V d a u q S - e m i T r e d r e u e t Peter Terrid n e b A Die Zeit-Arche e i D Peter Terrid · Die Zeit-Arche Peter Terrid Die Abenteuer der Time-Squad 5. Heft Terra Astra 331 Peter Terrid Die Zeit-Arche Sie sollen die Zukunft erobern – um die Gegenwart zu retten 1977 Peter Terrid - Die Zeit-Arche Einem alten Sprichwort zufolge war keine Höllenfurie so schlimm wie ein verschmähtes Weib. Wenn an die- ser Weisheit auch nur ein Wort stimmte, dann begriff ich nicht, warum D. C., unsere allseits verehrte Chefin, kein größeres Vergnügen kannte, als die Männer, die sie keineswegs verschmähten, so schnell wie möglich um- zubringen. Nach unserem haarsträubenden Abenteuer auf At- lantis hatte sie uns ganze zehn Tage Ruhe gegönnt. Zum ersten Mal, seit ich für die Time-Squad arbeitete, war dieses Wort Ruhe sogar einigermaßen zutreffend. Aus- nahmsweise brauchten wir uns nur morgens zu schin- den; der Nachmittag war tatsächlich frei – allerdings be- nötigten wir diese Stunden dringend, um unsere Kräfte wieder zu sammeln und einigermaßen zu Luft zu kom- men. Demeter Carol Washington, im Dienstgebrauch kurz D.C. genannt, schien der Meinung zu sein, unser Aufenthalt auf Atlantis habe uns verweichlichen lassen. Dementsprechend sah unser morgendliches Trainings- programm aus. Zudem vertrat D. C. die Meinung, daß unsere Arbeit im Dienste der gesamten Menschheit entschieden wich- tiger sei als geregelte Essenszeiten. Die Besprechung des nächsten Einsatzes des Time-Intelligence-Corps (TIC) hatte sie dann auch prompt auf die Mittagsstunden des zehnten Tages gelegt. Ich stand unter den Warmluftdüsen und wartete dar- auf, daß meine dunklen Haare trockneten. In der Nach- barkabine war mein Partner Inky – bürgerlich Anastasi- us Immekeppel – mit der gleichen Arbeit beschäftigt. »Was mag D. C. jetzt mit uns vorhaben?« hörte ich ihn fragen. 7 Die Abenteuer der Time-Squad V »Ich weiß es nicht«, gab ich zurück. »Mir schwant nur eines – es wird wieder mörderisch werden!« Es war ein Kreuz mit unserer Arbeit. Bereits die er- sten Unternehmungen, die ich für die Time-Squad durchgestanden hatte, waren hochgefährlich gewesen. Jedesmal waren wir nur knapp dem sicheren Tod entron- nen. Auf die Idee, uns deswegen ein wenig zu schonen, kam D. C. natürlich nicht, im Gegenteil. Je schwieriger und risikoträchtiger ein Unternehmen der Time-Squad war, desto eher konnten wir damit rechnen, zu einem solchen Himmelfahrtskommando eingeteilt zu werden. Fast schien es, als suche D. C. auf diese Weise eine legale Möglichkeit, uns unter die Erde zu befördern. Haut und Haare waren trocken. Ich schlüpfte in die leichte zweiteilige Kombination, Unter- und Oberbe- kleidung in einem Stück. Sie saß wie eine zweite Haut. Als ich mich im Spiegel betrachtete, war ich mit mir zufrieden. Ich war durchtrainiert und in körperlicher Höchstform, ich konnte kein Gramm überschüssigen Fettes an mir entdecken. »Alter Narziß«, sagte Inky grinsend, als er mich sah. Er war in den Schultern etwas schmaler als ich, aber wehe dem, der sich von diesem Eindruck täuschen ließ. Inky war schon in seiner Zeit er war 1920 geboren, also mehr als vier Jahrhunderte älter als ich – ein formidab- ler Kämpfer gewesen. In den Trainingslagern der Time- Squad hatte er nur noch die modernen Kampfsportar- ten erlernen und seine Kondition verbessern müssen. Als ich ihn kennenlernte – damals, im Zeit-Camp im Amazonasdschungel –, hatte er bereits fünf Jahre na- hezu ununterbrochenen Kampfes hinter sich, und die- se Jahre hatten ihn geprägt. Was Inky auszeichnete, war Peter Terrid - Die Zeit-Arche ein unerschütterlicher Lebenswille, unbegrenzter Opti- mismus in üblen und entnervender Pessimismus in gu- ten Lagen, dazu ein bissiger Humor, der seine Quelle aus der Einsicht bezog, daß letztlich doch alles mensch- liche Treiben eitler Wahn war. Nebeneinander trabten wir durch die Gänge der Time-Squad-Zentrale. Einen Gesamtplan dieser unter- irdischen Anlage hatte ich nie gesehen, doch ich wuß- te, daß man sich in diesem Labyrinth prächtig verlaufen konnte. Wir befanden uns unter dem Boden eines Tal- kessels im Herzen der Rocky Mountains. Hier wurden die Vorbereitungen für die Einsätze getroffen, mit de- nen wir uns eines scheinbar übermächtigen Gegners zu erwehren suchten. Die Entdeckung, daß eine geheimnisvolle Macht ge- gen die Time-Squad angetreten war, war noch nicht ein- mal ein halbes Jahr alt. In dieser Zeit hatten wir unun- terbrochen ein Unternehmen nach dem anderen gestar- tet, denn – so seltsam es klang – die Zeit brannte uns auf den Nägeln. Irgend jemand hatte schon mehrmals versucht, die Geschichte der Menschheit in seinem Sinn zu ändern. Welches Ziel diese fremde Macht anstreb- te, wußten wir nicht – wohl aber, daß ihre Arbeit das Schicksal der gesamten Menschheit beeinflussen würde, wenn wir dieser Macht nicht mit allen verfügbaren Mit- teln entgegentraten. Es waren erst zehn Tage vergangen, seit wir den ersten Vertreter dieser Macht zur Strecke gebracht hatten. Auf erschreckende, geheimnisvolle Weise war der Gestalt- wandler Valcarcel gestorben, den wir seiner unheimli- chen Fähigkeiten wegen den Zeit-Zauberer genannt hat- ten. Er allein hatte uns mehr als einmal vor schier unlös- 9 Die Abenteuer der Time-Squad V bare Aufgaben gestellt, und dennoch gab mir sein Tod keine Beruhigung. Mir schwante, daß sein Tod nicht nur ein neues, ungeheuerliches Täuschungsmanöver war, sondern daß wir mit Valcarcel – wenn überhaupt – nur einen von mehreren Gegnern ausgeschaltet hatten. Al- lein die Vermutung, daß Valcarcel in der Organisation des Gegners nur ein kleines Licht darstellte, genügte, um die Zukunft in schwärzesten Farben malen zu können. Wir erreichten die Amtsräume der Chefin der Time- Squad. Washington, D. C. stand auf dem Schild an der Tür. D. Cs Vater schien ein Mann mit absonderlichem Humor gewesen zu sein. Wie nicht anders zu erwarten, wurde uns von Willi- am Smith geöffnet. Der Bursche mit den Geheimratsek- ken in der Bürstenfrisur hatte uns nicht das geringste ge- tan, dennoch konnten Inky und ich ihn nicht ausstehen. »Gehen Sie gleich durch«, brummte er. »Die Che- fin erwartet Sie!« Demeter Carol Washington hatte es sich in ihrem breiten Sessel bequem gemacht. Sie trug enge, ziem- lich verwaschene Jeans, darüber ein weitgeschnittenes kariertes Cowboyhemd und ein gelbseidenes Halstuch. Das Tuch paßte in der Farbe nicht sehr gut zu ihrem ro- ten Lockenkopf und den blaugrünen Augen, aber über derlei Kleinigkeiten sah ich gern hinweg. Sie blickte kaum auf, als wir den Raum betraten. Offiziell waren Inky und ich dem Time-Squad in San Francisco unterstellt. Daß es das TIC gab, wußten nur wenige Eingeweihte, darunter der Chef unserer Organi- sation in San Francisco – Don Slayter. D. C. s vierter Gast war ein Junge, ich schätzte ihn auf knapp siebzehn Jahre. Er war schlank und von mitt- 10