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Die Zuhalter der Globalisierung: Uber Oligarchen, Hedge Fonds, 'Ndrangheta, Drogenkartelle und andere parasitare Systeme PDF

378 Pages·2008·2.9 MB·German
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Loretta Napoleoni Die Zuhälter der Globalisierung Über Oligarchen, Hedge Fonds, 'Ndrangheta, Drogenkartelle und andere parasitäre Systeme Aus dem Englischen von Heike Schlatterer und Ursel Schäfer Die amerikanische Originalausgabe erschien 2008 unter dem Titel »Rogue Economics« bei Seven Stories Press, New York, USA. Umwelthinweis Dieses Buch wurde auf 100 % Recycling-Papier gedruckt, das mit dem blauen Engel ausgezeichnet ist. Die Einschrumpffolie (zum Schutz vor Verschmutzung) ist aus umweltfreundlicher und recyclingfähiger PE-Folie. 2. Auflage © 2008 Loretta Napoleoni © 2008 der deutschsprachigen Ausgabe Riemann Verlag, München in der Verlagsgruppe Random House GmbH Redaktion: Ralf Lay Satz: Barbara Rabus Druck und Bindung: GGP Media GmbH, Pößneck Printed in Germany ISBN 978-3-570-50090-3 www.riemann-verlag.de Für Silvia Freundin, Schwester und manchmal auch Mutter Inhalt Einführung 9 1 Mit dem Feind im Bett 17 2 Niemand kontrolliert die Schurkenwirtschaft 48 3 Das Ende der Politik 82 4 Land der unbegrenzten Möglichkeiten 113 5 Fälschungen 144 6 Die Marktmatrix 162 7 Hightech - ein zweifelhafter Segen? 185 8 Anarchie auf hoher See 214 9 Die großen Illusionisten des 20. Jahrhunderts 243 10 Die Mythologie des Marktstaates 266 11 Die Kraft der Globalisierung 278 12 Wirtschaftlicher Tribalismus 304 Epilog: Der neue Gesellschaftsvertrag 337 Dank 343 Anmerkungen 348 Register 378 Einführung In den neunziger Jahren verbreitete sich ein globaler Virus: die Demokratie. Der Zerfall der Sowjetunion entfesselte den »Freiheitsbazillus«, und im Verlauf eines Jahrzehnts wuchs die Zahl der demokratischen Länder von 69 auf 118. Millio- nen Menschen, seit Jahrzehnten dagegen geimpft, feierten, als die Verteidigungsanlagen dieser Länder wankten und ein- stürzten. Menschen, die die westliche Demokratie nie ken- nengelernt hatten, wurden schließlich infiziert. Als die Berli- ner Mauer fiel, hatten es die jungen Osteuropäer eilig, auf die andere Seite des Eisernen Vorhangs zu gelangen, der ima- ginären Trennungslinie zwischen der freien Welt und dem Totalitarismus. Die Menschen sanken sich in die Arme und jubelten und schauten gebannt zu, als endlose Karawanen von Trabbis, Ladas und anderen Fahrzeugen aus sozialisti- scher Produktion westwärts rollten. Vom ehemaligen Ost- block aus breitete sich der Freiheitsbazillus über den Globus aus, nach Südostasien, Lateinamerika, sogar bis nach China,1 und überall hinterließ er unauslöschliche Spuren. Aber mit der Demokratie verbreitete sich auch die Sklave- rei. Am Ende des Jahrzehnts lebten in zahlreichen Ländern insgesamt schätzungsweise 27 Millionen Menschen versklavt, einige auch in westlichen Ländern. Bereits 1990 strömten die ersten Sexsklavinnen aus dem ehemaligen Ostblock auf Märkte im Westen. Diese Frauen waren schön, billig und vor 10 Einführung allem verzweifelt. Aber das neue Geschäft mit dem Sex war nur die Spitze des Eisbergs. Die Globalisierung brachte die Ausbeutung von Sklavenarbeit auf ein industrielles Niveau, sie erreichte ein Ausmaß, das es bis dahin nie gegeben hatte, nicht einmal im transatlantischen Sklavenhandel. Von den Kakaoplantagen Westafrikas bis zu den Obstgärten in Kali- fornien, von der boomenden illegalen Fischereiindustrie bis zu Fabriken, die massenweise Raubkopien und Fälschungen produzieren: Überall sind Sklaven ein fester Bestandteil des globalen Kapitalismus, wie ich bei meinen Recherchen im- mer wieder festgestellt habe. Schockierenderweise existieren in der modernen Zeit De- mokratie und Sklaverei nebeneinander in einer, wie Öko- nomen es sehen, starken direkten Korrelation. Mit ande- ren Worten: Zwei Phänomene zeigen nicht nur identische Trends, sondern der eine Trend bedingt den anderen. Die neunziger fahre bestätigten eine surreale Entwicklung, die sich bereits in den Fünfzigern, während der Entkolonialisie- rung, abgezeichnet hatte. Als die ehemaligen Kolonien unab- hängig wurden und die Freiheit bekamen, stieg die Zahl der Sklaven, und die Preise für sie verfielen. Heute beträgt der Durchschnittspreis für einen Sklaven weniger als ein Zehn- tel des Wertes im Römischen Reich, in einer Zeit also, als die Demokratie auf ihrem historischen Tiefpunkt gewesen sein dürfte. Für die Römer waren Sklaven knappe, wertvolle Gü- ter, die notgedrungen teuer waren; heute sind sie eine reich- lich vorhandene Wegwerfware, nur ein weiterer »Kostenfak- tor« bei internationalen Geschäften. Demokratie und Sklaverei verbinden wir selten miteinan- der, weil wir immer noch unter dem falschen Eindruck ste- hen, die Demokratie müsse irgendwie als Garantie gegen die Rückkehr der Sklaverei wirken. Das oft zitierte Beispiel des Einführung 11 amerikanischen Bürgerkriegs soll dieses dünne Argument übertünchen. Aber wie jeder sehen kann, der sich ein biss- chen mit amerikanischer Geschichte befasst hat, brach un- mittelbar nach Ende des Bürgerkriegs im Süden die Gewalt der Weißen gegen die Schwarzen aus mit Gruppen wie dem Ku-Klux-Klan, und die Zeit danach war eine düstere Epoche für die schwarze Bevölkerung in Amerika. Überdies gilt die Sklaverei heute allgemein als Folge der Ausbeutung armer Länder durch fremde Herrscher, doch tatsächlich ist das Ge- genteil richtig: Die meisten Opfer werden von ihren eigenen Landsleuten versklavt und verkauft. Die Korrelation zwischen Demokratie und Sklaverei ist eine Folge der Schurkenwirtschaft, eines in der Geschichte immer wiederkehrenden Phänomens, das oft rasche und unerwartete Umbrüche begleitet. Inmitten tiefer Veränderungen kann es sein, dass die Politik die Kontrolle über die Wirtschaft verliert, und die Wirtschaft wird zu einer Schurkenkraft in den Hän- den dunkler neuer Drahtzieher. Wir sprechen vom amerika- nischen Westen als dem Wilden Westen wegen der Anarchie und Gewalt, die seine Eroberung kennzeichneten, tatsächlich aber sind im Schatten der Eroberung große Vermögen entstan- den. Der kalifornische Goldrausch führte zu Chaos, Gewalt und Diebstahl in großem Stil, wobei oft Spielhöllenbesitzer und Glücksspieler reich wurden. Schurkenwirtschaft hat die meisten größeren historischen Transformationen geprägt, ihre Ausbreitung hat alte Volkswirtschaften beschädigt, alte Reiche zerstört und neue entstehen lassen. Die Entdeckung Amerikas hat Europa in einem Ausmaß reich gemacht, das alle Vorstel- lungskraft übersteigt, und die Beute fiel in die Hände skrupel- loser Konquistadoren. Heute zeigt sich die Schurkenwirtschaft wieder, weil die Welt eine ähnlich tiefgreifende Transforma- tion erlebt, vielleicht die größte in der Geschichte. 12 Einführung Als ich vor über zwei Jahren mit den Recherchen für dieses Buch begann, ging es mir darum, wie der Übergang vom Kommunismus zur Globalisierung dunkle ökono- mische Kräfte freigesetzt hat. Ich war überzeugt, dass es sich um ein einzigartiges Phänomen handelte, das mit außerge- wöhnlichen Umständen zusammenhing. Je weiter meine Forschungen voranschritten, je mehr Daten ich sammelte, je mehr Interviews ich führte und je mehr Informationen ich analysierte, desto klarer wurde mir, dass Schurkenwirtschaft nicht einzigartig ist, sondern ein Teil des Yin und Yang der Geschichte. Sie ist eine reale Kraft und lauert immer im Hin- tergrund des Fortschritts. Bisher ist es der Politik jedes Mal, wenn sie auftauchte, gelungen, sie durch verblüffende stra- tegische Kompromisse mit neuen, mächtigen Eliten zu zäh- men. Wir haben keinen Grund, anzunehmen, dass das Er- gebnis diesmal anders aussehen wird. Korruption gibt es in jeder Gesellschaft, ob kommunistisch oder kapitalistisch, aber Schurkenwirtschaft in weltweitem Maßstab, bisher ohne den geringsten Ansatz, ihre Exzesse zu unterbinden, führt zu vollkommen andersartigen Konse- quenzen, zu einem System von Gewinnern und Verlierern, und wenn wir nicht aufpassen, gehören wir womöglich alle zu den Verlierern. Anders als die übliche Art von Korruption in jeder Gesellschaft, die mit anderen Wertesystemen koexis- tieren kann - und die Werte können ein gewisses Gegenge- wicht dazu bilden -, zwingt die Schurkenwirtschaft zu einem Lebensstil, der langfristig allen schadet: den Gewinnern und den Verlierern, den Armen und den Reichen. Egal, wo wir leben, ob in der industrialisierten oder der Dritten Welt, die Schurkenwirtschaft gestaltet unser Leben. Sie diktiert nicht nur, wie wir leben, sondern auch, wie wir sterben. Einführung 13 In den Vereinigten Staaten geht ein neuer Killer um: Fettlei- bigkeit. 400 000 Todesfälle jährlich, das entspricht 16 Prozent aller Todesfälle, sind auf Übergewicht zurückzuführen. Die Wurzeln der Epidemie liegen in den späten siebziger Jahren, aber ironischerweise erreichte sie ihr volles Ausmaß in den späten Achtzigern, während ganz Amerika schlankheitsbe- wusst wurde. Als die Menschen beschlossen, dünn zu sein, wurden sie massenhaft dick. Mit dem Kampf gegen den Bauch schlug die Stunde der fettarmen Ernährung. Den Nahrungsmitteln wurde das Fett entzogen und durch Kohlenhydrate ersetzt, die viele Kalorien haben und ebenfalls Fett produzieren. Die Bauern wussten schon immer, dass Tiere fett werden, wenn man sie mit Ge- treide füttert. Bei Menschen ist das nicht anders. Die meisten fettarmen Produkte in den Supermärkten enthalten reichlich Kohlenhydrate, sodass die Kalorienaufnahme bei der fettre- duzierten Version eines Lebensmittels oft genauso hoch ist wie beim Original. Vergleichen Sie beim nächsten Einkauf doch einmal die Kalorien der fettreduzierten und der norma- len Version des gleichen Produkts, und Sie werden staunen, wie gering der Unterschied ist - sofern es überhaupt einen Unterschied gibt. Von den Vereinigten Staaten aus ist die neue Krankheit in die westliche Welt und über ihre Grenzen hinaus gezogen. Fettleibigkeit breitet sich in Asien schneller aus als in den Ver- einigten Staaten und Europa und nimmt sogar in Afrika zu, bei den Reichen, die eine Vorliebe für westliche »Light«- und Diät-Lebensmittel entwickelt haben. Die Konsumenten wis- sen nicht, dass die Produkte, die als »Schlankmacher« bewor- ben werden, ihnen nicht helfen, sondern sie in manchen Fäl- len sogar umbringen können. Die Menschen kaufen sie aus der Illusion heraus, sie seien das Elixier für die ewige Jugend.

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