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Die Vorgeschichte der Gründung und das erste Jahrzehnt des Institutes für Radiumforschung PDF

28 Pages·1950·1.908 MB·German
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ISBN 978-3-7091-3870-0 ISBN 978-3-7091-3869-4 (eBook) DOI 10.1007/978-3-7091-3869-4 Die Vorgeschichte der Griindung und das erste Ja hrzehnt des Institutes fUr Radiumforschung Von t Stefan Meyer Ende 1895 hatte W. C. Rontgen die "X-Strahlen" entdeckt. Anfang 1896 fand H. Becquerel die "Uranstrahlen". 1m April 1898 erkannten G. C. Schmidt und M. Curie die verwandten "Thor strahlen". Am 18. Juli 1898 meldeten P. und M. Curie die Ent deckung des "Poloniums" und am 26. Dezember 1898 diejenige des "Radiums". 1899/1900 wurde von A. Debierne und von F. Giesel das "Actinium" abgeschieden, und in rascher Folge wur den anschlie.Bend weitere aktive Substanzen sichergestellt. Sogleich begann man auch au.Berhalb Frankreichs mit der Ge winnung der neuen Substanzen. Insbesondere war es F. Giesel in Braunschweig, der alsbald "Radium" herstellte, und L. Haitinger desgleichen in der Auer-Fabrik in Atzgersdorf bei Wien. Die ersten Praparate, die Wiener Forscher zur Verfiigung er hielten, waren 1899 von F. Giesel als Leihpraparate und von Pierre Curie als Geschenk. des Ehepaares Curie. Der Menge nach waren sie von der Gro.Benordnung 1-2 mg. Unmittelbar nach EroiInung des neuen Forschungsgebietes durch die Obengenannten setzten die Untersuchungen in Wien, in England und an anderen Orten ein. Wie eifrig sich Wien beteiligte, geht daraus hervor, da6 in den nachsten zehn Jahren mehr als 50 Publikationen auf diesem Gebiet von bier vorliegen.1 1 Vgl. die ZuBaDlDlenstellung: Urania II, 1909, S. 185. Sitzungsberiehte d. mathem.·naturw. Xl. Abt. na. 169. Bd. 1.-t. Heft. 1 2 St. Meyer. Zu den grundlegendsten Ergebnissen gehort die von St. Meyer und E. Schweidler 1899 aufgefundene Ablenkbarkeit der "Radium. strahlen" im Magnetfeld und das unterschiedliche Verhalten der "Poloniumstrahlen", was zur Erkenntnis der korpuskularen Natur dieser Strahlen und Charakteristik der verschiedenen Strahlen gattungen fiihrte. Absorptionsmessungen der Strahlen durch die Genannten sowie von T. Godlewski und G. Kucera erweiterten diese Kenntnisse. Sodann erwiesen St. Meyer und E. Schweidler, daB Polonium kein stabiles Element ist und mit einer Halbierungs konstante von 140 Tagen zerfallt, urn schlieL\lich in Blei iiberzu gehen. Dazu schrieb E. Rutherford: McGill University, Montreal Nov. 5, 1904 Professors Meyer and Schweidler, University of Vienna. My dear colleagues, I have read with the greatest interest the reprints of your valuable papers which you have kindly forwarded to me. The results in your last paper on radiolead have been of special interest to me and I congratulate you at your proofs of the identity of the products of radiolead with those of the active deposit of radium. There can now be no doubt of their connection. [I am glad to see you had found the six day period (rad E) for your palladium wire. I have much pleasure in forwarding you some of my recent publications.] ... Believe me Yours very sincerely E. Rutherford. Daran reihten sich die Ausarbeitung von Verfahren zur elek trolytischen Gewinnung von Polonium. Das Actinium und seine Zerfallsprodukte wurden studiert. F. Lerch schuf an den Thor produkten und den "Induzierten Aktivitaten" die Grundlagen der Radiochemie und der elektrolytischen Trennung der radioaktiwn Stoffe. H. Mache und St. Meyer untersuchten ausfUhrlich den Emanationsgehalt der QueUen in Gastein, Karlsbad, Marienbad, Vorgeschichte d. Griindung u. erstesJa hrzehnt d. Iustitutes f. Radiumforschung. 3 Teplitz-Sehonau, Dux, Franzensbad und St. Joaehimstal und regten am letzteren Ort die Erriehtung eines Kurhauses mit entspreehen den Badeeinriehtungen an. J. Step hat speziell dort die Messungen weitergefiihrt. Auch die Thermen der stidliehen Wiener Linie, Fisehau, Voslau, Baden, wurden darauf untersueht. M. Bamberger wies He in gewissen Quellen nach und studierte besonders zahl reiehe Quellen in Tirol, kurz Osterreieh war bald das in dieser Hinsieht bestdurchforsehte Land. Dazu war es notwendig ge worden, eine Methode auszuarbeiten, die es gestattete, von spe ziellen Apparaten und Beobaehtungsmethoden unabhangige ver gIeiehbare Daten zu gewinnen. Eine solehe wurde von H. Mache, St. Meyer und E. Schweidler ausgearbeitet, und die Angaben er foIgten seither in elektrostatisehen Stromeinheiten fUr die Ionisie rungsefJekte der Emanation. Aueh feste Gesteine und Mineralien wurden in ahnlicher Weise auf ihre Radioaktivitat untersucht und u. a. so der Gasteiner inter essante Reissacherit als besonders aktiv erkannt. Knett studierte besonders die "Radiobaryte" Karlsbads, und in der "versofJenen" Riesenquelle in Dux, deren Schacht mit herrlichen, groBen Baryt kristallen ausgekleidet war, fanden wir we iter bemerkenswertes Material. Diese heiSe Quelle war schon in vorromischer Zeit stark besucht worden, und nach dem Absinken des Wassers fand man an den Wanden und auf dem Boden die herrlichsten Opfergegenstande hangen, die in die Museen wanderten. E. Schweidler und V. F. Hess maBen die yom Radium standig erzeugte Warme, freilich damals an noch nicht ganz reinem Radiumpraparat. Die Wiener Luftelektriker bestimmten den Gehalt der Atmosphare an radioaktiven Zerfallsprodukten, und besonders H. Mache hat gezeigt, wie weit dies zur Aufklarung der vorhan den en Ionisation ausreicht. Die Loslichkeit der Emanation in versehiedensten Fltissig keiten wurde festgestellt und ftir eine groBe Zahl von Problemen der Anwendung damit die Basis geschaffen. Erwahnt seien auch die Radongehaltsbestimmungen in Warm bad Villach, wo zwar die Rn-Konzentration nicht hoch ist, aber ganze Bache davon auftreten und ein Badebassin und einen kleinen 1* 4 St. Meyer. Teich damit erfiillen, so da6 die Gesamtmenge des radioaktiven Thermalwassers eine beachtliche wird. 1905 hatte E. Schweidler seine Uberlegungen fiber die "Radio aktiven Schwankungen", die Einfiihrung statistischer und wahr scheinlichkeitsrechnerischer Betrachtungen, bekanntgegeben, und K. W. F. Kohlrausch hatte experimentelle Grundlagen beigetragen. Von der technischen Radiumdarstellung in Atzgersdorf durch L. Haitinger und C. Ulrich wird noch berichtet werden. So lag bereits eine Ffille interessanter Untersuchungen in Osterreich vor und lenkte die Aufmerksamkeit weiterer berufener Kreise auf sich. Hier hat auch Lise Meitner ihre erste radioaktive Unter suchung: Uber die Absorption der a- und tJ-Strahlen (phys. Z. VII, 588, 1906) gemacht. Als ffihrende Geister wirkten um die Jahrhundertwende in der Wiener Akademie der Wissenschaften Eduard Sue s s, Ludwig B 0 1t z man n, Franz E x n e r. Mit warmem Interesse verfolgten sie die Ergebnisse der Wiener Untersuchungen auf dem neuen Gebiet. Ich war damals Assistent Boltzmanns, von der Schulzeit her befreundet mit Erhard, einem Sohne Eduard Suess', und in dessen Familienkreis aufgenommen; von der Studienzeit an befreundet mit dem Assistentenkreis F. Exners und ihm vertraut. So ergab es sieh, da6 ich von Anbeginn an von allen dreien zu Informationen herangezogen wurde, die dieses Fachgebiet betrafen, besonders auch fUr den Verkehr mit Paris und England. Den personliehen Beziehungen von Ed. Suess zu den Berg werksbehorden und seiner und F. Exners zu Au e r v. WeI s b a e h ist es zu verdanken, daa aueh die Aufmerksamkeit dieser Stellen sieh del' Radioaktivitat zuwandte. Es galt das Ausgangsmaterial ffir die Forschung zu siehern, die Verarbeitung fabrikmaJ3ig zu ermoglichen, und alles gelang dank dem Entgegenkommen des Ackerbau- (bzw. spater Arbeits-) MinisteriuIDS, dem das Bergwerk in St. Jo&Chimsthal unterstand, und der Auerschen Gasgliihlichtfabrik in Atzgersdorl bei Wien. Vorgeschichte d. Griindung u.erstesJahrzehnt d. Institutes f. Radiumforschung. [) Einer bedeutsamen Episode dieser Zeit sei noch Erwahnung getan: 1m Jahre 1903 waren durch E 1st e r und G e i tel sowie durch C roo k e s Apparate angegeben worden, die es ermoglichten, durch Alphateilchen hervorgebrachte Blitze auf Sidotblenden schirmen zu zeigen. Nun kann man natlirlich nicht sagen, man "sieht" damit Atome. Man beobachtet nur die Wirkungen einzelner. Aber nie mand beanstandet es, wenn man sagt, man "sieht" die Sonne, ob zwar man faktisch nur eine leuchtende Scheibe beobachtet und die Riickschliisse auf eine gliihende Kugel der Masse von ca. 2. 1030 kg, um die die Planeten kreisen, etc. sehr komplizierte und weit gehende sind. Das war vorausgeschickt, urn zu kennzeichnen, welchen Ein druck es auf den gro6en Philosophen und Physiker Ernst Mach machte, als es mir vergonnt war, ihm diese schonen Erscheinungen vorzufUhren. Er war damals schon krank und teilweise geUihmt, aber von vollster geistiger Frische. Bekanntlich hatte er sich geradezu fanatisch gegen die EinfUhrung von "Bildern" als Reali Uiten in der Physik gewehrt. Wenn jemand von den Atomistikern, die damals in Ludwig B 0 1 t z man n in Wien ihren FUhrer hatten, vor ihm von Atomen sprach, fuhr er meist mit der Frage da zwischen: "Habn S' eins gsehn?" Bis dahin mu6te man schweigen. Nun war es mit einem Male anders geworden. Es bleibt mir eine der ergreifendsten Erinnerungen, als Mac h nach der Vorflihrung des Spinthariskops nicht etwa kleine starrkopfige Einwendungen machte, sondern schlicht erklarte: "Nun glaube ich an die Existenz der Atome." Ein ganzes Weltbild hatte sich ihm in wenigen Mi nuten verandert. Daflir, da6 auch andere, abseits stehende Kreise sich flir die neuen Wunder interessierten, mag folgende kleine Geschichte ein. Beispiel geben: Es mu6 in den ersten Jahren des 20. Jahrhunderts gewesen sein, da besuchte uns in Wien im alten physikalischen Institut in der Tlirkenstra.6e der Patriarch von Jerusalem. Er hatte vom Radium gehort und wollte seine Wunder sehen. Wir zeigten ihm 6 St. Meyer. im Dunkein das Selbstleuchten und die prachtige erregte Lumineszenz an Rontgenschirmen, am Diamant etc. Er blieb ganz ergriffen eine Weile stumm. Dann erklarte er uns: "Erst jetzt be ginne ich die Bibel zu verstehen. Dort hei.St es I. 3. ,Und Gott sprach: Es werde Licht. Und es ward Licht.' 1.4. , ... Und Gott sah, daB das Licht gut war. Da schied Gott das Licht von der Finsternis.' Das war der e r s t eTa g! Aber damals gab es noch nicht Sonne, Mond und Sterne. Denn erst am vie r ten Tag heiSt es: I. 14. ,Es werden Lichter an der Feste des Himmels .. .' I. 16. ,Und Gott machte zwei groBe Lichter, ein gro1\es Licht, das den Tag regiere, und ein kleines Licht, das die Na cht regiere, dazu auch Sterne ...' " Wie - fragte der Patriarch - konnte man es denn verstehen, daf3 Gott zuerst das Licht von der Finstemis schled und erst viel spater Sonne, Mond und Sterne schuf? Das schlen ein unlosbares Ratsel. Nun aber, da er das Radium und sein Leuchten gesehen habe, nun erst beginne er zu begreifen, wie auch das moglich ge wesen sei! Sf. Jo achimsthal Als Quelle fUr Radium, Polonium, fUr Actinium und Ionium kam im ersten J ahrzehnt nur S t. J 0 a chi m s t hal in Bohmen und die damalige Regierung in Osterreich in Frage. In St. Joachims thaI befand sich die Fabrik ffir Uranfarben aus der Uranpechblende. Der Ort war zu Beginn des 16. Jahrhunderts als Silberbergbau aufgekommen. Vom Jahre 1515 hei6t es: I "Wie dann auch in kurzer Zeit viele Hauser erbauet worden, dahero Graf Stephan Schlick diesem Bergwerk den N amen Sct. Joachimsthal der Ursachen beygeIegt, weilen die Nachbam bey dem Schreckenberger Bergwerk S. Annam zu einer Patronin er wahlet, sofort die allda erbaute Stadt St. Annaberg benennet haben und nicht fern von da J 0 s t d 0 rf oder Josephsdorf ... auch J esusstadle ... spaterhin in der Nahe Mar i e n b erg ... damit also die Freundschaft Christi unseres Herm nicht weit voneinander und St. Joachim ein Patron dieser neum Stadt seyn solle ..." Vgl. E. Fiala, Wiener Numismatische Zeitschrift, XXlI. Bd. 2 Vorgeschichte d. Griindung u. erstesJahrzebnt d. Institutes f.Rndiumforschung. 7 St. Joachim hat sich als Patron best ens bewahrt. Die Silber ausbeute betrug im Jahre 1516 516 Joachimsthaler, 1517 schon 11.997, im folgenden Jahr 61.530. Der Namen "Joachimsthaler" wurde in "Thaler" verkurzt und findet sich noch heute im "Dollar". Bis zur Zeit der Kaiserin Maria Theresia, unter deren Regierung 1759 die letzten Joachimsthaler gepragt wurden, war das Berg werk ergiebig. Dann war das Silber praktisch abgebaut. Man for derte das darunter gefundene Blei, auch etwas Nickel und Kobalt, aber die Rentabilitat ging verloren. 1853 begannen unter A. Pat era die Forderungen von Uranerzen, die in noch groJ3erer Tiefe gefunden wurden. Die bei der Uran- und Uranfarben fabrikation eriibrigenden "R u c k s tan d e" gaIten als wertlos und wurclen groJ3tenteils in den Bach und auf Halden abgeladen. Da kam die Entdeckung, daJ3 gerade in jenen verachteten Ruckstanden das Polonium und Radium enthalten sei, und Pie r r e Cur i e wandte sich an den damaligen Prasidenten der Akademie der Wissenschaften, Eduard Sue s s, um Vermittlung von solchen Ruckstanden. Ein gliicklicher Umstand kam dem zu Hilfe. Dem einstmals bliihenden Bergwerk ging es schlecht. Silber und BIei waren groJ3tenteils abgebaut, die Uranfabrikation nicht besonders ertraglich. Da hatte Bergrat G. K r 0 u p a daran gedacht, ob man die geringen Mengen Silbers oder sonst noch etwa verwertbare Substanzen aus den Ruckstanden vielleicht doch noch extrahieren konnte. So waren von dem bishin weggeworfenen Material einige Wa.ggons voll aufgespeichert, als das Ansuchen eintraf, dem Ehe paar Cur i e von diesem Material etwas zu uberlassen. Durch sein groJ3zugiges Entgegenkommen hat sich das damalige osterrei chische Ackerbau- (spa.ter Arbeits-) Ministerium ein fur aIle Zeit (,hrenvolles Verdienst um die Forderung der Wissenschaft er worben. Die Angelegenheit wurde durch ein Schreiben (Septem ber 1898), vermittelt durch die franzosische Botschaft und das Wiener Ministerium des AuJ3eren an die Wiener Akademie der Wissenschaften, eingeleitet. Bis zu seinem Tode (1906) fiihrte aus schlieJ3lich Pie r r e C u ri e die Korrespondenz; erst spater trat Mar i e Cur i e hierin an seine Stelle. 8 St. Meyer. Es mogen einige Stellen aus Pierre Curies Briefen folgen: (An Prof. Ed. Suess) Paris, Ie 17 nov. 1898 42 Rue Lhomond Monsieur Ie Professeur, Mr. Michel Levy m'a communique votre telegramme. - Nous vous remercions beaucoup, Mme Curie et moi, pour Ie grand ser vice que vous nous rendez. N ous avons ete bien etonnes de recevoir aussi promptement une reponse favorable, et nous ne pouvons qU'admirer l'esprit liberal de votre gouvernement. Le corps que no us recherchons a des proprietes radiantes extraordinaires, et nous pensons que son isolement aura des con sequences interessantes pour la science; peut-etre aussi trouvera t'on quelque application qui donnera une nouvelle valeur aux minerais de pechblende. Agreez, je vous prie, Monsieur Ie Professeur, avec tous nos remerciements l'assurance de notre profond respect. P. Curie. Paris, 12 rue Cuvier, Ie 27 janvier 1904 Monsieur Ie Professeur Suess President de I'Academie des sciences de Vienne. Monsieur et Honore Professeur, Monsieur Edmond de Rot h s chi 1d m'a communique les vreux et les decisions de la commission de l'A cadlmlie des Sciences de Vienne qui s'occupe des residus des minerais d'urane de St. J oachimsthal. a. L'A cademie de Vienne rend la science un signale service en demandant que 20 tonnes de ces residus precieux soient reservees it des recherches scientifiques. Je suis extremement touche par les intentions bienveillantes de l'academie it mon egard et par la grande liberalite dont elle fait preuve en demandant que 10 tonnes de Cffi residus me soient reservees. Aussi, bien que 1& decision de l'Academie ne soit pas

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