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Dinge befremden: Essays zu materieller Kultur PDF

208 Pages·2016·3.544 MB·German
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Interkulturelle Studien Julia Reuter Oliver Berli Hrsg. Dinge befremden Essays zu materieller Kultur Interkulturelle Studien Herausgegeben von G. Auernheimer, W.-D. Bukow, Ch. Butterwegge, J. Reuter, H.-J. Roth, Köln, Deutschland E. Yildiz, Innsbruck, Österreich Interkulturelle Kontakte und Konflikte gehören längst zum Alltag einer durch Mo- bilität und Migration geprägten Gesellschaft. Dabei bedeutet Interkulturalität in der Regel die Begegnung von Mehrheiten und Minderheiten, was zu einer Ver- schränkung von kulturellen, sprachlichen und religiösen Unterschieden sowie so- zialen Ungleichheiten beiträgt. So ist die zunehmende kulturelle Ausdifferenzie- rung der Gesellschaft weitaus mehr als die Pluralisierung von Lebensformen und -äußerungen. Sie ist an Anerkennungs- und Verteilungsfragen geknüpft und stellt somit den Zusammenhalt der Gesellschaft als Ganzes, die politische Steuerung und mediale Repräsentation kultureller Vielfalt sowie die unterschiedlichen Felder und Institutionen der pädagogischen Praxis vor besondere Herausforderungen: Wie be- dingen sich globale Mobilität und nationale Zuwanderungs- und Minderheitenpo- litiken, wie geht der Staat mit Rassismus und Rechtsextremismus um, wie werden Minderheiten in der Öffentlichkeit repräsentiert, was sind Formen politischer Par- tizipationen von MigrantInnen, wie gelingt oder woran scheitert urbanes Zusam- menleben in der globalen Stadt, welche Bedeutung besitzen Transnationalität und Mehrsprachigkeit im familialen, schulischen wie beruflichen Kontext? Diese und andere Fragen werden in der Reihe „Interkulturelle Studien“ aus ge- sellschafts- und erziehungswissenschaftlicher Perspektive aufgegriffen. Im Mittel- punkt der Reihe stehen wegweisende Beiträge, die neben den theoretischen Grund- lagen insbesondere empirische Studien zu ausgewählten Problembereichen inter- kultureller als sozialer und damit auch politischer Praxis versammelt. Damit grenzt sich die Reihe ganz bewusst von einem naiven, weil kulturalistisch verengten oder für die marktförmige Anwendung zurechtgestutzten Interkulturalitätsbegriff ab und bezieht eine dezidiert kritische Perspektive in der Interkulturalitätsforschung. Herausgegeben von Prof. Dr. Georg Auernheimer, Prof. Dr. Erol Yildiz Prof. Dr. Wolf-Dietrich Bukow, Alpen-Adria-Universität Klagenfurt, Prof. Dr. Christoph Butterwege, Österreich Prof. Dr. Julia Reuter, Prof. Dr. Hans-Joachim Roth, Universität zu Köln, Deutschland Weitere informationen zu dieser Reihe finden Sie unter http://www.springer.com/series/12594 Julia Reuter • Oliver Berli (Hrsg.) Dinge befremden Essays zu materieller Kultur Herausgeber Prof. Dr. Julia Reuter Dr. Oliver Berli Universität zu Köln Universität zu Köln Deutschland Deutschland Interkulturelle Studien I SBN 9 78-3-658-10450-4 ISBN 9 7 8-3-658-10451-1 (eBook) D OI 10.1007/978-3-658-10451-1 Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen National- bibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Springer VS © Springer Fachmedien Wiesbaden 2016 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Der Verlag, die Autoren und die Herausgeber gehen davon aus, dass die Angaben und Informa- tionen in diesem Werk zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt sind. Weder der Verlag noch die Autoren oder die Herausgeber übernehmen, ausdrücklich oder implizit, Gewähr für den Inhalt des Werkes, etwaige Fehler oder Äußerungen. Lektorat: Cori Antonia Mackrodt, Katharina Gonsior Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Springer VS ist Teil von Springer Nature Die eingetragene Gesellschaft ist Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH Inhalt Dinge befremden – Eine Abschweifung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 Julia Reuter und Oliver Berli Wahrnehmungsweisen von Dingen. Zu den Herausforderungen der Alltäglichkeit des Materiellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 Hans Peter Hahn I Architekturen Fragmente, Kontaktzonen, Zeitschichten. Wie ein Museumsgebäude kulturelles Erbe ausstellt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 Hilmar Schäfer Yao Dong ((cid:6381)(cid:3268)): Die sich eingrabende Architektur und Gesellschaft in Zentralchina . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 Heike Delitz Die Zelle als Wunderkammer im strafenden System. Zum Umgang mit Dingen in Haft anstalten und deren Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 Tessa Roumidis Das Ding mit dem Museum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 Diana Lengersdorf Die Männerumkleide – ein inverses Panoptikon . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 Lars Alberth VI Inhalt Balkone – über die Aneignung urbaner Architektur durch das Wohnen ..... 73 Hans-Joachim Roth II Alltagsdinge Der Duft von Vinyl. Zur Materialität des Musikkonsums ................. 87 Oliver Berli Electric Soundland. Die E-Gitarre in der Revolte ......................... 95 Frank Hillebrandt Das Mobiltelefon als digitaler Dauerbegleiter ........................... 107 Steffen Eisentraut Tabula rasa – Wie man die schulische Wandtafel und andere alltägliche Dinge beforschen kann ..................................... 115 Tobias Röhl Menülöffel und Teufelsgabel. Kultursoziologisches zum Essbesteck ........ 123 Daniel Kofahl Steine, die Nüsse zum Knacken bringen ................................ 133 Thomas Widlok III Dinge in Bewegung Mutabor – oder wie viele Geschichten stecken in einem Goldgewicht ...... 147 Michael Schönhuth Fremde Früchte. Wie die Cashew-Nuss zur Mitspielerin im lokalen Praxisgeschehen wurde .............................................. 161 Karl H. Hörning Traveling Fashion. Materialisierungen von Transkulturalität und Globalisierung .................................................. 169 Alexandra Karentzos I nhalt VII Jakobsmuschel und Blasenpflaster. Von heiligen und profanen Dingen auf der Pilgerreise ........................................... 179 Julia Reuter und Markus Gamper Flasche leer – Geschichte(n) voll. Dinge der Migration und ihre museale Bedeutung ................................................. 191 Arnd Kolb und Sandra Vacca Flüchtige Reste. Die Bootsfriedhöfe von Lampedusa ..................... 199 Diana Reiners und Gilles Reckinger Autoren und Autorinnen ............................................. 207 Dinge befremden – Eine Abschweifung Julia Reuter und Oliver Berli1 „Die Dinge für grenzenlos unterdrückbar, rechtlos, willenlos, fühllos und unbedürft ig der Selbstbestimmung zu halten, das kann bloß, wer meint, daß sie weder Leben noch Macht hätten. Sie haben sie“ (Erich Kästner) – Ein schönes Zitat. – Danke, fi nde ich auch. Es ist ein Zitat aus Kästners „Aufstand der Dinge“. – Jetzt müssen wir nur noch einen geeigneten Einstieg in unser Th ema fi nden. – Warum beginnen wir nicht mit den uns naheliegenden, alltäglichen Dingen und den uns naheliegenden Th eorien. Dinge umgeben uns, überall. Allein unsere Haushalte sind regelrechte Dschungel voll von Dingen: Möbel, Küchengeschirr, Kleidung, Bücher, Schreibutensilien, Kommunikationstechnik, Musikinstrumente, Kosmetik und vieles mehr beglei- ten und beeinfl ussen unser alltägliches Handeln. Eine nahezu unerschöpfl iche Zahl materieller Objekte lauert hinter jeder Wohnungstür – ohne dass wir ihnen gleichermaßen Bedeutung zuschreiben oder sie gar als Teil von ‚Kultur‘ wahrneh- men. Und doch sind sie randvoll gefüllt mit sozialer und kultureller Bedeutung. Dinge verraten etwas über Gesellschaft en und ihre Mitglieder. Sie repräsentieren 1 Der folgende Beitrag entstand u. a. auf Basis eines Ideenaustauschs mit unseren Au- tor_innen zu grundsätzlichen Fragen wie „Welche gesellschaft liche Relevanz besitzt die Erforschung materieller Kultur?“. Einige Sequenzen in den dialogischen Teilen dieser Einleitung sind versteckte Zitate aus diesem Ideenaustausch. Wir möchten an dieser Stelle Hans-Peter Hahn, Frank Hillebrandt, Karl H. Hörning, Daniel Kofahl und Diana Lengersdorf für ihre anregenden Antworten und Kommentare danken. © Springer Fachmedien Wiesbaden 2016 J. Reuter, O. Berli (Hrsg.), Dinge befremden, Interkulturelle Studien, DOI 10.1007/978-3-658-10451-1_1 2 Julia Reuter und Oliver Berli Wissen und Geschichte(n), sie verdichten Identitätserfahrungen und markieren Zugehörigkeiten und Abgrenzungen. Vor allem Letzteres, die Idee der distinkti- ven Macht der Dinge, wird bereits früh diskutiert: Thorstein Veblens entwirft im Rahmen seiner „Theorie der feinen Leute“ (2007), die 1899 erstmals erscheint, ein Konzept des demonstrativen Konsums („conspicuous consumption“), das auf die Zusammenhänge zwischen Konsum und Zurschaustellung des sozialen Status verweist. Zeitnah formuliert Georg Simmel in Deutschland eine „Philosophie der Mode“ (1995), welche die Dynamik von Mode(n) an Motive der Nachahmung und Abgrenzung rückbindet. Besonders wirkmächtig für die Diskussion um die distinktive Macht der Dinge sind schließlich die Arbeiten des französischen So- ziologen Pierre Bourdieu. Sein Werk „Die feinen Unterschiede“ (1987) ist reich an empirischen Befunden zum Erwerb und Besitz von Dingen und ihrem Verhältnis zur Sozialstruktur, ganz gleich ob es sich im konkreten Fall um Automobile, Weine, Möbel oder Sportgeräte handelt. Für ihn sind die Dinge immer durch und durch soziale Dinge, weil sie die soziale Ungleichheit der Gesellschaft repräsentieren und an ihrer Reproduktion mitwirken. Sie sind objektiviertes kulturelles Kapital, ihr Konsum ist Klassenkonsum, ihr Wert ist ein Symbol- und Repräsentationswert. – Das mag aus ungleichheitsanalytischer Perspektive zutreffen. Aber sollten wir uns nicht die Frage stellen, ob Dinge analytisch ausschließlich auf ihren Zeichencharakter im Spiel der Distinktionen hin zu befragen sind? Mit Bourdieu gegen Bourdieu ge- dacht, könnte man doch stärker die Logik der Praxis in den Blick rücken und damit die unterschiedliche Rolle von Materialität für die soziale Praxis ernst nehmen. – Im Prinzip ist die Erforschung des Materiellen die Grundlage aller Gesellschafts- theorie, wie sie von Marx bereits vor der Soziologie betrieben wird. Was sind die materiellen Voraussetzungen für bestimmte gesellschaftsweite Ausdrucksformen von Sozialität? Diese Frage steht eigentlich am Anfang aller Gesellschaftstheorie. Sie wird nur vergessen, weil man meint, die Sozialität und die Gesellschaft als besondere, nicht materielle Substanzen bestimmen zu müssen (Kommunikation, Interaktion, Handlung), um sich von der Naturwissenschaft abzugrenzen, was nach meiner Einschätzung ein Fehler ist, der erst in der Gegenwart wieder als solcher erkannt wird. Nur wer die Materialität aller Sozialität erkennt, kann am Ende sinnvoll Gesellschaftstheorie betreiben. – Kurz gesagt, die Erforschung materieller Kultur ist Graswurzelarbeit, bei der es darum geht, bislang übersehene Grundlagen der Gesellschaft zu erkennen. Dinge sind nicht nur Objekte der Distinktion, die die soziale Struktur der Gesell- schaft repräsentieren und das Handeln mit ihnen zu einer Demonstration von

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