Distributionswirtschaft DISTRIBUTIONSWIRTSCHAFT BEITRÄGE AUS DEN GEBIETEN DER ABSATZ-, HANDELS-UND BESCHAFFUNGSWIRTSCHAFT Gemeinschaftliche Gabe von Mitarbeitern Kölner Institutionen für Professor Dr. Dr. h. c. Rudolf Seyffert zu seinem 75. Geburtstag Herausgegeben von Edmund Sundhoff WESTDEUTSCHER VERLAG· KÖLN UND OPLADEN © 1968 by Westdeutscher Verlag, Köln und Opladen • Printed in Germany Gesamtherstellung: Druckerei Dr. Friedrich Middelhauve GmbH, Opladen Verlags-Nr. 021064 ISBN 978-3-322-98359-6 ISBN 978-3-322-99096-9 (eBook) DOI 10.1007/978-3-322-99096-9 Softcover reprint of the hardcover 1s t edition 1986 Vorwort Professor Dr. Dr. h. c. Rudolf Seyffert hat im Laufe seiner Tätigkeit an der Universität zu Köln mehrere Institutionen gegründet und aufgebaut, die bei großer Verschiedenheit der Zwecke im einzelnen insofern eine gemeinsame Linie aufweisen, als sie, seinem Hauptarbeitsgebiet entsprechend, alle der wissenschaftlichen Entwick lung auf dem Gebiet der Distributionswirtschaft zu dienen bestimmt sind. Die Ein richtungen stehen, je nach ihren Aufgaben, entweder voll und ganz innerhalb des Universitätsgefüges oder unterhalten doch mindestens, gemäß ihren akademischen Zielsetzungen, enge Beziehungen zur Hodlschule. Zu dem Kreis der in ihnen gegenwärtig Mitwirkenden gehören zunächst diejeni gen, die in den von Professor Seyffert zur Zeit geleiteten Institutionen ihren Platz als seine Mitarbeiter haben. Aus der Reihe der in den übrigen Einrichtungen Tätigen ist sodann die Gruppe derer zu nennen, die bereits vor Jahren von ihm in ihre Auf gaben eingeführt wurden und anschließend längere Zeit hindurch an seiner Seite arbeiteten. Zu ihnen, die sich noch zu seinen Schülern zählen dürfen, sind inzwischen weitere Mitwirkende getreten, die von ihm zwar nur mittelbar, aber nachdrücklich beeinflußt wurden. Ihnen allen ist Professor Seyffert ein Lehrmeister und Vorbild, dem sie sich zu Dank verpflichtet fühlen. Davon einen Teil abzutragen ist der Sinn dieses Bandes, der einen Querschnitt durch die Sachgebiete und Methoden der Distri butionsforschung innerhalb der Institutionen zu vermitteln sucht, die durch die beteiligten Autoren vertreten sind. An seinem Zustandekommen haben nicht nur die als Verfasser der Beiträge namentlich Aufgeführten mitgewirkt, sondern auch die anderen Mitarbeiter, die sich der übrigen bei der Vorbereitung einer Publikation anfallenden Aufgaben annahmen. Professor Dr. Dr. h. c. Rudolf Seyffert, dem dieses Buch gewidmet ist, feiert am 15. März 1968 seinen 75. Geburtstag. Mögen die vor ihm liegenden Jahre glück liche und weiterhin ertragreiche sein! Dies ist der herzliche Wunsch jedes einzelnen, der an der gemeinschaftlichen Schrift beteiligt war. Edmund Sundhoff Inhalt Kalkulatorischer Ausgleich als betriebspolitische Aufgabe der Handelsunter- nehmung . . . . . . . . . . . . . • . . . . . . . . . . . . 1 Von Dr. Gerhard Schmitz, Institut für Distributionsforschung, Köln Standorteinflüsse im Einzelhandel. . . . . . . . . . . . . 29 Von Dr. Hans Philippi, Institut für Handelsforschung, Köln Zum Problem der Minderbetriebe im Groß- und Einzelhandel . . . . . 55 Von Dr. Hans-Hellmut Pötschke, Institut für Handelsforschung, Köln Die Richtsätze der Finanzverwaltung im Verhältnis zu den Betriebsvergleichs- ergebnissen des Instituts für Handelsforschung . . . . . . . . . . 85 Von Dr. Franz fose! Stoffels, Institut für Handelsforschung, Köln Ober die Kreditfunktion des Einzelhandels . . . . . . . . . . 111 Von Dr. Robert G. Menge, Institut für Handelsforschung, Köln Die För.derung des Betriebsv,ergleichs mittels der elektronischen Datenver- arbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 135 Von Dr. Horst Liedgens, Institut für Handelsforschung, Köln Sortimentsveränderungen im Einzelhandel . . . . . . . . . . 151 Von Dr. Friedrich Gerard, Institut für Handelsforschung, Köln Zur Frage der unternehmerischen Selbständigkeit von mittelständischen Ein- zelhandlungen in Großzusammenschlüssen . . . . . . . • . . . 181 Von Dr. Heinz Kleinen, Institut für Mittelstandsforschung, Köln VII Inhalt Grundlagen der Personaleinsatzplanung im Einzelhandel . . . . . . .. 199 Von Dr. Klaus Barth, Seminar für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Besondere des Handels, Köln Die analytische Behandlung einer Klasse stochastischer Entscheidungsprozesse und Anwendungen auf ein Beschaffungs-und ein Lagerhaltungsproblem .. 221 Von Diplom-Mathematiker Hans Hüttemann, Seminar für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Besondere des Handels, Köln Zur Methode betriebswirtschaftlicher Untersuchungen der Marktkonstellation 247 Von Diplom-Kaufmann Christian Behrends, Seminar für Allgemeine Be triebswirtschaftlehre und Besondere des Handels, Köln Gemeinschaftswerbung als Wettbewerbsmittel . . . . . . . . . . . .. 267 Von Dr. Friederike Kästing, W;erbewissenschaftLiche Gesellschaft, Köln Zur Frage der Verkettung von Ware und Betrieb in der Absatzwerbung 281 Von Dr. Friedhelm Jaspert, Werbewissenschaftliches Institut, Köln Preis- und Mengenpolitik bei verbundener Produktion . 301 Von Professor Dr. Edmund Sundhoff, Wirtschafts und Sozialwissen- schaftliche Fakultät, Köln Zeittafel zum wissenschaftlichen Wirken von Professor Dr. Dr. h. c. Rudolf Seyffert 359 Von Dr. Friederike Kästing, Köln VIII Kalkulatorischer Ausgleich als betriebspolitische Aufgabe der Handelsunternehmung Von Gerhard Schmitz Seite I. Wesen und Begriff des kalkulatorischen Ausgleichs 3 11. Arten des kalkulatorischen Ausgleichs 11 111. Betriebspolitische Bedeutung des kalkulatorischen Ausgleichs .......... 12 IV. Grenzen des kalkulatorischen Ausgleichs. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 24 Nicht immer werden der Unternehmung die bei der Hervorbringung einer be stimmten Leistung entstandenen Kosten durch den erzielten Marktpreis vergütet. Zwar ist sie meist in der Lage, bei einem Teil der abgesetzten Leistungen zeitweilig Kostenunterdeckungen hinzunehmen; ihre Existenz bleibt langfristig aber nur dann gesichert, wenn die Gesamterlöse mindestens die Gesamtkostendecken. Je größer die absolute Kostenunterdeckung einer Leistung, je höher ihr Umsatzanteil und je länger der Zeitraum anhaltender Verlustpreise ist, um so stärker ist die Existenz gefährdung, um so dringender sind den Verlust ausgleichende Maßnahmen, die im innerbetrieblichen und zwischenbetrieblichen Bereich zu erwägen sind. Im Rahmen der sich bietenden Möglichkeiten zur Steuerung und Sicherung des angestrebten Erfolgs hat sich eine Methode herausgebildet, die einen quantitativen Ausgleich von positiven und negativen Teilerfolgen mittels kalkulatorischer Mani pulationen herbeizuführen versucht. Diese Methode wird in der Literatur als K,al kulatorischer Ausgleich, auch als Preispolitischer Ausgleich, Selektive Preisunterbie tung, Preispolitische Gewinndilfferenzierung, Gewinnausgleich, Erfolgsausgleich, Sortimentskalkulation und Kompensationskalkulation bezeichnet. Wenngleich die verschiedenen Termini häufig synonym verwendet werden, stimmen sie inhaltlich nicht vollständig überein. Die Unterschiede beruhen im wesentlichen auf einer ungleich weiten Auslegung des Phänomens, das in zahlreichen Erscheinungsformen sowohl im betriebswirtschaftlichen als auch im gesamtwirtschaftlichen Bereich auf tritt und hier wie dort spezifische Wesensmerkmale zeigt, die sich vorwiegend aus den Mitteln ergeben, mit denen der Ausgleich realisiert werden soll. Besonders ver breitet ist die Anwendung des kalkulatorischen Ausgleichs in Unternehmungen mit weit g,efächertem Sortiment. Um seine betriebspolitische Bedeutung zu erfassen, er scheint es erforderlich, zunächst Begriff, Wesen und Arten näher zu erläutern. 1. Wesen und Begriff des kalkulatorischen Ausgleichs Obgleich das Phänomen des kalkulatorischen Ausgleichs. in zahlreichen wirt schaftswissenschaftlichen Publikationen erwähnt wird, liegen darüber nur wenige ausführliche Definitionen vor, die zudem inhaltlich sehr voneinander abweichen. Dies wird insbesondere deutlich bei einem Vergleich der Definitionen von Bender 1 1 Erich Bender, Der kalkulatorische Ausgleich, Diss. Berlin 1941, S. 9 f. Bender definiert den kalkulatorischen Ausgleich "als das Prinzip betrieblicher Angebotspreisbildung, nach dem die Betriebsprodukte planmäßig und auf die Dauer derart kalkuliert werden, daß die 3 Gerhard Smmitz und Horacek 2, die das Wesen des kalkulatorismen Ausgleichs eingehend unter suchten. Bender begrenzt den kalkulatorischen Ausgleich definitorism auf den betriebswH't schaftlichen Bereich, indem er ihn als Prinzip betrieblicher Angebotspreisbildung bezeichnet. Die Erörterung dieser Auffassung sei zunächst zurückgestellt. Eine weiter.e Einengung des Begriffsinhalts ergibt sich durm die erhobene Forderung nach ·einer zeitlichen Besmränkung kompensatorischer Ausgleichsaktionen auf eine Rechnungsperiode 3. Es ist zwar berechtigt, nur dann die Existenz eines kalkulato rischen Ausgleichs anzuerkennen, wenn die Ausgleimsaktionen in mehr oder weniger direktem Wirkungs zusammenhang miteinander stehen; auch .geht in manchen Be trieben lediglich aus der Ja:hreserfolgsrechnung hervor, ob der angestrebte Ausgleich erreicht wurde. Jedoch rechtfertigen derartige überlegungen nicht ohne weiteres die Ansicht, daß der Ausgleich innerhalb einer Rechnungsperiode herbeizuführen ist. Die Zeitspanne, in der Betriebsleistungen erbracht und am Markt absetzbar sind, differiert nach Wirtschaftszweigen. Während die Stückerfolge, etwa von Naturkon sumprodukten auf dem Wochenmarkt, mitunter von einer Stunde zur anderen mani puliert werden können, bietet sich beispielsweise dem HersteHer bestimmter Produktionsanlagen die Möglichkeit eines kalkulatorischen Ausgleichs erst in weit größeren Zeitabständen. Eine zeitlich aufeinander folgende und jeweils mehrere Jahre andauernde Auftragsabwicklung bedingtentlSprechend langfristige Ausgleichs perioden. Dies gilt auch für Ausgleichsmaßnahmen, die mit Konjunkturschwankun gen in Zusammenhang stehen. Der Zeitraum, in dem ein kalkulatorischer Ausgleich durchg.eführt wird, variiert mit der jeweiligen betriebspolitischen Zielsetzung sowie der betriebs- und marktbezogenen Bedingungslage. In der praktischen Durchfüh rung der Kompensationskalkulation, speziell in Mehrproduktunternehmungen, be steht zudem nicht überall ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen einer bestimm ten verlustbringenden und einer gewinnbringenden Betriebsleistung. Die Ausgleichs bezogenheit ist oft erst in ·einem größeren KompIex geg.eben. Horacek untersucht das Wesen des kalkulatorismen Ausgleichs im Rahmen der Gesamtwirtschaft und kennzeichnet ihn als ein "System preispolitischer Stützungs maßnahmen". Als wesensbestimmendes Merkmal sieht er vor allem eine spezifische Zielrichtung der Ausgleichsbestrebungen an, indem er sa.gt: "Es liegt in der Natur des kalkulatorischen Ausgleichs, vom Negativen zum Positiven zu gelangen: Primär aus preispolitismen Gründen notwendige Differenzierung der Kostendeckung im einzelnen doch in ihrer Gesamtheit in der Rechnungsperiode mindestens alle entstehenden Kosten er bringt." 2 Max Horacek, Der kalkulatorisme Ausgleim, in: Betriebswirtsmaftlime Smriften reihe, Heft 4, hrsg. von Willy Bouffier, Wien 1950, S. 11. "Der kalkulatorisme Ausgleich ist ein System preispolitismer Stützungsmaßnahmen, in dem eine bestimmte Anzahl von Ausgleichsgliedern zusammengefaßt werden, wobei die Stützung der Ausgleichsnehmer durm die Ausgleimsträger planmäßig in einer bestimmten Zeitspanne derart durmgeführt wird, daß die Bewegung der negativen einen Reflex der positiven Komponente bewirkt mit dem endgültigen Ziel genereller Kostendeckung." 3 Erim Bender, Der kalkulatorisme Ausgleim, S. 11: "Diese Forderung bezieht sich auf die normale Remnungsperiode, also auf ein Jahr." 4