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Die Zoologie der Träume: Studien zum Tiermotiv in der Literatur der Moderne PDF

262 Pages·1999·6.091 MB·German
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Dorothee Römhild Die Zoologie der Träume Studien zum Tiermotiv in der Literatur der Moderne Dorothee Römhild (Hrsg.) Die Zoologie der Träume Dorothee Römhild (Hrsg.) Die Zoologie der Träutne Studien zum Tiermotiv in der Literatur der Modeme Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Die Zoologie der Träume: Studien zum Tiermotiv in der Literatur der Moderne / Dorothee Römhild (Hrsg.). ISBN 978-3-531-13208-2 ISBN 978-3-663-09789-1 (eBook) DOI 10.1007/978-3-663-09789-1 Diese Veröffentlichung wurde dankenswerter Weise gefördert von der Johann und Fritz Buch-Gedächtnisstiftung, Hamburg. Alle Rechte vorbehalten © Springer Fachmedien Wiesbaden 1999 Ursprünglich erschienen bei Westdeutscher Verlag GmbH, Opladen/Wiesbaden 1999 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich ge schützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urhe berrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzun gen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. www.westdeutschervlg.de Höchste inhaltliche und technische Qualität unserer Produkte ist unser Ziel. Bei der Produktion und Verbreitung unserer Bücher wollen wir die Umwelt schonen: Dieses Buch ist auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier gedruckt. Die Einschweiß folie besteht aus Polyäthylen und damit aus organischen Grundstoffen, die weder bei der Herstellung noch bei der Verbrennung Schadstoffe freisetzen. Umschlaggestaltung: Horst-Dieter Bürkle, Darmstadt Titelbild: "Das Tiergericht" ,Skulptur von Hans-Gerd Ruwe (17. 2. 1926 - 22. 1. 1985) Standort: Zoo Osnabrück. Fotografie: Dorothee Römhild ISBN 978-3-531-13208-2 Inhalt Zur Einfuhrung: Menschen - Tiere - Imaginationen ...................................... 7 Hartwig Suhrbier Bauschan auf dem Traualtar. Bemerkungen zu einer Szene in Fritz Reuters Roman Vt mine Stromtid ........................................................ 19 Dorothee Römhild Der Hund als Falke. Zur poetologischen und kulturgeschichtli- chen Funktion des Löwengelben in Storms Novelle Waldwinkel ................. 25 Elke-Maria Clauss " ... und weiß nicht Mensch und Tier zu unterscheiden." Zur Funktionsweise der Tierbilder in HofmannsthaIs Elektra ............................ 59 Lueia M. Lieher Ein Vogel im Käfig. Natur und Naturell in den Briefen Rosa Luxemburgs.................................................................................................. 84 Rolf Düsterberg "Die Auferstehung des Schweins in München". Eber und Sau in den Schriften Oskar Panizzas ..................................................................... 124 Walter F ähnders Der Flaneur, der Dandy, der Bohemien und die Schildkröte ...................... 134 He/ga Karrenbroek Tagträume und Kinderwünsche. Die Biene Maja und ihre man- nigfaltigen Brüder und Schwestern ............................................................ 152 Volker Neuhaus Das Motiv der Ratte in den Werken von Günter Grass .... ..... ....... ..... ......... 170 6 Inhalt Martina Ölke Ritualisiertes Tieropfer und Inszenierung weiblicher Schaulust: Zum Motiv des Katers in Stefanie Menzingers Erzählung Der Gärtner, der Kater und ich ......................................................................... 185 Margarete Sander Elch und Bär auf dem Zwillingsgipfel. Raststätte oder Sie machens alle von Elfriede Jelinek ............................... 208 Oie Frahm Im Schatten der Vergangenheit. Tiermetaphern als Darstel lungsmittel des Holocaust und ihre Dekonstruktion in Art Spie- gelrnans MA US........................................................................................... 222 Tier und Mensch: Eine Auswahlbibliographie zum Thema ....................... 245 Zur Einführung: Menschen - Tiere - Imaginationen Gott ist in Wirklichkeit auch nur ein Künstler. Er hat die Gi raffe, den Elefanten und die Katze erfunden. Er hat keinen bestimmten Stil. Er versucht nur immer wieder etwas ande res. Pabla Picassa "Tierliebe ist eine Fiktion'" - diese provokante These vertritt der Theologe und Germanist Gerhard Staguhn in seiner ausführlichen Studie über die Liebe des Menschen zum Tier, in der er ihren unterschiedlichen Ausprägungen von den Ursprüngen der Zivilisation bis heute nachgeht. Für Staguhn ist die ver meintliche Tierliebe nichts anderes als die Umschreibung einer "einseitigen Beziehung",2 in welcher das Tier nur als Objekt, d.h. als Kopfgeburt mensch licher Wünsche und Bedürfnisse existiere. Andere, so Z.B. die Germanistin Marjorie Garber in ihrer "kulturellen Autobiographie" über die Die Liebe zum Hund, halten dagegen: Erst die Liebe zum Tier führe uns auf den richtigen Weg des menschlicheren Umgangs miteinander.3 Zwischen diesen beiden Polen, nämlich der misanthropischen4 und der anthropomorphen Perspektive auf das Phänomen Tierliebe, bewegt sich im wesentlichen der aktuelle gesell schaftliche Diskurs zum Thema, wobei im Rahmen menschlicher Selbstver gewisserungsprozesse neuerdings die Frage "Was sind wir einander?"s zu nehmend in den Mittelpunkt des Interesses rückt. Von diesem emanzipatori schen Gestus, der die anthropomorphe und die theriopomorphe Perspektive auf das Tier-Mensch-Verhältnis zu vermitteln sucht, gehen auch die neueren I Gerhard Staguhn: Tierliebe. Eine einseitige Beziehung, München/Wien 1996,265 2 So auch der Untertitel 3 Vgl. Marjorie Garber: Die Liebe zum Hund. Beschreibung eines Gefühls, Frankfurt/M. 1997,48,353 u. 357 4 Hier z.B. die "zynische Erkenntnis", die Staguhn am Ende seiner, die Natur einseitig ro mantisierenden Ausführungen formuliert: "Die radikalste und einzig aufrichtige Form der Tierliebe bestünde im freiwilligen Verschwinden des Menschen von der Erde ( ... ) Ohne den Menschen wäre die Schöpfung vollkommen." / Ders. (1996), 273 5 In dieser Frage, so Andrea Wandschneider in ihren kunsthistorischen Beobachtungen, kul miniere das Tier-Mensch-Verhältnis der Modeme. Vgl. dies. in: Dialog der Kreaturen. Tier und Mensch in der europäischen Malerei. Ausstellungskatalog, hrsg. von der Stadt Paderbom 1997/98, 75f. 8 Zur Eill/zihrung tierethischen Diskussionen aus.6 Die "Anirnal-Rights"-Bewegung etwa, von radikalen Tierschützern ins Leben gerufen und seit den siebziger Jahren von der modernen Verhaltensforschung unterstützt,7 hat die traditionellen Grenz setzungen zwischen Mensch und Tier schon seit längerem in Frage gestellt und fordert unter der Prämisse ihrer kreatürlichen Verwandtschaft weiterhin gleiche Lebensrechte für alle leidensfähigen Lebewesen. Diese Position wird gegenwärtig merklich breiter und d.h. auch unter interdisziplinären Gesichts punkten diskutiert: "Die alten Charakterisierungen, die mit der Betonung ein zigartiger Fähigkeiten die Exklusivität der menschlichen Existenz herausge strichen haben -der Mensch sei im Unterschied zum Tier ein politisches, ver nünftiges, sprechendes, empfindsames, lachendes, werkzeugmachendes, reli giöses, kochendes oder Privatbesitz akkumulierendes Tier", so konstatierte im Rekurs auf spektakuläre Ergebnisse der vergleichenden Verhaltensforschung8 gerade erst der Historiker Paul Münch, seien "in ihrer naiven Anthropozentrik zu undifferenziert, als daß sie wissenschaftlichen Ansprüchen genügen könnten. ,,9 Stärker als je zuvor, so scheint es, wird das Verhältnis zum Tier dem Menschen Anlaß zur se1bst- bzw. zeitkritischen Bestandsaufnahme seiner Ge genwart auf der Folie der Vergangenheit. Von solcher Themenfokussierung kündet der Alltag10 gleichermaßen wie die öffentliche und fachinterne Dis- 6 Folgender Sammelband leistet erstmalig die Zusammenführung grundlegender Positionen der tier- und ökoethischen Diskussion: Angelika Krebs (Hg.): Naturethik. Grundtexte der gegenwärtigen tier- und ökoethischen Diskussion, Frankfurt/M. 1997. Der neuerdings von dem Historiker Paul Münch herausgegebene, interdisziplinär angelegte Band Tiere und Menschen, dessen Einzelstudien einen umfassenden Einblick in geistesgeschichtliche Posi tionen von der Antike bis heute gewähren, profiliert das Thema darüber hinaus als Be standteil historischer Grundlagenforschung; vgl. ders. (Hg.): Tiere und Menschen. Ge schichte und Aktualität eines prekären Verhältnisses, Paderbom u.a. 1998 7 Vgl. ebd., 11; vgl. dazu auch Peter Singer (Hg.): Animal Rights and Human Obligations, Engelwood Cliffs 1976 8 Vor allem die Hierarchisierung von Mensch und Menschenaffe betreffend, vgl. dazu Hans Wemer Ingensiep: Mensch und Menschenaffe. Die besondere Beziehung. In: Münch (1998), 429-446 9 Ebd.,11-12 10 Nicht nur, daß die Haustierhaltung (vornehmlich von Hunden und Katzen) insbesondere in Städten ständig zunimmt und entsprechend die Futtermittel-und Tierptlegeindustrie expan diert. Auch auf dem Buch- und Medienmarkt haben Tiere Hochkonjunktur: Tagtäglich können wir Dokumentationen von der exotischen Tierwelt ferner Länder über geHihrdete Arten bis hin zu solchen über Schweinepest, Rinderwahn, Probleme der Tierzucht und Haustierhaltung, vor allem aber sentimentale Tiergeschichten und vierfüßige Krimihelden im Fernsehen konsumieren; die Flut von Neuerscheinungen auf dem belletristischen wie auf dem Sachbuchsektor des gegenwärtigen Buchmarkts ist allein quantitativ kaum mehr zu er- Zur Einführung 9 kuss ion unterschiedlicher und benachbarter Forschungsdisziplinen, etwa der Kunst- und Kulturwissenschaft, der Volkskunde, der Theologie, der Soziolo gie, der Psychologie, ganz zu schweigen von naturwissenschaftlichen Debat ten im engeren Sinne und mittlerweile eben auch der Geschichtswissen II schaft.12 Und dies ist kein Zufall: Offensichtlich wird uns - angesichts von Umweltzerstörung, individuell-existentieller Krisenerfahrung etc. -jenes An dere, Kreatürlich-Animalische, nur scheinbar Verläßliche des menschlichen Selbst wieder bewußt, das zu verstehen dem westeuropäischen Menschen mit fortschreitender Zivilisation, gesellschaftlicher Verunsicherung und rapidem sozialem Wandel sukzessive abhanden gekommen ist. In diesem Sinne ist beispielsweise Günter Grass' kritischer Blick auf die Konsequenzen der Aufklärung zu verstehen, dessen Bestandsaufnahme in den achtziger Jahren unserem Jahrhundert nur mehr Fortschrittswahn attestiert und der Rückbesinnung des Menschen auf Natur und Kreatur, jener anderen Seite der Vernunft, in zahlreichen Essays, politischen Reden und schließlich mit seinem apokalyptischen Buch Die Rättin (1986) entschieden das Wort redet. Auf die schwindende Zukunftsgewißheit der Menschheit thematisch wie ästhetisch zu reagieren, so konstatierte Grass bereits 1982 in seiner Rede zur Verleihung des Internationalen Antonio-Feltrinelli-Preises in Rom, sei nicht zuletzt Aufgabe der Schriftsteller: Doch weiß ich, daß jenes Buch, das zu schreiben ich vorhabe, nicht mehr so tun kann, als sei ihm Zukunft sicher. Der Abschied von den beschädigten Dingen, von der verletzten Kreatur, von uns und unseren Köpfen, die sich alles und auch das Ende all dessen ausgedacht haben, müßte mitgeschrieben werden. 13 Wie diese Mitschrift von Grass in der Praxis gestaltet wird, dieser Frage geht Volker Neuhaus in seinem Beitrag über die zentrale Bedeutung des Ratten motivs im Werk dieses Autors nach. Weniger die Tatsache, daß hier eine Tierfigur zum Sprachrohr aktueller Zeitkritik (vgl. u.a. die sprechenden Tiere der Romantik, wie z.B. E.T.A. Hoffmanns Hund Berganza und Kater Murr), fassen. Zugleich ist das Tier aufgrund seiner unbestrittenen emotionalen Wirkung auf den Menschen zu einem der beliebtesten Aufhänger der Produktwerbung geworden. 11 Vgl. Münch (1998), 15: "Biologen und Zoologen nehmen sich des Themas in einer Spann weite an, die von der populären ( ... ) Zoogeschichte bis zu philosophisch-theologischen Überlegungen über das Mensch/Tier-Verhältnis reicht." 12 Vgl. den Forschungsüberblick von Münch (1998),14 u. 32-34 13 Günter Grass: Die Vernichtung der Menschheit hat begonnen. Rede zur Verleihung des In ternationalen Antonio-Feltrinelli-Preises für erzählende Prosa in Rom (1982). In: Werke, Bd.9,832 10 Zur Einführung ja zur Kommentatorin bundesrepublikanischer Nachkriegsgeschichte gewor den ist als vielmehr das Phänomen, daß mit der Grass'schen Rättin ausge rechnet das sprichwörtliche Ekeltier anthropomorpher Tierprojektionen im Sinne aufklärerischer Ideale fur die Erziehung des Menschengeschlechts in den Dienst genommen wird, ist hier (gerade im Hinblick auf modeme Um und Neuinterpretationen von Tierbildern) von Bedeutung. Über den jeweiligen Stand kultureller Denk- und Verhaltensmuster geben Phantasien über Tiere seit langem Auskunft, sofern man sie der bildenden Kunst, den Medien und schließlich den Gegenständen unseres Forschungs interesses, den literarischen Texten, abzulesen versteht. Denn der Dialog der Kreaturen, so der Titel einer neueren Ausstellung über epochenspezifische Präsentationsformen der Mensch-Tier-Beziehung in der bildenden Kunst,14 ist bekanntlich ebenfalls in der Literaturgeschichte auf vielfache Weise belegt. Von der Antike bis heute ist das Tier dort in unterschiedlichen Präsentations formen nicht nur in eigenen Genres (wie der epischen Tierdichtung, der Tier fabel, des Tiermärchens, der Tierkarikatur), sondern auch gewissermaßen zwischen den Zeilen und dann erst auf den zweiten Blick - als Motiv, als Fi gur, als Sinnbild - präsent. Und dies in einer Vielfalt, deren traditionsreiche Bezüge wie darüber hinausweisende Bedeutungsnuancen zu entdecken zum einen unter historischen und alltagsrelevanten, zum anderen unter literar ästhetischen, programmatischen und epochenspezifischen Aspekten auf schlußreich zu sein verspricht. Der Mediävist August Nitschke beispielsweise, einer der wenigen Histori ker, die sich grundlegend mit den menschlichen Sichtweisen des Tieres aus einandergesetzt haben, beschreibt dessen zentrale Bedeutung fur die histori sche Anthropologie wie folgt: "Immer, wenn der Mensch Tiere beschreibt, muß er bekennen, wie das Verhältnis zwischen Tier und Mensch aussehen soll. Wenn er eine Gemeinsamkeit zwischen Tieren und Menschen annimmt ( ... ), gibt er damit eine Beschreibung des Menschen. Wenn er die Trennung zwischen Tier und Mensch betont, wird ebenfalls durch die Darstellung des Tieres der Mensch mit charakterisiert.,,15 Dieser Befund kann auf die Literari sierung der Tierwelt problemlos übertragen werden, zumal fiktive Denk- und Handlungsmuster dem Alltag in mindestens zweifacher Hinsicht verpflichtet ist: Zum einen, da sie vermittelt über die Autorinstanz und deren Erfahrungs- 14 S. Anm. 5 15 August Nitschke: Verhalten und Bewegung der Tiere nach frühen christlichen Lehren. In: Studium Generale 20, 1967.235 sowie seinen Beitrag: Das Tier in der Spätantike, im Frü hen und Hohen Mittelalter. In: Münch (1998), 227-246

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