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Die Tänzer von Arun PDF

323 Pages·2011·1.12 MB·German
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DIE CHRONIK VON TORNOR Die Zwingfeste (06/3955) Die Tänzer von Arun (06/3956) Die Frau aus dem Norden (06/3957) Im Galbareth, der fruchtbaren Ebene von Arun, haben sich im Laufe der Jahrzehnte Menschen, die über besondere mentale Gaben verfügen, über Telepathie, die Kunst des Gedankenlesens und der Telekinese, zu einer Gemeinschaft zusammengefunden. Sie nennen sich »cheari«, die »Tänzer«, weil sie durch gemeinsamen Tanz ihre Geisteskräfte aufeinander abstimmen, und sie gelten als unüberwindlich, weil sie sich blitzschnell durch Gedankenkontakt verständigen und die Absichten ihrer Feinde rechtzeitig durchschauen können – bis auch in den Reihen ihrer Gegner, den räuberischen Bewohnern der Asech- Steppe, mental begabte Krieger auftauchen. Dies ist die Geschichte von Kerris, dem verwaisten Sohn eines berühmten Kriegsherrn, der als Kind durch einen Schwerthieb einen Arm verlor. Als Krieger ungeeignet, weiß er seinem Leben keinen Sinn zu geben, bis ihn sein Bruder Kel in die Gemeinschaft der »cheari« einführt und er einen Meister findet, der eine mentale Gabe in ihm weckt, die mächtiger ist als jedes Schwert und die keines starken Arms bedarf, um einen Gegner zu überwinden. Von Elizabeth A. Lynn erschienen in der Reihe HEYNE SCIENCE FICTION & FANTASY DIE CHRONIK VON TORNOR: Die Zwingfeste (06/3955) Die Tänzer von Arun (06/3956) Die Frau aus dem Norden (06/3957) Das Netz aus Sardonyx (in Vorb.) Das Mädchen, das den Mond liebte (in Vorb.) Fremdes Licht (in Vorb.) ELIZABETH A. LYNN DIE TÄNZER VON ARUN 2. Band der Chronik von Tornor Fantasy-Roman Deutsche Erstveröffentlichung WILHELM HEYNE VERLAG MÜNCHEN Dieses E-Book ist nicht zum Verkauf bestimmt!! HEYNE-BUCH Nr. 06/3956 im Wilhelm Heyne Verlag GmbH & Co. KG, München Titel der amerikanischen Originalausgabe THE DANCERS OF ARUN Deutsche Übersetzung von Roland Fleissner Das Umschlagbild schuf Franz Berthold Die Illustrationen im Text zeichnete Ursula Olga Rinne Die Karte ist von Erhard Ringer Redaktion: Wolfgang Jeschke Copyright © 1979 by Elizabeth A. Lynn Copyright © 1983 der deutschen Übersetzung by Wilhelm Heyne Verlag GmbH & Co. KG, München Printed in Germany 1983 Umschlaggestaltung: Atelier Heinrichs & Schütz, München Satz: Schaber, Wels/Österreich Druck und Bindung: Elsnerdruck GmbH, Berlin ISBN 3-453-30887-5 1. Kapitel Kerris erwachte. Er reckte sich. Er fühlte sich kalt und steif. Der Strohsack unter ihm war dünn und stachelig; er hatte weit entfernt von den Kaminen geschlafen, an einer Stelle, wo er der Tür am nächsten war. Die Morgensonne fiel durch die hohen unverglasten Fenster der Mannschaftsunterkunft, golden ließ sie die schmutzigen Wandteppiche in fahlen Farben aufleuchten, und der Himmel durch die schmalen Lukenschlitze wirkte grau, fern und eisig. Er schluckte und spürte im Mund den Salzgeschmack des Schweinefleischs vom Abend zuvor. Neben ihm warf sich einer der Posten auf Freiwache in den Fesseln eines bösen Alptraums stöhnend hin und her. Kerris zog sich die Stiefel über. Die Senkel flatterten. Er begann die Stiefel zu schnüren. Die steifen Schnürsenkel entglitten seiner Hand immer wieder. Seine Finger waren kalt. Er blies sie an, um sie zu erwärmen. Sein Armstumpf schmerzte, und er rieb an ihm. Ein Hund bellte. Draußen im Hof rief jemand laut. Kerris fuhr sich mit der Hand durch das Zottelhaar, stand auf und suchte sich einen Weg zwischen den zusammengerollten Schläfern hindurch zum Eingang der Burgküche. Ein Ledervorhang trennte die Küche von den Mannschaftsquartieren. Hinter dem Vorhang hörte er Leute sprechen. Er schob ihn beiseite und ging hinein. Es war heiß hier. Man hatte die Herdfeuer bereits entfacht. In einer gekachelten Nische brannte ein Stundenlicht. Hilfsköche mit mehl-und fettbedeckten Händen hasteten an ihm vorbei. Ein Unterkoch in weißer Leinenschürze stand über einem Hackbrett und säbelte Scheiben kalten Schinkens auf eine Silberplatte. Paula stand an der Feuerstelle und streckte die Hände zu den Flammen hin. Kerris trat zu ihr. Er neigte den Kopf und küßte sie auf den Scheitel. »Guten Morgen.« Sie blinzelte zu ihm empor. Er war einen Kopf größer als sie. Um die Schultern hatte sie einen dicken braunen Schal geschlungen. »Kerris«, sagte sie. Sie drehte sich wieder zu dem Topf zurück, in dem Tee, Honig und Milch als dicke Suppe dampften. »Trink einen Tee!« Er suchte zwischen den aufgereihten hohen Gläsern nach einer Kumme. »Kalt heute morgen«, sagte er. »Es ist kalt an jedem verfluchten Morgen.« Sie klopfte den Schöpflöffel am Rand des Eisenkessels ab. »Man glaubt's nicht, daß Frühling ist.« Er beugte sich an ihr vorbei und tauchte die Kumme in den Topf. Er schlürfte den Tee, der heiß und sehr süß war. »Es ist fast Sommer«, sagte er. »Bald werden die Kaufleute kommen.« Ihre dunklen Augen blitzten. Sie vollführte eine ordinäre Soldatengeste. »Sommer«, murrte sie mit jener Verachtung der Südländerin für das Wetter im Norden. »Sind die droben schon aufgestanden?« Sie meinte die Soldaten. Einst war sie selbst Soldat gewesen, vor langer Zeit, und hatte an der Grenze im Süden gestanden. Kerris schüttelte den Kopf. »Bloß ich.« Ein hellhaariges Küchenmädchen in einem langen Leinenrock kam aus der Vorratskammer. Sie trug einen Käselaib. Sie lächelte Paula höflich zu und schenkte dem jungen Koch ein etwas wärmeres Lächeln. Dessen Hände bewegten sich auf dem Hackbrett noch schneller. Kerris sah die Magd nicht an. Er hatte damit auch nicht gerechnet. Obwohl er der Herrscherfamilie von Tornor entstammte, war er doch nur ein Schreiber, einer, der unter Anfällen litt, und ein Krüppel, von geringerer Wichtigkeit für die Burg als der geringste unter den Köchen. Paula zog die Brauen zusammen. »Möchtest du noch Tee?« fragte sie. Er hätte ihr gern gesagt, daß es ihm nichts ausmache, wenn ihn die Frauen der Burg übersahen. Er war daran gewöhnt. Er zog dies der Lächerlichkeit vor, die ihm zuteil werden könnte – ja, die ihm zuteil geworden war, und öfter als nur einmal. Um Paula eine Freude zu machen, tauchte er die Kumme erneut in den honigbraunen Sirup. Ein Küchenjunge öffnete eine Ofentür. Der Duft backenden Brotes verbreitete sich im Raum. Der Ledervorhang klatschte. Der Chefkoch kam hereinstolziert. Er hatte dicke haarige Arme wie ein Hufschmied, dafür aber nicht ein einziges Haar auf dem Kopf. Die Küchenjungen nannten ihn (hinter seinem Tücken natürlich) »das Ei«. Er war ein hervorragender Küchenchef, hatte ein Temperament wie eine brünstige Füchsin, griff jedem Küchenjungen zwischen die Beine und haßte Leute, die in seinen Herrschaftsbereich eindrangen. Er funkelte Kerris an: »Raus!« sagte er und befingerte sein vierkantiges Hackbeil. Die Geste war natürlich reine Protzerei, aber Kerris trug sich nicht mit der Absicht, es darauf ankommen zu lassen. Er streichelte Paula über die Schulter. »Wir sehen uns später«, sagte er und wandte sich zum Gehen. Rauch stand in seinen Augen, ein Messer lag in seiner Hand. Er roch verbranntes Essen und den schweren Duft von neuem Wein. Er dachte: Mach rasch ein Ende! Er simulierte ein Stolpern über einen Hocker. Sein Gegner grinste und trat vor, um ihn endgültig zu erledigen. Er packte den zustoßenden Arm, schlang den anderen Arm um den Hals des Mannes und zog ihn auf den Boden. Ein Messer fiel klirrend. Verächtlich stieß ein Stiefel es beiseite. Irgendwo schrie leise eine Frau auf. Er starrte dem Mann in das rote entsetzte Gesicht. »Ich könnte dir das Genick brechen«, sagte er. »Fällt dir nichts Besseres ein, als mit einem Cheari zu kämpfen?« Hinter ihm sagte Ilene: »Sie haben unser Frühstück anbrennen lassen, Kel. Laß uns gehen!« Das Bild verschwamm. Er roch Brot. Er war zurückgekehrt. Paula stand vor ihm, alle Haare gesträubt wie eine Katzenmutter, die ihr Junges verteidigt. Die Küchenhelfer gafften ihn alle an. Der Chefkoch blubberte der alten Frau zu: »Ich will in meiner Küche keine Abfälle haben!« Kerris sagte: »Mir fehlt nichts.« Paula wandte sich zu ihm. Ihre Augen suchten fragend in seinem Gesicht. Es tat ihm leid, daß sie es gesehen hatte. »Es ist nichts«, sagte er. Er ging auf die Tür zur Halle zu. Die Küchenmädchen drängelten sich zusammen wie junge Hunde. Murmelten. Das Ei fuhr sie fluchend an, und sie stoben vor ihm davon. Die große Halle in Tornor war groß genug für sechshundert Mann, ohne daß sie sich hätten drängen müssen. Kerris blieb einen Augenblick lang an einer Wand stehen. Wie stets nach einem Anfall fühlte er sich ein wenig desorientiert. Er lehnte sich gegen einen Wandbehang. Darauf war eine Szene aus einer alten Schlacht zu sehen. Josen würde wissen, aus welcher. Kerris wußte es nicht. Die Türen zur Halle waren geöffnet. Männer aus den Quartieren kamen herein, rieben sich den Schlaf aus den Augen, und andere, gerade von der Wache abgelöst, stapften unförmig in ihren unordentlichen Schichten von Woll-und Lederkleidung herein. Hunde mit glattem Fell und fahlen schmalen Köpfen rannten tollend um sie herum – Wolfshunde waren das, obwohl es nicht mehr viele Wölfe in der Steppe gab. Im letzten Herbst hatte ein Jagdtrupp einen räudigen Jährling heimgebracht. Man hatte das Fell an der Burgmauer aufgehängt, und alle kleinen Buben aus Tornor-Dorf waren heraufgekommen und hatten das Fell angegafft. Jemand schob den Ledervorhang beiseite. Der Duft frischen Brotes schwebte in den Saal. Die Männer stießen einander die Ellbogen in die Rippen. Kerris war der Appetit vergangen. Er schritt den Gang an einem der langen Tische hinunter und stand dem Herrn von Tornor Keep von Angesicht zu Angesicht gegenüber. Er verneigte sich. »Guten Morgen, Onkel«, sagte er. Morven, der neunzehnte Herr auf Tornor Keep, wirkte glatt und kompakt und besaß das leuchtendgelbe Haar und den blassen Teint seines Geschlechts. Kerris hatte beides nicht geerbt. »Guten Morgen, Neffe«, sagte der Lord. »Bist du von der Wachablösung aufgewacht?« Kerris nickte. Morven wußte nicht (oder tat doch so, als wisse er nicht), daß Kerris zuweilen in den Soldatenquartieren schlief. »Ich wünschte, meine Soldaten wären so pflichteifrig!« Es war als Lob gemeint. »Ich danke dir.« Ousel, der zweite Wachoffizier, näherte sich. Sofort wandte sich Morven ihm zu und redete mit ihm. Kerris war entlassen und verzog sich aus dem Saal. Er dachte: Wenigstens besitzt er Taktgefühl genug, mir nicht direkt ins Gesicht zu lachen. Während er den Inneren Hof in Richtung auf die Treppe zum Turm des Annalenschreibers durchquerte, suchte er tastend im Innern seines Schädels nach jener Fähigkeit, die ihn mit seinem Bruder in Verbindung setzte. Und wie immer entzog sie sich ihm. Er konnte sie nicht in Gang setzen, ebensowenig wie er ihr Auftreten verhindern konnte. Im Schatten der Sonnenuhr spielte eine Dreiergruppe von Kindern das alte Spiel: Papier-Schere-Stein. Kerris verlangsamte den Schritt, als er an ihnen vorbeiging. Dies war eines der wenigen Spiele, die er, das einarmige Kind, hatte mitspielen können, und er war darin so geschickt geworden und hatte so rasch immer gewußt, was die anderen wählen würden, daß sie sich bald geweigert hatten, weiter mit ihm zu spielen. Die Kinder brachen ihr Spiel ab, begannen zu raufen, wobei das größte Kind, Morvens Tochter Aret, obenauf lag. Kerris ging weiter. Er war nie ein guter Ringer gewesen.

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