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Disability Studies: Kritische Perspektiven für die Arbeit am Sozialen PDF

140 Pages·2012·1.1 MB·German
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Perspektiven Kritischer Sozialer Arbeit Band 14 Herausgegeben von R. Anhorn, Darmstadt F. Bettinger, Darmstadt J. Stehr, Darmstadt H. Schmidt-Semisch, Bremen In der Reihe erscheinen Beiträge, deren Anliegen es ist, eine Perspektive kritischer Sozialer Arbeit zu entwickeln bzw. einzunehmen. „Kritische Soziale Arbeit“ ist als ein Projekt zu verstehen, in dem es darum geht, den Gegenstand und die Aufgaben Sozialer Arbeit e igenständig zu benennen und Soziale Arbeit in den gesellschafts- politischen Kontext von sozialer Ungleichheit und sozialer Ausschließung zu s tellen. In der theoretischen Ausrichtung wie auch im praktischen Handeln steht eine k ritische Soziale Arbeit vor der Aufg abe, sich selbst in diesem Kontext zu begreifen und die eigenen Macht-, Herrschafts- und Ausschließungsanteile zu reflektieren. Die Beiträge in dieser Reihe orientieren sich an der Analyse und Kritik ordnungstheore- tischer Entwürfe und ordnungspolitischer Probleml ösungen – mit der Zielsetzung, unterdrückende, ausschließende und verdinglichende Diskurse und Praktiken gegen eine reflexive Soziale Arbeit auszutauschen, die sich der W idersprüche ihrer Praxis bewusst ist, diese benennt und nach Wegen sucht, innerhalb dieser Widersprüche das eigene Handeln auf die Ermöglichung einer auton omen L ebenspraxis der Subjekte zu orientieren. Herausgegeben von Roland Anhorn Johannes Stehr Evangelische Hochschule Darmstadt Evangelische Hochschule Darmstadt Frank Bettinger Henning Schmidt-Semisch Evangelische Hochschule Darmstadt Universität Bremen Kerstin Rathgeb (Hrsg.) Disability Studies Kritische Perspektiven für die Arbeit am Sozialen Herausgeberin Kerstin Rathgeb Bernhard Schmidt Evangelische Hochschule, Langenhagen, Deutschland Darmstadt, Deutschland Voestalpine Linz, Österreich ISBN 978-3-531-18177-6 ISBN 978-3-531-18972-7 (eBook) DOI 10.1007/978-3-531-18972-7 Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen National- bibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Springer VS © VS Verlag für Sozialwissenschaften | Springer Fachmedien Wiesbaden 2012 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zu- stimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Über- setzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Einbandentwurf: KünkelLopka GmbH, Heidelberg Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Springer VS ist eine Marke von Springer DE. Springer DE ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media www.springer-vs.de Meiner Familie Werner Kollmann Hannah Zoe Leandra Fee Inhalt KERSTIN RATHGEB Einleitung: Kritische Perspektiven auf soziale Phänomene und die Arbeit am Sozialen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .9 MECHTHILD HETZEL Eine Herausforderung für das, was ist – Zum Begriff Kritik . . . . . . . . 21 UDO SIERCK Selbstbestimmung statt Bevormundung. Anmerkungen zur Entstehung der Disability Studies . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 SWANTJE KÖBSELL Integration/Inklusion aus Sicht der Disability Studies: Aspekte aus der internationalen und der deutschen Diskussion . . . . . . 39 CLEMENS DANNENBECK Wie kritisch ist der pädagogische Inklusionsdiskurs? Entpolitisierungsrisiko und theoretische Verkürzung . . . . . . . . . . . . 55 HEIKE RAAB Doing Feminism: Zum Bedeutungshorizont von Geschlecht und Heteronormativität in den Disability Studies . . . . . . . . . . . . . . . . 69 MARKUS DEDERICH Heilpädagogik und Disability Studies als Kulturwissenschaften – Umrisse eines Forschungsprogramms . . . . . . 91 JAN WEISSER Für eine klinische Wissenschaft des pädagogischen Feldes . . . . . . . 105 CHRISTIAN SCHÜTTE-BÄUMNER Soziale Selbsthilfe in der Falle!? Zur Ambivalenz von Selbstermächtigung und Selbstmanagement in post-wohlfahrtsstaatlich situierten Verhältnissen . . . . . . . . . . . . . 119 Autorinnen und Autoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 7 Kerstin Rathgeb Einleitung: Kritische Perspektiven auf soziale Phänomene und die Arbeit am Sozialen In den letzten Jahren hat es eine Zunahme an Veröffentlichungen auf dem deut- schen Buchmarkt gegeben, die sich mit den Disability Studies befassen oder noch häufi ger, aus ihnen heraus entstanden sind. Die Disability Studies haben international, aber auch in Deutschland mehr und mehr an Bedeutung erlangt. Vereinfacht gesagt ermöglichen sie einen dif- ferenzierten Blick auf die Kategorien von Behinderung aus der Perspektive beeinträchtigter Menschen. Die zugrunde liegende wissenschaftliche Haltung, sich gegen Diskriminierung einzusetzen, positioniert sie vergleichbar mit an- deren sich politisch verstehenden Wissenschaftstraditionen wie bspw. den fe- ministischen Theorien (vgl. Waldschmidt 2007). Dieser Band will sich auf eine spezielle Weise dazu gesellen. Es handelt sich um eine recht subjektive persönliche Zusammenstellung an Autor_inn_en, wenn ich das so sagen darf, die in erster Linie auch etwas über den eigenen Zu- gang in dieses Feld kritischer Betrachtungen und Analysen sozialer Phänome- ne und der Arbeit am Sozialen aussagen. Der Fokus in diesem Band liegt vor- dergründig auf den Merkmalen behindert/nicht-behindert und krank/gesund. Dazu muss ich einiges erläutern. Schließlich soll es hier keinesfalls um subjektive Auslassungen gehen, sondern um einen theoretisch versierten, wis- senschaftlichen Beitrag. Wenn ich also von einem persönlichen Zugang in die- ses Feld spreche, dann begreife ich diesen als gesellschaftlich strukturierten, also mich zu den gesellschaftlichen Bedingungen verhaltend und die ‚auto- biographische‘ Darstellung als entsprechend systematisiert. D. h. der Zugang entspricht einem Scharnier (vgl. Cremer-Schäfer 1985: 14ff.) gesellschaftliche Bedingungen zu erfahren und sie als Refl exionsfl äche für Kritik zu begreifen und zu nutzen. Grundlage der Mehrzahl der hier veröffentlichten Beiträge ist eine Tagung, die zum Thema „Kritische Heilpädagogik und Disability Studies“ stattfand1. Ausgangspunkt für diese Tagung war meine relativ kurze Verweildauer als Professorin in einem Studiengang der Heilpädagogik. 1 Die Tagung wurde vom aks (arbeitskreis kritische soziale arbeit) vom 26.11. bis 27.11.2010 in Schwalmstadt-Treysa in den Räumen der Evangelischen Hochschule Darmstadt – Hephata veranstaltet. 9 K. Rathgeb (Hrsg.), Disability Studies, DOI 10.1007/978-3-531-18972-7_1, © VS Verlag für Sozialwissenschaften | Springer Fachmedien Wiesbaden 2012 Kerstin Rathgeb Bis zu meiner Berufung hatte ich mich als Soziologin und Erziehungswis- senschaftlerin mit unterschiedlichen Formen und Aspekten sozialer Ausschlie- ßung, ihren Merkmalen und deren Konstruktionen und Konstruktionsweisen, deren Bedingungen, also den Formen der Macht und Herrschaft, den zugrun- deliegenden Strukturen befasst. Entsprechend verstand ich meine Aufgabe als Professorin für Heilpädagogik nun gerade jene Kenntnisse auf das Merkmal Behinderung, Krankheit explizit anzuwenden. Mir ist erst nach und nach klar geworden wie konträr dieser Zugang zum bestehenden hegemonialen Zugang in den Sonder- und Heilpädagogiken ist. Betrachtet man die disziplinäre Verortung von Disability, so tauchen die Medizin, die Psychologie, Jura, bzw. die Soziologie und schließlich die Päda- go giken (Soziale Arbeit, Heilpädagogik etc.) auf. Alle waren und sind an den Konstruktionen und der damit verbundenen Zuweisung sozialer Orte beteiligt. Ausgehend von der eigenen disziplinären Verortung, wollte ich nun den Dis- kurs in der Pädagogik, der Heilpädagogik, der Sozialen Arbeit refl ektieren und sicherlich auch die institutionellen Handlungsweisen und Logiken hinterfragen. Sicher, mir war bereits in meinem Studium der Diplom-Pädagogik im Schwerpunkt Sonder- und Heilpädagogik aufgefallen, dass in der Profession das Merkmal Behinderung alle anderen Merkmale, die ebenso wesentlich für die Lebensweise sind, quasi komplett verdrängt. Und dass die Kritik an den gesellschaftlichen Bedingungen und Stigmatisierungen aus dieser Bindestrich- pädagogik2 sich hauptsächlich um die Themen Integration oder Inklusion in das Regelschulsystem drehte. Heute hat sich dies insofern erweitert, als auf der Grundlage neuer Rechtslagen und neuer Anforderungen auch Integration oder Inklusion bezogen auf andere Bereiche diskutiert wird. Betrachtet man die Topoi der bestehenden Diskurse ist zweierlei bemer- kenswert: Seit Jahrzehnten dreht sich die Diskussion um den Aspekt der In- tegration mit dem Schwerpunkt Integration ins reguläre Schulsystem. Dif- ferenzierung in diesem Diskurs ist die Auseinandersetzung um die Frage: Integration oder Inklusion. Zugespitzt könnte man sagen, dass die Integration quasi für Träger_innen eines Ausschlussmerkmals innerhalb eines nicht not- wendig zu verändernden bestehenden regulären Systems einen Platz vorsieht. Die Inklusion erfordert, dass das System soweit angepasst werden soll, dass durch zusätzliche Ressourcen die Ausschlussmerkmalsträger_innen Teil wer- den. Meine Kritik an beiden Konzepten ist, dass sie davon ausgehen, dass alle integriert/inkludiert werden können und wollen. Dass Vergesellschaftungspro- zesse sehr häufi g mit Schließungsprozessen einhergehen wie dies bspw. bei sämtlichen Zugängen durch Qualifi kationsnachweis (Hochschulen), aber auch 2 In Anlehnung an die Bindestrichsoziologien. 10 Einleitung bei Selbsthilfegruppen bis Berufsorganisationen der Fall ist, bleibt unberück- sichtigt. Ebenso unhinterfragt bleiben eigensinnige Denkweisen und Praxen jener, die eben nicht Teil des Bestehenden sein wollen. Insofern erscheint es mir interessanter in der Analyse das Augenmerk stär- ker auf die bestehenden Strukturen und deren Wirkungen zu richten, und inwie- fern diese ausschließend oder Zugänge schaffend wirken. Denn es werden zu selten die Verhältnisse und keinesfalls die Relationen zu anderen Merkmalen untersucht und in den Konzepten mitgedacht, die die soziale Ausschließung hervorbringen und zwar weder dekonstruierend noch materialistisch herr- schaftskritisch. Es wird das segregierende Schulsystem (sicherlich berechtigt) kritisiert, um zu überlegen, wie in dieses mit kleinen Anpassungen integriert werden kann. Auf der Suche nach der „richtigen“ Methode bleibt die kritische Analyse auf der Strecke (vgl. Keckeisen 1984). So verwundert es auch nicht weiter, dass bei der Durchsicht wissenschaft- licher Literatur die ‚Problematik‘ letztlich in der Behinderung gesehen wird, (Behinderung und Schule, Integration und Schule etc.), andere Merkmale ver- schwinden. Behinderte haben kein Alter3, kein Geschlecht und auch keinen Sex, keine „Rasse“ und Klasse etc. Sicherlich ist dies eine überspitzte Darstellung, da es Kritik bspw. durch E. Klee an ausbeuterischen Hilfestrukturen gab; durch Autoren wie Eberwein (1988), Feuser (2000) und Jantzen (1984 und 1998) gab es durchaus auch an- derweitige vielschichtigere Kritik am gesellschaftlichen Umgang mit Behinde- rung, insbesondere auch mit „geistiger Behinderung“. Institutionell ist durchaus erkennbar, dass in den letzten Jahrzehnten die Angebotslage ausdifferenziert wurde und die bis heute bestehenden „Totalen Institutionen“ teilweise abgeschafft und in andere Wohn-, Arbeits- und Frei- zeitangebote umgewandelt wurden, oder zumindest den Bedürfnissen ihrer Insassen besser angepasst wurden. Dennoch, nach wie vor fehlt es an einschlä- giger Literatur oder gar einem kritischen Diskurs entlang der Lebensalter, des Geschlechts und der Lebenslagen insgesamt. Auch die Auseinandersetzungen um die Kategorien, nennen wir das Merkmal Behinderung oder Beeinträchti- gung, sind weiter gedacht Verkürzungen. Der affi rmative Blick auf: wir wollen Integration, kommt nicht selten eher moralisch daher und führt allzu leicht in eine Stellvertreterpolitik, die – sicher- lich gut gemeint – erneut bevormundet. So ist das Normalisierungsprinzip bis heute eine bedeutende Marke, an der sich (in Politik, Praxis und der Theorie) orientiert wird. Dennoch gibt es bis heute keine nennenswerte Auseinanderset- zung, dass diese Normalisierung normativ und normierend wirkt und gehän- 3 Sie tauchen höchsten falls als Schüler auf, nicht als Kind, Jugendlicher, Erwachsener, alter Mensch. 11

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Disability Studies erlangen in Deutschland, wie auch international mehr und mehr Bedeutung, weil sie einen neuen und differenzierten Blick auf die Kategorien von Behinderung ermöglichen. Die Disability Studies nehmen die Perspektive beeinträchtigter Menschen ein. Theorien und Erkenntnisse werden n
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