Ich glaube, meine Freunde, dass eines Tages Wasserstoff und Sauerstoff, aus denen sich Wasser zusammensetzt, zur unerschöpflichen und ganz ungeahnten Energiequelle werden.“ (Jules Verne 1870, Die geheimnisvolle Insel)1 Dieses visionäre Zitat Jules Vernes spiegelt die historische Suche der Menschen nach alterna- tiven Energiequellen wider. Es beschreibt das Grundprinzip der Brennstoffzelle, Wasserstoff und Sauerstoff zu elektrischen Strom zu wandeln. Diese weitsichtige Aussage vollzog sich damals in dem Bewusstsein der Endlichkeit des Energieträgers Kohle und einer Suche nach zukünftigen Alternativen. 140 Jahre später ist diese Suche nach der Energieversorgung der Zukunft immer noch allgegenwärtig. Die Brennstoffzelle wird rund um den Globus eupho- risch als Lösung für dieses drängende Problem gesehen. Sie wird demnach als die Schlüssel- technologie dieses Jahrhunderts gehandelt. Zudem soll diese Technologie nicht nur die Ener- gieversorgung von morgen realisieren, sondern noch weitreichendere Veränderungen mit sich bringen. Treibhauseffekt, Emissionsreduktion und Klimawandel sind Schlagworte in einer Diskussion um den offensichtlichen Raubbau an der Erde und werden mit dieser Technologie in Beziehung gesetzt. Es wurden globale Entwicklungsanstrengungen gemacht, um sich die Vorteile der Brennstoffzelle nutzbar zu machen, was ihr Vordringen in vielen Wirtschaftsbe- reichen nach sich zog. Jeder Anwendungsbereich bringt individuelle Ansätze hervor um sich das Potential der Brennstoffzellentechnologie zu erschließen. Es besteht infolgedessen eine Fülle an Variationen von technischen Lösungen. Wird die Brennstoffzelle aus dem evoluti- onsökonomischen Blickwinkel betrachtet, bildet diese Variation die Basis für den technologi- schen und wirtschaftlichen Fortschritt. Entscheidend für den zukünftigen Beitrag dieser Tech- nologie zur Beantwortung der angesprochenen, drängenden Fragen ist die Selektion unter einer Flut von Möglichkeiten. Durch eine fortschreitende Miniaturisierung bildet die Brenn- stoffzellentechnologie ein Reservoir an Anwendungsmöglichkeiten in Produkten des alltägli- chen Lebens. Einer dieser Bereiche ist die portable Brennstoffzellentechnologie, dem sich diese Arbeit widmet. 1 Zitiert in Pehnt/ Schnurnberg (2002), S.184. 1 1.1 Zielsetzung und Problemstellung Dieser Beitrag verfolgt das Ziel, der Frage nachzugehen, ob sich die portable Brennstoffzel- lentechnologie in kommerziellen Anwendungen durchsetzt. Diese Fragestellung wirft eine Vielfalt an zu klärenden Sachverhalten auf. Zunächst ist der eingangs erwähnten Fülle an technologischen Variationen nachzugehen. Dementsprechend ist es die Aufgabe der Arbeit, Technologien und Einsatzgebiete zu identifizieren, in denen die portable Brennstoffzellen- technologie verwendet werden kann oder schon Verwendung findet. Dabei sind die Anforde- rungen an deren Nutzung herauszuarbeiten. Eine derartige Analyse muss unter Einbeziehung aller beteiligten Akteure und unter Berücksichtigung des technologischen und ökonomischen Hintergrundes geschehen. Es ist zu ermitteln, ob und wenn ja welchen Kommerzialisierungs- hürden die portable Brennstoffzellentechnologie gegenübersteht. Wenn diese Hürden existie- ren, ist es notwendig, diese zum Gegenstand anknüpfender Untersuchungen zu machen. Be- deutsamkeit und Einfluss der Hürden sind herauszuarbeiten. Erkenntnisse hieraus bilden an- schließend die Basis für die Beurteilung der neuen Technologie. 1.2 Aufbau und methodische Basis Im zweiten Kapitel dieser Arbeit wird die Brennstoffzelle eingehend auf ihr Innovationspo- tential hin untersucht. Zunächst wird die Relevanz dieser Technologie im Allgemeinen erläu- tert, um sich dann der portablen Brennstoffzelltechnologie anzunähern. Auf diesem Erörte- rungsweg werden die verschiedenen technologischen Variationen dargestellt. Nachdem die unterschiedlichen Anwendungsbereiche für diese Lösungen ermittelt wurden, setzt sich dieser Teil des Beitrages mit den Charakteristika des portablen Segments der Brennstoffzelle ausein- ander. Die verschiedenen konkurrierenden technischen Brennstoffzellenlösungen werden ein- ander gegenübergestellt und deren Vor- und Nachteile unter technologischer und ökonomi- scher Fragestellung gegeneinander abgeglichen. Mit diesen Ergebnissen kann sich anschlie- ßend mit Wettbewerbstechnologien der favorisierten portablen Technologie auseinanderge- setzt werden. Der letzte Abschnitt schließt mit einer Analyse möglicher Anwendungsfelder ab. Im dritten Hauptgliederungspunkt dieses Beitrages geht es detaillierter um den wichtigsten Applikationsbereich der portablen Technologie, den Consumer Electronic Markt. Er wird 2 vorgestellt und anschließend exemplarisch das Segment der Mobiltelefone gezielt ausgewählt und in gebotener Kürze beleuchtet. Darüber hinaus werden die Kundenbedürfnisse und Trei- ber des Marktes herausgearbeitet. Diese Informationen werden anschließend mit dem Ent- wicklungsstand in Beziehung gesetzt, um Kommerzialisierungsansätze zu erfassen. Dieses Kapitel endet mit einer Diskussion der Gründe, warum angekündigte Markteintritte durch Akteure in diesem Markt nicht umgesetzt wurden. Mit diesen Erkenntnissen im Gepäck wer- den weitere Nachforschungen angestellt. Es sind Interviews mit Vertretern von hier interessierenden Firmen geführt worden. Über die- sen Weg werden im Kapitel 4 die Unternehmen SFC Smart Fuel Cell AG und Samsung SDI Co. Ltd. vorgestellt und analysiert. Es werden die Unterschiede in den Marktanforderungen ersichtlich und Informationen herausgearbeitet, die im weiteren Verlauf der Arbeit hilfreich sind. Hauptgliederungspunkt 5 greift mögliche Kommerzialisierungshindernisse des dritten Teils dieses Beitrages wieder auf. Es werden Schwierigkeiten der Technologien und Hindernisse der Märkte diskutiert, um ausbleibende Markteintritte zu bewerten. Dazu liefert die Wert- schöpfungskette im Lichte einer Kommerzialisierung weitere Anhaltspunkte. Dieser Teil der Arbeit thematisiert vertiefend Normen und Standards als ein Instrument der Einflussnahme auf die Durchsetzung der portablen Brennstoffzellentechnologie am Markt. Den Abschluss dieser Arbeit bildet dann die Zusammenfassung der wichtigsten Erkenntnisse sowie einem Fazit, welches sich aus der Betrachtung der portablen Brennstoffzellenthematik ergeben hat. Die vorliegende Arbeit basiert auf zwei methodischen Säulen. Zum einen fließt relevante, einschlägige Literatur zum Thema ein. Zum anderen werden empirische Ergebnisse des Au- tors verwendet. Die empirischen Ergebnisse basieren auf acht semi-strukturierten Interviews mit Experten aus dem Bereich der Brennstoffzelltechnologie. Es wurden sowohl Angehörige von Institutionen als auch Personen aus Unternehmen der Brennstoffzellenbranche befragt. Die Inhalte der Interviews sind dem Anhang I zu entnehmen. Die Ausführungen dieser Arbeit basieren, wenn nicht anders angegeben, auf den geführten Interviews. 3 2. Die Brennstoffzellentechnologie als General Purpose Technology 2.1 Die Brennstoffzelle als Energieversorger von morgen? Blickt man in der Zeit zurück, so stellt man fest, dass jede wirtschaftliche Epoche von einigen wenigen bedeutenden Innovationen dominiert wurde. Es gibt vielfältige Theorien bezüglich der Charakterisierung von Technologien und deren Einordnung. Besonders nachhaltig wirkende Innovationen werden beispielsweise als Schlüsseltechnologie oder Leitinnovation bezeichnet. Eine weitere Kennzeichnung ist die Einstufung einer Technologie als General Purpose Technology (GPT). Dieser Ansatz soll einleitend betrachtet und der Frage nachgegangen werden, in wieweit die Brennstoffzellentechnologie diesem Konzept entspricht, d.h. es soll die Frage erörtert werden, ob die Brennstoffzellentechnologie das Potential besitzt, den technologischen Fortschritt in einem Maße voranzutreiben, wie es große Innovationen in der Vergangenheit getan haben. Solche GPT sind beispielsweise die Dampfmaschine, die Elektrizität, der Transistor oder das Internet. Sie sind GPT, weil sie die Voraussetzungen für tiefgreifende Veränderungen schaffen. Diese Innovationen heben sich von der Masse der Innovationen deshalb ab, weil sie als Voraussetzung für nachgeordnete Entwicklungen dienen. Beispielsweise führte die Innovation des Transistors zu sekundären Innovationen wie der des integrierten Halbleiters oder des Mikroprozessors. Diese sind in ihrer Auswirkung ebenfalls als radikale Innovationen zu sehen und beinflussen ihrerseits eine große Anzahl an unterschiedlichen Sektoren und Industrien. So findet man heute z.B. Mikroprozessoren in einer ungemein großen Anzahl von Anwendungen bzw. Produkten wie dem Telefon, dem Auto oder dem Computer wieder, deren qualitative Möglichkeiten entscheidend von diesen Prozessoren bestimmt werden.2 GPTs befinden sich also in hierarchischen Abhängigkeiten zueinander, was durch das passende Bild eines Technologiebaumes verdeutlicht wird, dessen Stamm, Äste und Zweige für GPTs stehen,3 die jeweils verschiedene Wirtschaftssektoren symbolisieren. Die Begrifflichkeit „GPT“ für solcherart Technologien wurde zuerst von Bresnahan und Traj- tenberg in die wissenschaftliche Diskussion eingebracht. Um eine Technologie als GPT zu identifizieren und dementsprechend von anderen Technologien abgrenzen zu können, erarbei- teten sie drei Charakteristika, mit deren Hilfe eine Klassifizierung möglich ist:4 (a) ein hoher 2 Vgl. Petsas (2003), S.577f. 3 Vgl. Lipsey/ Bekar/ Carlaw (1998b), S.214. 4 Vgl. Bresnahan/ Trajtenberg (1995), S.1 4
Description: