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Die Warenhäuser im Dritten Reich PDF

237 Pages·1956·10.407 MB·German
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HEINRICH UHLIG DIE WARENHÄUSER IM DRITTEN REICH HEINRICH UHLIG Die Warenhäuser im Dritten Reich WESTDEUTSCHER VERLAG. KÖLN UND OPLADEN ISBN 978-3-663-00358-8 ISBN 978-3-663-02271-8 (eBook) DOI 10.1007/978-3-663-02271-8 1. Auflage 1956. Alle Rechte vorbehalten © Westdeutscher Verlag, Köln und Opladen Softcover reprint ofthe hardcover 1st edition 1956 Schutzumschlag-Entwurf: Gerhard Vollbach Geleitwort Der Verfasser ,dieses Buches unternimmt den interessanten und lehrreichen Versuch, die Geschichte der Warenhäuser für einen Zeitraum darzustellen, in dem nicht nur die Grundsätze der Marktwirtschaft aufgehoben waren, sondern ,der staatliche Dirigismus wahre Triumphe feierte. Die Geschichte der Warenhäuser zwischen 1933 und 1945 setzt die Kenntnis der Tatbestände voraus, die in der Zeit der großen Wirtschaftskrise vor der Mach1lÜbernahme durch die NSDAPunsere Wirtschaft charakterisierten. Diese Tatbestände würdigt der Verfasser eingehend in ihrer verantwortungs losen Ausnutzung durch die nationalsozialistische Bewegung. Er unter streicht hierbei, wie ,die Demagogen in der Parrei insbesondere die Waren häuser als Zielscheibe für ihre Propaganda ausnutzten. Die Betrachtungen, die der Verfasser dabei der mittelständischen Haltung in j'enen Jahren zu den Großbetrieben widmet, sind besonders aufschluß reich. Sie zeigen, daß sich die mittelständischen Betriebe damals durch die Großkonzerne im Einzelhandel in ihrer Existenz besonders bedroht fühlten, weil sie unter dem Eindruck der schlechten wirtschaftlichen Lage den Glauben an ihre Wettbewerbsfähigkeit verloren hatten. überkommene Vorstellungen trugen dazu bei, die wirtschaftlichen Tatbestände zu verfälschen. Es ist ein Verdienst des Verfassers, in diesem Zusammenhang auch aufzu zeigen, daß auch die Großbetriebe des Einzelhandels dam'als Fehler begangen haben, die im wesentlichen in der falschen Einschätzung ihrer Funktionen begründet lagen. Wer die deutsche Wirtschaftsgeschichte in ihrem Ablauf seit 1945 kennt, weiß, daß sowohl das unentbehrliche mittelständische Element im Einzel handel als auch die notwendigen Großbetriebe aus der Vergangenheit ge lernt haben. Im Rahmen der sozialen Marktwirtschaft haben sich die Par teien in ,den Groß-, Mittel- und Kleinbetrieben des Einzelhandels zu einer gemeinsamen Arbeit zusammengefunden, die ihr vornehmstes Ziel darin sieht, dem Verbraumer zu dienen. Es wird ein Veooienst des Verfassers bleiben, das Bewußtsein für die gemein same Arbeit aller Betriebsformen im Einzelhandel vertieft zu haben. Ludwig Erhard Inhalt Vorwort .................... . 1 Entwicklung der Warenhäuser bis zur Weltwirtscha/tskrise Eine neue Betriebsform des Einzelhandels 5 Präzedenzfall für die Gewerbefreiheit . 11 Die große Zeit der War.enhäuser . . . 18 Beginn der nationalsozialistischen Hetze 31 In der Krise Zerreißprobe für die Gewerbefreiheit . . . . . . . . 40 Der Ruf nach dem Staat . . . . . . . . . . . . . . 49 NationaLsozialistische Kampfmethoden und Kampfziele 64 Spielball der nationalsozialistischen Machthaber Die große Gleichschaltung 71 Boykott und Terror 77 Warenhausliquidation? 88 Mittelstandsschutzgesetzgebung beendet Gewerbefreiheit 91 Drohendes Wirtschaftschaos . . . . . . . . . . . . 103 Jahre der Entscheidung Die Liquidation wird vertagt! ....... 111 Fehlgeschlagene Kommunalisierungsexperimente 119 übergang zur restriktiven Politik? . . . . . 120 Wirtschaftliche Entwicklung der Warenhäuser bis zum Jahres- ende 1933 ............. 130 Gesetzliche Beschränkungen im Jahre 1934 . 140 Interessenkämpfe . . . . . . . . . . . . 144 Hamsterwelle und Weihnachtsboykott 1934 . 148 Die Haltung der NSDAP im Jahre 1935 . . 155 VII Volksentscheid" in der Warenhaus/rage :> Praktisme Wirkungen der letzten Kampfmaßnahmen und Boy- kotte ........................ , 162 Durmgestanden! . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 166 Warenhäuser und Einheitspreisgesmäfte <in der Autarkiewirtsmaft 172 Streichers Weihnachtsboykott 1937 in Nümberg . . . . 176 "Kristallnamt" 1938 . . . . . . . . . . . . . . . 179 WirtsdIaftlim·e Entwicklung der Warenhäuser 1936-39 181 Die Warenhäuser in der Kriegswirtscha/t Ideale Instrumente oder BeW'irtsmaftung . . . . . 183 Die Smließungsaktion im Einzelhandel . . . . . . 185 "Endlösung" der Warenhausfrage nach dem Kriege? 188 Dokumentation . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 VIII Vorwort Ein kluger Beobachter der nationalsozialistischen Propaganda schrieb im Jahre 1931: Niemals ist eine Wirtsmaftskonzeption so auf ,der Annahme aufgebaut worden, daß die große Masse kritiklos und dumm sei. Denn wenn man annimmt, daß die Käufermasse sim nimt sehr wohl überlegt, wo und wie sie ihr sauer verdientes Geld am nützlichsten in Ware für den täglimen Gebraum verwandeln soll, wenn man im Ernst glaubt, daß auf dieser Dummheit der Masse eine ganze Betriebsform im Einzelhandel basiere - dann ist mit vernünftigen und mit volkswirtsmaftlimen Argumenten über haupt nimt mehr zu diskutieren ... Die Nationalsozialisten werden ver sumen, durm politisme Maßnahmen die Ar<heit der Warenhäuser zu stören. Die Nationalsozialisten werden aber auf die. Dauer nimt vermögen, den Forderungen der modernen Wirtsmaft entgegenzuhandeln 1. Diese Voraussage ist nach turbulenter Entwicklung eingetroffen. Auch im Besitz der staatlichen Allmacht hat die NSDAP ihren Programmpunkt 16, der »sofortige Kommunalisierung der Groß warenhäuser und ihre Vermie tung zu billigen Preisen an kleine Gewerbetreibende" vorsah, nie erfüllt. Nach einigen mißglückten Umwandlungsversuchen sah sie sich sogar gezwun gen, die infolge Terror und Boykott entstandenen Substanzverluste bei einem wohlgemerkt nicht arischen Großunternehmen durch Sanierung mit Reichsgeldern auszugleichen, um den Betrieb aus volkswirtschaftlichen Grün den innerhalb des zugebilligten Rahmens zu erhalten. Hervorragende Ex ponenten der Partei haben sich später sogar nicht gescheut, harte verurtei lende Worte an ,die Adresse jenes Mittelstandes zu richten, dessen Stimmen gerade mit dem Programmpunkt 16 gewonnen werden sollten und schließ lich auch gewonnen wurden. DerWarenhauskampf einigte den zersplitterten Mittelstand in der Verneinung. Selten wird so klar wie hier, daß die nationalsozialistische Wirtschafts- und Mittelstandspolitik vom Gesichtspunkt einer wahltaktisch und machtpolitisch inspirierten Propaganda bestimmt war, dagegen erst in dritter oder vierter 1 "Der überblia." Berlin 1. 1. 1931, S. 2 f. 1 Linie von sachlicher Einsicht und dem Willen zu vernünftigen sozialen und wirtschaftlichen Reformen. Das sehr rasch mißglü<kte Vernichtungsexperiment an den Einzelhandels großbetrieben mußte letzten Endes von allen Teilen teuer bezahlt werden in einem allgemeinen Niedergang des Handels. Selten ist das Wort vom "könig lichen Kaufmann" so oft zitiert und so sehr mißbraucht wOl'lden wie damals. Nach einem zeitgenössischen Bonmot war der Händler am erfolgreichsten, welcher die bürokratischen Bestimmungen für die gebundene Wirtschaft einschließlich ihrer Lü<ken am besten kannte. Das kennzeichnet die innere Primitivität und geistlose Unfreiheit eines äußerlich erdrü<kend komplizier ten Lenkungssysstems, mit dem die Fülle des modernen Wirtschaftslebens reglementiert wunde, um es einem größeren politischen Experiment von verhängnisvoller Tragweite dienstbar zu machen. Die vorliegende Arbeit ist keine Verteidigungsschrift für die Warenhäuser und Einheitspreisgeschäfte im Rahmen des älteren Gegensatzes Einzelhan delsgroßbetrieb-"mittelständischer" Klein - oder Mittelbetrieb. Jenseits aller wirtschaftlichen und sozialen Zwe<kmäßigkeitserwägungen sucht sie ihre Aufgabe darin, an Hand eines relativ einfach gelagerten Problems den tie fen Riß im Nationalsozialismus zwischen politisch-weltanschaulichem Wol len oder doch vorgeblichem Wollen und den realen Möglichkeiten zu doku mentieren. Die bewegte, ja dramatische Geschichte der Warenhäuser und Einheitspreis geschäfte in jenen Jahrzehnten zeigt, wie von der NSDAP eine unverstan dene ökonomische Frage überspitzt und mit voller Ansicht politisch-welt anschaulich verzerrt wurde. Insofern hat das gestellte Problem exemplari schen Charakter. Es mündet gleichzeitig in die tiefere Frage nach den Anläs,sen und Bedingungen für Iderartige Fehlentwi<klungen. Deshalb war ein breiteres Eingehen auf die Vorgeschichte notwendig. Sie offenbart einen unseligen Mangel an Sinn für Maß und Ziel, an Sich-Einrichten-Können. An Quellen stand nahezu vollzählig das einschlägige nationalsozialistische Schrifttum in Buch- und Broschürenform zur Verfügung. Die periodischen Veröffentlichungen (Tages- und Wochenzeitungen), die Handzettel oder Flugblätter etc. waren in dem im Quellenverzeichnis angegebenen Umfang erreichbar. Sie liefern ein durchaus repräsentatives, aber nicht vollständiges Bild. Die Akten ,des Reichsverbands der Mittel- und Großbetriebe des Einzelhandels (der späteren ,Zwe<kvereinigung') verbrannten in der Nacht vom 22.123. November 1943 in Berlin. Die einschlägigen Akten des Reichs wirtschaftsministeriums, das lange Zeit ein eigenes "Eingriffsreferat" zur Registrierung und zur Abwehr politischer übergriffe unterhielt, wurden am 23.124. November 1943 bei der Zerstörung des Reichswirtschaftsmini- 2 steriums vernimtet2• Aum die meisten Armive der bekämpften Einzelhan delsgroßb etriebe sind verbrannt bzw. durm BraIlidsmäden dezimiert. Be sonders große Lücken bestehen in ihnen für den Zeitabschnitt vor der Machtübernahme und dann bis Mitte 1933. (Die Fa. R.Karstadt AC führte erst Mitte August 1933 eine zentrale Registrierung der Eingriffe ein. Für die übrigen Großunternehmen außer Fa. Smocken fehlt sie vollständig.) Die Berichterstattung der nimt-nationalsozialistismen Presse endete infolge des Einschreitens der NSDAP bereits während der ersten Monate nach der Mamtübernahme. (Meist läßt sim der Zeitpunkt des Eingriffs ziemlich genau rekonstruieren, denn von diesem Tag an erhielt das ganze Blatt ein anderes Gesicht.) Die Parteipresse schwieg zu Aussdlreitungen oder färbte. Der noch mögliche Rückgriff auf Polizei- und Gerichtsakten mußte unter bleiben. Aum dieses fast uferlose Unterfangen hätte nur Mosaiksteine bei getragen, denn ein ,großer Teil dieser Quellen ist ebenfalls nicht mehr erreichbar. Meldungen und Stimmungsberimte in den meist sehr zuverlässi gen "Deutschlandnachrichten" der Exil-SPD brachten wertvolle Ergän zungen. Die Suche nam Augenzeugen mit präziser Erinnerung stößt zwanzig Jahre nam dem Ereignis meist auf unüberwindlime Schwierigkeiten. So konnte vor allem hinsichtlim der vielen übergriffe und Terrorakte vor und nam der Mamtübernahme nur ein unvollständiges Bild gewonnen werden. Den noch verdankt der Verfasser einigen persönlimen Berimten wesentliche Auf smlüsse. Besonderer Dank gebührt dem Institut für Zeitgeschimte in Münmen, dem Institut für Handelsforschung an der Universität zu Köln, den Firmen R. Karstadt AG und Merkur Horten u. Co. für bereitwillige öffnung ihrer Armive, den Firmen Kaufhof AG und Kaufhalle GmbH. für Unter stützung mit Quellenmaterial, den Herren Dr. H. Coenen, Generaldirektor Dr.W. Fonk, Staatssekretär a. D. Dr. F. Hayler, Th. Hieronimi, Dr. P.Keuth, Ministerialdirektor Dr. E. Mimei, Dr. E. Posse, Dr. E. Schmitz für wertvolle Aufschlüsse und hilfreichen kritismen Rat. Der Verfasser ! Das Reichswirtschaftsministerium hatte noch keine Verlagerung vorgenommen. Die er haltenen Archivreste entstammen anderen Referaten. Es ist auch unwahrscheinlich, daß Splitter einschlägiger Akten in das Zentralarchiv der DDR oder in die Archive der Sieger staaten gewandert sind. (Mitteilungen des Bundesarchivs v. 19. 6. 1956 an Verf.) 3 Entwicklung der Warenhäuser bis zur Weltwirtschaftskrise Eine neue Betriebs/orm des Einzelhandels Die ersten Warenhäuser wurden in Frankreich und den angelsächsischen Ländern um die Mitte des vorigen Jahrhunderts gegründet. In Deutschland setzte ihre Entwicklung aus dem kleinstädtisch-ländlichen Gemischtwaren geschäft etwas später ein s. Sehr rasch wurde erkannt, daß die schnell aufblühenden Warenhäuser eine neue Betriebsform des Einzelhandels darstellten. Man hat gelegentlich Paral lelen zum orientalischen Basar und zum europäischen, besonders im Mittel alter blühenden Messewesen gezogen. Tatsächlich dürfte der Markt weit gehend eine Art Urform des Warenhauses gewesen sein, denn zumindest an fangs haftete diesem in Werbung, Sortiment und Qualität Marktähnliches an. In dieser Ausdehnung des Marktprinzips auf städtische Dimensionen, in seiner Wiederhelebung liegt eine der Wurzeln für den Erfolg der neuen Betriebsform. Der Bruch mit dem bisherigen Prinzip des Einzelhandels, Waren einer "Branche", also eines produktions- und fachorientierten Gat tungszweiges unter Verzicht auf jede suggestive Wirkung für den Bedarf bereitzuhalten, knüpfte zweifellos an ältere erfolgreiche Verkaufsmetho den an, die lediglich verschüttet waren. Markt und Warenhaus sind Kon zentrationsformen des Einzelhandels, die dem Schau- und Kauflustigen einen leichten überblick über die verschiedensten Warengattungen gewähren. Im Gegensatz zum Markt bildet jedoch das Warenhaus einen geschlos senen Betrieb unter einheitlicher Leitung. Das deutsche Warenhaus ist also nicht nur in historischem Sinne eine Fortentwicklung des Gemischtwaren geschäfts. Entstehungsgründe Die Heraufkunft dieser neuen Handelsbetriebsform setzte nicht zufällig ein. Vorangegangen waren die Anfänge der Industrialisierung, ja in Deutsch- 3 Leonhard Tietz 1879, R. Karstadt 1881, Th. Althoff 1885. 5

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