"Die Vögel des Himmels haben ihn begraben" Überlieferungen zu Abels Bestattung und zur Ätiologie des Grabes von Christfried Böttrich Göttingen · Vandenhoeck & Ruprecht · 1995 Die Deutsche Bibliothek-CIP-Einheitsaufnahme Böttrich, Christfried: "Die Vögel des Himmels haben ihn begraben" : Überlieferungen zu Abels Bestattung und zur Ätiologie des Grabes I von Christfried Böttrich. Göttingen: Vandenhoeck und Ruprecht, 1995 (Schriften des Institut um Judaicum Delitzschianum; Bd. 3) ISBN 3-525-54203-8 NE: Institut um Judaicum Delizschianum <Münster, Westfahlen>: Schriften des Institutum ... © 1995 Vandenhoeck & Ruprecht, 37070 Göttingen Printed in Germany.-Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Druck und Bindung: Hubert & Co .. Göttingen Vorwort Die Geschichte des Brudermordes, wie sie in Gen 4 erzählt wird, gehört zu den eindrucksvollsten Passagen der biblischen Urgeschichte. In ihrer dramatischen Konzentration und ihrer sprachlichen Dichte hat sie die theologische Reflexion der Ausleger sowie die Phantasie frommer Leser mehr als andere Erzählungen beschäftigt. Was der biblische Bericht selbst offenließ oder nur andeutete, das trug die Auslegung schon bald in denselben ein. Unter anderem richtete sich das Interesse nun auch stärker auf das Schicksal Abels, des ersten Toten der urzeitliehen Menschheit. Damit war zugleich ein geeigneter Haftpunkt gegeben, um über die Frage der Bestattung nachzusinnen. Aus verschiedenen Motiven der frühjüdischen Literatur entwickelte sich in der Folge eine relativ feste Überlieferung, welche die Bestattung Abels als Ätiologie der Erdbestattung gestaltete und vor allem im Osten Allgemeingut jüdischer, islamischer und christlicher Legende bis in die mündliche Volksüberlieferung zu Beginn dieses Jhs. hinein wurde. Die vorliegende Untersuchung jener nachbiblischen Überlieferungen zu Abels Bestattung erwuchs zunächst aus meiner Beschäftigung mit dem sogen. slavischen Henochbuch. Hier galt es, eine kurze Anspielung im Text durch den Vergleich mit weiteren Analogien näher zu bestimmen. Was dabei jedoch als kleiner Aufsatz begann, entwickelte sich schon bald zu einer Entdeckungsfahrt in die Welt der Haggada, der Koranauslegung, christlicher Exegese und volkstümli cher Legende. Das Material wuchs unversehens an und machte an verschiedenen Stellen nun auch eine genauere Betrachtung der jeweiligen Zusammenhänge erforderlich. Am Ende liegt ein differenzierteres Ergebnis vor, als ursprünglich beabsichtigt: neben einer genaueren Beurteilung jener Passage im slavischen Henochbuch ergeben sich konkretere Bestimmungen der Traditionen zur Kain und-Abel-Geschichte, wie sie im Koran (und der anschließenden Koranexegese), in der kirchenslavischen Literatur sowie in verschiedenen volkstümlichen Texten verwendet worden ist. Darüber hinaus fällt auch ein neues Licht auf die Umset zung des Motives in der bildenden Kunst. Die Arbeit hat dabei wiederholt über die Grenzen meines Fachgebietes hinausgeführt. Viele Texte waren mir nur aus zweiter Hand zugänglich. Bei allem Bemühen um Vollständigkeit ist dabei sicher auch manches noch unberücksichtigt geblieben -gerade im Blick auf die islamische Überlieferung ließe sich das Bild von fachkompetenter Seite zweifellos noch vervollständigen. Dennoch verbindet 6 Vorwort sich mit dieser Untersuchung die Hoffnung, durch die Sammlung und Aufberei tung weit auseinanderliegender Überlieferungen bereits einen repräsentativen Überblick bieten zu können und zugleich eine Grundlage für weitere Ergänzungen und Korrekturen geschaffen zu haben. Zudem wird hier wohl auch auf exem plarische Weise die Wanderung alter jüdischer Überlieferungen sichtbar, die sich in den drei großen Religionen ganz unterschiedlichen Kontexten einfügten und so die Jahrhunderte überdauerten. Manche der hier aufgeführten Überlieferungen waren nur in englischer oder französischer Übersetzung zugänglich. In dieser Gestalt sind sie auch zitiert worden, obgleich dies der Lesbarkeit des Textes Abbruch tut. Eine Übersetzung der Übersetzung aber hätte wiederum Verlust an Zuverlässigkeit bedeutet, so daß mir letztlich die Einfügung fremdsprachiger Zitate als die bessere Lösung er schien. Alle Abkürzungen in Anmerkungen und Literaturverzeichnis folgen S. Schwertner, Theologische Realenzyklopädie. Abkürzungsverzeichnis, Berlin/New York 1976. Zu Dank bin ich angesichts der vorliegenden Arbeit vielfach verpflichtet. Herr Dr. Th. Arndt half mir mit Rat, Literatur und vielen Gesprächen beim Auf suchen und Übersetzen der haggadischen Texte. Herr Prof. Dr. H. Preißler wies mich auf einige der islamischen Fassungen hin und stellte mir dafür seine Über setzungen zur Verfügung. Die Finnische Literaturgesellschaft in Helsinki und das Kirjandusmuuseum in Tartu überließen mir freundlicherweise Abschriften der entsprechenden Überlieferungen aus dem Schatz ihrer bislang noch unveröffent lichten handschriftlichen Sammlungen. Frau S. Liedke schließlich brachte in der Dunkelkammer die Fotografien auf ein passendes Format. Ihnen allen möchte ich an dieser Stelle ganz herzlich danken. Ein besonderer Dank gilt Herrn Prof. Dr. H. Lichtenberger, der mit seiner freundlichen Befürwortung die Aufnahme des Manuskriptes in die Reihe der "Schriften des lnstitutum Judaicum Delitzschianum" ermöglicht hat. Den Mit arbeitern des Verlages danke ich für die gute Betreuung in allen technischen Fragen. Christfried Böttrich Leipzig, Januar 1995 Inhalt 1. Einleitung ......................................... . 9 2. Frühjüdische Überlieferungen um Abels Bestattung und ihre Nachwirkungen ................................. . 11 2.1. Typisierungen der Person Abels ........................ . 11 2.2. Erzählerische Ausschmückungen zum Tod Abels .......... . 15 2.2.1. Das Motiv des Bestattungsaufschubs .................... . 15 2.2.2. Das Motiv der Trauer der Voreltern ..................... . 28 3. Überlieferungen um Abels Bestattung nach dem Beispiel zweier Vögel ....................................... . 33 3.1. Haggadische Überlieferungen .......................... . 33 3.1.1. Midrasch Tanchuma ................................. . 34 3.1.2. Midrasch Genesis Rabba .............................. . 40 3.1.3. Tosefta der Kairoer Geniza ............................ . 45 3.1.4. Jakobben Ascher und Schahin ......................... . 46 3.1.5. Pirke de Rabbi Eliezer ................................ . 50 Exkurs: Die "Grausamkeit" des Raben und Gottes Fürsorge für die Rabenjungen ................................. . 56 3.1.6. Jalkut Schim'oni und Midrasch ha-Gadol ................. . 61 3.2. Islamische Überlieferungen ........................... . 65 3.2.1. Koran ............................................. . 65 3.2.2. Ibn Hisharn ........................................ . 67 3.2.3. al-Tabari .......................................... . 70 3.2.4. al-Kisä'i ........................................... . 71 3.2.5. al-Tha'labi ......................................... . 73 3.2.6. al-Baidäwi ......................................... . 74 3.2.7. Weitere Überlieferungen .............................. . 75 3.2.8. Ibn Tufail .......................................... . 76 3.3. Griechische Überlieferungen in georgischer und türkischer Übersetzung ............................... . 78 3.3.1. Das georgische Märchen von "Jungfrau und Jüngling" ...... . 79 3.3.2. Fragen und Antworten in einer türkischen Sammelbandschrift . 84 3.4. Kirchenslavische Überlieferungen ...................... . 86 3.4.1. "Nestorchronik" ..................................... . 86 8 Inhalt Tolkovaja Palej a 91 304020 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 Offenbarungen des Pseudo-Methodios 95 3.4.30 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 Fragen und Antworten 98 3.4.40 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 Finnische und estnische Volksüberlieferungen 102 3050 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 Finnische Sagen 102 30501. 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 Estnische Sage 107 305020 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 Schlußfolgerungen zur Datierung von slHen 40 71,36 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 111 Theologische Überlegungen zur Ätiologie des Grabes 50 0 0 0 0 0 0 0 0 115 Anhang: Abels Bestattung in der bildenden Kunst 60 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 121 Abbildungen 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 127 Abbildungsverzeichnis 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 141 Literaturverzeichnis 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 145 1. Einleitung Im slavischen Henochbuch findet sich im dritten Teil (68-73), der u.a. von der wunderbaren Geburt des Melchisedek berichtet, 1 eine kurze Anspielung auf die Bestattung Abels. Der Tatbestand wird dabei offenbar als bekannt vorausgesetzt: "Und über diesen Hohenpriester [Melchisedek] ist zuvor geschrieben, daß auch er dort begraben werden wird, wo die Mitte der Erde ist, wie auch Adam seinen Sohn Abel dort begrub, den sein Bruder Kain erschlug; denn er lag 3 Jahre unbegraben, bis er einen Vogel sah, der Dohle genannt wird, wie dieser sein Junges begrub." (slHen 71,36)2 Das Interesse der ganzen Passage ist auf die Bedeutung des Erdmittelpunktes gerichtet, der hier unter dem Namen "Achuzan" Ort typologischer Entsprechungen ist. 3 In diesem Zusammenhang dient der Verweis auf Abels Bestattung lediglich einer weiteren lllustration desselben Ortes, ohne eigenes Gewicht zu besitzen. Immerhin gibt die Anspielung-bei aller Knappheit-doch auch einige Motive zu erkennen, die mitjener Überlieferung von Abels Bestattung verbunden sind: es ist Adam, der seinen Sohn begräbt; der Körper Abels bleibt eine Zeit lang unbegra ben; Adam begräbt seinen Sohn nach dem Beispiel eines Vogels. Daß die Bestattung am Erdmittelpunkt (in Jerusalem) stattfindet, ist offensichtlich dem Kontext zuzuschreiben und gehört wohl nicht zur ursprünglichen Überlieferung hinzu. Als Quelle dieser Bemerkung läßt sich nun eine Überlieferung bestimmen, die aus der jüdischen Haggada hervorwuchs, vom Koran und seinen Kommentatoren aufgegriffen und schließlich in der kirchenslavischen Literatur weit verbreitet 1 Die ursprüngliche Zugehörigkeit dieses Teiles zum siHen stand lange in Zweifel -nach dem Beispiel der ersten Ausgabe des Buches durch CHARLES/MORFILL 1896 wurde er gewöhnlich als späterer Zusatz von christlicher Hand bewertet. Eine genauere Untersuchung zeigt jedoch, daß er einen integralen Teil des ganzen Werkes darstellt. Zu den einzelnen Argumenten vgl. BöTTRJCH 1992, 43-48. 196-209. 2 Der Passus wird allein von der Hs. R (16./17. Jh., südslavisch) geboten. Text bei SOKOLOV 1910, I 1-80, spez. 77; ebenso V AILLANT 1952, 114-117 (Anhang). Übersetzungen bei CHARLES/ MORFII.L 1896 (Anhang); BONWETSCH 1922 (Anhang), ANDERSEN 1983, SANTOS ÜTERO 1984. 3 Der Ort ''Achuzan'' wird mehrfach genannt (64,2; 68,5; 69,3; 70,17) und fungiert aus urzeitlicher Perspektive als Pseudonym für Jerusalem. Vgl. dazu BöTTRJCH 1992, 196. 10 Einleitung wurde. Vereinzelte Spuren belegen ihre Kenntnis auch in Persien, Kleinasien, Georgien sowie im finnischen und estnischen Sagenschatz. Das slHen greift diese Überlieferung in einem Abschnitt auf, der deutlich als Interpolation von christlicher Hand zu erkennen ist (71,32-37).4 Verschiedene Beobachtungen legen es nahe, hier etwa an die Zeit des 4.-7. Jh. zu denken. 5 Für eine genauere Beurteilung ist es indessen erforderlich, alle Belege dieser Über lieferung, die erhalten geblieben sind, zusammenzustellen und zu vergleichen. Sollte sich dabei die vermutete Datierung bestätigen, so läge mit der Anspielung in slHen 71,36 das älteste christliche Zeugnis jener Überlieferung vor. Ihre Kenntnis ließe sich dann auch bei christlichen Theologen schon zu einer Zeit nachweisen, in der sie sich bei Juden und Muslimen gerade zu verbreiten begann. Die folgende Untersuchung, die zunächst von meinem Interesse am slHen bestimmt ist, setzt deshalb bei slHen 71,36 ein und soll schließlich mit einer Über prüfung der genannten Hypothese auch wieder dorthin zurückführen. 'Vgl. dazu BOTTRJCH 1992, 83f. 118-122; weiterhin s. unten 4. s Nach einer anfänglichen Bearbeitung im Interesse der jüdischen Mystik scheint das slHen dann von christlicher Hand mit einigen Einschüben und Veränderungen versehen worden zu sein; vgl. dazu BOTTRJCH 1992, 114-122. 2. Frühjüdische Überlieferungen um Abels Bestattung und ihre Nachwirkungen In der biblischen Erzählung vom Brudermord (Gen 4,2-16) wird die Figur Abels gerade nur angedeutet. Der knappe Bericht über den Mord selbst, der ohnehin hinter die langen Redeteile des Abschnittes zurücktritt, stellt vor allem Kain in den Mittelpunkt.6 Auf ihn und seine Tat konzentriert sich das theologische Interesse des Erzählers. Abels Rolle hingegen erschöpft sich in ihrer Polarität zu Kain. Eingeführt und dargestellt wird er als Kains Bruder; in den nachfolgenden Genealogien taucht er nicht wieder auf. Auch sein Name (.,::ll"1 -Hauch/Nichtigkeit) scheint aus der Geschichte heraus gebildet zu sein, um die Vergänglichkeit und Begrenztheit des Menschen (Ps 39,6) zu illustrieren.7 So lag es nahe, daß sich in der Auslegungsgeschichte dieser Erzählung das fromme Interesse schon bald der Person Abels zuwandte und auszufüllen ver suchte, was im biblischen Bericht offen blieb. Dabei lassen sich im wesentlichen zwei Tendenzen erkennen: zum einen erfolgte eine Typisierung Abels, zum anderen begann eine vielgestaltige erzählerische Ausschmückung der Gescheh nisse um seinen Tod. 2.1. Typisierungen der Person Abels Für eine Typisierung Abels boten sich verschiedene Möglichkeiten an. a) Im Zuge des ethischen Dualismus' von Gerechten und Frevlern in frühjüdischer Zeit wurde Abel zunächst zum Typos des Gerechten: Testlsaak 3, 15 etwa läßt die Reihe aller Heiligen bei Abel beginnen; nach JosAnt I 2,1 "pflegte Abel die Gerechtigkeit", bei Philo steht Abel für "die gottliebende Anschauung", "die gottgefällige Tugend" oder "das Gute" überhaupt- sein Name wird gedeutet auf: 6 Vgl. dazu WESTERMANN 1975; WESTERMANN 1985, I 388-392. 7 So WESTERMANN 1985, I 398. 12 Frühjüdische Überlieferungen um Abels Bestattung und ihre Nachwirkungen "der [alles] auf Gott Beziehende".8 Ein Textfragment aus Qumran (llQMelch) rechnet Abel zu den "erwählten Erstlingen Adams", welche den Menschen Offenbarungen enthüllen.9 Im NT spricht Mt 23,35 (par Lk 11,51 )10 vom "Blut des gerechten Abel"; in Hebr 11,4 bringt Abel Gott ein besseres Opfer dar "durch den Glauben"; in IJoh 3,12 heißen die Werke Abels "gerecht"; auch einige neu testamentliche Apokryphen apostrophieren Abel als einen der Gerechten." Es scheint, als habe diese Typik Abels auf christlicher Seite schließlich zu seiner Verherrlichung und zu der Annahme seiner Versetzung/Himmelfahrt direkt ins Paradies geführt. 12 So wird auch die Zurückhaltung der älteren haggadischen Überlieferung im Judentum verständlich, für die der sittliche Charakter Abels zunächst kaum eine Rolle spielte.13 In dieses Spannungsfeld gehört auch die in der sog. Adversus-Judaeos-Literatur von den frühen christlichen Apologeten an bis hinein in das späte Mittelalter zu findende Deutung Abels als Präfiguration des guten Hirten Jesus, Kains dagegen als Präfiguration der Juden, die Jesus töteten.14 Zu einer Typisierung auf jüdischer Seite trugen wiederum alle jene Schilderungen 8 So in Sacr 3-5 und 51. Zur Deutung des Namens vgl. Sacr 2 und Det 32 - hier wird die Etymologie von "'='::ln" als Zusammensetzung aus "::ll"l'l::ll"l(lmp.) =darbringen" Wld "'='M" verstanden (Hinweis bei COHNIHEINEMANN 3/1962, 215). Zu einer weiteren Deutung in Migr 74 s. unten 2.2.2. 9 V gl. dazu SCHENKE 1980, 119. 10 Lk 11,51 bezeichnet Abel nicht ausdrücklich als "gerecht", reiht ihn aber analog zu Mt23,35 in die Reihe aller Propheten ein, deren Blut unschuldig vergossen wurde. 11 Nach den Kerygmata Petrou 6,3 (par. Ps.-Clementinen 15,3) stammen von Adam "als erster der ungerechte Kain, als zweiter der gerechte Abel ab." In der AscJes 9,8. 28 sieht der Prophet Abel unter den versammelten Gerechten, ebenso Paulus in ApkPaul 51. 12 Die christliche Theologie nahm vor allem die Idealisierung Abels bei Philo und Josephus auf. Daß allein Abel und Henoch unter den Gerechten im Paradies erwähnt werden (AscJes 9,7-10) sowie die Polemik Ephraems gegen die Anschauung einer VersetZWlg Abels ins Paradies (sie wird Kain als Lüge in den Mund gelegt, um das VerschwindenAbels gegenüber Adam und Eva zu erklären- vgl. BKV 2711842, 154) bewertete APTOWITZER 1922 (25-26) als Indizien fiir eine christliche Tradition der Entrückung Abels. 13 Nach APTOWITZER 1922 (23-26) begegnet hier das gleiche Phänomen wie bei der rabbini schen Ignorierung oder Abwertung Henochs, nachdem sich die christliche Theologie seiner bemächtigt hatte. Erst in späten Texten und möglicherweise unter Rückwirkung islamischer Überlieferungen wird Abel dann ebenfalls ausdrücklich unter die "Gerechten" gezählt-so z.B. in Tanch (B) 16; weiteres bei RAPPAPaRT 1930, 7 (83 Anm. 28). Vgl. dazu die Kritik von HELLER 1926 (478), nach der sich die Haggada lediglich nicht zu der gleichen Unbefangenheit gegenüber außerjüdischen Frommen habe erheben können wie die hlg. Schrift selbst. 14 Vgl. dazu SCHRECKENBERG 1990, Register zu Abel.