Hagen Seele Die Wirkung von enttäuschten Mitarbeitererwartungen an Personalführung Attributionstheoretische Effekte und Handlungskonsequenzen Die Wirkung von enttäuschten Mitarbeitererwartungen an Personalführung Hagen Seele Die Wirkung von enttäuschten Mitarbeitererwartungen an Personalführung Attributionstheoretische Effekte und Handlungskonsequenzen Mit einem Geleitwort von Prof. Dr. Peter Eberl Hagen Seele Kassel, Deutschland Dissertation Universität Kassel, 2016 ISBN 978-3-658-14617-7 ISBN 978-3-658-14618-4 (eBook) DOI 10.1007/978-3-658-14618-4 Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen National- bibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Springer Gabler © Springer Fachmedien Wiesbaden 2016 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. 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Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Springer Gabler ist Teil von Springer Nature Die eingetragene Gesellschaft ist Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH Geleitwort Was erwarten Mitarbeiter von Ihren Führungskräften und wie reagieren sie im Enttäuschungsfall? Eine wissenschaftliche Antwort auf diese Frage ist keines- wegs trivial. Mitarbeiter haben unterschiedliche Vorstellungen, die sich zudem situativ in ihrer Priorität verändern und wiederum zu anderen Handlungskonse- quenzen führen. Gleichwohl ist die Beantwortung der obigen Frage von hoher praktischer Relevanz. Als Beispiele seien hier die Einflüsse auf die Leistungsbe- reitschaft der Mitarbeiter oder auch die Schulung von Führungskräften ange- führt. Angesichts der schwer zu beantwortenden Fragestellung liegt die Versu- chung nahe, allzu einfache und stereotype Annahmen über die Erwartungen von Mitarbeitern an die Personalführung zu bedienen. Die Arbeit setzt hierzu einen erfrischenden Kontrapunkt und liefert eine äußerst lesenswerte Studie aus einer geführten zentrierten Perspektive. Mit einer solchen Fokussierung knüpft die Arbeit nicht nur an aktuelle Diskussionsstränge in der Führungsforschung an, sondern gelangt auch zu anders gelagerten Implikationen. So geht es weniger um normative Empfehlungen für das Führungsverhalten, sondern erst einmal um „Verstehen“. Letzteres wiederum beinhaltet Reflexionsvorteile für Füh- rungskräfte. Dies bedeutet konkret, dass gängige Vorstellungen auf Seiten der Führungskräfte über die Erwartungen ihrer Mitarbeiter in Frage gestellt und entsprechende Verhaltensweisen der Geführten sich besser erklären lassen. Vor diesem Hintergrund entwickelt die Arbeit von Herrn Seele ein differenzier- tes Modell, das kognitive Reaktionen der Geführten auf die Form der Personal- führung mit handlungsbezogenen Aspekten verknüpft. Dabei wird der Enttäu- schungsfall und damit die Nicht-Erfüllung der Geführtenerwartungen in den Mittelpunkt gerückt. Durch die qualitativ angelegte methodische Vorgehenswei- se gelingt es eindrücklich, die Ursachen nicht nur der führungsbezogenen Attri- butionen, sondern auch der Handlungsintentionen und -konsequenzen auf Seiten der Geführten genauer zu erfassen. Das zugrunde gelegte Forschungsdesign, welches zwei Studien umfasst, ist für die Betriebswirtschaftslehre ausgespro- VI Geleitwort chen gut begründet und innovativ. Insofern sei auch dem qualitativ-methodisch interessierten Leser die Lektüre der Arbeit empfohlen. Im Ergebnis zeigt die Untersuchung von Herrn Seele unter anderem, dass Mit- arbeiter im Enttäuschungsfall sich erst einmal um eine Verbesserung der Füh- rungsbeziehung bemühen. Erst wenn diese Bemühungen bei der Führungskraft auf keine Resonanz stoßen, folgt der Rückzug und im schlimmsten Fall die Kündigung. Entscheidend ist aber auch, in welchem Bereich die Erwartungsent- täuschung auftritt. Enttäuschungen können grundsätzlich die persönliche Bezie- hungsebene, die Gestaltung der Rahmenbedingungen oder das direkte Füh- rungsverhalten betreffen und werden je nach dem unterschiedlich kognitiv be- wertet. Der vorgelegte Modellentwurf regt in sehr positiver Weise die Diskussion über die Akzeptanz von Führung an und enthält wegweisende Bausteine, die für die zukünftige Betrachtung von Personalführung in der Betriebswirtschaftslehre von erheblicher Bedeutung sein dürften. Ich wünsche der Arbeit die Resonanz und Verbreitung, die ihr aufgrund der beachtlichen wissenschaftlichen Leistung gebührt. Kassel, Februar 2016 Peter Eberl Vorwort Die Generationen X,Y und Z (und welche sonst noch kommen mögen), indivi- duelle Karriereziele und unterschiedlichste Ansprüche an eine Work-Life- Balance sind deutliche Beispiele für eine Vielzahl an Herausforderungen für eine zeitgemäße Führung. Umso mehr wird es wichtig, als Führungskraft ein Bewusstsein darüber zu erhalten, welchen Erwartungen man auf Seiten der Geführten gegenübersteht und was eine mögliche Enttäuschung einzelner Er- wartungen verursachen könnte. Bisher konnte die Führungsforschung nur sehr grobe Antworten über die (Nicht-)Anerkennung von Führung als dichotomes Ergebnis leisten („0 oder 1“, volle Ablehnung oder Anerkennung) und dabei keine unterschiedlichen Erwartungshaltungen voneinander trennen. Dem hohen Grad an Individualität in realen Führungsbeziehungen wird diese undifferenzier- te Betrachtung nicht gerecht. Diese Arbeit hat sich zum Ziel gesetzt, die Theorie rund um die geführtenzentrierte Attribution von Führung weiterzuentwickeln, in dem sie durch ein differenziertes Verständnis von Führungserwartungen Unter- scheidungen bereitstellt, auf dessen Basis Handlungskonsequenzen und abstu- fende attributionstheoretische Effekte diskutiert werden. Dadurch entsteht ein Vorschlag, der vielfältigen Realität einen weiteren Schritt näher zu kommen: Durch das qualitative empirische Design und die unmittelbare Begleitung von neu entstandenen Führungsbeziehungen wurden reale Wahrnehmungen von Geführten als Ausgangsbasis einer Klassifikation von Führungserwartungen genutzt. Weiterhin wurden im Falle enttäuschter Erwartungen verschiedene Reaktionen mit den Erwartungsinhalten verknüpft, um so zu einem erweiterten Verständnis einer Führungsattribution zwischen 0 und 1 zu gelangen. Die Arbeit entstand während meiner Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Personalwirtschafts- und Organisationslehre des Fachbereiches Wirtschaftswissenschaften der Universität Kassel. Sie stellt eine leicht überar- beitete Version meiner Dissertationsschrift dar, die im Wintersemester 2015/2016 vom Fachbereich Wirtschaftswissenschaften der Universität Kassel VIII Vorwort angenommen wurde. Im Rahmen der Entstehung dieser Arbeit gebührt vielen Personen großer Dank. Jeder Beitrag – egal in welcher Art und Größe – hat seinen Anteil zum Gelingen geleistet. Mein erster und besonderer Dank gilt meinem Doktorvater Herrn Prof. Dr. Peter Eberl, der mich als Mitarbeiter an seinem Lehrstuhl aufgenommen und mir somit die Möglichkeit zum Promovieren geschaffen hat. Im Sinne dieser Arbeit sind meine Führungserwartungen umfassend erfüllt worden und seine Erfahrung und konstruktive Kritik stellten unersetzliche Hilfen dar. Genauso danke ich Herrn Jun.-Prof. Dr. Stefan Klaußner für viele wertvolle Hinweise und die Übernahme des Zweitgutachtens. Ulrich Grannemann möchte ich vor allem sowohl für die vielen interessanten Gedanken und Diskussionen als auch für die wichtige Unterstützung in der Empirie danken. Letzteres gilt auch für die vielen Unternehmen mit den entsprechenden Kontaktpersonen, sowie insbesondere für die Teilnehmer in den Interviews und Fallstudien, ohne die diese Arbeit nicht möglich gewesen wäre. Bei allen Kollegen am Lehrstuhl und im Fachbereich bedanke ich mich für die tolle Arbeitsatmosphäre. Insbesondere gilt dies für Malte Möller, der denselben Weg gegangen ist und von daher „am Tisch gegen- über“ als guter Freund oft der erste Ansprechpartner bei Problemen, Gedanken oder Ideen war. Ich bedanke mich für den großen Rückhalt bei all den Freunden und der Familie während der gesamten Zeit. In erster Linie gilt dies vor allem für meine Eltern als immer präsente Stütze. Für einfach alles und mehr als ein- zelne Worte sagen können, möchte ich Katharina Böhm danken. Kassel, Februar 2016 Hagen Seele Die ursprüngliche Version dieses Buches wurde überarbeitet. Ein Erratum finden Sie unter D O I 10.10 0 7 /9 78-3-658-14618-4_6 Inhaltsverzeichnis Abbildungsverzeichnis .................................................................................. XIII Tabellenverzeichnis ......................................................................................... XV 1. Einleitung ........................................................................................................ 1 1.1 Problemstellung ......................................................................................... 2 1.2 Zielsetzung und Aufbau der Arbeit ............................................................ 8 2. Grundlagen zur Einbettung von Erwartungsenttäuschungen in die Führungsforschung .................................................................................... 11 2.1 Bedeutung und Klassifizierung des Erwartungsbegriffs .......................... 12 2.2 Die Bildung von Führungserwartungen durch implizite Führungstheorien .................................................................................... 25 2.3 Die rollentheoretische Perspektive auf Führungserwartungen ............... 39 2.4 Die Entstehung und die Konsequenzen von enttäuschten Führungserwartungen als Problem der Führungsattribution .................. 46 2.4.1 Attributionstheoretische Grundlagen ................................................ 47 2.4.2 Die geführtenzentrierte Attributionstheorie und die Enttäuschung von Führungserwartungen ................................................................ 55 2.5 Würdigung des Forschungsstandes und Zwischenfazit .......................... 63 X Inhaltsverzeichnis 3. Empirische Untersuchung ........................................................................... 71 3.1 Forschungsdesign ................................................................................... 72 3.1.1 Basisdesign ....................................................................................... 73 3.1.2 Grundlegende Untersuchungsstrategie ............................................. 78 3.2 Auswahl und Charakterisierung der Fallstudienteilnehmer ..................... 91 3.3 Methodik der Datenerhebung und Datenauswertung ............................. 98 3.4 Ergebnisse ............................................................................................. 110 3.4.1 Ergebnisse der Prototypenstudie ..................................................... 111 3.4.2 Ergebnisse der Führungsbeziehungsstudie ..................................... 119 3.4.2.1 Erwartungsenttäuschungen: Strukturelle Führung, direktes Führungsverhalten und die persönliche Beziehung ................ 127 3.4.2.2 Handlungskonsequenzen: Investition in die Beziehung, Konfrontation und Rückzug / Desinvestition aus der Beziehung ......................................................................... 150 3.4.2.3 Kontextbezogene Analyse von Erwartungsenttäuschungen und Handlungskonsequenzen ................................................. 169 4. Diskussion ................................................................................................... 181 4.1 Beitrag zur Führungsforschung: Ein differenziertes Modell der Führungsattribution .............................................................................. 181 4.2 Implikationen für die organisationale Praxis ........................................ 213