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Die Therapie mit Lithiumsalzen: Ein Kompendium für die Praxis PDF

66 Pages·1998·5.272 MB·German
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Die Therapie mit Lithiumsalzen - Ein Kompendium für die Praxis - 2. überarbeitete Auflage G.A.E. Rudolf Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH Die Deutsche Bibliothek-CIP-Einheitsaufnahme Rudolf, Gerhard A. E.: Die Therapie mit Lithiumsalzen -Ein Kompendium für die Praxis - G.A.E. Rudolf - 2., veränd. Aufl. (DUV : Medizin) ISBN 978-3-8244-2113-8 ISBN 978-3-663-14636-0 (eBook) DOI 10.1007/978-3-663-14636-0 Herausgeber: Prof. Dr. med. G.A.E. Rudolf 1. Auflage 1996 2. Auflage 1998 Alle Rechte vorbehalten. © Springer Fachmedien Wiesbaden 1998 Ursprünglich erschienen bei Deutscher Universitäts-Verlag GmbH, Wiesbaden, 1998 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Ver lags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Konzeption und Realisation: Jürgen Weser, Gütersloh Herstellung: Gütersloher Druckservice GmbH, Gütersloh Gedruckt auf chlorfrei gebleichtem und säurefreiem Papier ISBN 978-3-8244-2113-8 Inhaltsverzeichnis Einleitung .............................................................................................. 5 1. Grundsätzliches zur Anwendung von Lithiumsalzen in der Psychiatrie ......................................................................... 7 1. 1 Die Entdeckungsgeschichte der Lithiumwirkung .......................... 7 1.2 Indikationen für die Behandlung mit Lithiumsalzen ....................... 8 1.3 Wie wirkt Lithium? Ergebnisse der neurobiologischen Grundlagenforschung .................................................................. 11 1.4 Die Pharmakologie der Lithiumsalze ........................................... 13 1.5 Das klinische Wirkungsprofil von Lithium .................................... 15 1.5.1 Erwünschte Wirkungen ...................................................... 15 1.5.2 Unerschwünschte Wirkungen (sogenannte Neben- wirkungen).......................... .. ....................................... 15 1.6 Kontraindikationen für die Anwendung von Lithiumsalzen .......... 20 1. 7 Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten (Arzneimittelinteraktionen) ........................................................... 20 2. Die Praxis der Lithiumanwendung in der Psychiatrie ............ 26 2.1 Die Rezidivprophylaxe affektiver Psychosen ............................... 26 2.1.1 Grundsätzliches zu Verlauf und Langzeitbehandlung affektiver Psychosen .......................................................... 26 2.1.2 Die Indikationen zur Rezidivprophylaxe mit Lithium- salzen ............................................................................ 29 2.1.3 Vorbereitende Maßnahmen ............................................... 33 2.1.4 Die ersten Schritte der Lithiumtherapie ............................. 34 2.1.5 Kontrolluntersuchungen während der Lithium- prophylaxe ......................................................................... 37 2.1.6 Risikosituationen während der Lithiumprophylaxe ............ 40 2.1. 7 Die Dauer der Lithiumprophylaxe ...................................... 41 2.2 Der kurative Einsatz von Lithiumsalzen ....................................... 44 2.2.1 Die Akutbehandlung der Manie ......................................... 44 3 Inhaltsverzeichnis 2.2.1.1 Grundsätzliches zur Behandlung der Manie ....... 44 2.2.1.2 Indikationen für die Behandlung mit Lithium- salzen .................................................................. 44 2.2.1.3 Praktische Durchführung ..................................... 45 2.2.2 Die Zugabe von Lithium bei pharmakotherapie- resistenten Depressionen (Lithiumaugmentation) ............. 46 2.2.2.1 Grundsätzliches zur Frage der Therapie- resistenz .............................................................. 46 2.2.2.2 Indikationen und Hypothesen zur Wirkung der Lithiumzugabe .............................................. 49 2.2.2.3 Die praktische Durchführung der Lithium- zugabe ................................................................ 51 2.2.2.4 Die Beendigung der Lithiumzugabe ................... 52 2.2.3 Die Behandlung des chronischen Cluster- Kopfschmerzes .................................................................. 53 ....................................... 56 ································································· 60 4 Einleitung Lithiumsalze werden seit gut drei Jahrzehnten systematisch und mit Er folg in der Psychiatrie eingesetzt, und bis heute ist ihre Anwendung nach der wissenschaftlichen Datenlage die Methode der ersten Wahl, wenn es um die Rezidivprophylaxe periodisch auftretender affektiver Psychosen geht. Zuerst war nur die sedierende, antimanische Wirkung bekannt, dann wurde die rezidivprophylaktische Wirkung bei periodisch auftretenden Affektpsychosen (manisch-depressiven Erkrankungen) entdeckt. Hier, zur Vorbeugung und Vermeidung von Rückfällen der in der Regel immer wieder auftretenden manischen oder depressiven Phasen, spielen Lithiumsalze ihre zentrale Rolle als sogenannte Prophylaktika. Im letzten Jahrzehnt ist eine weitere Indikation hinzugekommen: die zusätzliche Gabe von Lithiumsalzen, neben den in der Akutbehandlung verordneten Antidepressiva, bei sogenannter Pharmakatherapieresistenz schwerer, chronisch verlaufender depressiver Erkrankungen. Hinsichtlich der klinischen Wirksamkeit der Lithiumsalze bestehen bei den genannten Indikationen heute keine Zweifel mehr. Ihre Effektivität ist mit den aktuell zur Verfügung stehenden wissenschaftlichen Methoden erwiesen. Welche neurobiochemischen Prozesse den therapeutischen Effekten zugrunde liegen, ist bis heute nur sehr lückenhaft bekannt. Natürlich bewirkt der pharmakatherapeutische Einsatz von Lithiumsal zen keine Wunder. Auch die Anwendung von Lithiumsalzen hat, wie jede Pharmakotherapie, ihre Grenzen, bedingtz.B. durch Nichtansprechen auf die Medikation, Kontraindikationen, Nebenwirkungen und Probleme hin sichtlich der Compliance. Andererseits jedoch ist die Möglichkeit des Einsatzes von Lithiumsalzen trotz jahrzehntelanger guter Erfahrungen heute noch zu wenig bekannt. ln der breiten Ärzteschaft, bei Psychiatern wie nichtpsychiatrisch weiter gebildeten Ärzten, den "Hausärzten", die einen großen Teil depressiver oder manischer Patienten behandeln, wird die Möglichkeit eines effek tiven Einsatzes von Lithiumsalzen nicht ausreichend genutzt. Es könnten 5 Einleitung wesentlich mehr Patienten von der Einnahme von Lithiumsalzen profitie ren, als das heute der Fall ist. Offenbar kann nach differenzierten Analysen die suizidbedingte Mortalität von Patienten mit affektiven Störungen er heblich reduziert werden (AHRENS und MüLLER-ÜERLINGHAUSEN 1997). Unter pharmakaökonomischen Aspekten ist für das Bruttosozialprodukt der Bundesrepublik Deutschland ein Einsparvolumen in dreisteiliger Millionen höhe zu errechnen (LEHMANN u.a. 1997). Grund genug, dieses kleine Kompendium zu Fragen des Einsatzes von Lithiumsalzen zu verfassen. Es soll im ersten Teil in knapper Form über das Wesen der Behandlung mit Lithiumsalzen informieren, im zweiten Teil vor allem aber eine praxisorientierte Anleitung zum Einsatz der Lithium salze geben. Die Ausführungen sind so knapp wie möglich gehalten. Inhaltlich stützen sie sich auf die aktuelle wissenschaftliche Literatur. Wer sich mit den Fragen der Lithiumbehandlung intensiver befassen möchte, kann auf die am Ende des Bandes zusammengestellte Literaturauswahl zum Thema zurückgreifen, insbesondere auf die 2. Auflage des als Standardwerk anzusehenden Handbuchs "Die Lithiumtherapie. Nutzen, Risiken, Alter nativen", herausgegeben von B. MüLLER-ÜERLINGHAUSEN, W. GRElL und A. BERGHöFER (Springer: Berlin, Heidelberg, New York 1997). Hauptziel dieses Kompendiums ist, praxisrelevantes Wissen in möglichst einfacher Form so darzustellen, daß sich noch mehr Ärzte als bisher in der Lage sehen, Lithiumsalze kompetent, kritisch abwägend, gezielt und mit dem Gefühl, das dann richtig getan zu haben, bei ihren Patienten einzu setzen. Diese werden es dem Therapeuten danken. 6 1. Grundsätzliches zur Anwendung von Lithiumsalzen in der Psychiatrie 1.1 Die Entdeckungsgeschichte der Lithiumwirkung (nach JOHNSON und AMDISSEN 1986, SCHOU 1997) Die Entdeckung der antimanischen Wirkung von Lithium durch den Australier CAoE (1949) ist eigentlich eine Wiederentdeckung: Schon 90 Jahre zuvor hatte der Engländer GARROD (1859) im Rahmen seiner Auffas sung von der Gicht, die für ihn mehr war als eine Erkrankung von Gelenken und die Entwicklung von Nierensteinen, u.a. auch affektive Störungen gesehen, so die "gichtige Manie", die er durch einen Überschuß an Harnsäure im Körper verursacht sah. Lithiumsalze galten als Lösungsmit tel für Harnsäure. Deshalb schlug er eine periodische Lithiumbehandlung zur Prophylaxe der Gichtsymptome einschließlich der affektiven Störun gen vor. HAMMOND (1871) benutzte Lithiumbromid, um bei der akuten Manie "die Blutmenge in den Gehirngefäßen zu vermindern". Die Vorstellungen von Garrod wurden in jener Zeit unter dem Begriff der Harnsäure-Diathese sehr populär. Der dänische Neurologe C. LANGE (1886, 1896) vertrat die Meinung, daß auch periodische Depressionen durch einen Überschuß an Harnsäure entstehen und somit durch Lithium salze sowohl akut als auch präventiv behandelt werden könnten. Sein Bruder, der Psychiater F. LANGE (1894 ), sah auch bei akuten Depressionen gute Erfolge durch die Gabe von Lithiumsalzen. Das Konzept der Harnsäure-Diathese wurde um die Jahrhundertwende verworfen, weil sich die theoretischen Grundlagen als falsch erwiesen hatten. Damit verlor auch der therapeutische Ansatz, Lithiumsalze bei Affektpsychosen therapeutisch und präventiv einzusetzen, seine Bedeu tung und wurde offenbar vergessen. Die von CAoE (1949) publizierte Beobachtung zur sedierenden und damit auch antimanischen Wirkung von Lithiumsalzen wurde von ScHau u.a. ( 1954) in einem in der Psychiatrie wahrscheinlich ersten Doppelblind versuch der psychopharmakalogischen Forschungsgeschichte bestä tigt. HARTIGAN ( 1963) und BAASTRUP ( 1964) stellten dann den zusätzlichen 7 Grundsätzliches zur Anwendung von Lithiumsalzen in der Psychiatrie prophylaktischen, antidepressiven Effekt der Lithiumsalze fest, der über die Phase der Akutbehandlung hinaus bei Weiterverordnung eintrat. Der praktische Nutzen der Lithiumbehandlung blieb zwar nicht unwider sprochen (BLACKWELL und SHEPHERD 1968), doch konnten BAASTRUP U .a. (1970) eindeutig nachweisen, daß die regelmäßige, kontrollierte Einnah me von Lithiumsalzen das erneute Auftreten von manischen und depres siven Phasen bei einem großen Teil der periodisch erkrankten Patienten verhinderte. Dieses macht auch eine 1971 von ScHau in einer Übersichtsarbeit publi zierte Abbildung deutlich (Abb. 1) : Bei vielen Patienten kam es bei langfristiger Einnahme von Lithiumsalzen zu einer Verminderung der Phasenzahl, bei den meisten zu einer Unterdrückung jeglicher Pha sen. Aus der Abb. 1 ist auch zu erkennen, daß einige Patienten nach Absetzen der Lithiummedikation sehr schnell wieder Rückfälle erlitten, die wieder ausblieben, sobald die Lithiumprophylaxe fortgesetzt wurde. Heute kann gesagt werden, daß die Lithiumsalze die weltweit wohl best untersuchten Substanzen der psychiatrischen Pharmakatherapie sind. Das gilt insbesondere hinsichtlich klinisch-pharmakologischer Fragen, Art und Schweregrad möglicher Nebenwirkungen, Kontraindikationen, Behandlungssystematik, Indikationen und Fragen der Nutzen-Risiko Abwägung. Wie bereits einleitend festgestellt wurde, ist der Einsatz von Lithiumsalzen im Rahmen antidepressiver Pharmakatherapie ein Standardverfahren. ln der Psychiatrie gibt es für die Anwendung von Lithiumsalzen drei etablierte Indikationen (s. Tab. 1) : 1. die Rezidivprophylaxe bei affektiven und schizoaffektiven Psychosen (s. Kap. 2.1, S. 26 f.), 2. die Akutbehandlung der Manie (s. Kap. 2.2.1, S. 44 ff.), 3. die zusätzliche Gabe von Lithiumsalzen bei pharmakotherapie resistenten Depressionen, die sogenannte Lithiumaugmentation (s. Kap. 2.2.2, S. 46 ff.). Bei pathologischen Aggressionszuständen scheint Lithium ebenfalls ei nen positiven, d.h. einen aggressionsreduzierenden Effekt zu haben (NILSSON 1997). 8

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