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Die Wirklichkeit der Wissenschaften und die Metaphysik PDF

95 Pages·1966·12.424 MB·German
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MORITZ GEIGER DIE WIRKLICHKEIT DER WISSENSCHAFTEN UND DIE METAPHYSIK 0 ~ 1966 GEORG OLMS VERLAGSBUCHHANDLUNG HILDESHEIM INHALT Seite Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII Einleitung Die wissenschaftliche Wirklichkeit und die Wirklichkeit der Metaphysik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 Kapitel. Die beiden Einstellungen 1 . I. Die Charakterisierung der Einstellungen 14 A. Die naturalistische Einstellung . . IS B. Die unmittelbare Einstellung . . . 20 Das Physische und das Psychische . 21 Nicht·physische Objektsbereiche . . 23 2. Kapitel. Das Wahrnehmungsproblem und die Einstel- lungen I. Die Korrelation von Einstellung und Strukturantik 30 2. Das Wahrnehmungsproblem ...... . 31 3· Die Abbildtheorie der Wahrheit .... . 39 4· Die Korrespondenztheorie der Wahrheit ·. 42 5. Die Deckungstheorie der Wahrheit 46 6. bie Wahrnehmung und der Leib .... 49 3· Kapitel. Die Haltungen I. Die strukturfixierend·objektivistische und die perspek- tivistisch-subjektivistische Haltung ~ 54 Zeit und Geschichtswissenschaft . 55 Raum und Physik . 56 Reprografieeher Nachdruck der Ausgabe Bonn 1930 Biologie ............. . 57 ) s . 1 . Lizenzausgabe des Verlages G. Schulte·Bulmke, Frankfurt a. Main OZlO ogte ............ . 57 der 1930 im Verlag Friedrich Cohen erschienenen Originalausgabe 2. Subjektivistische und Gegebenheitshaltung. 6I Printed in Germany 3· Die Haltungen und die Philosophie . 64 Herstellung: Druckerei Lokay, Reinheim '4. Die neutralistische Haltung .... 68 Best.·Nr. 5101 364 5· Primäre und sekundäre Qualitäten 71 V 55·5~~ 7 J l.Aj., Seite VORWORT 4· Kapitel. Die Einstellungen in den Wissenschaften I. Naturwissenschaft und Geschichtswissenschaft 76 2. Mathematik . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 3· Psychologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 4· Logik ......•.................. 107 Aus Arbeiten zur Grundlegung der Metaphysik hat sich 5· Kapitel. Die philosophischen Einzelprobleme und die dieses Buch als ein besonderes, selbständiges Kapitel los Einstellungen gelöst. Der Inhalt gibt weniger und mehr als der Titel ver I. Der Zusammenhang von Leib und Seele muten läßt :--weniger - denn es wird keineswegs das V er 123 2. Das Universalienproblem . . . . . . . 128 hältnis zwischen der Wirklichkeit der Wissenschaften und der 3· Determinismus und Indeterminismus Wirklichkeit der Metaphysik. allseitig untersucht und zur I36 4· Das Problem der Unsterblichkeit. . . Lösung gebracht; es werden vielmehr nur die allgemein 141 sten Voraussetzungen der Wissenschaften aufgewie 6. Kapitel. Metaphysik und Einstellung sen und gezeigt, daß sie sich nicht dazu eignen, metaphy I. Die philosophischen Systeme . . . . . . . . . . . . . 144 sisch verabsolutiert zu werden; es wird dargetan, daß solche 7. Kapitel. Die metaphysische Verabsolutierung der Ein Verabsolutierung auf Widersprüche fuhrt, die - so lange stellungen man innerhalb der Voraussetzungen der Wissenschaft bleibt I. Die Einstellungen und das Problem der Verabsolutie- - nicht zu lösen sing. Nach dieser Richtung hin liegt der rung .............. . Schwerpunkt des Buches in den drei ersten und in den zwei 159 2. Die Verabsolutierung der natur~li.st~s~he~ ·S~r~kt~r: letzten -Kapiteln. ontik .......................•... 162 Andererseits will das Buch jedoch mehr geben als der Titel 3· Die Verabsolutierung der unmittelbaren Strukturantik 168 andeutet: Die Verschiedenheiten in den immanenten wissen 4· Das Erkenntnisproblem . . . . . . . . . . . . . . . . . schaftlichen Voraussetzungen sind nicht bloß etwas, was nur 179 den! Philosophen angeht, die Beschäftigung mit ihnen ist nicht eine bloße Liebhaberei methodisch interessierter Geister. Vielmehr: viele der Streitigkeiten innerhalb der Rechtswis senschaft, der Staatslehre, der Soziologie, der Sprachwissen schaften, der Biologie usw. hängen letztlich mit der Unklarheit über diese immanenten Voraussetzungen zusammen, beruhen auf der Vermischung oder Nicht· Sonderung entgegengesetz ter Strukturontiken. Nur, daß der in die Fachwissenschaft Eingeschlossene sich nicht klar darüber zu sein pflegt, daß in den anderenWissenschaften ähnliche Kämpfe sich abspie len; er würde zuweilen die Analogie zu den Kämpfen inner halb seiner eigenen Wissenschaft auch dann nicht wieder- VI VII erkennen, wenn ihm die Kämpfe in der fremden Wissenschaft EINLEITUNG bekannt wären, weil die Einkleidung der Voraussetzungen von Wissenschaft zu Wissenschaft wechselt. So liegt in der scheinbar -jedoch nur scheinbar-bloß methodischen Scheidung der Strukturantiken eine Ausein andersetzung mit heutigen Wissenschaftsprinzipien Die wissenschaftliche Wirklichkeit und die Wirk überhaupt beschlossen. lichkeit der Metaphysik. Es wäre ein Leichtes gewesen, den Gegensatz der Struk-·· turontiken in seiner Bedeutung durch alle Wissenschaften I hindurch zu verfolgen, an den aktuellen Diskussionen heu Das Verhältnis zwischen der Wirklichkeit, wie sie durch die tiger Wissenschaft die Geltung und Wichtigkeit der Schei Wissenschaft bestimmt wird, und der Wirklichkeit, die die dungen aufzuzeigen. Dazu aber wäre ein Eingehen auf die Metaphysik zu erkennen bestrebt ist, wurde in dem Augen Problematik der Wissenschaften nach ihrer prinzipiellen Seite blick zweideutig,' in dem sich die Wissenschaft von der Philo hin notwendig geworden; es war vorauszusehen, daß in dem sophie loslöste. Von jetzt ab war die Philosophie nicht mehr Versuch die heutige wissenschaftliche Problemlage im ein Erkenntnis alles Wirklichen schlechthin, sondern Erkennt zelnen nach derSeiteder immanenten Voraussetzungen hin nis des schlechthin Wirklichen. Es war also eine rein for zu entwirren, die scharfe Linie des Buches verlorengegangen male Bestimmung, durch die nunmehr der Gegenstand der wäre. So habe ich es mir versagt, das große Material, das Metaphysik gekennzeichnet wurde: Sie wurde die Lehre vom mir als Beleg ftir den Gegensatz der Einstellungen und Struk letzten unabhängigen, in sich selbst ruhenden Sein. turantiken in Wissenschaft und Philosophie zur VerfUgung Der Inhalt dieses letzten Seins konnte jedoch aus dieser stand, in das Buch hineinzuarbeiten; ich habe mich damit be formalen Bestimmung nicht entnommen werden; und ebenso gnügt, die Tendenzen herauszuarbeiten und jeweils mit wenig ließ sich ohne weiteres entscheiden, wenn nun irgend prägnanten Beispielen zu belegen. ein Sein mit dem Anspruch auftauchte, das letzte zu sein - Es besteht die Absicht, das Material aus Philosophie und das Wasser oder die Luft, die Ideen oder die Materie, der Einzeldisziplinen, das hier nicht zur Verwendung gelangen Wille oder der Logos -, ob dieser Anspruch gerechtfertigt konnte, gelegentlich in Einzelaufsätzen zu verwerten, die nicht sei oder nicht. Andererseits war jedoch durch die Formalität von oben, vom Philosophischen her, sondern von unten, von dieser Bestimmung der Metaphysik auch in keiner Hinsicht der Einzelwissenschaft aus, die Fruchtbarkeit der aufgewie eine Methode angezeigt, wie man zu einer inhaltlichen Be senen Gegensätzlichkeiten zeigen können. stimmung des letzten Seins gelangen könne. Auf diese Weise war das metaphysische Sein zu einem fernen Land geworden, Göttingen, im August I929. von dem man nicht wußte, wo es lag, und von dem man nicht M. Geiger einmal die Richtung kannte, in der es zu suchen sei. Und demgemäß mußte jeder Metaphysiker aufs neue aus eigener Wahl sich eine Straße bahnen, ohne die Sicherheit zu be sitzen, daß sie auch wirklich zum Ziele führe. VIII I Wenn so die Metaphysik durch die Trennung von der setzen. Es bedarf neuer gedanklicher Griffe, um eine solche Wissenschaft inhaltlich und methodisch aufs Ungewisse ge Beziehung herzustellen, neuer Gesichtspunkte, um die beiden stellt wurde, so hat die Wissenschaft ihrerseits durch die Wirklichkeiten nicht unvermittelt nebeneinander bestehen Trennung von der Metaphysik nur gewinnen können. Be zu lassen. freit von dem Zwang, sich an einem letzten Sein zu orien 2 tieren, konnte sie sich inhaltlichen Aufgaben zuwenden. Die Lösung des Pr_gblems der Beziehung der beiden Wirk Jede Wissenschaft, jede Wissenschaftsgruppe bearbeitet von lichkeiten zueinander kann von zwei Seiten her in Angriff jetzt ab bestimmte inhaltlich determinierte Seinsgebiete (oder genommen werden: Man kann von der Metaphysik her die inhaltliche Gebiete unter bestimmten Gesichtspunkten): Die wissenschaftliche Wirklichkeit zu durchleuchten suchen, und anorganische Natur, die Lebensvorgänge, das Gebiet des man kann von der wissenschaftlichen Wirklichkeit aus Seelischen, die historischen Geschehnisse usw. - Gebiete, zum Sein der Metaphysik vorzudringen sich bemühen. die ihr zunächst die natürliche Erfahrung zuweist. Damit ist Die prinzipielle Lösung bringt einzig derAus gang auch, trotz allen Schwierigkeiten im einzelnen, der Wissen von der Metaphysik. Es soll ein Maßstab gefunden werden, schaft methodisch der Weg gewiesen. Ihr Ausgangspunkt ob und inwi~weit die wissenschaftliche Wirklichkeit einen Bei ist die natürliche Erkenntnis. An sie knüpft die Wissen trag liefert zum letzten Sein; und einen solchen Maßstab kann schaft an und füllt die Vorzeichnungen aus, die ihr die natürliche einzig das letzte Sein selbst beibringen. Nur von einer fest Erkenntnis liefert. Was die natürliche Erkenntnis spora stehenden Metaphysik aus kann entschieden werden, welche disch, unexakt, Einzelheiten zu Einzelheiten häufend an Wirk Position man gegenüber dem Anspruch der Wissenschaft lichkeitsmaterial beibringt, bearbeitet die Wissen s c h a f t Wirklichkeitserkenntnis zu bieten, einzunehmen hat: Ist die methodisch, präzisiert es, erweitert es, befreit es von Wider wissenschaftliche Wirklichkeit in derTat (wie es die geheime sprüchen, stellt es in Zusammenhänge hinein, erklärt es und Überzeugung aller wissenschaftlichen Arbeit ist) eine Vor ordnet es zum wissenschaftlichen System. stufe zur letzten Wirklichkeit? Oder ist vielleicht auf dem Damit aber tut sich eine Kluft auf zwischen Metaphysik Wege der Wissenschaft überhaupt die Wirklichkeit nicht zu und Wissenschaft. Beide suchen auf ihre Weise Wirklich finden- nicht die vorletzte, geschweige denn die letzte Wirk keiten zu erfassen: die Metaphysik das letzte Sein, die Wis lichkeit? Bedarf es vielleicht radikaler Umkehr gegenüber der senschaft eine Wirklichkeit, die sie aus der natürlichen Er Wissenschaft zu metaphysischer Dialektik, zu mystischer Ver kenntnis herauskristallisiert, ohne daß sie sich darum küm senkung, zu einem nicht forschenden, sondern hingebenden mert, ob sie nun gerade das letzte Sein in Händen hält oder Horchen auf das, was in Ekstase, in unmittelbarer religiöser nicht. So erhebt sich für alle ernsthafte Philosophie die Frage: Erleuchtung, in der Offenbarung durch das Wort eines von Wie stehen metaphysische und wissenschaftliche Gott inspirierten Propheten sich darbietet? Ist solcher un Wirklichkeit zueinander? Aus der vorläufigen Ansage, mittelbaren Erfassung des letzten Seins gegenüber das wis die wir vomWesender beiden Wirklichkeiten gegeben haben, senschaftliche Erkennen ein absolutes Nichts oder nur ein läßt sich nichts über ihre Beziehungen entnehmen: Die De relatives? Ist es eine so untergeordnete Form des Wissens, finitionen, die wir von ihnen brachten, grenzten die Wirklich das sich zur metaphysischen Erkenntnis wie das Endliche zum keiten jede für sich ab, ohne sie in Beziehung zueinander zu Unendlichen verhält? Oder: Darf die Wissenschaft von sich 2 3 aus überhaupt keinen Anspruch auf Erkenntnis machen Hintergrund ist von diesen Lösungen nicht zu trennen, auch nicht einmal einen unendlich kleinen weil sie nichts ist al~ wenn er nicht bewußt ist oder gar bestritten wird. Man stellt eine denkökonomische Veranstaltun~, um die unüberschau sich in all solchen Lösungen außerhalb der Wissenschaft, baren Massen der Empfindungen mit selbstgeschaffenen Mit- . um sie verstehen zu können, nimmt sie nicht hin, als das, als teln von Begriffen und Gesetzen für das Bewußtsein be was sie sich gibt: als Wirklichkeitserkenntnis. Man medi herrschbar zu machen (Mach, Petzoldt)? Gibt sie aus der Un tiert vielmehr von außen her darüber, ob sie nun auch in der erschöpflichkeit, das jedem einzelnen Stück der Wirklichkeit Tat Wirklichkeitserkenntnis sei, und wie weit sie es sei. nicht nur dem Universum als Ganzem zukommt eine Aus Deshalb bedarf es einer ausgeführten Metaphysik, um auf wahl, indem sie diese Wirklichkeit mit Individuai- oder AII diesem Wege der Beziehung zwischen wissenschaftlicher und g:mei~begriffen ~eis!ert (Rickert)? Oder schafft umgekehrt metaphysischer Wirklichkeit Herr zu werden; man muß die die WIssenschaft m emem unendlichen Prozeß erst das was wissenschaftliche Fragestellung einbetten in diese Metaphysik wir Wirklichkeit nennen, indem sie mit ihrer Method~ den und die wissenschaftliche Wirklichkeit festklammern an dem Gegenstand näher und näher bestimmt (Marburger Neukan sicheren Grund ultimativen Seins. - tianismus)? Ist vielleicht die Wissenschaft als Lebensausdruck : Der umgekehrte Weg, der Weg von der wissenschaft zu verstehen, wie Kunst und Religion (Dilthey)? Vielleicht lichen Wirklichkeit her zum letzten Sein ist weniger prin aus der Fülle der menschlichen Existenz stammend zipiell und weniger durchschlagend. Da er von der Wissen vielleicht auch nur eine Ausgeburt des In t e 11 e k t s eine; schaft herkommt, k~mn er von sich aus keine Kritik an der ihrem Ursprung nach praktischen Lebensbetätigung '(biolo wissenschaftlichen Haltung üben. Er bleibt in der Auffassung gischer Pragmatismus), die daher auch nicht an die Wirklich der Wirklichkeit befangen, wie sie die communis opinio jeg keit heranzukommen vermag, sondern die Erkenntnis des licher Epoche der Wissenschaft gegenüber einnahm: Es ist letzten Seins anders gearteten Erkenntnisquellen, wie z. B. das Ethos aller wissenschaftlichen Arbeit, daß durch ihr Nach der Intuition überlassen muß (Bergson)? Oder ist es gerade sinnen, F ersehen und Experimentieren ein Stück Wirklichkeit ~er In~ellekt, der wissenschaftliche und metaphysische Wirk erobert werden könne, das der natürlichen Erkenntnis un lichkeit zu ergreifen vermag, weil die eine menschliche Ver zugänglich ist. Führt nun der Weg von der Wissenschaft nunft a:uch nur eine Methode der Erkenntnis besitzen kann zur Met~physik, so muß dieser Anspruch der Wissenschaft (Descartes), wenn auch der menschliche Verstand sich in den auf Wirklichkeitserkenntnis ausdrücklich anerkannt werden; Realwissenschaften mit der Erkenntnis der verites des faits man muß versuchen, diese wissenschaftliche Wirklichkeit der begnügen muß, deren rationaler Auflösung sich ftir endliche art auszuwerten, daß aus ihr die Wirklichkeit letzten Seins Wesen unübersteigliche Hindernisse in denWeg legen (Leib- herausdestilliert wird. Nicht von außen her, sondern in der . )? mz . usw. usw. Haltung der Wissenschaft bleibend, muß man sich klar dar Al~ solche Lösungen sind metaphysischer Natur (mögen über werden, ob die Wissenschaft sich über sich hinausheben ~uch thre Anhänger sich noch so sehr dagegen sträuben, kann zur Metaphysik, oder ob sie auf ewig in ihre eigene Ihre Anschauungen als Metaphysik bezeichnet zu sehen sie Wirklichkeit gebannt ist. ~Wissenschaftstheorie c, , Erkenntniskritik c, , T ranszenden Lautet die Antwort: Eine Eroberung des letzten Seins talphilosophie ~ oder sonstwie nennen) - der metaphysische von der Wissenschaft her ist möglich, so bedarf es nicht 4 5 noch einmal eines gesonderten Weges zur Metaphysik; der Welt so wie sie an sich ist; das Sein der Wissenschaft trägt Zugang zur Metaphysik führt in diesem Falle durch die Wis ultimativen Charakter; es gibt kein,> letztes c Sein, das hinter senschaft. Lautet die Antwort, diese Eroberung sei unmög dem Sein der Wissenschaft läge. Durch die Einzelwissen lich, prinzipiell unmöglich, so ist diese Antwort zunächst nur schaften wird prinzipiell jede Erkenntnis des Seienden ge negativ wertvoll: Die Ansprüche einer Metaphysik von der wonnen, , jede andere Ontologie c (hier gleich Metaphysik), Wissenschaft her sind ein für allemal abgewiesen; man wird , ist leeres Geschwätz« (Schlick), ist» Begriffsdichtung c (Fr iedr. auf den ersten der alternativen Wege zurückgeworfen: Die Alb. Lange). An Konsequenz gibt dieser Szientifismus dem Metaphysik muß sich aus eigener Kraft aufbauen. Kalifen Omar nichts nach. Wie die Sage erzählt, erteilte er Hier - im Zusammenhang dieses Buches - soll einzig den Befehl, die Bibliothek von Alexandria zu verbrennen, der zweite Weg beschritten werden. Es wird zunächst der weil die Bücher dieser Bibliothek, wenn sie dasselbe ent Wissenschaft die Bedeutung zugeschrieben, die sie sich selbst hielten, wie der Koran, unnötig, wenn sie etwas anderes ent zuschreibt: daß sie Wirklichkeitserkenntnis liefert. Es soll hielten, falsch und ketzerisch seien. Der Koran dieser Form dieser Anspruch der Wissenschaft nicht angefochten werden, des Szientifismus ist die Enzyklopädie der Wissen sondern im Sinne des zweiten Weges soll versucht werden schaften. in wissenschaftlicher Haltung weiter vorzustoßen, soll die Nicht jeglicher Szientifismus bleibt bei dieser extremen Probe gemacht werden, ob sich die wissenschaftliche Hal These. Es gibt eine gemäßigte Spielart, die neben den Einzel tung zur metaphysischen erweitern läßt. wissenschaften auch eine übergeordnete Wissenschaft anerkennt, der sie zuweilen den Namen , Metaphysik' nicht 3 versagt. Solche wissenschaftliche Metaphysik hat eine dop Der Szientifismus gibt eine radikale Lösung der Pro pelte Aufgabe. Sie soll einmal den Zusammenhang zwischen bleme, die von dieser Fragestellung aus auftauchen: Es den Gebieten der einzelnen Wissenschaften herstellen; sie existiert für ihn keine Erkenntnis der Wirklichkeit, außet soll i. B. den Zusammenhang zwischen Leib und Seele er derjenigen, die durch die Wissenschaft geleistet wird: Eine forschen. Das Problem dieses Zusammenhangs gehört weder metaphysische Erkenntnis neben der wissenschaftlichen ist in den Bereich der Psychologie, die nur das seelische Ge unmöglich. schehen, noch in das der Physiologie, die einzig körperliche Solcher Szientifismus ist ein Kind der wissenschaftsdog Vorgänge untersucht; nur eine über die Einzelwissenschaft matischen Epoche in der Mitte des 19. Jahrhunderts: Erst übergreifende Wissenschaft kann diesen Zusammenhang auf als die Wissenschaften auf den Koloß ihrer Leistungen hin klären. Die Metaphysik dieser Artung hat noch eine zweite weisen konnten, mehr noch: erst als das Bewußtsein der Aufgabe: Die Ereignisse der Einzelwissenschaften müssen · Allgemeinheit sich anschickte, das wissenschaftliche Weh zu einer einheitlichen Weltanschauung verarbeitet wer begreifen gegenüber dem religiösen und dem philosophi den: , Metaphysik ist der auf der Grundlage des gesamten schen in den Vordergrund zu schieben, konnte sich der wissenschaftlichen Bewußtseins des Zeitalters oder beson Szientifismus ausbilden. Er begann in seiner exakten Form ders hervortretender Inhalte desselben unternommene Ver mit der These: Wissenschaftliches und metaphysi such, eine die Bestandteile des Einzelwissens verbindende sches Sein sind identisch. Die Wissenschaft erkennt die Weltanschauung zu gewinnen« (Wundt). 6 7 Solche Metaphysik ist nichts als eine Wissenschaft Inhalt nach erkennen, ist inhaltlicher Dogmatismus, der unter anderen, nur eine Wissenschaft höheren Grades. Sie Glaube, die wissenschaftliche Methode sei die einzige Me verhält sich etwa zu den Einzelwissenschaften wie die Einzel thode die zur Erkenntnis der Wirklichkeit führe, ist metho wissenschaften zu ihren Teildisziplinen. Aus der Lehre von disch~r Dogmatismus. Gemeinsam ist beiden die Ableh der Wärme, dem Licht, der Elektrizität usw. ist die einheit nung''finer nicht-wissenschaftlichen Metaphysik. liche Physik gewonnen worden, indem man die Ergebnisse ~>-i / aufihre Gemeinsamkeiten hin prüfte, durch umfassende Hypo 4 thesen unterbaute, zu einer physikalischen Gesamtanschauung Die Kritik des Szientifismus hat sowohl den inhaltlich verarbeitete. Entsprechend sollen hier die Ergebnisse aller dogmatischen wie auch den· methodischen Dogmatis- Einzelwissenschaften durch eine gesamtwissenschaftliche mus zu prüfen: . . . Weltanschauung unterbaut werden. Ist wirklich die wissenschafthebe Erkenntnis Im- Ist solche wissenschaftliche Weltanschauung mit der Meta stande die Erkenntnis letzten Seins zu vermitteln? physik als Erkenntnis letzten Seins identisch? Die Antwort Ist ~irklich die wissenschaftliche Methode die des Szientifismus ist nicht eindeutig: er schwankt zwischen einzige Methode der Wirklich~e.itserkenntnis? . zwei Auffassungen: die primitive Form des Szientifismus ist · Die zweite dieser Fragen kann emztg von der Metaphysik überzeugt, daß mit den Mitteln der Wissenschaft das letzte her beantwortet werden von einer Metaphysik her, die auch Sein erkannt werden könne, und daß daher die vollendete andere Farmen der Erk~nntnis außer der wissenschaftlichen wissenschaftliche Weltanschauung zugleich die so lange (Intuition intellektuelle Anschauung usw.) kritisch untersucht. gesuchte Metaphysik darstelle. Für die skeptische Form Nur die Metaphysik kann entscheiden, o~ d!e wi~senschaft­ des Szientifismus ist eine Erkenntnis des letzten Seins nicht liche Methode die einzige Methode der Wtrkhchkeitserkennt möglich (Spencer), metaphysisch im strengsten Sinn ist der nis ist oder nicht. Da diese prinzi pi eil metaphysische Frage Agnostizismus das letzte Wort. Gerade dieser Richtung stellung hier ausgeschaltet werden soll, so ·liegt ~ie Kritik des Szientifismus mußte der negative Teil der Kautsehen des methodischen Dogmatismus außerhalb des Gebiets unse- Vernunftkritik besonders sympathisch sein: Metaphysik als rer Betrachtung .. Wissenschaft ist unmöglich; alle Wissenschaft bleibt in der Dagegen ist die Kritik des in~altlichen Dogmatismus empirischen Realität befangen. - ein zentrales Problem für unsere Uberlegungen. Für diesen agnozistischen Szientifismus gibt also die wis senschaftliche Weltanschauung nicht das letzte Sein; allein 5 Im Zusammenhang dieses Problems tritt der Gegensatz · diewissenschaftliche Methode ist doch die einzige Methode, die überhaupt zu einer Erkenntnis der Wirklichkeit führt. der immanenten· Strukturantik der Einzel wissen So weit diese Methode trägt, so weit können wir die Wirk sehaften und der transzendenten Strukturontik, der lichkeit erkennen; wo sie versagt, ist es mit unserer Wirk Strukturantik des letzten Seins in den Vordergrund. lichkeitserkenntnis zu Ende. Die transzendente Strukturantik ist der Gegenstand Beide Ausdeutungen des Szientifismus sind dogmatisch: der Metaphysik. Sie untersucht das Strukturreale. schlec~t­ Der Glaube, die Wissenschaft könne das letzte Sein seinem hin, sowie es an sich ist, abgesehen von aller Erschemung fur 8 9 ~in Subjek~, abgesehen von aller Auffassung durch ein Sub b~n und Tönen nicht in die realen Voraussetzungen ihrer Welt Jekt". Idealismus und Realismus, Spiritualismus und Mate mtt auf, sondern .läßt nur die quantitativen Bestimmurigen rialismus sind Lösung-en des Problems der transzendenten gelten, während die Geschichtswissenschaften die Farben und Strukturantik Töne in .ihrer vollen Anschaulichkeit als real anerkennen: Daneben aber enthält jede Wissenschaft und jede Wissen Die Ansprachen, mit denen Alexander der Große seine meu schaftsgruppe immanente Voraussetzungen über die Be ternden Truppen beruhigte, sind für sie keine Luftschwingun schaffenheit ihres Gebietes, - Voraussetzungen, die ihr gen, sondern anschauliche sinnerfüllte Klänge; die Farben der u?d nur ih: zukommen. Sie nimmt diese Voraussetzungen roten und weißen Rosen, die sich die Anhänger der Häuser hm, ohne ste zu prüfen; als Rahmen, innerhalb dessen sich Y ork und Lancaster zu Beginn des Krieges der beiden Rosen ihre Forschungen vollziehen. So setzen alle Wissenschaften ansteckten, sind für die Geschichtswissenschaften keine Atom (~it Ausnahme ~er reinen M~thematik, der Logik und der' strukturen, sondern real in der Anschaulichkeit in der retnen Wesenswtssenschaften) - alle Naturwissenschaften sie wahrgenommen werden. ' wie Geisteswissenschaften - die Existenz einer realen sub Es wäre grotesk, die immanenten strukturontischen Vor jektsunabhängigen Welt voraus;· die reale · Existenz ihrer aussetzungeneiner Wissenschaft gegen die eineranderen aus- Welt gehört zur immanenten Strukturantik dieser . zuspielen, etwa von der Geschichtswissenschaft zu ver Wissenschaften. langen, daß sie auf die atomstrukturellen Bestandteile ihrer Derimmanente Realismus der Wissenschaften darf Ge~enstände zurückging~. Das _bedeutete eine Verkennung jedoch nicht mit dem transzendenten Realismus ver des Immanenten und damit relativen Charakters dieser struk wechselt werden (wie es der Szientifismus dogmatisch zu tun turontischen Voraussetzungen. Was für die Physik - imma pflegt). Der immanente Realismus der Naturwissenschaften nen.t-stru~turontisch - gilt oder nicht gilt, ist für die Ge präjudiziert in keiner Weise die Stellungnahme zum transzen schichtswissenschaft belanglos. Die Relativitätstheorie hat denten Sein. Es folgt aus dem immanenten Realismus der nichts an der Realität des Raumes für die Nationalökonomie Wissenschaften nicht, daß die Außenwelt in meta p h y geändert. Die Forderung einer gleichartigen V oraussetzungs s i s c h e m Sinn real sei. Realismus und transzendenter Idea grundlage für alle Wissenschaften verwechselt transzendente lismus sind widerspruchslos miteinander vereinbar (wie be und immanente Strukturantik reits Kant gesehen hat). . Die Existenz immanenter Voraussetzungen der Einzel Über den gemeinsamen immanenten Realismus von Natur wissenschaften hängt mit der Abkunft der Wissenschaften und Geisteswissenschaften hinaus macht jede einzelne Wissen aus der natürlichen Erkenntnis zusammen. Die Wissenschaften schaft noch einegroße Zahl speziellerer, nur für diese Wis haben ihre _Gebie~e nicht vom Himmel heruntergeholt; sie se?schaf~ gel~ender strukturontischer Voraussetzungen. So haben an dte Gebtete angeknüpft, die ihnen die natürliche sptelen steh dte Geschehnisse von Biologie und Geisteswissen Erk~nntnis zuerteilte. So übernahmen sie vonAnfang an die schaften in einem dreidimensionalen euklidischen Raum und Gebtete ungeklärt und - wie sich zeigen wird - mit wider· einer eindimensionalen Zeit ab, während die relativistische spruchsvollen Bestimmungen behaftet. Die immanenten Vor Physik für ihre Welt diese Voraussetzungen ablehnt. So aussetzungen der natürlichen Erkenntnis sind zunächst auch nimmt die Physik ferner die sekundären Qualitäten von Far- die natürlichen Voraussetzungen der Wissenschaften; die 10 II Wissenschaften reinigen diese Voraussetzungen, soweit es Philosophie, nur die metaphysischeN egativität der imma· ihren Zwecken entspricht, aber eben auch nur soweit es ihren nenten Strukturantik zum Bewußtsein kam. Sie allein hat er Zwecken entspricht. Es ist gar nicht ihre Absicht, überhaupt herausgearbeitet,· wenn er die Strukturantik wissenschaft ohne immanente Voraussetzungen auszukommen (wenn lichen Seins in den Anschauungsformen von Raum und Zeit etwas dergleichen überhaupt möglich ist), sondern nur ihre und den Kategorien erblickt, während er die Positivität des Voraussetzungen in sich möglichst widerspruchsfrei zu gestal Verhältnisses von wissenschaftlichem und metaphysischem ten. Dabei opfern sie von den immanenten Voraussetzungen, Sein durch das Schlagwort des Verhältnisses von den , Dingen, 'die ihnen die natürliche Erkenntnis überliefert hat, nur so wie sie an sich selbst sind~, und den , Erscheinungen c mehf viel, als innerhalb ihrer Untersuchungen notwendig ist: Die verdunkelte als enthüllte. Geschichtswissenschaft z. B. weniger als die Physik. Die Beziehung der immanenten Strukturantik der Wissen Die prinzipielleFrage nach dem letztenSeinwird daher schaften zur transzendc::nten Strukturantik -gesehen von von keiner Einzelwissenschaft gestellt, und auf ihrem Wege der Strukturantik der Wissenschaften aus - zu klären, das der Bereinigung ihrer immanenten Voraussetzungen wird sie ist das Ha,uptproblem dieses Buches. Es sollen-nach einer nie zur Beantwortung dieserFrage kommen. Nehmen wir etwa bestimmten Seite hin .- die Strukturantiken der Wissen an, der subjektive Idealismus sei im Recht: die ganze Welt schaften herausgearbeitet werden. Es soll gezeigt werden, sei nichts als meine Vorstellung. Wie sollte die Physik von daß der V ersuch, sie von ihrer Immanenz zu befreien, sie zu sich aus zu einer solchen Metaphysik gelangen können, da einer transzendenteil Strukturantik zu verabsolutieren, miß doch die Realität der Welt mit zu ihrer unaufhebbaren im lingt, daß dieser Versuch auf unaufhebbare Widersprüche manenten Strukturantik gehört? fUhrt. Und daß so - zu Ende gedacht -· die Haltungen der Die Wissenschaften geben Wirklichkeit, aber sie geben Wissenschaften und ihre Strukturantiken sich selbst wider nicht letzte Wirklichkeit. Sie bleiben im Reich der !56~a, sie legen, daß sie von sich aus nach einer selbständigen dringen nicht zur bua-dJ!.t1J vor. Natürliche Erkenntnis und Metaphysik verlangen, die nicht von den Wissenschaften wissenschaftliche Erkenntnis erfassen beide ein Mittleres zwi aus g.e h t, sondern die Wissenschaften und ihre Wirklich schen Sein und Nichtsein, sie gehören beide zur !56~a, das .hat keiten begreift und durchleuchtet. Plato richtig gesehen (vgl. Politeia 533). Sie gehen auf ein Mittleres zwischen Sein und Nichtsein. Zwar auf ein Nicht sein also; d. h. die Wissenschaften geben nicht letzte Wirk lichkeit. Aber sie gehen doch auch auf ein Sein, nur daß dieses Sein in , Hypotheseis c, in strukturontische Voraus setzungen eingehüllt ist, auf ein Sein, durch das hindurch vielleicht der Weg zum wirklichen Sein führen kann (und für Plato wirklich führt). Viel klarer hat Plato dieses Problem der gleichzeitigen Positivität und Negativität, der außermeta physischen Erkenntnis der natürlichen und wissenschaftlichen !56~a gesehen I as K an t, dem, innerhalb der theoretischen 12

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