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Die Tragödie der Karlsfresken Alfred Rethels PDF

62 Pages·1968·2.01 MB·German
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ARBEITSGEMEINSCHAFT FüR FORSCHUNG DES LANDES NORDRHEIN-WESTFALEN GEISTESWISSENSCHAFTEN 115. SITZUNG AM 16.)UNI 1965 IN DüSSELDORF ARBEITSGEMEINSCHAFT FÜR FORSCHUNG DES LANDES NORDRHEIN-WESTFALEN GEI STESWI S SEN SCHAFTEN HEFT 148 HERBERT VON EINEM Die Tragödie der Karlsfresken Alfred Rethels HERAUSGEGEBEN IM AUFTRAGE DES MINISTERPRASIDENTEN HEINZ KüHN VON STAATS SEKRETAR PROFESSOR De. h. c. De. E. h. LEO BRANDT HERBERT EINEM VON Die Tragödie der Karlsfresken Alfred Rethels SPRINGER FACHMEDIEN WIESBADEN GMBH ISBN 978-3-322-98355-8 ISBN 978-3-322-99092-1 (eBook) DOI 10.1007/978-3-322-99092-1 @ 1968 by Springer Fachmedien Wiesbaden Ursprunglich erschienen bei Westdeutscher Verlag 1968 Inhalt H erbert von Einem, Bonn Vorwort ... .... ....... ...... ........ ...... ........ ... .... 7 Die Tragödie der Karlsfresken Alfred Rethels . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 9 Abbildungen ...... .......... ... ..... ........... .. ..... .. .. 29 Diskussionsbeiträge Professor Dr. phiI . Paul Egon Hübinger; Professor Dr. phi I. Theodor Schieder; Professor Dr. phil. Benno von Wiese und Kaiserswaldau; Professor Dr. phil. Werner Hager; Professor Dr. phiI . foachim Ritter; Professor Dr. phil. fosef Pieper; Landtagsabgeordneter Dr. rer. pol., Dr.-Ing. E. h. fosef Hofmann; Professor fosef Beuys; Professor Dr. phiI . Richard Alewyn; Professor Dr. phil. Eduard Trier; Professor Dr. phil. Paul Schoenen; Prälat Professor Dr. theol. Bernhard Kötting; Professor Dr. phil. Herbert Dieckmann; Frau Kultusminister a. D. Dr. h. c. Christine T eusch .... .... .. ..... ... ..... ... .. ...... 43 Vorwort Der Vortrag gibt meinen Beitrag zu dem anläßlich der großen Karls ausstellung in Aachen 1965 von Wolfgang Braunfels herausgegebenen Werk "Karl der Große, Lebenswerk und Nachleben" (Bd. 4), Verlag L. Schwann, Düsseldorf, wieder. Ich danke Herausgeber und Verlag für die freundliche Druckerlaubnis an dieser Stelle. Der Text ist um eine Schluß betrachtung über Rethels letztes Werk erweitert worden: die Zeichnung nach Guido Renis Fresko "Aurora" im Palazzo Rospigliosi-Pallavicini in Rom, ein ergreifen des Zeugnis schöpferischer Tätigkeit des bereits Umnachteten. Bonn, im März 1968 H erbert von Einem I. Alfred Rethels Karlsfresken im Aachener Rathaus sind die bedeutendsten Werke der deutschen Monumentalmalerei des 19. Jahrhunderts zwischen Pe ter Cornelius und Hans v. Marees - aber ihre Geschichte ist eine Tragödie. Wie ist es zu dieser Tragödie gekommen? Wie ist sie zu verstehen I? 11. 1840 hatte der Romantiker Peter Cornelius die Trinitätsfresken der Lud wigskirche in München vollendet Ihre Symbolik war schon nicht mehr vor 2. behaltlos aufgenommen und anerkannt worden. In der Kritik Franz Kuglers - des Lehrers und Freundes von Jacob Burckhardt - heißt es: "So sieht man an dem Bandgewölbe über dem Hauptaltar den weltschaffenden Gott gleich zeitig in feuriger Bewegung und unwandelbarer Ruhe dargestellt, ruhig sit zend und doch mit dem Oberleibe gewaltsam bewegt, was, der Natur der Sache nach, kein Bild reiner Erhabenheit gewährt. Die Embleme seines Schaf fens sind Sonne und Mond, denen er mit der Rechten und mit der Linken ihre Bahnen anweist, und die Erde, auf der seine Füße ruhen - Andeutun gen, die in der Vorzeit allerdings gang und gäbe waren, weil sie der dama ligen kindlichen Weltanschauung entsprachen, die aber für die tieferen Blicke, welche die neuere Zeit in den Bau der Welt getan, eben nichts mehr sagen." 3 1 Vgl. fose! Ponten, Alfred Rethel. Des Meisters Werke. Klassiker der Kunst XVIII. Stuttgart und Leipzig 1911. - fosel. Ponten, Studien über Alfred Rethel. Stuttgart und Berlin 1922. - Karl Koetschau, Alfred Rethels Kunst. Schriften des Städtischen Kunst museums zu Düsseldorf. IV. Düsseldorf 1929. - Zoege von Manteuffel, Zur Geschichte der Kar!sfresken A1fred Rethels im Aachener Rathaus. Zeitschrift des Aachener Ge schichtsvereins 1940. - Heinrich Schmidt, A1fred Rethel. Rheinischer Verein für Denk malpflege und Heimatschutz 1959. - Paul Schoenen, A1fred Rethel und die romantische Historienmalerei. Aachener Kunstblätter 19/20, 1960/61. - Felix Kuetgens, Die Kar!s fresken A1fred Rethels. Bonn o. J. - Kat. d. Ausstellung Kar! d. Gr., Werk und Wirkung, Aachen 1965, S. 563 H. - Herbert v. Einem, Peter Cornelius. Wallraf-Richartz-Jahrbuch XVI, S. 154 H. 3 Franz Kugler, Kunstreise im Jahre 1845. Wiederabgedruckt in Kuglers Kleinen Schrif ten und Studien zur Kunstgeschichte, Stuttgart 1853/4, Bd. 3, S. 543 H. 10 Herbert von Einem Diese Kritik richtet sich nicht gegen die künstlerische Qualität, sondern gegen die als nicht mehr zeitgemäß empfundene Bildersprache, die den tieferen Blicken der Moderne in den Bau der Welt nicht mehr zu genügen vermag. Das gleiche Jahr brachte den Bruch mit König Ludwig und Cornelius' Entschluß, nach Berlin überzusiedeln. Die Hoffnungen aber, die Cornelius auf Berlin setzte, waren trügerisch. In den gleichen Jahren scheiterte ein anderer Romantiker, Julius Schnorr v. Carolsfeld, mit seinem noch durchaus romantisch-symbolisch gedachten Bildprogramm für die Münchener Residenz Schnorr wollte in Darstellun 4. gen aus dem Alten Testament und der Geschichte der deutschen Kaiser zei gen, wie Kirche und Staat "die ins Sichtbare getretene göttliche Ordnung auf Erden" umfassen, wie, sie zu schützen, "der Gewaltigen und Herrscher hei liger Beruf", und ihnen zu gehorchen, "ein den Völkern von Gott gegebenes Gebot" sei Diese Gedankengänge sahen die Geschichte noch ganz als Bei 5. spiel und Lehre für die Gegenwart - sosehr sie gefühlsmäßig die Vergan genheit über die Gegenwart stellten. Ja, sie bezogen, wie aus der Gegenüber stellung von Altem Testament und Kaisergeschichte erhellt, beide noch auf ein Allgemeines, das jenseits der Zeit ist. König Ludwig aber schienen diese Gedanken zu mystisch und theosophisch. Schnorr mußte den übergeord neten Zusammenhang preisgeben und sich auf Einzelnes (Szenen aus den Nibelungen, Szenen aus dem Leben Karls des Großen - hier das Karls thema -, Barbarossas, Rudolfs von Habsburg) beschränken. So entstanden (gleichsam wider Willen) die ersten Historienbilder im Sinne der neuen Ge schichtsmalerei. Cornelius aber, leidenschaftlicher Romantiker, sah in ihnen nunmehr nur "Genremalerei im Großen" und traf damit den kritischsten 6 Punkt des Neuen: die Gefahr des Abgleitens ins Anekdotische, wie es hier in der Tat bereits auch in Erscheinung tritt. 1840 vollendete der Romantiker Friedrich Overbeck, das einstige Haupt der Nazarener, den "Triumph der Religion in den Künsten", in dem er wie in einem Programm sein künstlerisches und religiöses Glaubensbekenntnis zusammenfaßte und den (freilich vergeblichen) Versuch machte, auf einen größeren Kreis einzuwirken Im Jahr darauf erschien Friedrich Theodor 7. Vischers vernichtende Kritik, die (wie Kuglers Kritik an Cornelius) nicht so 4 Rudolf Oldenbourg, Die Münchner Malerei im 19. Jahrhundert. I: Die Epoche Max Jo sephs und Ludwigs I. München 1922, S. 184 H. 5 Franz Schnorr v. Carolsfeld, Künstlerische Wege und Ziele. Leipzig 1909, S. 81 und 85. Vgl. dazu Hermann Beenken, Das 19. Jahrhundert in der deutschen Kunst. München 1944, S. 285. 8 Oldenbourg, a.a.O., S. 186. 7 Margrit Howitt, Friedrich Overbeck und sein Kreis. Freiburg 1886, 11, S. 59 H. Hier auch vollständiger Abdruck von Overbecks Erklärung des Bildes. Die Tragödie der Karlsfresken Alfred Rethels 11 sehr die Form wie den Geist dieser Kunst angriff. "Ein großes Stück Ge schichte verleugnen" - so heißt es hier - "ist immer Wahnsinn. Verkenne nur dein Volk und was es getan, den Blitz des freien Gedankens auf seiner tief gefurchten Stirn, gehe nach Rom, um die ewig junge Antike zu verachten und das verwelkte Mittelalter zu verjüngen, laß dich von Rotstrumpf und Blaustrumpf mit abgestandenem Weihwasser sprengen, wir lassen die Toten ihre Toten begraben." 8 In dieser Kritik, die so scharf mit dem romantischen Restaurierungswillen zu Gericht geht, wird zum erstenmal das Programm der neu heraufkommen den Geschichtsmalerei entwickelt. Die Geschichte wird als vornehmstes Thema der Kunst gefordert. "Die Geschichte, diese Welt" - so sagt Vischer - "als Schauplatz des Herrn, die naturgemäße Wirklichkeit in scharfen, nicht romantisch schwankenden, festen Umrissen als eine Bewegung, worin sitt liche Mächte Gottes Gegenwart verkündigen, ... das ist das Feld des moder nen Künstlers. Unser Gott ist ein immanenter Gott, seine Wohnung ist über all und nirgends, sein Leib ist nur die ganze Welt, seine wahre Gegenwart der Menschengeist. Diesen Gott zu verherrlichen, ist die höchste Aufgabe der neuen Kunst." Vischers Programm (vorbereitet durch Herders Schriften, undenkbar ohne Hegels Geschichtsphilosophie, gleichzeitig mit dem Aufblühen der histo rischen Wissenschaften und der Ausbildung des historischen Bewußtseins) ist etwas ganz und gar Neues. An Stelle der "Fata Morgana einer transzenden ten Welt" soll die Vergangenheit, die Geschichte, treten. "Wir leben uns" - so sagt er - "in die großen kritischen Momente der Geschichte ein, in die Glanzblicke, wo die bewegende Seele des Völkerlebens auf die Oberfläche emportaucht. Tue die Kunst desgleichen! Sie male uns immerhin Götter; aber die Gottheit, die in der Geschichte erscheint, die Geister der Geschichte, so wird sie in die Herzen des Volkes erschütternd dringen." Die Geschichte soll hier die Rolle übernehmen, die früher die Religion gehabt hatte. Für das säkularisierte Denken des späteren 19. Jahrhunderts wird sie zum Glaubens ersatz. Bezeichnend, ja, verräterisch die Forderung der "naturgemäßen Wirk lichkeit". Die neue Geschichtsmalerei entledigte sich denn auch bald der symbolischen Formensprache der Romantik und verflachte zu billigem Naturalismus. In den Jahren, in denen die Romantik scheiterte, begann die Geschichts malerei in Vischers Sinn ihre Triumphe zu feiern. Gleichzeitig mit Cornelius' letztem großen Werk, den Berliner Camposanto-Entwürfen, schuf Wilhelm 8 Friedrich Theodor Vischer, Der Triumph der Religion in den Künsten von Friedrich Overbed.. Deutsche Jahrbücher für Wissenschaft und Kunst 1841. Wiederabgedrud.t: Kritische Gänge, I, 1844, S. 163 H. Vgl. auch Beenken, a.a.O., S. 279 H. 12 Herbert von Einem Kaulbach die Fresken im Treppenhaus des Berliner Neuen Museums die 9, nach seinen eigenen Worten "den Geist Gottes in der Geschichte" darstel 10 len sollten und in der Tat Vischers Ideal am nächsten kommen. Aber wie wenig durchdacht, wie zufällig sind gegenüber Cornelius' großartigem Ge dankengebäude Akzentsetzung und Programm: Turmbau zu Babel, Homer und die Griechen, Zerstörung Jerusalems, Hunnenschlacht, Kreuzfahrer und Reformation. Bonaventura GeneIli nannte das Reformationsbild die "Bibel auktion" Cornelius spottete über die Folge, Kaulbach habe mit der baby 11. lonischen Verwirrung angefangen und mit der deutschen Verwirrung auf gehört Noch Carl fusti hat später gesagt, Kaulbach habe die Universal 12. geschichte wie ein Sekundaner betrachtet Dennoch gehörte ihm die Gunst 13. der Zeit. Kugler, der Cornelius so hart verurteilte, rechnete Kaulbachs "Hun nenschlacht" zu den "ersten Leistungen unserer Zeit", die "keinen Ver gleich mit den Leistungen der Vorzeit zu scheuen hat" 14. 1842/43 kamen auf ihrer Rundreise durch die deutschen Städte die beiden Geschichtsbilder der Belgier Louis Gallait und Edouard BiHve "Abdankung Kaiser Karls V." und "Kompromiß des niederländischen Adels" nach Berlin und München und entschieden hier den Sieg der neuen Richtung 15. Im gleichen Jahr, 1842, erwarb das Staedelsche Kunstinstitut in Frank furt a. M. ein Hauptwerk der seit Wilhelm Schadows Berufung zum Akade miedirektor 1826 aufblühenden Düsseldorfer Schule, Karl Friedrich Lessings "Hus auf dem Konzil zu Konstanz", und stellte es gegenüber einem Haupt werk des Romantikers Philipp Veit, "Einführung der Künste in Deutsch land", auf, was Veit veranlaßte, unter Protest sein Amt als Direktor des Instituts niederzulegen 16. IH. Vor diesem Hintergrund - der Wende von der romantischen Gedanken malerei zur realistischen Geschichtsmalerei - muß der Auftrag der Aachener Karlsfresken gesehen werden. Die Epoche der romantischen Monumental- • Oldenbourg, a.a.O., S. 201 H.: Der Fall Kaulbach. 10 Oldenbourg, a.a.O., S. 208. U Hans Marshai, Bonaventura Genelli. Leipzig 1912, S. 44. 12 Koetschau, Rethels Kunst, a.a.O., S. 68. 13 Koetschau, Rethels Kunst, a.a.O., S. 65. 14 Kugler, Kleine Schriften, a.a.O., III, S. 281. 15 Oldenbourg, a.a.O., S. 200. 18 Martin Spahn, Philipp Veit. Bielefeld und Leipzig 1901, S. 83, und Brief Eduard Stein les von Mariälichtmeß 1843. Eduard v. Steinles Briefwechsel mit seinen Freunden, hrsg. von AI/ons Maria v. Steinle. 1897. I, S. 286.

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