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Doping Dokumente: Von der Forschung zum Betrug PDF

509 Pages·1991·10.253 MB·German
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Brigitte Berendonk • o In Dokumente Von der Forschung zum Betrug Mit 27 Abbildungen Springer-Verlag Berlin Heidelberg New York London Paris Tokyo Hong Kong Barcelona Budapest ISBN-13 :978-3-642-93485-8 e-ISBN-13:978-3-642-93484-1 DOI: 10.1007/978-3-642-93484-1 Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbeson dere die der Übersetzung, des Nachdruckes, des Vortrags, der Entnahme von Abbildun gen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfaltigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestim mungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes. © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 1991 Softcover reprint of the hardcover 1st edition 1991 Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, daß solche Namen im Sinne der Warenzeichen-und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: Erich Kirchner; Gesamtherstellung: Renate Münzenmayer 2131/3145-543210 - Gedruckt auf säurefreiem Papier Mundus vult decipi, ergo decipiatur. Die Welt will betrogen werden, also soll sie betrogen werden. - (Lateinisches Sprichwort) Vorwort Spiele, verloren in Lug und Betrug "Der Sport wird das alles ausschwitzen wie die Kinder die Masern ... Es ist eine schlechte Sache, mit unreinem Herzen nach dem Höchsten zu greifen ... Ich meine, ich hätte ... schon einiges ausgesagt über das, was wir unternehmen, um das Problem ... in den Griff zu bekommen" (Willi Daume, NOK-Präsident; Süddeutsche Zeitung, 14.4. 1977). "Wir sind auf dem richtigen Weg, dieses ... Problem ... endgültig in den Griff zu bekommen" (Hans Hansen, Präsident des DSB; Süddeutsche Zeitung, 14.2. 1991). Seit 1969 ziehen immer wieder heftige Doping-Diskussionen über die deutschen Lande, unperiodisch, aber doch vorhersehbar. So auch zur Zeit. Wahrscheinlich sind aber auch sie schon bald wieder vorübergezogen, und der Leser wird in der Zeitung erfahren, daß das Problem Doping bei NOK und DSB, bei den Sportverbänden, beim Sportärztebund und beim zuständigen Bundesministerium des Inneren (BMI) gut und kompetent aufgehoben sei. Man habe es - nun aber endgültig - "unter Kontrolle" oder noch besser "im Griff", und ein Festredner verkündet Entwarnung und die erste allgemeine Versicherung: "Die moralische Krise des Lei stungssports ist zunächst überwunden!" (Ministerialdirektor und DLV-Sportwart Prof. Dr. Manfred Steinbach; "Leichtathletik", 3.1.1978). Die offiziellen Sprechblasen sind jedoch mit Leichtigkeit zu erkennen: Lügen als verbindliche Sprachregelung, routinierte Heuchelei, staatlich gefördert. Das nationale Selbstgefühl, offen bar vom Erfolg im Sport abhängig, hat einen hohen Stellenwert. Man will Sieger um jeden Preis, olympischer Zweck heiligt Doping als Mittel. BMI, Sporthilfe und Sponsoren fordern und fördern bekanntlich die Leistung, auch die betrügerische, zumin dest solange die Drogenabhängigkeit der Leistung nicht bekannt wird. VII In Wirklichkeit ist die Wahrheit über das tausendfache, gesetz widrige Doping mit androgenen Hormonen (Anabolika) allen Verantwortlichen seit mehr als zwei Jahrzehnten bekannt. Man hat sie aber immer wieder mit großer Energie vertuscht, verdrängt und ausgesessen. Und weil diese Wahrheit die Bevölkerung schok kieren könnte, gilt sie als staatsfeindlich, besonders die Veröffent lichung von konkreten Beweisen für die Verbreitung, die Mecha nismen und die Seilschaften des Erfolgssystems Doping. Die schlimme Wahrheit des modernen Leistungssports und der Sport medizin in Dokumenten festzuhalten, die Festredner verstummen zu lassen: Das ist Ziel dieses Buches. Schon als aktive Leichtathletin habe ich Ende der 60er Jahre öffentlich gegen die betrügerische Manipulation mit Anabolika gekämpft. Meine frühen Befürchtungen haben sich inzwischen lei der bestätigt, Daumes Masern-Prophezeiungen und die olympi schen Eide waren falsch. Das wahre Werk der Sportführer der letzten Dekaden ist seit kurzem öffentlich ausgestellt: ein Potem kinsches Olympisches Dorf, hinter der festlichen Fassade eine anabole Müllhalde von Lug und Betrug, von Pillenschachteln, Hormonampullen und Spritzenbestecken. Medizinische Gesellschaften stützen heute meine damalige Einschätzung und sprechen sich mit schärfsten Worten gegen den Einsatz von Anabolika im Sport aus. Mit ihrer Einstufung als äußerst gefährliche Substanzen unter den "Controlled Substance Act" im Dezember 1990 durch die Regierung der USA ist die in Deutschland immer mal wieder von einigen Ignoranten propa gierte Freigabe endgültig ein Thema ohne Bedeutung. Freuen kann ich mich nicht, recht behalten zu haben. Schließ lich habe ich einen Teil meines Lebens dem Sport - dem Sport unterricht wie dem Leistungssport - gewidmet und kann daher die Drogenabhängigkeit des Sports nicht nur mit Resignation und Zynismus betrachten. Das Erkennen des gigantischen, geheim dienstartig organisierten Dopingschwindels im Spitzensport, der staatlichen Beteiligungen daran und der augenzwinkernden Ko operation eines großen Teils der Sportj ournalisten hat in mir zu erst Ärger, dann Wut, dann Trauer über einen verlorenen Mensch heitstraum aufkommen lassen. Seit dem letzten Jahr bin ich allerdings auf einer anderen Reak tionsebene angelangt: Nach Lektüre der amtlichen Berichte von Dopingkommissionen der Regierungen Australiens, Kanadas und VIII der USA mit Schilderungen unglaublich komischer Doping- und Vertuschungspraktiken, nach der Entdeckung gemütlicher west deutscher Dopinggruppen und vollends nach meinem Besuch des Verschlußsachenspeichers der früheren Nationalen Volksarmee der DDR, gefüllt mit stolzen Berichten des Dopingbetrugs der kriminellen Gemeinschaft von SED, SMD, DTSB, NOK, FKS, Jenapharm und Konsorten, ertappe ich mich häufig dabei, wie ich auflache: Mein Gott, wie haben sie die Welt betrogen, die ganze Welt und sich selbst am meisten! Welch völkerverbindender Schwindel von schwindelerregen dem Ausmaß! Ost wie West haben ganze Sportlergenerationen von Betrügern und Lügnern erschaffen, erzogen und zum Vorbild der Jugend ausgewählt, die - wäre der Schwindel nicht aufgeflogen noch ihre Enkel belügen würden und ihre gesammelten Lebens lügen als Vertrauliche Verschlußsache mit ins Grab genommen hätten. Und viele dieser Betrüger sind nun mitten unter uns, damit sich auch beim Doping das Wort des großen Ehrenvorsitzenden erfülle: Es wächst zusammen, was zusammengehört. Der internationale Beitrag der beiden Deutschlands zum sportlichen Betrug ist beträchtlich, besonders jener der Sportmedi ziner der DDR. Dabei stellt der vorliegende Band nur eine erste Auswertung von über hundert wissenschaftlichen Arbeiten dar. Denn die Forschung zum sportlichen und medizinischen Betrug namens Doping ist zugleich auch ein weiteres Beispiel pervertierter deutscher Wissenschaft. Hochgeförderte Forschungsinstitute wid meten ihre Arbeit der Suche nach besseren Dopingmitteln und -methoden, neuen Wegen des Umgehens sportlicher Regeln und Kontrollen wie der Vertuschung der Wahrheit. Forscher haben die Wissenschaft durch unethische Zielsetzungen und verbrecherische Anwendungen verraten, bis hin zur Verabreichung von androge nen Hormonen an Minderjährige, vor allem Mädchen. In all den Jahren meines Kampfes war ich aber Ansprechpart ner für viele, die mit Dopingproblemen zu tun hatten. Besonders habe ich dabei die Sportler bedauert, die so jämmerlich betrogen wurden, von ihren gedopten Konkurrenten wie von ihren eigenen schweigenden Funktionären und Ärzten, die ihnen trotz besseren Wissens nicht die Wahrheit sagten. Leid taten mir vor allem die jungen Menschen, die den Festrednern glaubten und denen ihre Fairness und Sauberkeit zum Handicap wurde. Wie naiv oder idealistisch müssen in vielen Sportarten und spätestens nach Mün- IX chen 1972 all die ungedopten Athleten und Athletinnen gewesen sein, die für den Wettkampfsport trainierten! Wenn ich also nun die Dokumente der bösen Wahrheit der Öffentlichkeit übergebe, dann tue ich das auch für alle heutigen und zukünftigen Sportler und Sportlerinnen, die Bestes leisten wollen, ohne sich zu dopen. Denn der Sport sollte ihnen gehören, und sie müssen bestimmen, wie sie ihn haben wollen, damit sie auch in späteren Zeiten auf ihre Leistung stolz sein können. Sie müssen ihr Recht auf einen dopingfreien Leistungssport einfordern. Denn wegen des Wettkampf- und Förderungsmonopols der Sport verbände folgt aus der Duldung des Dopings der Zwang zum Do ping, zumindest in einer dopinganfälligen Sportart: Eine junge Dis kuswerferin etwa muß zu Dopingmitteln greifen oder auf den inter nationalen Wettkampfsport verzichten. Aber welches normal ver anlagte Mädchen möchte denn schon die Mengen männlicher Hor monpräparate einnehmen, die hier seit vielen Jahren den großen Erfolg ausmachen? Wie ich weiß, haben inzwischen viele Sportler erkannt, daß nur ein freiwillig und radikal kontrollierter, doping freier Sport ihre einzige Chance ist und daß sie dafür selber kämpfen müssen. Ihnen vor allem ist dieses Buch gewidmet - ebenso wie den vielen ungenannten Nebenwirkungsopfern, eines davon in meiner eigenen Verwandtschaft. Dieses Buch ist auch für die Eltern, Lehrer und Übungsleiter talentierter Jungen und Mädchen geschrieben. Sie sollen erfahren, was ihre Kinder im heutigen Leistungssport erwartet und daß sie in der Dopingfrage weder dem Staat noch den Sportverbänden ver trauen können. Doch wer kann, mag sich auch ein wenig bei dieser Gauner komödie amüsieren! In diesen Tagen schwindelt man schon wieder. Wer frühere Diskussionswellen zum Thema Doping miterlebt hat, erkennt auch heute leicht den bewährten Goldenen Zehn-Punkte Plan zum Schutz des diskreten Anabolismus: 1. Aussitzen; 2. Ruhe, Gelassenheit, keine Emotionen, es sei denn gegen "Stö renfriede", "Selbstbezichtiger" , "Nestbeschmutzer", "Wahr heitsfanatiker" und "Moralisten", d. h. Doping-Gegner; 3. Gründung vertraulicher Kommissionen, die außer allgemeinen Feststellungen und Pressemeldungen schon nichts zustande bringen werden, das Staats-und Sportsräson gefährden könnte; x 4. "Hearings" vor dem Sportausschuß des Bundestages, möglichst als geschlossene Gesellschaft von Duldern und Stillen Teilha bern des Doping; 5. Viele Anti-Doping-Grundsatzerklärungen (grundsätzlich un verbindlich) von NOK, DSB, den Sportverbänden bis zum Sportärztebund; noch besser ist eine "Charta" (natürlich "magna"), das bringt wieder Ruhe ins Volk, genau wie 1977; 6. Tägliche Pressemeldungen über viele negative deutsche Doping kontrollen; 7. Bundesverdienstkreuze, silberne Lorbeerblätter und anderes staatliches Suppengewürz für verdiente Mitglieder der geheimen Dopingfamilie; 8. Öffentliche Gruppenbilder - mit oder ohne Dope-Damen: der Bundespräsident stellt sich vor die gedopten Sportler, NOK Präsident Daume hinter die dopenden Ärzte; 9. Verwirrspiele mit Sportgerichtsverfahren, seit 1977 besonders bewährt; 10. Die Sportj ournalisten wählen eine über 21-Meter-Kugelstoßerin zur (ungedopten) Sportlerin des Jahres - wie 1977, und die Kameraleute des Fernsehens werden instruiert, bei Nahaufnah men von Spitzensportler(inne)n die verräterisch aufflammende Steroid-Akne zu vermeiden. Wer allerdings durch dieses Buch die sportmedizinischen Tricks zum Unterlaufen von Kontrollen kennengelernt hat, etwa die DDR-Re zepte der "Zwei-Tage-Absetz-Überbrückungstherapie", wer dann noch in den Tageszeitungen die vielen Reisen von Spitzensportlern auf ferne Dope-Islands verfolgt, und wer die bisherigen Dopingkon trollen kennt, der muß wohl erkennen, daß sich das neue Doping gleichgewicht längst schon wieder eingespielt hat. Was hätte man auch sonst erwarten sollen, sind doch überwiegend noch dieselben Personen im Amt, die auch bisher für das Doping verantwortlich waren. Dieser Bericht mußte auch geschrieben werden, weil von offiziel len deutschen Stellen kein ehrlicher Bericht zu diesem Thema erwar tet werden kann, auch von keiner der diversen Kommissionen, die ja von den Tätern und Vertuschern selbst eingesetzt werden. Auf schonungslos dokumentierte Tatsachenberichte zum Thema Do ping, die an Ehrlichkeit den entsprechenden Regierungsberichten Kanadas (Dubin 1990), Australiens (Black 1989, 1990) oder der XI USA (Biden 1990) auch nur nahe kämen, wird man bei uns vergeb lich warten. Auch die deutsche Öffentlichkeit und die Presse mah nen sie nicht an. Aufklärung und Recht haben hierzulande anschei nend keine Lobby. Deshalb habe ich gehandelt. Heidelberg, im Sommer 1991 Brigitte Berendonk Die Autorin wird den Gewinnanteil ihres Honorars für dieses Buch "saube ren" Leichtathletikvereinen für ihre Nachwuchsarbeit und zur Anlage eines Archivs der speziellen Doping-Literatur, besonders der Verschlußsachen Arbeiten aus der früheren DDR, zur Verfügung stellen. XII

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