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Die Wohlfahrtspflege auf Grund der Fürsorgepflichtverordnung und der Reichsgrundsätze: Systematische Einführung PDF

140 Pages·1928·5.208 MB·German
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Die Wohlfahrtspflege auf Grund der Fürsorgepflichtverordnung und der Reichsgrundsätze Systematische Einführung von Dr. Hans Muthesius Stadtrat in Berlin-Schöneberg Zweite Auflage Springer-Verlag Berlin Heidelberg GmbH 1928 ISBN 978-3-662-27374-6 ISBN 978-3-662-28861-0 (eBook) DOI 10.1007/978-3-662-28861-0 Alle Rechte, insbesondere das der Übersetzung in fremde Sprachen, vorbehalten. Meinen Eltern gewidmet Vorwort zut• ersten Auflage. Seit dem 1. Januar 1925 besitzt das Deutsche Reich zum ersten mal seit seinem Bestehen ein einheitli,ches Reichsfürsorgerecht. Der vorliegende Versuch einer übersichtlichen Darstellung dieses Reichsfürsorgerechts für die an der Durchführung dieses Rechts beteiligten Beamten und Angestellten der sozialen Ämter und Stellen ist gleichzeitig auch gedacht als ein Lehr-, Lern- und Lesebuch für die Schüler und Schülerinnen der Wohlfahrtsschulen, die mit den Grundzügen des Fürsorgerechts während ihrer Be rufsausbildung sich vertraut machen müssen. Die Wirkungsmöglichkeiten der neuen Gesetzgebung hängen wesentlich davon ab, daß die mit der unmittelbaren Ausführung betrauten Personen, namentlich auch die in der sogenannten Außenfürsorge tätigen Kräfte, mit den Grundzügen und Grund tendenzen des neuen Rechts vertraut sind. In diesem Sinne will die Schrift an der Aufgabe, die dem neuen Fürsorgerecht gestellt ist, mitarbeiten. Berlin-Schöneberg, den 30. Aprill925. Dr. Hans 1\'luthesius. Vorwort zur zweiten Auflage. Die zweite Auflage weicht nur in einigen Punkten von der ersten Auflage ab. Die Änderungen der Gesetzgebung sind über all berücksichtigt. Das Landesrecht ist in etwas größerem Um fange als bisher verwertet. Die Darstellung der Zuständigkeits vorschriften habe ich, dem Zwecke des Buches entsprechend, im wesentlichen im Umfange der ersten Auflage belassen. Von der Anführung der Literatur im einzelnen habe ich aus dem gleichen Grunde abgesehen. Für die eingehendere Beschäftigung mit der Fürsorgepflichtverordnung und dem Jugendwohlfahrtsgesetz darf ich auf meinen Beitrag "Fürsorgerecht" zu der im gleichen Ver lage erscheinenden Enzyklopädie der Rechts- und Staatswissen schaften verweisen. Von dem Wiederabdruck der Gesetzestexte ist im Interesse des Preises abgesehen worden, da diese Texte in vielen billigen Ausgaben inzwischen verbreitet sind. Berlin-Schöneberg, den 30. April 1928. Dr. Hans Muthesius. Inhaltsverzeichnis. Seite A. Einleitung I. Grundlegung . . . . . . . . . . . . . 1 II. Rückblick auf die Entwicklung seit 1914 4 III. Kurze Übersicht über die RFV. 16 B. Die Leistungen der Fürsorge (das materielle Fürsorgerecht nach den Reichsgrundsätzen) ·I. Ziele und Aufgaben der Fürsorge 18 II. Voraussetzungen der Fürsorge . 24 l. Die Hilfsbedürftigkeit . . . . . 24 2. Übernahme von Verpflichtungen . 30 3. Der Antrag des Fürsorgesuchenden 30 III. Art der Fürsorge . . . . . . . . 31 l. Offene oder geschlossene Pflege 31 2. Geld- und Sachleistungen 34 3. Persönliche Hilfe . . . . . 36 IV. Maß der Fürsorge . . . . . . 37 l. Ziel und Maß im allgemeinen 37 2. Unterscheidungen im Maß 37 3. Riebtsätze . . . . . . 40 4. Maß der Krankenhilfe . . 42 V. Zusammenfassung . . . . . 42 l. Die Grundtendenzen der RGr. 44 2. Die Einteilung der RGr. .. 45 3. Die Armenpflege und das neue Fürsorgerecht 47 C. Die Lasten der Fürsorge und ihre Verteilung auf die Träger der Fürsorge I. Die Fürsorgeverbände als Träger 48 II. Die durchführenden Stellen . . 52 l. Die Fürsorgestellen, ihre innere Organisation 52 2. Übertragung von Fürsorgeaufgaben auf Gemeinden 56 III. Die rechtliche Ordnung der Beziehungen zu den Trägern der freien Wohlfahrtspflege . . 58 IV. Die Zuständigkeit 64 l. Für den Hilfsbedürftigen 64 2. Für die Kostenverteilung 65 a) Gewöhnlicher Aufenthalt 65 aa) Regelfall und Landeshilfsbedürftige. 6:) bb) Ausnahmefälle (§§ 8, 9, 11, 13) .. 70 VIII Inhaltsverzeichnis. b) Kostenersatz . . . . . 77 c) Verfahren . . . . . 79 d) Übergangsbestimmungen 81 e) Übernahme und Übergabe 82 V. Die Bedeutung der Landesfürsorgeverbände 88 D. Verhältnis der öffentlichen Fürsorge zu anderen Für sorgeleistungen I. Der Grundsatz der Subsidiarität 89 II. Andere öffentliche Fürsorge 92 l. Versorgung . . . . . . . . 92 2. Sozialversicherung . . . . . 92 lii. Privatrechtliche Fürsorgeansprüche 95 l. Die Erstattung . . . . . 95 2. Zwangsmittel der l!'ürsorge 99 a) Erstattungsverfahren 100 b) Strafanzeige . . . . . 101 c) Arbeitszwang 102 IV. Leistungen der freien Wohlfahrtspflege 106 E. Der Hilfsbedürftige, seine Pflichten und seine Rechte I. Die Pflichten . . . . . . . . . . . . . . 107 l. Die Arbeits-, Gehorsams-und Opferpflicht 108 2. Die Zurückzahlungspflicht 109 II. Der Fürsorgeanspruch . . . . . . . 112 III. Der Schutz des Hilfsbedürftigen . . . 113 IV. Die Organisationen der Hilfsbedürftigen 115 F. Rückblick I. Die Tendenz zur Vereinheitlichung . 118 II. Gruppierungen . . . . . . . . . 119 l. Neue Gruppierungen . . . . . 119 2. Die historischen Gruppen im neuen Fürsorgerecht 120 III. Schluß 125 Literaturverzeichnis 126 Sachverzeichnis 129 A. Einleitung. I. Grundlegung. Die Wohlfahrtspflege auf Grund der Fürsorgepflichtverordnung und der Reichsgrundsätze umfaßt die Maßnahmen der Hilfe für diejenigen Hilfsbedürftigen, die durch gesetzliche Vorschriften der Fürsorge der deutschen Fürsorgeverbände anvertraut sind. Es handelt sich also nicht um alle Maßnahmen der deutschen Wohlfahrtspflege überhaupt, sondern nur um die von den Für sorgeverbänden ausgeübte Fürsorge gegenüber denjenigen Grup pen der Bevölkerung, die kraft Gesetzes dieser Fürsorge über wiesen sind. Das muß von vornherein klargestellt werden, weil "Wohlfahrtspflege" ein Wort ist, über dessen Inhalt und Bedeu tung Streit herrscht. Wohlfahrtspflege ist die Pflege der Wohlfahrt, wenn man den Begriff "Wohlfahrtspflege" sprachlich betrachtet. Aber weder "Wohlfahrt" noch "Pflege" sind eindeutige Begriffe. "Wohlfahrt" ist ein verhältnismäßig junges Wort der deut~ sehen Sprache und bezeichnet das Gedeihen des Einzelnen oder einer Gesamtheit von Menschen in körperlicher, geistiger und sitt licher Beziehung, Gedeihen sowohl als Individuum wie als Glied der Gemeinschaft. "Pflege" ist ein Wort, das zum ältesten Sprach gut der deutschen Sprache gehört, es bezeichnet das Betreuen, sorgsam Behandeln, Schutzangedeihenlassen, das Sichhinneigen zu fremdem Gedeihen. Auch als Ausdruck der Rechtssprache, d. h. der Gesetzgebung, ist "Wohlfahrtspflege" kein feststehender Begriff. Die alte Reichs verfassung vom 16. April 1871 beginnt mit dem Vorspruch, daß der König von Preußen für den Norddeutschen Bund und die übrigen Fürsten "einen ewigen Bund zum Schutze des Bundes gebietes und des innerhalb desselben gültigen Rechts sowie zur Pflege der Wohlfahrt des deutschen Volkes" schließen. Die neue Reichsverfassung vom 11. August 1919 sagt dagegen in ihrem Vorspruch, daß "das deutsche Volk, von dem Willen be- Muthesius, Wohlfahrtspfle~e. 2. Auf!. l 2 Einleitung. seelt, sein Reich in Freiheit und Gerechtigkeit zu erneuen und zu festigen, dem inneren und dem äußeren Frieden zu dienen und den gesellschaftlichen Fortschritt zu fördern", sich diese Verfassung gegeben hat .. Die alte Reichsverfassung enthält in ihren Bestimmungen im übrigen weder das Wort "Wohlfahrtspflege" noch irgendein ähn liches Wort, das seinem Inhalte nach mit Wohlfahrtspflege in Ver bindung gebracht werden könnte. Die neue Reichsverfassung kennt nicht nur das Wort - im Artikel 9 wird ausdrücklich festgestellt, daß das Reich die Gesetzgebung über die Wohlfahrts pflege hat, soweit ein Bedürfnis für den Erlaß einheitlicher Vor schriften vorhanden ist-, sondern sie behandelt auch an verschie denen Stellen einzelne Sachgebiete der Wohlfahrtspflege nach ver schiedenen Richtungen, z. B. im Artikel 7, wo festgestellt wird, daß das Reich die Gesetzgebung über Armenwesen und Wanderer fürsorge, über Bevölkerungspolitik, Mutterschafts-, Säuglings-, Kinder- und Jugendfürsorge, über die Fürsorge für Kriegsteil nehmer und ihre Hinterbliebenen hat, oder in Artikelll9, wo die Rede ist von dem Anspruch der kinderreichen Familien auf aus gleichende Fürsorge, oder im Artikel 122, wo es heißt, daß Staat und Gemeinde die erforderlichen Einrichtungen zu treffen haben, um die Jugend gegen Ausbeutung, sowie gegen sittliche, geistige oder körperliche Verwahrlosung zu schützen. In der Gesamtheit der Rechtsvorschriften, insbesondere also in der Fürsorgepflichtverordnung vom 13. Februar 1924, denen diese Darstellung gewidmet ist, wird für das Wort "Wohlfahrtspflege" eine Begriffsbestimmung nicht gegeben. Kein Wort und kein Begriff hat einen logisch notwendigen In halt. Auch über den Inhalt des Begriffs "Wohlfahrtspflege" wird sich eine allgemeine Übereinstimmung nur schwer herstellen lassen. Aber in der hier in Frage kommenden ·wort- und Begriffsverbin dung "die Wohlfahrtspflege auf Grund der Fürsorgepflichtverord nung und der Reichsgrundsätze" kann Wohlfahrtspflege nichts anderes bezeichnen als die Maßnahmen der Hilfe für diejenigen Hilfsbedürftigen, die kraft positiver gesetzlicher Vorschrift der Fürsorge der deutschen Fürsorgeverbände anvertraut sind. Hilfe ist nämlich der Hauptinhalt aller Wohlfahrtspflege. Hilfe ist ein Grundtatbestand alles menschlichen, gesellschaftlichen Lebens. Ohne Hilfe ist ein geordnetes menschliches Zusammen-

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