ebook img

Die Seele einer neuen Maschine: Aus dem Amerikanischen von Tony Westermayr PDF

319 Pages·1982·7.124 MB·German
Save to my drive
Quick download
Download
Most books are stored in the elastic cloud where traffic is expensive. For this reason, we have a limit on daily download.

Preview Die Seele einer neuen Maschine: Aus dem Amerikanischen von Tony Westermayr

Tracy Kidder Die Seele einer neuen Maschine Aus dem Amerikanischen von Tony Westermayr Springer Basel AG Für Richard Todd Die Originalausgabe erschien 1981 unter dem Titel: «The Soul of a New Machine» bei Atlantic Monthly Press und Little, Brown and Company, Boston/Toronto © 1981 John Tracy Kidder CIP-Kurztite1aufnahme der Deutschen Bibliothek Kidder , Tracy: Die Seele einer neuen Maschine / Tracy Kidder. (Aus d. Amerikan. übers. von Tony Westermayr.) - Basel; Boston; Stuttgart : Birkhäuser, 1982 Einheitssacht. : The soul of a new machine (dt.) Die vorliegende Publikation ist urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte vorbehalten. Kein Teil dieses Buches darf ohne schriftliche Genehmigung des Verlages in irgendeiner Form durch Fotokopie, Mikrofilm oder andere Verfahren repro duziert oder in eine von Maschinen, insbesondere Daten verarbeitungsanlagen, verwendete Sprache übertragen werden. © Springer Basel AG 1982 Ursprünglich erschienen bei Birkhäuser Verlag, Base11982 Softcover reprint of the hardcover 1s t edition 1982 Umschlaggestaltung: Konrad Bruckmann Birkhäuser AG, Graphisches Unternehmen, Basel ISBN 978-3-0348-6694-1 ISBN 978-3-0348-6693-4 (eBook) DOI 10.1007/978-3-0348-6693-4 Inhalt 7 Prolog - Ein Mann für jedes Wetter 12 Wie man viel Geld verdient 35 Kampfhandlungen 58 Wie man zu einer Mannschaft kommt 78 Wallachs großer Augenblick 99 Mittemachtsprogramme 127 Auf dem Rücken fliegen 147 La Machine 173 Die wunderbaren Mikromaschinen 191 Wie es in einer Werkstatt aussieht 204 Das verschwundene Gatter 234 Kürzer als eine Jahreszeit 244 Wie man flippert 257 Eine Messe wert 274 Zielgerade 294 Enten 304 Dinosaurier 316 Epilog 320 Dank Prolog Ein Mann für jedes Wetter Die See lag im letzten Licht, das Grau abgestuft bis hin zum Horizont, Schaumgewoge. Im Cockpit des kleinen, wei ßen Segelbootes, knapp elf Meter lang, sahen die Wellen von achtern wie Berge aus. Die meisten Besatzungsmitglieder schauten lieber nicht hin. Weit und breit kein anderes Boot, nur weitab im Süden einige Zeit lang beruhigende Umrisse ei ner Küste. Dann wurde es dunkel. Mit gerefften Segeln vor dem Nordostwind krängte das Boot stark auf eine Seite, klatschte hinunter, legte sich auf die andere. In der Kombüse klirrten Töpfe und pfannen. Ein Sechserpack Dosenbier, nicht verstaut, rutschte auf dem Kajütenboden unablässig hin und her. Irgendwann in der Nacht erhob jemand die Stimme, um den Wind zu übertönen, und fragte: «Was wollen wir eigent lich beweisen ?» An Bord befanden sich nur Erwachsene. Eigner und Skip per war ein Rechtsanwalt, um die sechzig Jahre alt. Zur Besat zung gehörten ein Psychologe, ein Arzt, ein Professor, alle En de Dreißig, und ein Mann namens Tom West. West wirkte ein wenig rätselhaft. Ein einziger Segler an Bord kannte ihn, aber auch nur oberflächlich; allen anderen war er fremd. Man wollte von Portland im Bundesstaat Maine nach N ew Y ork segeln. Als am frühen Abend in der geschützten Casca-Bucht die Segel gesetzt worden waren, alle Mann in Ölzeug mit Süd wester, hatte sich keiner der romantischen Aufbruchsstim mung des Abenteuers entziehen können. Als aber die schüt zende Landseite zurückblieb und die Fahrrinne erreicht war, als das Boot plötzlich stark zu krängen und zu stampfen an- 8 DIE SEELE EINER NEUEN MASCHINE fing, hielt man sich fest, wo es eben ging, und dachte an das Abendessen; bis zum Einbruch der Dunkelheit hatten dann bereits einige Neptun ihr Opfer bringen müssen. Nun verfiel fast die ganze Besatzung in jenen halb erstarr ten Zustand, den die Monotonie von Stürmen auf See gele gentlich hervorruft. Du findest einen Platz zum Hinsetzen, du hältst dich fest und versuchst, dich möglichst überhaupt nicht mehr zu bewegen. Das Boot schlingert in eine Richtung, du spannst die Bauchmuskeln an und läßt sie wieder erschlaffen; das Boot taumelt in die entgegengesetzte Richtung - du ver krampfst dich wieder. Es kostet schon größte Mühe, nur an deinem Platz zu bleiben. Eine Zeitlang magst du noch grollen: «Wozu bin ich überhaupt hier, ich Trottel? Kein Mensch hat mich dazu gezwungen.» Du magst bereuen, am Leben auf fe stern Boden jemals herumgemäkelt zu haben. Nach einiger Zeit jedoch tauchen Erinnerungsfetzen auf - abgerissene Me lodien, Gebete, Kinderreime - und du wiederholst sie stumm und unablässig. Kalter Gischt im Gesicht oder ein besonders lautes und erschreckendes Poltern am Rumpf reißen dich dann aus der Versunkenheit aufs Meer zurück. Du kommst dir vor wie ein Kind, das man alleingelassen hat. Der Ozean schert sich nicht um dich und das Boot gleicht einer Nußschale. Die See ist eine große Förderin des Glaubens oder wenigstens der Demut - allerdings nicht bei allen Menschen. Im Schein der Positionslampen wirkten die Segler wie Flüchtlinge, zusammengekauert, leere Gesichter. Tom West dagegen, schmale Gestalt, auf dem Kopf eine Strickmütze, schien ständig in Bewegung zu sein. Schon von dem Augen blick an, als die Segel gesetzt wurden, hatte er sich offenkundig in Hochstimmung befunden; je länger sie im Sturm fuhren, de sto lebendiger schien er zu werden. Man konnte ihn im Dun keln grinsen sehen. West führte alle Befehle des Skippers so willig, widerspruchslos und rasch aus, daß man hätte meinen mögen, der Geist eines alten Seemanns von anno dazumal hätte sich unter die anderen gemischt. Als einziger klagte West nie über Anfälle von Seekrankheit. Wollte einer der anderen wissen, ob ihm nicht auch übel sei, dann antwortete er ganz ernst, das lasse er gar nicht erst zu. Kurz darauf stieg er wie ein PROLOG 9 alterprobter Schaffner in einem schwankenden, holpernden Eisenbahnwaggon zur Kajüte hinunter, um sich eine Dose Bier zu holen. West saß an der Pinne und hielt sie mit beiden Händen fest, um das Boot am Wind zu halten; er stand unter einer schwankenden Laterne in der Kajüte und studierte eine See karte; er kletterte gewandt hinaus auf das Vordeck, um mit ro her Kraft einen Klüver einzuholen und durch einen kleineren zu ersetzen. Und als der Skipper spät nachts beschloß, Zu flucht in einem kleinen Hafen mit engem, gewundenem Ein fahrtskanal zu suchen, wo auch noch Flut herrschte, stand West am Bug, achtete auf die unbeleuchteten Bojenmarkie rungen und lotste das Boot sicher ans Ziel. Bis zum Morgengrauen hatte der Wind ein wenig nachge lassen. Alle fühlten sich wohler. Man fuhr hinaus und setzte den Spinnaker. West blickte hinauf zu dem riesigen, geblähten Segel und sagte: «Der Spinnaker steht wie ne Eins.» Er sagte auch: «Mensch, wir rauschen ab!» Seine Ausrufe wirkten ein klein wenig albern, dabei aber auch so kindlich, daß seine Mit segler lächeln mußten. Er grinste fast den ganzen Tag: ein schiefes, kleines Lächeln um einen Mundwinkel. Als der Skip per ein wenig beunruhigt meinte, so schnell sei sein Boot noch nie gefahren, lachte West. Das Lachen kam tief aus seiner Keh le. Es klang leise und ruhig. Sonderbar schon an sich, durch Sonderbares ausgelöst, ein Lachen, das auf Gespensterge schichten antwortet, schien es auszudrücken: <Was hier ge schieht, ist ganz und gar ungewöhnlich.> Ein Schnappschuß vom Cockpit an diesem Nachmittag zeigt West am Heck sitzend. Der dunkle Bartschatten verrät, daß er die Jugendzeit schon einige Jahre hinter sich hat, auch wenn nicht zu erkennen ist, seit wievielen. Er ist gerade Vierzig. Erträgt eine Brille mit durchsichtiger Fassung; ein dicker, alter grauer Pullover hängt lose an seinem Körper. Der Mann sieht aus, als müsse er nach feuchter Wolle riechen. Er wirkt mager und hat ein langes, schmales Gesicht. Bei einer Frau würde man von <Pferdegesicht> sprechen. Eine braune Haarrnähne, über den Ohren nach hinten gekämmt, reicht beinahe bis zum Kragen hinab. Das Gesicht ist erhoben, die Lippen sind vorge- 10 DIE SEELE EINER NEUEN MASCHINE schoben. Er scheint der Mann zu sein, der das Kommando führt. Jemand von der Besatzung erinnerte sich später, nachts einmal allein mit ihm aufWache gewesen zu sein. Man segelte bei klarem Himmel und schwachem Wind. Mit dem Zurück weichen der Flut flaute der Wind auf einmal ab und Wolken schoben sich heran. Als die Flut zurückkehrte, wurde der Him mel ebenso schlagartig wieder klar, von neuem kam Wind auf. «Haben Sie das gesehen?» fragte West mit leiser, kehlig klin gender Stimme. Er ließ sein halblautes, ein wenig unheimli ches Lachen hören. Sein Begleiter wollte eigentlich zurückge ben, dergleichen sei ihm schon öfter vorgekommen, aber ir gend etwas an Wests Tonfall hinderte ihn daran. Er hielt es für unhöflich, diesen Vorgang als etwas Alltägliches hinzustellen. Außerdem hatte West ja recht. Es warin der Tat sonderbar und großartig, auf welche Art und Weise die Naturelemente manchmal zusammenspielten. Auf jeden Fall machte der Ge danke Spaß, einem geheimnisvollen Naturvorgang beige wohnt zu haben. Wests Begleiter sagte, selbst ein wenig von sich überrascht, gerade wegen solcher Dinge könne man man chen Aberglauben verstehen. West lachte leise und schien der selben Meinung zu sein. Während der ganzen Zeit wartete der Psychologe darauf, daß West einmal schlief. Er hatte das schon seit geraumer Zeit nicht mehr getan. Am dritten Tag, bei Sonnenschein und leich tem Wind, rechnete der Psychologe fest mit Anzeichen von Er schöpfung. Statt dessen zog West die Badehose an und schwamm lange und mit kräftigen Zügen neben dem Boot her. Bevor man in den Sturm hinausgefahren war, saß man in einem Restaurant in Portland bei jenem Abendessen, das spä ter von den meisten bedauert werden sollte. West hatte gesagt: «Ich baue Computer.» Er hatte zwar ausführlich von gewissen neuen Computersystemen mit ausgefallenen Namen berich tet, die anderen waren aber trotzdem im Ungewissen darüber geblieben, welche Rolle - falls überhaupt eine - er bei ihrer Konstruktion gespielt hatte. Verbreitet war lediglich das Ge fühl gewesen, das, was er für seinen Lebensunterhalt leiste, müsse wohl interessant, sicher aber bedeutungsvoll sein. PROLOG 11 Als West wieder einmal an der Pinne saß, fragte ihn der Psychologe, wo er das Segeln gelernt habe. West antwortete nicht. Einige Zeit später stellte der Psychologe die Frage er neut. Er war der Meinung, West hätte sie beim erstenmal nicht gehört. «Das haben Sie mich schon einmal gefragt», knurrte West zurück. Nach einer kurzen Pause fuhr er mit der Zunge über die Lippen und erklärte, das Segeln habe er sich als Junge ei gentlich selbst beigebracht. Bei einer anderen Gelegenheit fragte einer der Segler West im Gespräch, was für einen Computer er zur Zeit baue. West schnitt eine Grimasse und drehte den Kopf zur Seite. Er mur melte, das sei Arbeit und jetzt hätte er Ferien. Die Männer, die an der Segelfahrt teilnahmen, erinnerten sich noch lange an West. Im Winter danach sagte der Skipper, als er bei einem Abendessen den heftigen Nordoststurm schil derte: «Dieser West ist ein Mann für jedes Wetter.» Der Psy chologe traf mit West nie mehr zusammen, dachte aber oft über ihn nach. «Vier Nächte lang hat er nicht geschlafen! Vier volle Nächte lang!» Wenn diese Fahrt für West Erholung ge wesen sei, dann hätte er, der Psychologe, ganz gern gewußt, wo der Mann eigentlich arbeite.

See more

The list of books you might like

Most books are stored in the elastic cloud where traffic is expensive. For this reason, we have a limit on daily download.