Table Of Content33 .
Die
Reorganiſation des Preußiſchen Heerweſens
nad dem
Schleswig - Holſteinſchen Kriege
von
C. Frhrn. von Vinde-Olbendorf.
Preußen muß durch den dreifadien Hirimat
der Waſſer, der Wijenidaft und derSienitis
tution crſeken, mag iim an inheren Mitteln
abget. (lineijenaul.
(Der Ertrag iſt zum Beſten der Stronprinz-Stiftung beſtimmt.)
Berlin.
Drud und Berlag von Georg Reimer.
1864.
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Vorwort.
Der Streit um die Reorganiſation des preußiſchen Heerweſens
zwiſchen Staatsregierung und Landesvertretung dauert bereits in
das fünfte Jahr. Er hat zu einem tiefen inneren Zwieſpalt, zu
einer ſehr ernſten Verfaſſungsfriſis geführt.
Es iſt ein beklagenswerthes Schickſal, daß gerade in Preußen,
deſſen Heereseinrichtungen ſeit 1813 die volksthümlicyſten waren,
deſſen Heer ſich in der legten großen Probe (1815) und neuer
ding& in dem ſchleswig -Holſteinſchen Kriege mit unvergänglichem
Ruhm bedeckt hat, für deſſen politiſche Lage in Gegenwart und
Zukunft eine tüchtige Heeresorganiſation die wichtigſte Lebens
bedingung iſt, daß gerade hier aus dieſer Frage ein Kampf um
die Verfaſſung entſtanden iſt.
Es iſt eine Lebensfrage .des Staates, daß dieſer Streit been
digt, daß er baldigſt in der Art gelöſt werde, daß ein tüdytiges
Heer und eine freiſinnige Verfaſſung in Preußen
friedlich nebeneinander ihren plat finden.
Die Verfaſſungskriſis kann aber nidt gelöſt werden , ohne die
löſung der Heeresfrage, aus welcher ſie entſtanden iſt.
Leider hat der Parteigeiſt ſich dieſer Frage bemächtigt, ſo daß
es in den meiſten der betreffenden Reden und Schriften ſich weniger
darum handelt, was zit einer guten, die Sicherheit und Macht
ſtellung des Landes verbürgenden Organiſation des Heeres praftijd
erforderlich iſt, als was die politiſchen Parteien ihren Doctrinen
und Idealen, ihren Intereſſen und ihren Zwecken entſprechend und
förderlich erachten.
Für die praktiſche Eeantwortung der aufgeworfenen techniſchen
Fragen bietet der zweite ſchleswig-Holſteinſche Krieg neue Erfah
rungen, welche nicht unbenußt bleiben dürfen. Vielleicht daß die
ſelben dazu beitragen, einer unbefangeneren Erwägung der geſamm
ten Streitfrage Eingang zu verſchaffen.
Dieſe Anſicht veranlaßte die gegenwärtige Schrift. Möge ſie
zur guten Stunde erſcheinen und zum Wohl des Vaterlandes
wirken !
Olbendorf, iin September 1864.
Der Verfaſſer.
I. Die Lage der Dinge.
Die Anſtrengungen, welche eine europäiſche Macht für ihre Wehr
kraft zu machen hat, werden zu einem guten Theile dadurch beſtimmt, auf
welche Höhe die übrigen, insbeſondere die Nachbarmächte, ihre Armeen
gebracht haben.
Es bedarf keiner Ausführung, daß dieſer Saß für Preußen, die
kleinſte Macht unter den Großmächten, welche zugleich die ſchlechteſten
Grenzen beſigt, und dazu an drei Großunächte, an Frankreich, Rußland
und Deſterreich grenzt, deren jede mindeſtens um das Doppelte an Eins
wohnerzahl überlegen iſt, in ganz beſonderem Maße gilt.
Laſſen wir Deſterreich und Rußland, wie bedeutſam beren Stellung
zu Preußen, wie gewichtig und erprobt deren Streitkräfte ſind, bei Seite,
um Preußens Grenzen und Wehrkraft mit denen Frankreiche zu vergleichen,
des mächtigſten ſeiner Nachbarn, deſſen Heerweſen zugleich dem der übrigen
Mächte nach unſerer Anſicht voranſteht.
Frankreich iſtzunächſt ſtarf durch die Größe und vortreffliche Abrun
dung ſeines (mit Ausſchluß der Kolonieen) 10,034 Meilen enthaltenden
Staatsgebiets. Preußen (ohne Hohenzollern) hat nur 5082 Meilen, iſt
alſo nur halb ſo groß. Trotzdem hat Frankreich, abgeſehen von den kleis
nen Krümmungen der Grenze, nur 500 Meilen, Preußen, zerſplittert in
zwei große Hauptmaffen, ohne Berückſichtigung einiger zerſtreut liegenden
Enklaven, die es militairiſch nicht decken kann, 585 Meilen Grenzentwick:
lung. Von jenen 500 Meilen franzöſiſcher Grenze ſind aber 270 Meilen
(210 am atlantiſchen Ocean und am fanal, 60 am mittelländiſchen
. Vinde, Militairfrage. 1
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Meere) Seeküſten, mit trefflichen, befeſtigten Kriegshäfen und geſchüßt
durch eine ſtarke Kriegsmarine, auf welche fein Angriff zu befürchten iſt,
und nur 230 Meilen Landgrenze, wovon 30 Meilen durch die neutrale
Schweiz gedect, 60 gegen Spanien durch die hohen, nur wenige Ueber
gangspunkte bietenden Pyrenäen geſchüßt, 50 gegen Italien durch die
Alpen verſtärkt, und nur 90 gegen Belgien und Deutſchland mehr offen
aber durch zahlreiche und ſtarke Feſtungen ſowie theilweiſe durch den Rhein
gededt ſind. Von dieſen 90 Meilen ſind dazu noch 40 Meilen durch die
von Europa anerkannte Neutralität Belgiens wahrſcheinlich geſchüßt.
Frankreich hat mithin nur 100—140 Meilen Landgrenze zu vertheidigen.
Wie ſteht dagegen Preußen? Von ſeinen 585 Meilen Grenze ſind
nur 105 Seeküſte an der Oſtſee, ohne einen guten Kriegshafen, mit einer
unbedeutenden Kriegsmarine, drei Seemächten, von denen bis jetzt jede
eine ſtärkere Kriegsflotte als Preußen beſigt, unmittelbar gegenüber. Die
fechs öſtlichen Provinzen haben eine 330 Meilen lange, offene Lands
grenze, ohne nennenswerthe natürliche Deckungen, von denen 120 von dem
übermächtigen Rußland, 50 von dem überlegenen Deſterreich unmittelbar
berührt werden. Dem übrigen Theil dieſer Grenzen droht allerdings
durch die kleineren Bundesſtaaten keine unmittelbare Gefahr, aber dieſe
Staaten gewähren demſelben auch nur einen ſehr zweifelhaften Schuß.
Dazu kommt dann eine ganz offene Grenze von 150 Meilen, welche die
Provinzen Rhein und Weſtphalen einſchließt, von denen 10 Meilen das
mächtige Frankreich unmittelbar berühren; auch dieſe geſammte Grenzlinie
im Weſten iſt weder durch Naturhinderniſſe, noch durch eine für die Ber
theidigung vortheilhafte Configuration irgend begünſtigt. Welche ungeheure
Schwierigkeit bildet die Vertheidigung ſolcher Grenzen!
Frankreich hat bei 10,034Meilen eine Bevölferung von 37,382,000
Seelen (1861), alſo 3725 Einwohner auf die Quadratmeile, Preußen
(ohne Hohenzollern) bei 5082 Meilen 18,432,800 Einwohner, und 3627
Einwohner auf die Quadratmeile. Frankreich iſt mithin durch ſeine Bes
völkerung doppelt überlegen, und, als eines der von der Natur am meiſten
begünſtigten Länder Europas, übertrifft es Preußen an Nationalreichthum
wenigſtens in demſelben Verhältniß.
Seit es den franzöſiſchen Königen gelungen iſt, durch Unterwerfung
der großen Vajallen, welche die einzelnen Provinzen Frankreich faſt als
unabhängige Souveräne beherrſchten, jenes große und reiche Land einer
einheitlichen Macht zu unterwerfen und zu centraliſiren, hat es keinen An
griff von außen zu fürchten, könnte alſo zuerſt entwaffnen. Demungeachtet
hat es, getrieben ſowohl durch den Ehrgeiz ſeiner Machthaber als durch
den raſtloſen Geiſt der Nation, die blutigſten Kriege in Europa hervors
gerufen.
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Febenfalls hat uns die Geſchichte unwiderleglich die Lehre gegeben,
daß Deutſchland und insbeſondere Preußen, als die mächtigſte, rein deutſche,
in Deutſchland verwachſene, und Deſterreich als die, mit den deutſchen
Intereſſen hiſtoriſch und materiell eng verbundene Macht, alle Urſache
haben, gegen Frankreich auf ihrer Hut zu ſein; und wir dürfen dieſe
Warnung nicht vergeſſen, ſo ſehr wir auch wünſchen mögen, daß Frants
reich burd eine wahre Politik des Friedens den Welttheil beruhigen und
den gedeihlichen Fortſchritt der europäiſchen Civiliſation ſichern möge.
Für Deſterreich und Preußen wäre jene Aufgabe in Verbindung mit
Deutſchland nicht auzuſchwer, wenn nicht zwiſchen ihnen Gegenſäße beſtän
den , die ihre Vereinigung gegen einen Angriff von Seiten Frankreichs
erfahrungemäßig durchaus in's Ungewiſſe ſtellen. Demnach iſt Preußen
genöthigt, aus eigenen Mitteln für ſeine Sicherheit zu ſorgen.
Ohne allen Schuß durch die natürliche Configuration ſeines Staats
gebiets vermag Breußen das nur durch eine ſehr tüchtige Organiſation
ſeines Heerweſens.
Um Zahl und Stärke des franzöſiſchen Heeres aufzuwiegen, ſeine
ſchlechten und langen Grenzen zu decen, konnte Preußen kein anderes
Wehrſyſtem annehmen als das der allgemeinen Wehrpflicht, und dies
praktijď burchführen, ſoweit es die ſtaats- und volkswirthſchaftlichen Hülfe.
mittel des Landes irgend geſtatten. Das Volt in Waffen -- und
im Waffengebrauch tüchtig geübt — war und iſt das einzige Mittel
Preußens und damit Deutſchlands Sicherheit, deſſen Grenzwacht Preußen
zugleich gegen Dſten, gegen Weſten und gegen Norden obliegt, zu gewährs
Leiſten.
Uber auch in Frankreich herrſcht das durch die erſte franzöſiſde Res
volution auf dem Continent Europa's faſt allgemein gewordene Prinzip
der allgemeinen Wehrpflicht. Wie iſt daſſelbe in beiden Staaten ausge
führt, und welche Geſtalt und Stärke hat die franzöſiſche Armee unter
der Hand Ludwig Napoleons angenommen?
Inbeiden Ländern tritt diegeſeßlicheVerpflichtung zum Kriegsdienſt für
alle Männer mit dem 20. Lebensjahre (in Frankreich eigentlich ein Jahr ſpäs
ter mit dem 21. Lebensjahre) ein. In Frankreich wird alljährlich ein nur
aus dieſer Lebensklaſje zu nehmendes Contingent von der Regies
rung gefordert und durch ein Geſet feſtgeſtellt. Es beſtand dies früher aus
80,000, dann während einiger Kriegøjahre, 1853, 1854, 1855–1858 und
1859, aus 140,000 Mann, jeßt dauernd aus 100,000 Mann, welche Zahl
als das Normal-Contingent betrachtet wird. Aus dieſem Contingent wird
die Landarmee nebſt den Marinetruppen ergänzt. Die Mannſchaft, welche
das Contingent bildet, wird aus den Waffenfähigen der 20jährigen Alters
klaſſe durch das loos beſtimmt, wobei zahlreiche geſegliche Eremtionen
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ſtattfinden. Alle diejenigen, welche in die feſtgeſtellte Contingentsliſte nicht
aufgenommen ſind, ſind definitiv vom Militairdienſt frei, alle diejenigen
aber, welche, obgleich durch's loos getroffen, ihre Militairs
pflicht nicht durch perſönlichen Dienſt leiſten wollen, können
ſich für eine von der Regierung beſtimmte, ein für alle Mal zu zahlende
Summe, jegt 2300 Frcs. = 613/ Thlr., welche indeß während des
Krimkrieges im Jahre 1855 bis auf 2800 Frcs. geſtiegen war, freis
kaufen. Die Regierung erſeșt dann ihre Stelle burch Stellvertreter,
welche entweder Neuangeworbene, die ſich freigelooft haben (Rem
plaçants) ſind, oder – und dieſes iſt die große Mehrzahl Wieder
angeworbene (Rengagés), welche ihre 7jährige geſegliche Dienſtzeit
abgedient (liberation) oder ſchon eine oder zwei7jährige Capitulationen
ausgedient haben. Ueber 47 Jahr Lebensalter hinaus ſou feine Capitus
lation mehr abgeſchloſſen werden. Da jeder aus dem Contingent von
100,000 Mann durch FreikaufAusſcheidende durd, einen Andern erſegt wird,
ſelbſt die Freiwilligen, die ſich vor dem Conſcriptionstermine ihrer Alterss
klaſſe (appel) haben anwerben laſſen, auf die Zahl des Contingents in
Anrechnung gebracht werden, über die Zahl dieſes Contingents hinaus
aber Niemand angeworben wird, ſo iſt klar, daß die Regierung nicht über
mehr als 7 X 100,000 = 700,000 Mann für Lanbarmee und Marines
truppen geſeglich disponiren kann. Braucht ſie mehr – wie das in Srieges
fällen öfter vorgekommen iſt ſo muß das burch ein beſonderes Gefes
bewilligtwerden, ſie bekommt aber dadurch nur rohe Rekruten.
Mehrere zu verſchiedenen Zeiten (namentlich 1832, 1840, 1848) ers
nannte Commiſſionen (commissions de defense) haben eine Armee von
600,000 Mann auf dem Srieg&fuß*) mit Einſchluß der Reſerves, Erſaß.
und Beſaßungstruppen, für Frankreid nothwendig erklärt. Es iſt auch
wirklich, während des Krimkrieges und des italieniſchen Krieges, die Armee
auf dieſe Höhe, ja einmal auf 650,000 Mann gebracht worden. Um dieſe
Höhe zu erreichen, wird ein alljähriges Contingent von 100,000 Mann
mit 7jähriger Verpflichtung zum Dienſt für nothwendig erachtet, was bei
dem immer ſtattfindenden natürlichen Abgang während ſieben Jahren wohl
angemeſſen erſcheint.
Der normale Friedensetat der Armee beträgt einſchließlich der Stäbe,
der Offiziere, der Gendarmerie und Veteranen, der Militair-Equipagen
(Train) und Verwaltungstruppen in runder Zahl 400,000 Mann, iſt aber
zeitweiſe je nach dem Bedürfniß auch wohl um 30,000 Mann ſtärker.
Von dieſen ſind im Durchſchnitt:
*) Offiziere, Militairbeamte, Train- und Adminiſtrationsbranchen ſind in dieſer
Ziffer inbegriffen.
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1. Wiederangeworbene (rengagés), die alſo mindeſtens eine
Dienſtzeit von mehr als ſieben Jahren, zuweilen eine Dienſtzeit
von 27 Jahren, ausnahmsweiſe ſogar eine noch längere Dienſt
zeit haben 125,000 Mann.
2. Stellvertreter (remplaçants) 38,000
3. Freiwillige (volontairs) . 20,000
4. Stäbe, Offiziere, Gendarmen, Veteranen,
Fremden-Regimenter, Spahis und algieriſche
>
Tirailleurs, die auf andere Weiſe ergänzt
werden 58,000
rund Summa 240,000 Mann. *)
Die zu 400,000 fehlenben 160,000 müſſen durch Conſcribirte ergänzt
werden, wozu alſo auf ſieben Jahre vertheilt jährlich ungefähr in runder
Zahl 24,000 Mann und 6000 für die Marinetruppen wirklich einzuſtellen
find, welche ſich alſo im Dienſtalter von 1 bis 5 Jahren befinden, da die
Conſcribirten in der Regel im erſten Jahre ihrer Verpflichtung gar nicht
eingezogen, im legten aber, manchmal ſelbſt noch früher, als beurlaubt
entlaſſen werden. So ſtellt ſich die Zahl der wirklich Eingeſtellten nach
Angabe des Kaiſerlichen Commiſſars General Allard, dem es, um das
Geſet zu vertheidigen, darauf ankam, die Zahl der wirklich Eingeſtellten
gering darzuſtellen. Erwägt man aber, daß, wenn das erſte und letzte
Jahr der Dienſtverpflichtung nicht wirklich bei der Fahne zugebracht wird,
eigentlich nur fünfjährige praktiſche Dienſtzeit ſtattfindet, ſo ergiebt ſich,
daß, um die Armee vollzählig zu erhalten, jährlich " von 160,000 Mann,
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alſo 32,000 Mann, und mit den 6000 für die Marine 38,000 Mann
eingeſtellt werden müſſen. Die oben angegebenen Ziffern von 125,000
Wiederangeworbenen und 38,000 Stellvertretern, zuſammen 163,000
Mann, welche eben ſo viele aus den Contingents durch Freifauf ausge
ſchiedene Dienſtverpflichtete vertreten, vertheilen ſich auf 7 Jahre, ſo daß
alſo % davon = 23,300 als die Durchſchnittszahl der ſich jährlich Frei
faufenden betrachtet werden kann. Von dem Contingent der 100,000
Mann bleibt alſo nach Abzug dieſer 23,300, und der 38,000 wirklich
Eingeſtellten (Summa 61,300) ein Ueberſchuß von 38,700 Mann, der
auch von General Atard nur zu 35–40,000 Mann berechnet wird.
Dieſe bilden eine Reſerve für die Ergänzung der Armee auf den Kriegs
fuß, ſind zwar beſtimmten Truppentheilen überwieſen und werden in ihren
Liſten geführt, bleiben aber in ihrer Heimath und wurden, bis vor einigen
*) Angaben des Kaiſerlichen Commiſſars General Allard in der Situng des Corps
legislatif vom 14. April 1864.
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Fahren, im Frieden gar nicht zur Uebung eingezogen, blieben alſo robe
Refruten. Nach dem neuen Syſtem werden ſie im erſten Jahre ihrer
Verpflichtung 3 Monate, im zweiten 2 Monate, im dritten 1 Monat zur
Ausbildung bei den Depots der Regimenter eingezogen, und die übrige
Zeit in ihre Heimath zur Dispoſition ihrer Truppe entlaſſen, dürfen
aber, ebenſo wie ſämmtliche in der Armee wirklich dienende Mannſchaft,
während der ſieben Jahre ihrer Verpflichtung nicht heirathen, ohne
.
ausdrückliche, nur in den ſeltenſten Fällen gewährte Erlaubniß der Mili:
tairbehörde.
Da die franzöſiſche Regierung geſeglich nur über ſieben Fahrgänge
von 100,000 Mann, alſo über 700,000 Mann für den Militairdienſt
verfügen tann, ſo ergiebt ſich aus dieſer Heeresverfaſſung, daß die Lands
Armee, auch wenn man 10 Prozent Abgang durch Tod, Krankheit u. f. w.
.
redinet, und dazu in Rechnung zieht, daß auch die Marinetruppen aus
jenen ſieben Contingenten erſeßt werden müſſen, nicht ſtärker als 600,000
Mann auf dem Kriegsfuß anzunehmen ſein wird. So hoch wird die
Kriegsſtärke der franzöſiſchen Landmacht auch von General Abard anges
geben, der allerdings ein Intereſſe haben konnte, dieſelbe nicht zu ſtarf
erſcheinen zu laſſen. Indeß iſt eine Verſtärkung dieſer Zahl im Kriegs
fall durch engagirte Freiwillige und andere Mittel auf 650,000 Mann
und darüber, wie dies bereits ſtattgefunden (oben S. 4), nicht ausges
ſchloſſen.
Jene 600,000 Mann der franzöſiſchen Armee auf dem Kriegsfuß
beſtehen nur, wie wir gezeigt haben,
1. aus über 7 Jahr Dienenden (oben S. 5 Nr. 1 125,000
und Nr. 4 = 58,000) 183,000
•
2. aus Mannſchaften im erſten bis ſiebenten Dienſtjahre 217,000
3. aus Mannſchaften mit 3- bis 6monatlicher Aus
bildung 200,000
.
Summa 600,000
Es bedarf keiner Ausführung, welche Feſtigkeit der Fügung, welche
Tüchtigkeit der militairiſchen Ausbildung in einer auf dieſe Weiſe zuſam.
mengejezten Armee vorhanden ſein müſſen, deren normaler Friedensſtand
in der Regel über 400,000 Rombattanten (f. unten) beträgt, deren Felds
truppen ausſchließlich aus geſchloſſenen Formationen und altgedienten Sol
daten beſtehen, während die nur einem Drittheil des Ganzen gleichkommende
Krieg8-Augmentation dieGarniſonen und Erſaytruppen bildet, einer Armee,
diean Kriegührung durchlangeJahre hindurch fortgeſepte Kämpfe in Algier,
dann durch die großen lämpfe in der Krim wie in Italien, unausgeſett ge
wöhntworden iſt,deren InſtitutioneninconſequenteſterWeiſedaraufberechnet