FORSCH UNGSERGEBNISSE DES VERKEHRSWISSENSCHAFTLICHEN INSTITUTS AN DER TECHNISCHEN HOCHSCHULE STUTTGAHT H ERAU SGEG EH E N VON PROF. D R.·T NG. CA B L PI HAT II HEFT 16 DIE VERKEHRSTEILUNG SCHIENE-STRASSE I N LAN 0 WI R 1'S C HAFT L I C HEN G E B lET E N UNO IHRE VOLKSWIRTSCHAFTLICHE' BEDEUTUNG VON PHOF. DR.·INC. CARL PIRA1'H MIT 71 ABBILDUNGEN TM TEXT UND AUF 15 TAFELN S P R I N G E R· V E R LA G BERLIN IG0TTINGEN IHEIDELBERG 1954 ISBN-13: 978-3-540-01797-4 e-ISBN-13: 978-3-642-94623-3 001: 10.1007/978-3-642-94623-3 ALLE REOHTE, INSBESONDERE DAS DER 'OBERSETZUNG IN FREMDE SPRAOHEN, VORBEHALTEN. OHNE AUSDR'OOKLICHE GENEHMIGUNG DES VERLAGES 1ST ES AUCH NICHT GESTATTET, DIESES BUOH ODER TEILE DARAUS AUF PHOTOMECHANISCHEM WEGE (PHOTOKOPIE. MIKROKOPIE) ZU VERVIELFALTIGEN. COPYRIGHT 1954 BY SPRINGER-VERLAG OHG., BERLIN / GOTTINGEN I HEIDELBERG. Vorwort. 1m Vorwort zu Heft 15 der Forschungsergebnisse des Verkehrswissenschaftlichen Instituts wurde darauf hingewiesen, daf3 das bisher nur fUr verkehrswirtschaftliche Aufgaben der Luftfahrt eingerichtete Institut seine Grundlagen in der Weise verbreitert hat, daf3 wohl der Luftverkehr auch weiterhin in erster Linie gepflegt wird, aber dariiber hinaus auch die iibrigen Verkehrsmittel in den Forschungsbereich des Instituts einbezogen werden. 1m Verfolg dieser materiellen Erweiterung ist das vorliegende Heft einem besonders wichtigen Problem, der Zusammenarbeit der Verkehrsmittel in verkehrsschwachen Gebieten, gewidmet unter dem Thema "Die Verkehrsteilung Schiene und Straf3e in landwirtschaftlichen Gebieten und ihre volkswirtschaftliche Bedeutung". Es werden die Voraussetzungen und Moglich keiten flir eine Verkehrsteilung Schiene und Straf3e in Gebieten untersucht, die zwar einen ver· haltnismlif3ig geringen Verkehrsbedarf aufweisen, aber deren ausreichende Verkehrsbedienung fUr den Aufbau einer gesunden Raumordnung eines Landes von entscheidender Bedeutung ist. Die bundeseigenen und die nichtbundeseigenen Nebenbahnen haben bisher technisch und wirtschaft lich ihre Verkehrsbedienung durchgefUhrt, der Straf3enverkehr bietet neue Moglichkeiten, sie Zll intensivieren, so daf3 eine organische Verkehrsteilung sich zu einem wichtigen Problem entwickelt hat. Es ist der Zweck der vorliegenden Untersuchung, hierzu einen grundsatzlichen Beitrag fUr eine zweckmaf3ige Losung zu bieten. Am 1. 1. 1954 konnte das Verkehrswissenschaftliche Institut auf ein 25jahriges Bestehen zuriickblicken. Dber die in dieser Zeit durchgefUhrten Forschungsarbeiten auf dem Gebiet des Luftverkehrs und der Bodenorganisation geben die Forschungshefte 1 bis 15 naheren Aufschluf3. In Heft 14 wurde aus Anlaf3 des lOjahrigen Bestehens des Instituts iiber seine Aufgaben, Organi sation und Arbeitsweise fUr Lehre und Forschung im Bereich des nationalen und internationalen Luftverkehrs eingehend berichtet. Das dort AusgefUhrte ist auch heute noch fUr das 'Vesen und das Ziel des Instituts als wissenschaftliche Anstalt maf3gebend. Das nachste Forschungsheft wird voraussichtlich den Voraussetzungen und Moglichkeiten des Hubschrauberverkehrs gewidmet sein, so daf3 der Unterverteilung des Verkehrs zu Lande, die den maf3gebenden Inhalt des vorliegenden Heftes darstellt, die Unterverteilung des Verkehrs in der Luft zur Seite gestellt wird. Bei der DurchfUhrung der Untersuchungen haben die Assistenten des Instituts, Herr Dr. Ing. Rohrich und Herr Bauassessor Frochtling wertvolle Mitarbeit geleistet. Die umfassende Beschaffung und Bearbeitung des Materials wurde in entgegenkommender Weise von der Akade mie fUr Raumforschung und Landesplanung Hannover, der Hauptverwaltung der Deutschen Bundesbahn, den fUr die untersuchten Gebiete zustandigen Industrie- und Handelskammern, Regierungsstellen der Lander sowie von Kraftverkehrsunternehmungen unterstiitzt. Die vergriffenen Forschungshefte 1-14 sind neu gedruckt worden und konnen yom Springer Verlag Berlin, bezogen werden. Stuttgart, den 1. Mai 1954. Carl Pirath. Inhaltsverzeichnis. A. Die Yoralls~etzllngell und )ioglichkcitell fiir cine Vcrkehrsteilung Schicne - Stra13c in landwirtschaftlichen Gebieten .................. . Dic Art dcr Verkehrsbedienung und die Kostenlage im Stra13envcrkchr. - Die Art del' Vcrkehrs bcdienung und die Kostenlage im Eisenbahnverkehr (Xcbcnbahnen). - Die Transportkostenbclastung der Wirtschaft auf Stra13e und Schien('. - Das Erganzungsproblem Stra13e-Schienc B. Die A.rt der Ycrkehrsbedicnung und die Kostenlage illl I-itra13enverkehr I. Art del' ''<,rkehrsbedienung. . . . . . . . . 2. Grundwerte und l\Iethoden der Untersuc:hllng . :l. Del' Hadialverkehr als Zielv('rkehr. . . . . . :i 4. Dcr Umwegverkehr als Ziclverkehr . . . . . (i :i. DcI' Umwcgverkehr als Sammel- lind Verteilerverkehr 7 6. Zusammenfassung del' Ergcbnisse 7. l-i('hlu13foIgerungl'n. . . . . . . C. Dic volkswirtschaftlichc Bedeutung del' bundeseigellell :\ebenbahnen als Grllndlage fiir die Verkehrsteilung t-)('hiene-Stra13e in verkehrsschwachen Gebieten 10 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 2. Die Xebenbahnen als Element der Haumerschlie13ung und Haumnutzung. . . . . . 14 Raumersehlie13ung (Eisenbahnverkehrsferne; Einzugsgebiete und Bevolkerungsdichte). - Halllll nutzung :3. AllgemeineI' Verkehrswert del' l'I'"ebenbahnen illl Personen- und Giiterverkehr naeh Einnahmen und Mengen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 Binnen- und t'bergangsverkehr. - Verkehrsdiehte. - Einnahmen 4. Spezieller Verkehrswert del' Nebenballllen im Personenverkehr ......... _ ...... . 24 Verkehrsteilung im Pendelverkehr 1939. -- Verkehrsteilung im Pendelverkehr 1950 ri. Spezieller Yerkehrswert der Xebenbahnen im Giiterverkehr ............ _ 26 Bahnhofsverkehr. - ~ach Tarifklassen.- Xaeh Entfernungsstufen und Tarifklassen (i. Del' Kraftomnibusverkehr im Verhaltnis zum Eisenbahnnetz ............ . :n ,. Yerkehrstcilung Sehiel1e-Stra13e im Giiterverkehr in Gebieten typiseher Xebenbahnen ...... . 36 Standorte elf.r Lkw. illl Giiterfernverkphr. - Verkehrsteilung ~ebenbahnen - gcwerblieher Lkw. verkehr - Werkverkehr H. Belastung del' \\'irtsehaft dureh Transportkosten bei '''egfall del' Nebenbahnen . . . . . . . . . . 40 Fraehtkostenuntersehied VOl' und naeh Auflassung del' Nebenbahnen im Fernverkehr und Nah verkehr. -- :Vlehrbelastung der Wirtsehaft im Personen- und Giiterverkchr D. Die yolkswirtschaftIiehe Bedeutung del' nichtbulldeseigenell Xebenbahncn als Grund lage fiir die Yerkehrsteilllng Sehiene-Stra13e in verkehrsschwaehen Gebieten am Beispiel del' Xebenbahn Aaien-Dillingen (Hartsfeldbahn) 44 1. Allgemcines . . . . . . . . . . . . . 44 2. Die Bahn als Element des Siedlungsraullls 45 :{. Der Yerkehrseharakter der Bahn 47 4. Dcr spezielle Charakter des Giiterverkehrs 51 5. StiIIegung del' Hartsfeldbahn und ihre Riickwirkungen auf dic Wirtschaft und den Stra13enbau 51 6. l\Ia13nahmen zur Hationalisierung des Verkehrsbetriebs . 54 E. Schlu13folgernngen ............... . 55 A. Die Voranssetznngen nnd Moglichkeiten fiir eine Verkehrsteilnng Schiene - Stra6e in landwirtschaftlichen Gebieten. In der Geschichte der Verkehrswirtschaft gab es stets zwei Pole, urn die das Angebot an Verkehrs leistungen durch die Verkehrsmittel kreiste und durch die sich die Verkehrsmittel angezogen odeI' abgestoBen fiihlten. Der positive Pol wird charakterisiert durch die wirtschaftsstarken Gebiete, die den groBten Verkehrsbedarf entwickeln, der negative Pol durch die wirtschaftlich schwachen Gebiete, denen die Verkehrsmittel weniger Zuneigung entgegen bringen, weil ihr Verkehrsbedarf gering ist. In del' wirtschaftlichen Struktur ausgedriickt bedeutet diese unterschiedliche Lage, daB die industriellen Gebiete mit ihrem hohen Verkehrsbedarf eine besondere Anziehungskraft auf daR Angebot im Verkehrswesen ausiiben, wahrend die landwirtschaftlichen Gebiete mit ihrem geringen Verkehrsbedarf die Stiefkinder in der Verkehrsbedienung sind. Die Erklarung liegt in der betriebswirtschaftlichen Tatsache, daB in den industriellen Gebieten der Verkehrsapparat besser durch zahlende I~ast ausgenutzt werden kann, und daB daher im Ver kehr mehr zu vel'dienen ist als in landwirtschaftlichen Gebieten. In ihnen sind wegen ihrer geringen Verkehrsdichte und der damit verbundenen ungiinstigen Auslastung der Fahrzeuge die Selbst kosten fUr die Verkehrsleistungseinheit, den Personenkilometer uml Tonnenkilometer, zwei- bis dreimal so hoch als in industriellen Gebieten. Einige Zahlen mogen dies erlautern. Die zahlenmaBige Erfassung des Verkehrsbedarfs geschieht durch das spezifische VerkehI's hediirfnis, das ist die Zahl an H,eisen, Tonnen Fracht und Post in einem Jahr je Einwohner des Verkehrsgebiets. So betI'agt das spezifische VeI'kehI'sbediirfnis im F(>rn- Hn(1 Ubcrlandpersonen ycrkehr an Reisen je Einwohner und Jahr in Deutschland 3- 6 in rein landwirtschaftlichen Gebieten, 12 -18 in gcmischt landwirtschaftlich-industriellen Gebieten, ] 8--26 in vorwiegend industriellen Gebieten und Handelsstadtell. 1m Giiterverkehr betragt das spezifische VeI'kehrshe(liirfniR 1m glf'idlE'lI Vf 'rkf'hrshereich III Tonnen je Einwohner und Jahr 1-2 t in kleinbauerlich landwirtschaftlichen Gebictcll, 4-5 t in gemischt landwirtschaftlich-industriellell Gebietf'lI, 6-8 t in vorwiegend industriellen Gebieten. 1m Postverkehr ist das spezifische Verkehrshediirfnis im gleiehen VerkehrRhereich wie folgt gelagert: in kg Briefe je Einwohner und Jahr I kg in landwirtschaftlichen Gebieten, 3 kg in gemischt landwirtschaftlich-industriellen Gebieten, 5 kg in vorwiegend industriellen Gehieten und Handelsstadten, in kg Pakete je Einwohner und Jahr 3 kg in landwirtschaftlichen Gebieten, 15 kg in gemischt landwirtschaftlich-industriellen Gehieten, 24 kg in vorwiegend industriellen Gebieten. In den industriellen Gehieten ist daher das spezifische Verkehrsbediirfnis 6-8mal groBer als in landwirtschaftlichen Gebieten odeI' auf dem flachen Land. Wird ferner noch beriicksichtigt, daB 2 Die Voraussetzungen und Moglichkeiten fur eine VerkehrsteiIllng. die Bevolkerimgsdichte, gem essen an den auf I km2 entfallenden Einwohnern, in grol3stadtischen Gebieten 30mal so grol3 ist als auf dem flachen Land, so wird die auf I km2 entfallende Verkehrs menge in grol3stadtischen Raumen durchschnittlich 200mal so groB sein wie in rein landwirtschaft lichen Gebieten. Ein ungewohnlich bewegtes Relief von Hoch und Tief des Verkehrs bedarfs lagert ii ber einer Volkswirtschaft. Gebiete von hochster Verkehrsdichte wechseln ab mit solchen niedrigster Verkehrsdichte. 1m gleichen Rhythmus kann von produktionsgiin stigen und produktionsungiinstigen Raumen fUr den Verkehr gesprochen werden. Ihre Bedienung durch die Verkehrsmittel ist urn so schwieriger, als im Verkehrswesen Produktion und Absatz entlang der Verkehrslinien raumlich und zeitlich zusammenfallen, wah rend ein industrieller Betrieb diese Bindung nicht hat, denn seine Produktion ist ortlich und zeitlich im wesentlichen Ilnabhangig yom Absatz. In Deutschland wohnen rund 45% der Bevolkerung in vorwiegend industriellen und rund 55% in vorwiegend landwirtschaftlichen Gebieten. Indllstrie und Landwirtschaft bilden eine volks wirtschaftliche Einheit. Ihr mul3 die verkehrswirtschaftliche Einheit in der Weise entsprechen, daB die landwirtschaftlichen und industriellen Gebiete aus volkswirtschaftlichen und sozialen Griinden zu den gleichen Transportpreisen fUr die Einheit der Verkehrsleistungen, Per sonenkilometer und Tonnenkilometer, und mit genilgenden Verkehrsgelegenheiten bedient werden. Das ist bisher durch die gemeinwirtschaftliche Verkehrsbedienung der Eisenbahn und der Post erreicht worden. Das Aufkommen des Kraftwagens hat eine erhebliche Storung dieses Zustandes durch seine privatwirtschaftliche Verkehrsform hervorgerufen und es gehort zu den schwierigsten Verkehrsproblemen, diese Storung zu beseitigen und einen neuen Gleichgewichts zustand herzustellen. 1m Grundsatzlichen vermogen hierzu der Kraftwagen und die Eisenbahn bestimmte positive und nega ti ve V ora ussetz ungen mitzubringen. Der Lastkraftwagen ware beispielsweise be triebstechnisch auf Grund seiner verhaltnismal3ig kleinen Transporteinheit besonders geeignet, den geringen Verkehrsbedarf in den landwirtschaftlichen Gebieten zu bedienen, doch wiirde das bei seiner privatwirtschaftlich orientierten Betriebsweise verhaltnismal3ig hohe Transportkosten fiir die Landwirtschaft verursachen. Die Eisenbahn ist ihrerseits auf Grund ihrer grol3eren Transport einheit in Gestalt von Ziigen betriebswirtschaftlich weniger fUr geringen Verkehrsbedarf geeignet. Wenn sie trotzdem bisher die landwirtschaftlichen Gebiete zu den gleichen Transportpreisen wie die industriellen Gebiete bedient hat, so ist das darauf zuriickzufUhren, daB ihr ein Ausgleich zwi schen den hohen Einnahmen in wirtschaftsstarken Gebieten und den unter Selbstkosten liegenden niedrigen Einnahmen in wirtschaftsschwachen Gebieten auf Grund der ihr auferlegten BefOrde rungs- und Betriebspflicht moglich war. Angesichts dieses fUr die landwirtschaftlichen Gebiete besonders entscheidenden Tatbestandes erscheint es notwendig, nach einer neuen Verkehrsteilung zwischen Stral3e und Schiene zu suchen, die diese Gebiete in der Transportkostenbelastung nicht schlechter stellt als die industriellen Gebiete, damit der Grundsatz der Dezentralisierung der Industrie und der Siedlungen im deutschen Raum auch in Zukunft verwirklicht werden kann. Die Voraussetzungen und Moglich keiten fUr eine neue Verkehrsteilung werden sich auf folgende grundsatzlichen Untersuchungen stiitzen miissen: 1. Die Art der Verkehrsbedienung und die Kostenlage im StraBenverkehr. 2. Die Art der Verkehrsbedienung und die Kostenlage im Eisenbahnverkehr (Nebenbahnen). 3. Die Transportkostenbelastung der Wirtschaft auf Stral3e und Schiene. 4. Das Erganzungsproblem Stral3e-Schiene in landwirtschaftlichen Gebieten und seine volks wirtschaftliche Bedeutung. Wahrend die Verkehrsteilung Schiene-Stra13e in landwirtschaftlichen Gcbietcn im Person en vcrkehr wegen der gering en Unterschiede der Selbstkosten und Fahrpreise fiir den Personen kilometer verhaltnismaBig einfach gelagert ist, bestehen fUr den Giiterverkehr auf Grund des nach volkswirtschaftlichen Gesichtspunkten aufgebauten Tarifsystems der Eisenbahnen groBe prin- Die Art derVerkehrsbcdienung. 3 zipieHe Unterschiede. Diese Untersehiede ergeben sich VOl' aHem daraus, daB die Eisenbahntarife vorwiegend nach allgemeinwirtschaftlichen Gesichtspunkten und weniger nach den Selbstkosten aufgebaut sind, wahrend del' Giiterverkehr del' StraBe in erster Linie unter Zugrundelegung seiner Selbstkosten sich in die Bedienung des Giiterverkehrs einschaltet. Unter dies en Umstanden erschien es zweckmaBig, die Untersuchungen VOl' all em auf dem Gebiet des Giiterverkehrs durchzufiihren. Kann fUr ihn eine gesunde Verkehrsteilung Schiene -StraBe gefunden werden, so ist das Problem im ganzen leichter 16sbar. Die nachstehenden Abschnitte sollen dazu einen grundsatzliehenBeitrag liefern. Raumlich war del' verkehrswirtsehaftliche Vergleieh zwischen Schiene und StraBe, del' die VOl' aussetzungen und Moglichkeiten einer Verkehrsteilung in landwirtschaftlichen Gebieten offenlegen soli, auf die Form del' Verkehrsbedienung im Nah- und Fernverkehr zu beziehen. Die landwirtschaftlichen Gebiete sind in del' Regel Gegenstand del' Unterverteilung del' Verkehrs strome del' Hauptverkehrsstrecken del' Eisenbahn und del' StraBe und an diese gleichsam an gehangt. Die Unterverteilung geschieht auf del' StraBe in erster Linie im Nahverkehr und auf del' Schiene vorwiegend durch die Nebenbahnen. Es war daher zweckmaBig, diese beiden Verkehrs form en miteinander zu vergleichen mit dem Ziel, festzusteIlen, welches Verkehrsmittel die land wirtschaftlichen Gebiete kostenmaBig am giinstigsten zu bedienen vermag, so daB das Problem einer gegenseitigen Erganzung odeI' Ablosung Schiene-StraBe klar erkennbar wird. Del' Zeit faHor spielt fUr landwirtschaftliche Gebiete mit ihrem nul' in gering em MaB auf Zeitersparnis eingestellten Verkehrsbedarf eine weniger wichtige Rolle als del' Kostenfaktor. AuBerdem ist die Feststellung des Zeitfaktors einfach gelagert, so daB seine Bedeutung flir die Verkehrsteilung je nach den praktischen Verhaltnissen leicht erkannt und mit dem in erster Linie ausschlaggebenden Kostenfaktor kombiniert werden kann. Wahrend die Untersuchungen iiber den StraBenverkehr auf eine generelle Grundlage gestellt und auf den Einsatz des Lastkraftwagens im Nah- und "Oberlandverkehr bis zu 100 km bezogen werden konnen, ist die Untersuchung flir den Eisenbahnverkehr auf typische Systeme del' bundes eigenen und nichtbundeseigenen Nebenbahnen als den wichtigsten Verkehrstragern fUr landwirtschaftliche Gebiete beschrankt worden. Beide Verkehrsformen, del' Nah- und "Oberland verkehr auf del' StraBe einerseits und del' Nebenbahnverkehr andererseits, iiberlagern sich und vermogen sich regional zu durchdringen, so daB in ihrer Einzeluntersuchung und ihrer Gegeniiber stellung die wichtigsten Voraussetzungen fur eine neue Verkehrsteilung in landwirtschaftlichen Gcbieten gefunden werden konnen. Die im Abschnitt B durchgefUhrten Untersuchungen iiber die Selbstkosten des Lastkraftwagen verkehrs in Abhangigkeit von den Transportweiten sowie iiber seinen zweckmaBigen Einsatz im Nah- und "Oberlandverkehr bilden die Grundlage fUr die im Abschnitt C und D durchgefUhrten Untersuchungen tiber die volkswirtschaftliche Bedeutung del' Nebenbahnen. Aus dem Transport kostenvcrgleich beider Verkehrstrager crgibt sich die Veranderung del' Belastung del' Wirt schaft durch Transportkosten nach del' positiven odeI' negativen Seite, wenn an die Stelle del' bisherigen Verkehrsbedienung eine neue Verkehrsbedienung auf Grund einer neuen Verkehrsteilung Schiene-StraBe treten wiirde. B. Die Art der Verkehrsbedienung und die Kostenlage im Stra6enverkehr/ 1. Die Art der Verkehrsbedienung . . Bei del' groBen Mannigfaltigkeit in Nachfrage und Angebot im Giiternahverkehr ist es notwendig, sich mathematisch-geometrischer Methoden zu bedienen, urn die Grundtendenz del' Verhaltnisse zu erkennen. Del' mathematisch-geometrischen Methode liegt del' Gedanke zu Grunde, aIle bei der Raumiiberwindung mitwirkenden Faktoren zu ordnen und in Grundgleichungen mathematisch zu 1 Unter Auswcrtung del' Arbeit von Dr.-Ing. H. G.Rohrich: Die wirtschaftlichen Grenzcn del' Umwegfahrten nach Kosten und Zeit im Giiternahverkehr mit Kraftfahrzeugen. Dissertation, Technische Hochschule Stuttgart, 1952. 4 Verkehrsbedienung und Kostenlage im :::;tra13enverkehr. erfassen und ihr Zusammenwirken in ansehauliehen geometrisehen Kenlliinien darzustellell. 1m Endziel soli en diese Kennlinien (las Zusammenspiel der Ausgaben und Einnahmen im Lastkraftwagenverkehr in Abhiingigkeit von den Entfernungen und der Auslastung im Grundsiitzliehen wiedergeben und die Grundlage fUr verkehrswirtsehaftlieh und verkehrspoli tisch wiehtige Erkenntnisse und MaBnahmen bilden. Da Giiternahverkehr dann vorliegt, wenn der Kraftwagen naeh einer Uberlandfahrt am gleiehen Tage zu seiner Heimatstation zuruekkehrt, so werden um den Standort des Kraftwagenunter nehmens im Abstand von je 10 km konzentrisehe Kreise fUr die Verteilung der Transportweiten gezogen. Es ergeben sieh dann zwei grundsiitzliehe Bewegungskomponenten: It) Fahrten in radialer Riehtung, die in dieser Form aussehlieBlieh dem Zielverkehr dienen, oder mit anderen Worten, eine Ladung von einem Beladeort zum Entladeort auf mogliehst direktem Weg bringen. Diese Fahrten verkorpern daher "den Radialverkehr als Zielverkehr". b) Urn wegfahrten, die in radialer Riehtung sowie auf einem Teil einer Kreisperipherie ver laufen. Sie verkorpern in ihrer Gesamtheit den Umwegverkehr. Er liiBt sieh in zwei Bewegungs komponenten gliedern: tX) Naeh dem Umwegverkehr als Zielverkehr, der sieh aus drei zeitlieh aufeinanderfolgell (len Komponenten yom Standort aus gesehen zusammensetzt, niimlieh der Radialfahrt, der Peri pheriefahrt und der Radialfahrt zum Standort zuriiek. so daB nur hoehstens drei Orte bedient werden. fJ) Nach dem Umwegverkehr als Sammel- und Verteilerverkehr, der sieh in iihnlicher Weise wie del' Umwegverkehr als Zielverkehr abspielt, jedoeh mit dem Untersehied, daB eine Reihe \'on Ortsehaften beruhrt werden, in denen entweder Fraeht gesammelt oder verteilt wird. Ganz allgemein sind verkehrspolitiseh und verkehrswirtsehaftlich besonders die Umwegfahrten wichtig, da sie geeignet sind, die landwirtschaftlichen Gebiete auch in ihren kleinsten Siedlungen verkehrlich zu bedienen und auf diese Weise ihre RaumerschlieBung zu verbessern. 2. Grundwerte und Methode der Untersuchung. :Fiir diese drei Arten der Verkehrsbedienung im Guterverkehr wurden die wirtschaftlichen Grenzen zwischen Fahrweite und Frachtaufkommen oder Kosten und Einnahmen sowie schlieBlich der Zeitfaktor untersueht. Fur den TabcIle 1. U r und werte fii r die E rill i ttl \l ng der 1<' a h rl eist u ng Vergleich wurden Lastkraftwagen und der Selhstkosten im Sammel- lind Verteilerverkchr. mit 1,5 t, 3,0 t und 5,0 t Nutz ladefiihigkeit zu Grunde gelegt, Zeitwertc ferner eine Tagesschicht von neun , DfiieiLhseaigld-keLe-kitw sTeahgicehs-t Pausen HcladLcand czeiEtennt laden ZAulJ-laoddeenr SPtauunsdeenn u nsdo wLiaed egzeemitieiBn zuT aiibbelileleh en1 S te I, t. tz t Min. JIlin. !IIin. :Min. Min. MaBen. Zur DurchfUhrung der Unter 1,5 540 60 20 15 10 3,0 540 60 30 20 10 suchung ist die Analyse der Selbst I , 5,0 540 60 40 25 10 kosten des Kraftwagenbetriebs Selbstkostcnwcrte wichtig, da nach den Selbstkosten Stand 1. 1. 1948 auch die Tarife gebildet werden in Abhiingigkeit von den Transport Diesel-Lkw Bewegliche Durchschnittsgeschwindigkeit, Ladefiihigkeit Feste Kosten Kosten Radial- u. Sammel-u.Ver- weiten, die die Tagesleistungen be Zielverkehr teilerverkehr stimmen, und von der Auslastung a IJ V V R;'I/Jahr R~I/km km/h km/h des Lastkraftwagens. 1,5 4810 0,0817 30 20 Die im ofl'entlichen Guterver 3,0 5650 0,1370 30 20 kehr maBgebenden BefOrderungs 5,0 7160 0,2548 30 20 bedingungen der Nahverkehrs- Radialverkehr und Umwegverkehr als Zielverkehr. preisordnung (NVP)l konnen dieser Selbstkostenermittlung urn so mehr zu Grunde gelegt werden, als fUr die FeststeIlung der wirtschaftlichen Grenzen weniger die absoluten Werte, als vielmehr die relativen Werte der Selbstkosten entscheidend sind, ohne daB die Zuverlassigkeit der Ergebnisse beeintrachtigt wird. Die Tarife der NVP decken die Kosten der Lastfahrt und der Leerfahrt. Fur die Ermittlung der Fahrleistungen und der Selbstkosten wurden die in Tab. I enthaltenen Grundwerte verwendet. AIle Untersuchungen liber die Selbstkosten und die Einnahmen aus den FahrIeistungen wurden nach dem Leistungstarif durchgefUhrt, bei dem samtliche Werte in Abhangigkeit von der Befarde rungsweite und der Auslastung innerhalb einer Tagesschicht ermittelt \\'erden konnen. Die im N aeh folgenden dargelegten Untersuehungsergebnisse beziehen sich auf den 5-Tonnen Lastkraftwagen, der im Uberland verkehr in erster Linie zum Einsatz gelangt. 3. Der Radialverkehr als Zielverkehr. Die Untersuchung des Radialverkehrs wurde zuerst durchgefUhrt, da sie als Grundlage fUr die Untersuchung des Umwegverkehrs dient. Unter Zugrundelegung variabler mittlerer Beforderungs weiten wurden einmal fUr eine Auslastung der Tragfahigkeit des Lastkraftwagens von 50% und 5 220r-'--'-'--'-'--'-'--~'-~ i::::::n ' r\ ZOO F;- 180 -- -----i---+--c-=;;l---t \ ~ 150 --7V~f.--t';"---:1---r-"'-·--t--+----j ;.'> ,.. ~ 1'10 - --f------- 1',, " i'- ~ 120 "I--r--- i--r--- . --- 1'-. ... ...... r--- -- ~ 100 ,--;--- .,Lf--+---t-+--~-~-+--j ... ~ ~ ::-::-- F, ~ 80 / ~ 50~~-+-~~--t-+--+-~+--1 'Fz 1f01--+--+--j-+--+-1-+--+~~ o 10 20 30 '10 50 6"0 70 50 .90krn100 20f-+--+-,-+--+--f-+--+~~ o 10 20 30 '10 50 50 70 80 90km100 Abb. 1. Anzahl der Fahrten eines 5-t-Lkw. in einer Tages schicht in Abhiingigkeit yon den Transportweiten. Abb.3. Anzahl der in einer Tagesschicht zuriiekgelegten 1:\ ~- 50'/. Auslastung F, = 100'/, Auslastung Fahrzeugkilometerd eenin eTsr a5n-stp-oLrktww.e iiienn . Abhiingigkeit von }\ = 50'10 Auslostung ];'2 = 100'10 Auslastung n-- 100 '100 -- -- -- ---- - ---- '10 min " ,F ahrzcil tl T(Jg 75 300 "... . , 2'1 1', , -- 30 -.., ... .. - 50 200 Lat'd-et;;, ---~, -.....-: L-a- 1152 .......... r-- -~ --- --Fz Z5 100 t-- 8 t-- L, 'I r o o 10 20 30 '10 50 6"0 70 90 .90krn100 o 70 20 30 '10 50 50 70 80 .90km100 Abb.2. Das Verhaltnis zwischen Ladezeit und Fahrzeit Ab1>. 4. Anzahl der in einer 'l'agesschicht befiirdertcn cines 5-t-Lkw. In einer Tagessehieht in Abhangigkeit von Tonnen cines 5 t-Lkw. in Abhiingigkeit yon den Trans den Transportweiten. portweiten. L, = 50'10 Auslastung L, = 100'10 Auslastung F, ~ 50'10 Auslastung F, = 100'10 Auslastung zweitens von 100% fUr eine Hin- und Ruckfahrt die Leistungen und die Selbstkostenlage je Schicht unter Berucksichtigung der Geschwindigkeiten, der Ladezeiten und der Ruhezeiten analytisch ermittelt und dargesteIlt. Auf Grund der in den Abb. 1-6 gegebenen Kennlinien liber die Anzahl der Fahrten in einer Tagesschicht in Abhangigkeit von der Entfernung und der Auslastung wurden die in einer Tages- 1 Verordnungiiber Hochstpreisefiir Fuhrleistungcn mit KraftfahrzeugenimNahverkehr (NVl') yom 1. Januar 1948 Verkehrsbedienung und Kostenlage im Strallenverkchr schicht zuruckgelegten :Fahrzeugkilometer und beforderten Tonnen sowie die Selbstkosten ermittelt. Sie bilden die Grundlage fUr die Gegeniiberstellung der Selbstkosten und Einnahmen gemiiJ3 Abb. 7. Bei 50%iger Auslastung, die in verkehrsschwachenGebieten die H,egel ist, fallen die Einnahmen lillien ungefahr mit den Selbstkostenlinien zusammen, dagegen ergibt sich hei IOO%iger Auslastung, also voll hin und voll zuruck, ein erheblicher UberschuB der Einnahmen. Verkehrswirtschaftlich hedeutet dies, daB das Unternehmen, um moglichst hohe Einnahmen zu erzielen, hestreht sein muf3, 16 D~ /t - At n-; 12 f-- --- ....., p 10 OM -- 8 ;; t-- 100 /i---~ r-=-= ---Eli_ 5 -- -~ " ; .90 2 I t- I o 10 20 JO IfO SO 60 70 fO .90'KrnfOO 80 I Uflge del' Eiflze/ftllll'fen I --- .IJ'i -- 50 % Auslastung ----- 100 % Auslastung 70 I I ~.:: nJr, Auu. G. Die Selbstkosten je Tonne cines G t-Lkw. in einer I ~ Tagesschicht in A uhiingigkeit von den Transportweit"ll. 60 ~ --- " ~ Er, m m ~.- _._---.-1---- ---_. - "- Pf Urn. I $ f-- ..... W r-- - r--- --- r--~ K, 11{- \' U ... ~ 10 --r-- - - l-*2 f 20 6 r-- ---- - -- - -- - If 10 2 o o 10 20 JO ;0 SO 60 70 80 .90 'Krn100 10 20 30 '10 SO 60 70 80 90krn.700 LOnge del' Eiflzelfolll'fefl -- 50 % '-\uslastllng ----- 100 % AlIslastung KI'T.q ' =~ SEeinlbnsathkmosetenn } )I -------- bbeeiil O5O0%0/ 0 AAuussllaassttuunngg Aub. H. lJie Selbstkosten je Tonnenkilometer eines 5-t-Lkw. Abb.7. Die Selbstkosten unu Einnahmen eines 5-t-J,kw. in ciner Tagesschieht in Abhiingigkeit von den Transport in einer Tagessehlcht in Abhiinglgkeit von den Transport wciten. wcitcn im Radinl\"crkchr als Ziclvcrkchr. moglichst groBen Verkehrsbedurfnissen nachzugehen, die es ihm gestatten, eine ii her fiO% liegende Auslastung zu erzielen. Das ist jedoch in landwirtschaftlichen Gebieten mit ilirer cliinllen Verkehrs decke nur schwierig zu erreichen. Es erheht sich daher die Frage, wieweit durch den Umweg verkehr die Auslastung verbessert und damit der Anreiz fUr die Verkehrsbedienung von vel'kehrsschwachen Gebieten gesteigel't werden kann. 4. Der Umwegverkehr als Zielverkehr. Die sehr verwickelten Zusammenhange dieser Art der Verkehrsbedienung konnten durch die mathematisch-geometrische Betrachtungsweise auf einen verhaltnismaBig einfachen Nenner gebracht werden. Wie bereits erwahnt, setzt sich die Umwegfahrt aus den zeitlich aufeinander folgendell Komponenten zusammen: Radialfahrt, Peripheriefahrt, Radialfahrt. Wesentlich fUr die Untersuchung des Umwegverkehrs ist die Voraussetzung, daB die erste Radialfahl't eine Lastfahrt sein muB, da die Einnahmen diesel' Fahl't als Grundlage zur Ermittlung del' wirtschaftlichen Weite del' Pel'ipheriefahrten dienen. Wollte man als erstes von einer Lccrfahrt ausgehen, so wurde damit die Voraussetzung fUr eine Umwegfahrt in keiner Weise gegehensein, da die durch eine Umwegfahrt bedienten Orte dann hessel' auf dem direkten Weg erreicht "'erden konnen.