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Die Rose von Alexandria PDF

254 Pages·2016·1.64 MB·German
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Zu diesem Buch Privatdetektiv Pepe Carvalho, ehemaliger CIA-Agent, Kom- mmunist und Genießer, heizt seinen Kamin nach wie vor mit Büchern aus seiner Bibliothek – nichts als ausgelesene Worte – und kocht wie ein König: Sardinenreis, Hirtengazpacho, Wild- kaninchen. Doch als die Cousine seiner Geliebten ermordet wird und die Polizei nach drei Monaten immer noch im dunk- len tappt, ist das für Carvalho Grund genug, den Herd zu ver-lassen und den Täter zu finden. Der Hauptverdächtige, Offi-zier Ginés Larios Pérez, der in seiner Jugend unglücklich in das Mordopfer verliebt gewesen war, fährt gerade auf dem Frachtschiff »Rose von Alexandria« aus der Karibik nach Bar- celona zurück, wie er es regelmäßig alle drei Monate macht. Und während sich die »Rose von Alexandria« langsam dem Festland nähert, löst Carvalho bedächtig den Fall. Manuel Vázquez Montalbán wurde 1939 in Barcelona geboren. Nach dem Studium der Geisteswissenschaften und Journalistik war er bei verschiedenen Zeischriften als Redakteur tätig. Er gilt als einer der profiliertesten spanischen Autoren der Gegen- wart, der mit der Figur des Meisterdetektivs Pepe Carvalho einen Klassiker geschaffen hat. Zuletzt erschienen auf deutsch sein neuester Pepe-Carvalho-Krimi »Quintett in Buenos Aires« und der vergnügliche Band »unmoralische Rezepte«. Manuel Vázquez Montalbán Die Rose von Alexandria Ein Pepe-Carvalho-Roman Aus dem Spanischen von Bernhard Straub Piper München Zürich Von Manuel Vázquez Montalbán liegen in der Serie Piper außerdem vor: Wenn Tote baden () Die Küche der läßlichen Sünden() Die Einsamkeit des Managers () Die Meere des Südens () Die Vögel von Bangkok () Ungekürzte Taschenbuchausgabe September  © 4 by Manuel Vázquez Montalbán Titel der spanischen Originalausgabe: «La Rosa de Alejandría», Editorial Planeta, Barcelona © der deutschsprachigen Ausgabe:  Piper Verlag GmbH, München Deutsche Erstausgabe im Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg  © der Übersetzung von Bernhard Straub: Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg Umschlag / Bildredaktion: Büro Hamburg Isabel Bünermann, Julia Martinez, Charlotte Wippermann Foto Umschlagvorderseite: Lorraine Molina / photonica Foto Umschlagrückseite: Isolde Ohlbaum Gesamtherstellung Clausen & Bosse, Leck Printed in Germany ISBN -2-23622-7 www.piper.de Du bist wie die Rose von Alexandria, bei Nacht bist du farbig und weiß bei Tag! Volkslied Die Hauptpersonen Wenn ein Verbrechen im Familienkreis geschieht, dann ist dies für José Pepe Carvalho, Privatdetektiv und Gourmet, schon ein trifftiger Grund, mürrisch zu werden. Wenn allerdings alle und jeder in diesem Mordfall über eine Dop- pelidentität und mehr verfügen, dann muß sich selbst der weltge- wandte Privatdetektiv wundern: Weiß er, daß Ginés Larios Pérez, Seemann, sich nach einer neuen, von allem Un- glück befreiten Identität sehnt? oder, daß Tourón, sein Kapitän, sich von mindestens einer Identität lösen müßte? während Narcís Pons Puig als Autodidakt und Katalane sein Leben fast ein wenig zu perfekt meistert; dagegen rettet Encarnación Rodríguez de Montiel auch der so prägnante Deckname Carol nicht vor dem Verderben, durch das La Morocha, auch unter dem Namen Carmen bekannt, profitieren wird und El Lebrijano, der wiederum auch Animeo heißt, seine Verwand- lungskünste immer gewinnbringend verwerten kann; nur für Bromuro, dem Schuputzer, hat es sich noch nie ausgezahlt, daß er einmal der legendäre Francisco Melgar war. Charo, Carvalhos Geliebte, und Biscuter, Carvalhos Gehilfe, müs- sen zwar ohne eine eindrucksvolle Doppelidentität auskommen, aber Ausnahmen bestätigen die Regel. Er machte nur ein Auge auf, als fürchte er, daß alle beide ihm nur allzu deutlich die graue Farbe des Himmels bestätigen würden, die Obszönität dieser zähen und grauen Wolkenhaut, die die tropische Luxuslandschaft beschmutzte und Palmen und Bananenstauden zu bleigrauen Silhouetten werden ließ. Im Nordosten zeigte sich wie eine Hoffnung ein Stückchen blaugrauer Himmel. Maracas Bay, dachte er resigniert, während er sich aufraffte, aus dem Bett zu stei- gen. Er blieb aber am Bettrand sitzen, erstaunt über seine eigenen Beine, die auf Befehle warteten. Aber sie zeigten nur auf den offe- nen, halbvollen Koffer, der schon seit Tagen auf einem kleinen Ses- sel balancierte. Er stützte die Ellbogen auf die Schenkel, legte das Gesicht in die Handflächen, und ein Gesicht in Nahaufnahme sonnte sich in seinem schweren Kopf aus, das Gesicht eines Mäd- chens in einem Reisebüro in San Francisco. «Buchen Sie Trinidad und Tobago, beide gehören zusammen. Sie werden es nicht bereuen!» «Es kommt mir nicht darauf an, welche Insel, die Hauptsache sind Sonne und Palmen. Aruba, Curaçao oder Bonaire!» «Trinidad und Tobago, Sie werden es nicht bereuen!» Er hatte nicht einmal mehr die Energie, um es zu bereuen. Tag für Tag betrachtete er den Himmel durch das Zimmer seines Fensters im Holiday Inn, und die grauen Wolken waren ebenso da wie das Stückchen Blau, zu dem seine Augen ein ums andere Mal wander- ten, um mit einer tuberkulösen und übellaunigen Sonne Versteck zu spielen. Maracas Bay. Alles, nur nicht eingesperrt bleiben in Port of Spain, schon wie- der durch das langweilige Netz von Straßen gehen, zu einer Savan- nah, die auf allen Inseln der Karibik gleich aussah – Heimweh nach Afrika, in eine parkartige Plaza Mayor verwandelt. Vielleicht war keine so riesig wie die von Port of Spain, aber von ihm aus konnten sie sich ihre Savannah in den Arsch stecken, den Botanischen Garten  dazu, ebenso die Kolonialarchitektur des Woodford Square und die großspurigen Herrenhäuser der Maraval Road. «Haben Sie die sieben Herrenhäuser in der Maraval Road schon gesehen?» würde ihn der indische Taxifahrer wieder einmal fragen. «Sie haben sie mir schon gezeigt.» «Tatsächlich.» Eine Hand blieb am Steuer, die andere streckte einen dunklen Finger aus und zeigte damit auf die Häuser, die den wichtigsten Teil des architektonischen Erbes von Port of Spain bildeten. «Stollmeyer’s Castle, White Hall, Roodal’s Residence …» Die Dunkelheit, die die ganze Insel einhüllte, kündete das Ende des Jahres und vielleicht der Welt an. Der Taxifahrer reckte den dunklen, zigeunerhaften Finger zum Himmel. «Alles fing damit an, daß die da oben waren.» «Wer war dort oben?» «Die Russen und die Amerikaner. Seit die dort oben waren, ist der Sommer Winter und der Winter Sommer. Vorjahren, bevor sie dort hinaufgeflogen sind, regnete es im Dezember nie.» Selbst das Hotel war dunkel, gebaut in dem blinden Vertrauen, daß die Sonne niemals aufhören würde zu scheinen. Seine Dunkel- heit wurde noch verstärkt durch den Bummelstreik des Personals. Eier, Schinken, Fruchtsalate, Haferflocken, Melasse, Butter – all das wirkte verdächtig wie ein vergilbtes Foto aus normalen Zeiten, jenen Zeiten glücklicher Kellner. Es war ein archäologischer Fund, das Selbstbedienungsbuffet für Gäste, die den sozialen Forderungen der Bedienung skeptisch gegenüberstanden. Und trotzdem zwin- kerte ihnen eine Dame mit Pappe und Purpur am randlosen Hut zu und lud sie zum Neujahrsfest ein, Happy New Year , fünfzig Dollars alles inklusive. «Freies Büffet, Orchester und Tanz. Die Ge- tränke extra», erklärte ihm die Mulattin mit dem blutroten Mund, ohne von ihrer Registrierkasse aufzublicken. «Alleine.» «Ja.» Er mußte ihr seinen Vor- und Zunamen buchstabieren. «Gino Larrose?» «Ginés Larios.» «Gi … nés La … rios.» «Zimmer .» «Es wird bar bezahlt. Es kommt nicht auf die Rechnung.» Das  Gesicht der Mulattin leuchtete zufrieden über die Rückkehr zu Geld, das man in der Hand hat. Der Taxifahrer verfolgte die Ver- handlungen aus einiger Entfernung, sein Lächeln galt zum Teil sei- nen eigenen Gedanken über die Begierde des Ausländers, an einem Fest teilzunehmen, zum Teil war es die Begrüßung seines allmor- gendlichen Fahrgastes. «Nicht gut, nicht gut», verkündete der Inder, hob die Arme zum Himmel und legte sie dann über seinen Bauch. «Maracas Bay?» «Gibt es keinen anderen Strand auf dieser Insel?» «Die Chagaruamas Bay ist auch bewölkt, auf der anderen Seite der Insel stürmt und regnet es. Manzanilla Bay ist sehr schön, aber es stürmt und regnet dort auch.» Der Taxifahrer wiegte den Kopf hin und her, es war ihm peinlich, Tag für Tag dieselbe Information geben zu müssen. Er sah diesem japanischen Wissenschaftler ähnlich, der in einem Film dem kleinen Jungen erklärt, daß man den Riesendinosaurier nur mit einer Atombombe vernichten könnte. Ginés blickte noch einmal zur Re- zeption des Hotels hinüber, wo die Mulattin in dem erfolgreichen Versuch, das Rot des Lippenstifts auf ihren Lippen zu verteilen, sich selbst küßte, in jenem Dämmerlicht, das auch eine trübe morgend- liche Lampe nicht aufhellen konnte. Sollte er etwa zurückgehen auf sein Zimmer und in dieser grauen Einsamkeit untergehen, während er auf die wunderbare Rückkehr der Sonne wartete, oder durch eine Stadt gehen, die er schon viel zu gut kannte und wo es nichts ande- res zu sehen gab als die Ergebnisse der Paarung von Schwarzen und Indern, Indern und Holländern, Holländern und Negerinnen, Spa- niern und Indern, Mulattinen und Indern und Holländerinnen und Mulatten- alle denkbaren Kombinationen, die laut Prospekt Trini- dad in ein Schaufenster der Rassenvermischung verwandelt hatten, mindestens so reichhaltig wie der Strand von Copacabana. «Wird an der Maracas Bay die Sonne scheinen?» «Wenn sie hinter den Wolken hervorkommt, dann ganz be- stimmt an der Maracas Bay!» «Also zur Maracas Bay!» Und er ließ sich ins Taxi fallen, um sich auf dem Rücksitz auszu- strecken. Er wollte nichts von dieser Stadt sehen, die zu ewigem Zwielicht verdammt war. «Wir fahren durch die Maraval Road.» «Kaum zu glauben.»  «Wollen Sie sich nicht noch einmal die sieben Herrenhäuser anse- hen?» Er wartete die Antwort nicht ab. «Sie werden die ‹Sieben Herrlichkeiten› genannt und sind am Anfang des Jahrhunderts von den sieben reichsten Familien der Stadt erbaut worden.» Der Taxifahrer setzte seinen ebenso ehrfürchtigen wie routinier- ten Vortrag fort. «Gibt es irgend etwas auf der Welt, das so schön ist wie Trinidad?» Die Frage zwang Gines, sich aufzurichten, um beim Anblick der Savannah zurückzuzucken, die hinter den Scheiben des Taxis vor- beiflog. «Ja.» Ohne Zweifel biß sich der Taxifahrer auf die Lippen und betrach- tete im Rückspiegel das verstörte und sehnsüchtige Gesicht seines Fahrgastes. «Der Bosporus.» «Ist das eine Insel?» «Nein, eine Meerenge, die das Mittelmeer mit dem Schwarzen Meer verbindet.» «Das ist in Europa, stimmt’s?» «Ich glaube schon.» Aber das ist nicht wichtig, dachte er bei sich, als er sich wieder auf den Rücken fallen ließ. Der Bosporus verbindet meine Kindheit mit meinem Tod, dachte er und wiederholte diese Worte im Geist, wäh- rend er sich an den Blick auf den Bosporus vom Topkapi-Palast aus erinnerte. «Dort scheint immer die Sonne. Am Bosporus scheint immer die Sonne.» «Hier schien früher auch immer die Sonne.» Der Zigeunerfinger deutete wieder zum Himmel hinauf. «Aber seitdem die dort oben waren …» «Was meinen Sie, was die dort oben gemacht haben?» «Sie brachten die Sonne dorthin, wo sie sie haben wollten, und verteilten Wind und Regen neu, wie es ihnen gerade paßte.» «Bevor ich hierher kam, war ich auf Curaçao und hatte den herr- lichsten Sonnenschein.» «Sehen Sie?» Und der Inder wandte ihm sein altes, weises, in seiner Traurig- keit lächelndes Gesicht zu. Hinter den Scheiben flogen nun Palmen vorbei, Bananenstauden, Mangos, Vanilleranken, Jacarandas, Sil- 

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