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Drama am Mount Everest PDF

329 Pages·2016·2.7 MB·German
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Preview Drama am Mount Everest

Es sah so aus, als würde es ein ganz normaler Aufstieg werden: Nach sechs Wochen der Akklimatisierung brachen am 10. Mai 1996 zehn Bergexpeditionen auf, um den höchsten Gipfel der Welt zu besteigen. Nur 24 Stunden später aber waren acht Männer tot und viele andere schwer verletzt – besiegt von einem der schrecklichsten Stürme, die es jemals am Mount Everest gegeben hatte, und einem dramatischen Temperatursturz bis auf -40 Grad. Der Regisseur Matt Dickinson, der nur zum Everest gekommen war, um einen Film über den Bergsteiger Brian Blessed zu drehen, fand sich unvermittelt in der eisigen Hölle wieder und kämpfte tagelang um sein Leben. Dies ist seine Geschichte. Über den Autor: Matt Dickinson ist Autor und Filmemacher, spezialisiert auf die wilden Orte und Menschen unseres Planeten. Er hat viele Jahre für die BBC gearbeitet und ist seit 1988 selbständiger Filmproduzent und Regisseur. Seine Werke sind in mehr als 35 Ländern ausgestrahlt worden und haben viele Preise gewonnen. Matt Dickinson Drama am Mount Everest Eine Expedition kämpft gegen den Tod Aus dem Englischen von Anja Giese Knaur Die amerikanische Originalausgabe erschien 1997 unter dem Titel »The Death Zone – Climbing Everest through the Killer Storm« bei Hutchinson/Random House, London FURFIONA Besuchen Sie uns im Internet: www.droemer-knaur.de Deutsche Erstausgabe Juli 1999 Copyright © 1997 by Matt Dickinson Copyright © 1999 der deutschsprachigen Ausgabe bei Droemersche Verlagsanstalt Th. Knaur Nachf., München. Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden. Redaktion: Verlagsbüro Dr. Andreas Gößling und Oliver Neumann Umschlaggestaltung: Agentur ZERO, München Umschlagillustration: © by Matt Dickinson / ITN Productions Satz: Brigitte Apel, Hannover Umbruch: Ventura Publisher im Verlag Druck und Bindung: Elsnerdruck, Berlin Printed in Germany ISBN 3-426-61336-0 2 4 5 3 1 Danksagung Als erstes möchte ich besonders meiner Frau Fiona und meinen Kindern Thomas, Alistair und Gregory danken. Ihre Liebe und Unterstützung haben mir auf meinem Weg Kraft und Zuver- sicht gegeben. Das gleiche gilt auch für meine Eltern Sheila und David. Des weiteren möchte ich folgenden Menschen für ihre Hilfe sowohl während der Expedition als auch beim Niederschreiben dieses Buches meinen Dank aussprechen: Nicola Thompson dafür, daß sie einen Verleger für dieses Buch gefunden hat; Himalayan Kingdoms für eine makellos organisierte und geführte Expedition, die unter äußerst schwierigen Bedingun- gen ablief; Simon Löwe, Sundeep Dhillon und Roger Portch, daß sie mir zur Verfügung standen und mir ihre Expeditionsta- gebücher zur Einsicht überlassen haben; Kees ‘t Hooft und Alan Hinkes für ihre selbstlosen Bemühungen, auf dem Everest zu drehen; Julian Ware von ITN und Charles Furneaux von Channel 4, daß sie daran glaubten, ich würde den Film drehen, den sie sich vorstellten; und Brian Blessed, dessen Traum diese Expedition überhaupt erst ins Rollen gebracht hat. Während der gesamten Expedition hatte unser Sherpa-Team unter der Leitung von Nga Temba die mörderische Aufgabe, Lager einzurichten. Ganz speziell möchte ich mich bei Lhakpa, Mingma und Gyaltsen für ihre unglaublichen Bemühungen am Tag der Gipfelbesteigung bedanken. Während der Recherchen für dieses Buch waren mir unter anderem die Beiträge von Audrey Salkeld, von Rob Halls Basislagerärztin Caroline Mackenzie, von IMAX-Expeditions- leiter David Breashears und von Crag Jones besonders hilf- reich. 5 Mein Lektor Tony Whittome begleitete und ermutigte mich bis zum Schluß unermüdlich. Außerdem gaben mir Chris Bradley und Nicholas Crane wertvolle Hinweise, wann immer ich sie am dringendsten benötigte. Außerdem möchte ich Anna Gumà Martinez danken, ohne deren Inspiration kein Berg bestiegen worden wäre. 6 Einführung Am 10. Mai 1996, kurz vor 16 Uhr, saß Audrey Salkeld, eine renommierte Everest-Historikerin und -Forscherin, in einem Zelt im Everest-Basislager und tippte einen der beiden Internet- Beiträge, die sie täglich erstellte, in ihr Powerbook ein, als der klirrende Frost des Nachmittags einsetzte. Sie befand sich auf ihrer zweiten Everest-Expedition und war diesmal im Auftrag der amerikanischen IMAX-Filmexpedition unterwegs, für die sie Berichte verfassen und die Welt über den Fortschritt der Expedition auf dem Laufenden halten sollte. Das Basislager auf 5.360 Metern Höhe ist selbst bei bestem Wetter ein trostloser Ort, doch wenn erst einmal die Sonne hinter den umliegenden Bergrücken verschwunden ist, fühlt man sich wie in einer Gefriertruhe. Zitternd vor Kälte verließ Salkeld das Speisezelt. Sie überquerte die Eismoräne des Khumbu-Gletschers, um sich in ihrem Zelt etwas Wärmeres zum Anziehen zu holen. Flüchtig blickte sie in den Himmel und war so einer der er- sten Menschen – wenn nicht der erste überhaupt –, der bemerk- te, was von Süden aus den niedrigeren Tälern des Himalaja auf den Everest zufegte. Es war ein Anblick, der ihr das Blut in den Adern gefrieren ließ. Jegliche Gedanken an wärmere Kleidung waren vergessen. Plötzliche Stürme am Nachmittag sind keine Seltenheit am Everest, doch das, was da auf sie zukam, hatte Salkeld nie zuvor gesehen. Sie beschrieb es als eine brennende Reifende- ponie, von der mächtige blauschwarze Rauchwolken aufstie- gen, die vom Süden direkt auf sie zu trieben. Laut rief sie nach den anderen Expeditionsteilnehmern, welche aus ihren Zelten kamen und wie erstarrt auf diese apokalyptische Vision blick- 7 ten, die sich ihnen lautlos und in rasendem Tempo näherte. Mit einer Geschwindigkeit von bis zu 100 km/h erreichte der Sturm nur wenige Minuten später das Lager. Die Temperatur fiel innerhalb weniger Sekunden um zehn bis fünfzehn Grad. Mit vernichtender Gewalt riß der wütende Schneesturm an den Zelten. Er peitschte die Südflanke des Everest hoch und über- zog die mit Eis bedeckten Hänge mit einem wirbelnden Mantel aus orkanartigen Windstößen. Nach wenigen Minuten erreichte er die Nordseite und gelangte schließlich auf den Gipfel. Der höchste Berg der Erde war verschwunden, und der Sturm tobte unentwegt. Hätten Shiva – der hinduistische Gott der Zerstörung – und Nemesis – die griechische Rachegöttin – ihre Kräfte vereint, sie hätten keine größere Verwüstung anrichten können, als es der Natur an diesem Tag gelang. Der Zeitpunkt war der denk- bar schlechteste. Wäre es Winter gewesen, dann wäre kein Mensch zu Schaden gekommen. Doch der Zufall wollte es, daß sich der Sturm den geschäftigsten Tag im Everest-Kalender ausgesucht hatte, nämlich mitten während der Bergsteigersai- son in der Vormonsunzeit. Unsere britische Expedition, eine Unternehmung an der Nordflanke über den Nordostgrat, befand sich in Lager Drei (in 6.450 Metern Höhe). Wir standen kurz vor unserem geplanten Gipfelaufstieg, als der Sturm über uns hereinbrach. Uns war sofort klar, daß dieser Sturm weit gefährlicher war als alle anderen Stürme, die uns in den acht Wochen unseres Aufenthalts im Himalaja bereits heimgesucht hatten. Die Temperatur fiel auf zehn Grad unter dem Gefrierpunkt, dann auf minus zwanzig, schließlich auf minus dreißig. Der Wind peitschte unentwegt, riß Halteseile aus dem Gletschereis, blies volle Ausrüstungsfässer in Gletscherspalten und zerfetzte die Plane unseres Speisezeltes wie ein Blatt Papier. Die Kuppelzel- te, die dafür konzipiert waren, orkanartigen Windstärken zu widerstehen, stöhnten und seufzten unter den Sturmböen; sie 8 verbogen sich zu unvorstellbaren Formen. Die Zeltstangen aus Kevlar wurden bis zum äußersten belastet. In dem Versuch, die Ereignisse auf Film zu bannen, torkelten wir in den Wirbelsturm hinaus, mit allen Kleidungsstücken am Leibe, die wir gefunden hatten. Wir fühlten uns wie in der Antarktis, auf der Eiskappe von Grönland oder am Nordpol, so undurchdringlich war die Wand aus treibendem Schnee, die unsere Umgebung vor unseren Augen verschwinden ließ. Durch den tobenden Schneesturm konnten wir nichts ausmachen, nicht einmal den gewaltigen Nordgrat. Selbst die ganz in unserer Nähe verankerten Zelte der indischen Expedition waren nicht mehr zu sehen. Doch durch das Sturmbrausen des Windes hinweg vernah- men wir plötzlich ein anderes Geräusch: ein unheilvolles Heulen, das auf noch gewaltigere Kräfte in den Höhen über uns hindeutete. Es war das Schreien des Sturmes, der in den Höhen oberhalb von 8.000 Metern über die Nordflanke fegte. Dort oben, in der so genannten »Todeszone«, kämpften über dreißig Bergsteiger um ihr Leben. Auf der Nordseite, hoch oben auf dem Nordostgrat, befanden sich drei indische Berg- steiger, erschöpft und mit schwindenden Sauerstoffreserven. Auf der Südseite, zwischen dem Südsattel und dem Gipfel, steckten zwei kommerzielle Expeditionen fest: das Mountain- Madness-Team von Scott Fischer und das Adventure- Consultants-Team von Rob Hall. Die Nacht, die sie dort oben verbrachten, war höllisch. Am Ende des folgenden Tages waren die drei indischen Bergsteiger auf der Nordseite und fünf der Bergsteiger auf der Südseite tot. Zu den Opfern gehörten, so unglaublich das war, auch Hall und Fischer. Noch nie hatte es am Gipfel innerhalb von nur vier- undzwanzig Stunden so viele Menschenleben zu beklagen gegeben. Doch das war noch nicht das Ende der Tragödie. Der Tag des Sturmes war der schwärzeste vieler schwarzer 9 Tage in einer Zeit, in der ein Unglück dem nächsten folgte. Kurz vor dem Sturm hatte es bereits zwei Todesopfer gegeben. Zwei weitere Bergsteiger sollten wenig später ihr Leben verlieren. Diese Katastrophen veränderten das Schicksal der Menschen, die sich auf dem Berg befanden – uns eingeschlos- sen. Rund um den Erdball brandeten hitzige Debatten auf, als Zeitungen und Fernsehsender zu ergründen versuchten, was schief gegangen war. Der Sturm warf unzählige Fragen auf: Wie konnten so erfah- rene Bergsteiger wie Rob Hall und Scott Fischer ihr Leben auf einem Berg verlieren, den sie wie ihre Westentasche kannten? Warum waren so viele unerfahrene Bergsteiger hoch oben auf dem Berg, als der Sturm über sie hereinbrach? Wie konnte es passieren, daß ein Team japanischer Bergsteiger samt Sherpas an den im Sterben liegenden Indern vorbei stieg und keine Hilfe leistete? Der Sturm dauerte zwar nur knapp zwanzig Stunden, doch für all diejenigen unter uns, die sich dazu entschlossen hatten, weiterzumachen und trotz allem einen Gipfelversuch zu wagen, hörte er nie wirklich auf. Die Todesopfer, die er forderte, die Zweifel, die er säte, und die Naturgewalt, die er demonstrierte, begleiteten uns bei jedem Schritt. Der Sturm hatte dem rein physikalischen Vorgang der Bergbesteigung eine neue Dimen- sion verliehen. Er brachte unsere Pläne durcheinander. Doch vor allem trieb er sein Unwesen in unseren Köpfen, verstärkte die Zweifel, von denen niemand an diesem gefährlichsten aller Orte verschont bleibt. Er brachte alle Mitglieder unserer Expedition bis auf zwei von dem Ziel ab, den Everest zu besteigen. Für mich, einen absoluten Neuling bei diesem russischen Roulette in luftiger Höhe, erschienen solche Überlegungen zu jenem Zeitpunkt so unsinnig, wie sie jedem erscheinen müssen, der noch nie die Todeszone betreten hat – diese faszinierende und fürchterliche Welt, in der es nur ein Drittel soviel Sauer- 1 0

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