Nordrhein-Westfälische Akademie der Wissenschaften Geisteswissenschaften Vorträge· G 375 Herausgegeben von der Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften JÜRGEN UNTERMANN Die vorrömischen Sprachen der iberischen Halbinsel Wege und Aporien bei ihrer Entzifferung Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 434. Sitzung am 17. Januar 2001 in Düsseldorf Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Ein Titeldatensatz für diese Publikation ist bei Der Deutschen Bibliothek erhältlich. Alle Rechte vorbehalten © Springer Fachmedien Wiesbaden 2001 Ursprünglich erschienen bei Westdeutscher Verlag 2001 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbe sondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Gedruckt auf säurefreiem Papier. Herstellung: Westdeutscher Verlag ISSN 0944-8810 ISBN 978-3-663-01779-0 ISBN 978-3-663-01778-3 (eBook) DOI 10.1007/978-3-663-01778-3 t Dem Andenken meiner Frau, 10. Mai 2001 Fast auf den Tag genau vor einundzwanzig Jahren, am 16. Januar 1980, habe ich in diesem Haus über "Trümmersprachen" im alten Mittel-und Westeuropa berichtet, über Sprachen, von denen wir zwar einzelne Bestandteile kennen, aber doch nur so wenige, dass uns deren grammatische und semantische Beschreibung nur in höchst unvollkommenem Grade möglich ist. Ich wage es, dieses Thema heute noch einmal aufzugreifen, diesmal einge engt auf drei vorrömische Sprachen im alten Hispanien: Hier werden uns methodische Aufgaben gestellt, die ich damals nur angedeutet habe, für die sich inzwischen aber klarere Perspektiven und erste Ergebnisse abzeichnen, die vielleicht ein über den Einzelfall hinausgehendes Interesse finden könnten. Es geht also um Sprachen, die die einheimische Bevölkerung der iberischen Halbinsel gesprochen hat, ehe sie - unter römischer Herrschaft gekommen - die lateinische Sprache für immer zu ihrem Verständigungsmittel machte. Glücklicherweise hat ein erheblicher Teil dieser Bevölkerung noch vor ihrer Latinisierung schreiben gelernt und diese Kunst nicht nur auf Papier oder Pergament, sondern auch auf unvergänglichem Material, Stein, Keramik, Mün zen, anderen kleinen Metallgegenständen und - mit etwas längeren Texten - auf Bleiblechen und Bronzeplatten angewendet, - auf Gegenständen, die uns der Boden des Landes bewahrt und, teils dank zufälligem Finderglück, teils dank wissenschaftlicher Bemühungen, wieder herausgegeben hat.! Es gibt derzeit weit mehr als tausend Objekte, auf denen Buchstaben aus der Hand von Sprechern heute gern unter dem Namen "althispanisch" zusam- 1 Zuletzt zusammengestellt und kommentiert in Monumenta Linguarum Hispanicarum, heraus gegeben von]. Untermann, 4 Bände, Wiesbaden 1975-1997 (im Folgenden abgekürzt: MLH; Inschriften werden mit Buchstaben und Ziffern zitiert: A = Münzlegenden, B-H = iberische Inschriftem, J = tartessische Inschriften, K = keltiberische Inschriften, L = lusitanische Inschrif ten); erste Supplemente liegen bereits vor, vor allem zu nennen Ma. I. Panosa, Catalogo de nuevas inscripciones ibericas de Cataluiia. Complutum 4 (1993) 175-222,]. Ve!aza, Cronica epigraphica iberica: hallazgos de inscripciones ibericas en Levante, Cataluiia, Arag6n y Navarra (1989-1994). In F. Villar und]. d'Encarna\;äo (Hsgg.), La Hispania prerromana. Actas del VI coloquio sobre lenguas y culturas prerromanas de la Peninsula Iberica (Coimbra 1994). Sala manca 1996,311-337. Einen vollständigen Katalog der Münzen mit einheimischen Legenden bietet L. Villaronga, Corpus nummum Hispaniae ante Augusti aetatem. Madrid 1994. 6 Jürgen Untermann a ~ ka ke ki ko ku e t; /). ~ .J' X ~ i ~ 0 H ta te ti to tu u l' X ~ q.t W Ä s M s $ (keltiberisch ci) ba be bi bo bu « r r 4 I I'" I ~ f7 )K D n I'" m '1" (ffi Y ) Transkription k - Laut k oder g Transkription b - Laut p oder b Transkription t in iberischen Texten ... Laut t oder d im Keltiberischen - t und nur am Wortanfang - t oder d Transkription a - im Keltiberischen d ausser am Wortanfang Tabelle 1: Die iberische Schrift (nordöstliche Variante). mengefasster Sprachen stehen, und gegen achthundert dieser Objekte tragen Schriftzeichenketten, die lang genug oder charakteristisch genug sind, um uns über Lexikon und Grammatik Aufschluss zu gewähren. Geschrieben sind diese Denkmäler in drei verschiedenen Schriften: einige wenige in griechischem oder lateinischem Alphabet, weitaus die meisten in der sogenannten "iberischen" Schrift, deren geläufigste Formen in Tab. 1 aufge führt sind. Diese Schrift wurde in Hispanien selbst erfunden, wahrscheinlich um 500 v. ehr. irgendwo in der Gegend zwischen Valencia und Almeria.2 Aus gehend von griechischen und phönizischen Vorbildern setzt sie sich zusammen aus 27 Graphemen: Es gibt 12 Buchstaben für die Wiedergabe von Einzel lauten - Vokale und konsonantische Dauerlaute - und 15 Silbenzeichen, mit denen, verbunden mit jeweils fünf Vokalen, drei Verschlusslaute dargestellt werden. Bei diesen letzteren wird der Unterschied zwischen stimmloser und stimmhafter Artikulation nicht wiedergegeben. Nach forschungsgeschichtlich bedingten Konventionen ist es üblich, in der Transkription kund t zu schrei ben, wenn die Laute k oder g, beziehungsweise t oder d gemeint sind, und bei den Labialen b zu verwenden, das für b oder p stehen kann. Die Entzifferung der iberischen Schrift ist das Werk des großen spanischen Altertumsforschers 2 Ausführlich dazu Untermann, Neue Überlegungen und eine neue Quelle zur Entstehung der althispanischen Schriften. Madrider Mitteilungen 18 (1997) 49-66; die ein halbes Jahrhundert alte communis opinio der spanischen Forschung sucht den Ursprungsort im Südwesten der Halbinsel und die Entstehungszeit im 8. Jhd. v. ehr. Die vorrömischen Sprachen der iberischen Halbinsel 7 Manuel G6mez-Moreno, der vor nunmehr achtzig Jahren deren System und fast alle ihre Zeichenwerte richtig bestimmt hat.3 Räumlich und zeitlich sind die epigraphischen Zeugnisse althispanischer Sprachen verhältnismäßig eng begrenzt. Die Fundortkarte (Abb. 1)4 zeigt die dichtesten Eintragungen in Südportugal, entlang der Mittelmeerküste zwi schen Valencia und Südfrankreich und im mittleren Ebrotal. Weiter gestreut sind sie im Süden und in der Meseta westlich des Ebro. Das nordwestliche Viertel der Halbinsel bleibt so gut wie ganz leer. Der Gebrauch der grie chischen Schrift (repräsentiert durch die Quadrate) ist auf das Hinterland des Cabo de la Nao beschränkt;5 das lateinische Alphabet als Medium einhei mischer Sprache - die kreisförmigen Symbole - kommt weit verstreut in der Meseta und im Westen vor. Alle übrigen Schriftdenkmäler sind in den beiden Varianten der iberischen Schrift geschrieben, weitaus die meisten in der nord östlichen (grüne und rote Dreiecke), eine Minderzahl in der südlichen Variante (grüne und blaue Rhomben). Prägeorte von Münzen mit Legenden in iberi scher Schrift sind, soweit ihre Lage bekannt ist, durch Kreuze gekennzeichnet. Zur zeitlichen Abgrenzung: Die einigermaßen sicher datierten frühesten Denkmäler sind um 400 v. Chr. anzusetzen, die jüngsten in die letzten J ahr zehnte vor der Zeitwende, einige wenige vielleicht noch ins erste Jahrhundert n. Chr. Am heftigsten umstritten ist die Datierung der südportugiesischen Inschriften: Sie schwankt zwischen 800 und 300 v. Chr.; ich selbst glaube, dass sie frühestens um die Wende des 5. zum 4. Jahrhundert entstanden sein kön nen.6 Vorweggenommen ist auf dieser Karte ein Befund, der nachher noch näher zu erörtern sein wird: die Identifikation der Sprachen. Es sind vier verschie dene, die durch neuzeitlich-konventionalisierte Namen bezeichnet werden: erstens, am weitesten verbreitet und trotzdem bemerkenswert einheitlich die iberische Sprache, der die grünen Symbole zwischen C6rdoba im Süden und dem oppidum von Enserune bei Beziers im Nordosten entsprechen; zweitens, die tartessische Sprache7 in Südportugal und weit verstreut in Westandalusien 3 Zuerst bekanntgegeben in einigen Veröffentlichungen der frühen zwanziger Jahre (wiederabge druckt in M. G6mez-Moreno, MisceLineas. Madrid 1949, 219-256). Die erste explizite Begrün dung dieser Entzifferung gibt J. Caro Baroja, La escritura en la Espaiia prerromana. In: Histo ria de Espaiia, dirigida por R. Menendez Pidal. 1,3, Madrid 1954, 703-731. 4 Für den genauen Bezug der Eintragungen zu den Sprachdenkmälern s. die Fundortkarten in denMLH. 5 J. de Hoz, La escritura greco-iberica. In: J. Gorrochategui u. A. (Hsgg.), Studia Palaeohispanica. Actas del IV coloquio sobre lenguas y culturas paleohispanicas (Vitoria 1985) = Veleia 2-3 (1987) 285-298. 6 MLH IV S. 136 mit Anm. 91. 7 Die Bezeichnung "tartessisch" bezieht sich auf eine politische Größe, die unter dem Namen Tartessos im 6. oder 5. Jahrhundert v. Chr. im Umkreis der Guadalquivirmündung existiert 8 Jürgen Untermann und in der spanischen Estremadura - die blauen Rhomben; drittens und vier tens das Hispano-Keltische, aufgegliedert in das Lusitanische8 im Westen - gelbe Kreise - und, weitaus besser bezeugt, das Keltiberische im Osten - die roten Symbole -, mit zwei wohl durch den Handel bedingten Fremdgängern, einem Grabstein auf Ibiza und einem Bronzegefäß im Hafen von Narbonne. Natürlich wurden vor der Latinisierung auch in den großen weißen Flächen auf dieser Karte Sprachen gesprochen, und auch diese bleiben nicht völlig im Dunkeln. Nur gibt es hier keine Texte im engeren Sinne, sondern nur noch Namen, Eigennamen von Orten, Personen und Gottheiten, die die Latinisie rung der Alltags- und Verkehrssprache überdauert haben. Sie sind uns im Kontext lateinischer Inschriften erhalten, die die bodenständige Bevölkerung noch lange bis in die römische Kaiserzeit hinein verfasst hat.9 Manche weitere Information kommt durch die klassischen Autoren hinzu, vor allem die Geschichtsschreiber wie Livius und Appian, die Geographen wie Strabo und Claudius Ptolemäus und die geographischen Kapitel in der großen Natur geschichte des Plinius. Wir werden auf Informationen aus diesen Quellen im Folgenden immer wieder verweisen, aber unser eigentliches Thema sind nicht sie, sondern die direkten Zeugnisse für die Sprache der Keltiberer, Iberer und Tartessier, und damit komme ich zum Untertitel des Vortrags, zur "Entzifferung" der Sprache der Inschriften in vorrömischen Sprachen, zu dem Versuch also, dem Inhalt dieser Texte näher zu kommen, - was sie bedeuten und welche grammatischen Verfahren diese Bedeutung übermitteln. Der Titel des Vortrags verspricht nun nicht etwa die Entzifferung - die liegt noch in sehr weiter Ferne -, wohl aber Wege und Sackgassen, auf griechisch "Methoden und Aporien", mit denen man entweder eine Entzifferung in Gang bringen oder im Gestrüpp der ungelösten Probleme stecken bleiben kann. Die wichtigsten Wege sind hat und vielfach, unter anderem durch den griechischen Historiographen Herodot, bezeugt, aber noch nicht sicher greifbar ist (ausführlich zu den Quellen und deren Bewertung zuletzt M. Koch, Tarschisch und Hispanien. Madrider Forschungen 14. Berlin 1984); für die gleiche Sprache werden auch andere Namen verwendet, z. B. "südlusitanisch", "südwestlich", "turde tanisch": Bibliographie und Diskussion in MLH IV S. 95f. 8 Zur Stellung des Lusitanischen (keltisch oder nicht keltisch) Untermann in: J. Gorrochategui u. A. (Hsgg.), Studia Palaeohispanica ... (Anm. 5), 57-76 (ohne Auseinandersetzung mit den Argumenten einhellig abgelehnt von den spanischen und deutschen Keltologen). 9 Herausgegeben im Corpus Inscriptionum Latinarum (CIL), Band II 1869, Supplementband 1892; von einer noch in Gang befindlichen völligen Neubearbeitung sind die ersten Faszikel erschienen. Laufende Berichte über Neufunde geben die Reihen Hispania Epigraphica, Madrid (zuletzt Band 6,1996) und Ficheiro Epigrafico, Coimbra (zuletzt 1998). Die vorrömischen Sprachen der iberischen Halbinsel 9 die sprachinterne Methode, die sachbezogene Methode und die etymologische Methode. Ich versuche, die drei Verfahren in aller Kürze zu charakterisieren. Erstens, sprachinterne Beobachtungen: Sie haben die Annahme zur Voraus setzung, dass von Schriftzeichenketten Lautketten abgebildet werden, und dass diese Lautketten Ausdrucksmittel menschlicher Sprache sind, bei deren Beschreibung mit universalen Eigenschaften gerechnet werden darf: ein funk tionsfähiges Lautsystem, Segmentierbarkeit, syntaktische Strukturiertheit und dieser dienende lexikalische Klassen und morphologische Signale, schließlich semantische Klassen wie Eigennamen, Appellativa, Vorgangs bezeichnungen und dergleichen. Mit dem zweiten, dem sachbezogenen Zugang wird die soeben beschriebene Analyse dadurch ergänzt, dass man in den Trägern der Texte nach Indizien für deren Inhalt sucht. Das ist immer dann möglich, wenn diese Träger in einen Kulturkreis eingebettet sind, in dem wir ihre Funktion erkennen und aus bes ser bekannten Sprachen die Möglichkeiten einengen können, die sich für den Inhalt ihrer Aufschriften ergeben. Auf Objekten handwerklicher Kunst kann der Hersteller oder der Besitzer genannt sein, auf Grabsteinen der Bestattete und der Bestattende, eingebettet in Formulare, die diese Funktionen erkennen lassen. Den größten Unglücksfall stellen lange Texte mit jeweils eigenständiger Struktur dar, in denen so ziemlich alles Erdenkliche vorkommen kann, was ein Verfasser seinem Leser mitteilen möchte. In Hispanien sind solche Texte recht häufig gefunden worden, im iberischen Bereich auf Bleiblechen, in Keltiberien auf Bronzeplatten. Schließlich die sogenannte etymologische Methode, also der Vergleich von Lautketten der unbekannten Sprache mit formähnlichen oder formgleichen Lautketten bekannter Bedeutung in bekannten Sprachen - in der Hoffnung, damit etwas über die Bedeutung der Wörter, Endungen, Vorsilben usw. der unbekannten Sprache herauszubekommen. Dabei ist es die erste Aufgabe zu prüfen, ob diese Methode überhaupt anwendbar ist. Verhältnismäßig unproblematisch ist sie, wenn es um Eigen namen geht: Wenn der römische Dichter Martial seine hispanische Heimat stadt Bilbilis erwähnt und auf einer Münze und auf einem Mosaik in althispa nischer Schrift die Buchstabenfolge bi/bili erscheint, dann darf man getrost annehmen, dass diese die gleiche Stadt benennt. Anders sieht es aus, wenn es nicht nur um Eigennamen geht, die ja wie Ver satzstücke in alle noch so fremden Sprachen hinübergenommen werden kön nen, sondern um Appellativa, Verben, Partikel und morphologisch funktions- 10 Jürgen Untermann tragende Segmente wie Präfixe, Suffixe und Flexionsendungen: Dann gilt es wahrscheinlich zu machen, dass die bekannte Sprache mit der unbekannten genetisch verwandt ist, zur gleichen Sprachfamilie gehört, dass sich also - in unserem Falle - die Sprache der keltiberischen Inschriften zum Lateinischen oder zum Irischen so verhält wie diese beiden Sprachen zueinander oder zu anderen indogermanischen Sprachen. Aber selbst wenn man dies nachgewiesen zu haben glaubt, gibt es noch aller lei Fallstricke. Der bloße Gleichklang ist noch kein Beweis für gleiche Bedeu tung: pan bedeutet im Spanischen "Brot", im Griechischen "alles", burra im Spanischen "Esel" und im Italienischen "Butter", und auch wenn die Indo germanisten ihre viel gerühmten lautgesetzlichen Entsprechungsregeln in die Schanze schlagen, sind noch Pannen möglich: Wäre das Spanische eine be kannte und das Deutsche eine unbekannte Sprache und hätte man herausbe kommen, dass dem spanischen Wort madre im Deutschen Mutter gleichzuset zen ist, dann würde man zwangsläufig die Entsprechung von spanisch padre in deutsch Futter wiederfinden. Es gibt nur ein Mittel, solche Fallstricke zu umgehen: Man muss auch in der unbekannten Sprache nach Anhaltspunkten suchen, die die durch Vergleich empfohlene Bedeutung über die Formübereinstimmung hinaus unterstützen. Solche Indizien können - vor allem bei Partikeln und Endungen - syntaktische Strukturen sein, insbesondere aber wiederum Hinweise aus dem Sachbezug des Textes. Manchmal kann auch ein mit großer Wahrscheinlichkeit gedeutetes Wort für ein benachbartes oder sonstwie nahestehendes Wort im zu entzif fernden Text eine Deutung ermöglichen, aber die Gefahr ist groß, dass dabei Kartenhäuser entstehen, die zusammenstürzen, sobald sich eine der Ausgangs deutungen als irrig erweist. Nach diesen einleitenden Informationen sollen nun die epigraphischen Denkmäler althispanischer Sprachen selbst zu Wort kommen. Das Keltiberische tritt uns in etwa siebzig sprachlich verwertbaren Inschrif ten entgegen, darunter zwei besonders umfangreiche auf Bronzetafeln, die in der Stadt Cantrebia Belaesca beim heutigen Ort Botorrita südlich von Zara goza gefunden worden sind. Beide Texte haben unverkennbar offiziellen Charakter; wahrscheinlich dienten sie der Bekanntgabe von Beschlüssen städ tischer Autoritäten, wie viele ähnlich gestaltete lateinische Dokumente.1o Die größere von ihnen ("Botorrita 111")11 enthält unter einer kurzen Über schrift eine Liste mit über 200 zumeist keltiberischen Personennamen. Die 10 Eines von diesen, aus dem Jahr 87 v. Chr., wurde in Botorrita gefunden: G. Fatas, Contrebia Belaesca (Botorrita, Zaragoza) II: Tabula Contrebiensis. Zaragoza 1980. 11 MLH K.1.3; gefunden 1992; maßgebliche Edition: F. Beltran, J. de Hoz und J. Untermann, EI tercer bronce de Botorrita (Contrebia Belaisca). Zaragoza 1996.