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Die Revolution in Russland : statistische und sozialpolitische Studien PDF

532 Pages·1906·32.879 MB·German
by  VrbaRudolf
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DIE 1 REVOLUTION IN RUSSLAND Statistische und sozialpolitische Ci Studien o Von RUDOLF VRBA Selbstverlag — Kommission bei Fr. ft i v n äc, Buchhandlung Prag II* Graben, Palais der Landesbank — Buchdruckerei der o »Politik« in Prag q Alle Rechte Vorbehalten, C namentlich □ das Übersetzungsrecht. VORWORT. toliese Schrift ist entstanden aus Liebe zur Wahr- AK' heit. Es soll die Welt nicht mit Lüge derart erfüllt werden, wie mit einer giftigen Atmosphäre, die alle Menschen einzuatmen gezwungen wären, weil es nun andere Luft nicht gibt. Mögen doch die christlichen Völker erkennen, daß nur in der christlichen Religion und in der religiösen christlichen Gesinnung und Lebensanschauung die Rettung der ganzen Menschheit liegt. Ich habe die Ereignisse bis Mitte Jänner 1906 verarbeitet und das Manuskript dem Drucke über­ geben. Was nachher kommt, kann hier nicht berück­ sichtigt werden. SMICHOV-PRAG, 20. Jänner 1906. Rudolf Vrba. o o o o o o I. Hat der Mensch einen Wert? Äat der Mensch einen Wert, und was für einen Wert? Wäre es nicht besser, wenn Menschen überhaupt nicht wären? Oder ist das Nichtseiende besser als das Seiende ? Das sind Fragen, die so alt sind, wie das menschliche Geschlecht selbst. Das menschliche Leben, sein Zweck, sein Ziel sind un­ lösbare Rätsel für die Vernunft des Menschen. Diese Fragen können auf dem Wege menschlicher Speku­ lation nicht so gelöst werden, daß damit der mensch­ liche Geist zufriedengestellt werden könnte. Sicher ist, daß die Welt mit einer größeren Last vom moralischen Übel beschwert ist, als auf der anderen Seite von den Menschen das moralisch Gute ausge­ übt wird. Also es ist das alte Verhältnis von Sodoma und Gomorrha. Im 18. Kapitel der Genesis, Vers 23, fragt Abraham Gott: Wirst du den Gerechten verderben mit dem Gottlosen ? Zuerst verlangte Abraham, Gott solle Sodoma und Gomorrha nicht verderben, wenn in diesen beiden Orten 50 Gerechte leben. Dann aber verlangte Abraham Schonung auch wenn 10 Gerechte sieh finden. Aber auch diese waren nicht vorhanden. Genau dasselbe finden wir 4000 Jahre später, wie Cato vom Kapitol auf die Millionen­ stadt Rom mit der Hand weist und sagt: in dieser Stadt ist alles käuflich. 6 Die Menschen haben sich nicht geändert. Sie bleiben immer dieselben. Die Budhisten sagen, es sei das Nichts besser, das Nirwana, als das Seiende. Die Philosophen der alten Griechen und Römer waren darin nicht einig. Sie wußten in diesen Fra­ gen absolut keinen Bescheid. Die Stoiker zum. Bei­ spiel lehrten mit Zenon an der Spitze, der Mensch sei verpflichtet, den Selbstmord zu verüben, wenn er ein körperliches Gebrechen habe. Sobald das Leben lästig werde, so möge man seinen Ausgang nehmen etwa so, wie man aus einer Stube hinaus­ geht, wo der Ofen raucht. Der Selbstmord wurde von den alten Griechen und Römern als das unfehl­ bare und universale Heilmittel angepriesen. Man sieht, das Harakiri der Japaner von heute ist ein tausend­ jähriges Rezept. Markus Aurelius erklärte es für eine Forderung der Vernunft, sobald man nicht frei nach eigenem Gutdünken sein Leben einrichten könne, demselben ein Ende zu machen. Die Lehrer der Stoiker wie Zenon und Kleanthes haben denn auch durch Selbstmord geendet. Wir wollen auf weitere Lebensanschauungen der Völker nicht eingehen. Es fehlt uns der Raum dazu. Dem entgegengesetzt ist die Lebensanschauung der christlich-katholischen Religion. Sie sagt folgende Wahrheiten: Der Mensch ist nach dem Ebenbilde Gottes er­ schaffen. Erbesteht aus einem sterblichen Leib und einer unsterblichen Seele. Gott hat die Menschen erschaffen, daß sie Gott erkennen, Ihn ehren, Ihn lieben, Ihm dienen und gehorchen — und dadurch das ewige Leben er­ langen. Also sind die Menschen hier auf der Erde, um sich die ewige Seligkeit im Himmel zu verdienen. Wie Christus sagt: Suchet zuerst das Reich Gottes und seine Gerechtigkeit, so wird euch alles andere zugegeben werden. Die ewige Seligkeit im Himmel aber verdienen wir: 1. Wir müssen Gott erkennen durch den Glauben und die uns von Gott geoffenbarten Wahrheiten. 2. Wir müssen den Willen Gottes er­ füllen durch Haltung der göttlichen Gebote und Ge­ setze. 3. Wir müssen die Gnadenmittel gebrauchen, das hl. Meßopfer, die hl. Sakramente und das Gebet. Die irdischen Güter und Reichtümer sollen als Mittel zum Zweck dienen, sie sollen allen Menschen im glei­ chen Maße zugänglich sein. So lehrt die katholische Kirche. Nun ist aber bekannt, daß die Menschen auf den Himmel nach dem Tode nicht absonderlich viel halten wollen, sie halten dafür, daß die Epikuräer recht hatten, man müsse hier auf der Erde Freuden genießen, nach dem Tode sei nichts. Nun aber lehrt weiter die christliche Religion: Gott ist ein gerechter Richter, welcher das Gute belohnt und das Böse be­ straft. Jeder Mensch wird nach dem Tode gerichtet werden von Gott und nach seinen Taten auch den Lohn empfangen. Die Lebensverachtung ist nun einmal nicht Sieger geblieben, sondern die Freude am Leben. Das Seiende wird also von der gesunden menschli­ chen Vernunft für höher geachtet als das Nichts. Man sehe doch nur die Vermehrung der Menschen an: Die Bevölkerung wuchs: Jahr 1480 1780 1900 England . . . . . . 3,700.000 9,361.000 41,220.000 Spanien . . . . . 8,800.000 9,960.000 18,000.000 Frankreich . . . . 12,600.000 25,100.000 38,800.000 Preußen-Deutschland 800.000 5,460.000 56,000.000 Rußland............... 2,100.000 26,800.000 111,800.000 Österreich-Ungarn 9,500.000 20,200.000 47,100.000 Italien................... 9,200.000 12,800.000 32,000.000 Wir können allerdings die Zahlen aus dem Jahre 1480 als absolut verläßliche nicht angeben. Aber immer­ hin mag dieses Zahlenbild doch die Wahrheit bestä­ tigen, daß die Menschen sich vermehrten, und zwar im Verlaufe des 19. Jahrhundertes in einer ungeahn­ ten Weise, die eben wieder Besorgnisse anderer Art erweckt. Sobald sich die Menschen stark vermehren, entstehen krankhafte Zustande in der menschlichen Gesellschaft. Der Brot- und Nahrungskampf nimmt grauenhafte Formen an. Die Sittlichkeit sinkt, das Leben verliert an Wert. Es gab noch vor wenigen Jahren Leute, welche auf den Fortschritt, Wohlstand und Gesittung der Gegenwart Lobeserhebungen schrie­ ben. Heute dürften derartige Optimisten keinen Glau­ ben mehr finden. Ob das sittliche Bewußtsein des Volkes sich vervollkommne oder verschlechtere. 8 darüber braucht wohl nicht gestritten zu werden. Wir wollen hier nur zwei Zahlengruppen anführen, welche von der Pathologie der menschlichen Gesell­ schaft eigene Belege darbieten. Zuerst führen wir an die Statistik der unehelichen Geburten. Auf 1000 Gesamtzahl Davon Geburten der Geburten unehelich kommen uneheliche im Jahre 1901 Österreich . . . . 995.537 135.933 137 Ungarn..... 747.224 69.520 93 Deutschland . . . 2,097.838 179.683 86 Italien..... 1,104.017 21.288 56 England. 927.062 36.814 40 Rußland. 4,709.176 128.661 27 Frankreich . . . . 898.020 80.292 89 Irland..... 100.976 2.593 26 Spanien. 643.151 32.237 50 Die kleineren Länder führen wir nicht an. Da­ gegen führen wir an die Relativzahlen nach der Reihe. An erster Stelle steht Österreich; von. 1000 Geburten waren im Jahre 1901 unehelich 137, dann kommt Portugal von 1000 Geborenen 124 unehelich, Schweden 115, Rumänien 93, Ungarn 93, Frankreich 89, Dänemark 98, Deutsches Reich 86, Norwegen 74, Belgien 72, Finnland 64, Schottland 63, Italien 56, Spanien 50, Schweiz 44, England und Wales 40, Europäisch-Rußland 27, Niederlande 26, Irland 26, Serbien 12. Diese Relativzahlen werfen auf die mo­ ralischen Zustände der angeführten Länder einiges Licht, welches in manchen Ländern sehr interessant ist. An der Spitze marschiert also das arme Öster­ reich, an letzter Stelle der kleine Nachbar Serbien. Das orthodoxe Rußland hat fünfmal weniger unehe­ liche Kinder als Österreich. Es ist bekannt, wie streng die Anschauungen unserer Vorfahren in Bezug auf eheliche und uneheliche Abkunft waren. Welches sind die Ursachen dieser Demoralisation? Und nun wollen gar die Juden bei uns die freie Ehe einführen! Die zweite Gruppe von Zahlen, welche über pa­ thologische Zustände der Gesellschaft Aufschlüsse gewährt, ist die Statistik der Selbstmorde. 9 Auf 1 Million Absolute Einwohner Zahl der kamen Selbstmorde Selbstmorde im Jahr e 19Ü0 Deutschland . . . . . 11.393 206 Frankreich............... . 8.926 244 Österreich............... . 4.215 164 Ungarn . . . . . . . 3.357 148 Rußland................... . 3.082 31 Irland....................... . 118 31 England und Wales . . 2.896 92 Schottland............... . 262 65 Italien....................... . 2.040 63 Holland . . . . . . . 303 57 Belgien . . . . . . 786 127 Dänemark............... 550 238 Schweiz................... . 764 223 Spanien................... . 338 22 Norwegen............... 117 60 Schweden............... . 798 159 Serbien................... 97 37 Finnland................... . 129 48 Die ältere Selbstmordstatistik ist in Öttingens „Moralstatistik“ zu finden. Aus der älteren Statistik nach Neumann-Spallart fuhren wir folgendes an: Auf 1 Million Absolute Einwohner Jahr Zahl der kamen Selbstmorde Selbstmorde England : . . . . 1871 1495 66 1883 1962 73 Deutschland . . . 1871 4903 135 1883 9133 222 Frankreich . . . . 1871 4490 123 1883 6297 190 Belgien . . . . . 1871 367 72 1883 599 105 Österreich . . . . 1871 2040 99 1883 3595 160 Italien . . . . . . 1871 836 31 1883 1456 51 10 An der Spitze der Selbstmordstatistik marschiert also heute Frankreich. Der Selbstmordkoeffizient hat sich hier yom Jahre 1871 von 123 auf 246 im Jahre 1900 erhöht pro 1 Million Einwohner. Dann kommt Dänemark mit 238, dann die Schweiz mit 223, Deutschland mit 206. Im Jahre 1871 kamen im Deutschen Reiche auf 1 Million Einwohner 135 Selbstmörder, im Jahre 1900 schon 206. Österreich hatte im Jahre 1871 auf 1 Million Einwohner 99 Selbstmörder, im Jahre 1900 schon 164. In Italien hat sich die Zahl der Selbstmörder verdoppelt. Ruß­ land hatte im Jahre 1899 absolut 3082 Selbstmorde, somit auf 1 Million Einwohner 31 Selbstmörder. Man kann sehr schwer Reflexionen wegen der Selbstmorde auf die Pathologie der Gesellschaft machen. Es spie­ len hier viel Momente moralischer und sozialer Art zusammen. Je furchtbarer die sozialen Zustände, je sittenloser und genußsüchtiger das Volk wird, um so rapider steigt die Selbstmordfrequenz. Im Deutschen Reiche hat die Frequenz der Selbstmörder im Jahre 1904 bereits die Zahl der 13.000 überschritten! Man vergleiche doch damit die Zahl vom Jahre 1871. In Österreich ist im Jahre 1901 die Zahl der Selbst­ morde auf 4291 gestiegen, seit 1871 hat sie sich also absolut verdoppelt. Das Leben hat also keinen Wert, es ist wohlfeil geworden. Es wuchsen die Selbstmorde in Deutsch­ land : Zahl der Selbstmorde Jahr 1901 11.836 r 1902 ............................... 12.339 ' 1903 ............................... 12.730 In Österreich: Zahl der Selbstmorde Jahr 1901 4.291 In Nordamerika: Zahl der Selbstmorde Jahr 1904 9.212 * 1905 ............................... 9.982 Immerhin ist die Zahl hier noch relativ niedriger als im Deutschen Reich. Wo die ehrliche Arbeit in Verachtung kommt, wo Tugend, Sittlichkeit und Re­ 11 ligion von Menschen mißachtet werden, da nahen sich die Vorboten von grauenhaften Kämpfen und Revolutionen. II. Europas Nationalitätenkarte. r. Juraschek führt in dem Werke „Die Staaten Europas“ folgende Zahlen an: Kolb 1850 Brachelli 1880 Millionen Millionen Germanen . 83*7 34*8% 105*4 31*9% Romanen . . 78*5 32*6% 97*4 29*6% Slaven \ 94*4 28*6% . 78*3 32*6% Andere f 32*7 9*9% Boxtröm 1880 Juraschek 1900 Millionen Millionen Germanen . . . 105 31*4% 127*8 32% Romanen . . . 99 20*9% 108*1 27*2 Slaven \ . . . 95 28*7° 0 12U-6 30*3 Andere j . . . 33 10% 41*5 10*4 Nach diesen Schätzungen hätte sich im Verlaufe von 50 Jahren die Bevölkerung Europas von .240 Millionen auf 398 Millionen gehoben. Den Löwen­ anteil bekommen die germanischen Völker, sie sind gewachsen von 83*7 auf 127*8 Millionen. Allerdings die Relativzahl ist von 34*8 auf 32% gesunken. Das hat aber nichts zu sagen. Ganz jämmerlich nehmen sich die Romanen aus. Sie sind von 78 % auf 108 Millionen gewachsen, ihre Relativzahl ist von 32*6 auf 27*2 gesunken. Im Jahre 1850 waren unter der Gesamtbevölkerung Europas von 100 Menschen 32*6 Angehörige romanischer Nationalitäten, im Jahre 1900 waren unter 100 Menschen der Gesamtbevölkerung Europas 27% romanischer Nationalität. Slaven und andere Nationen wuchsen von 78*3 auf 162 Millionen. Die Relativzahl ist von 32*6 auf 40*7 gestiegen. Der Zahl nach sollten also slavische Nationen die Vor­ herrschaft in Europa führen. Aber das Gegenteil ist

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