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Die Reizbewegungen der Pflanzen PDF

335 Pages·1912·16.274 MB·German
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Reizbewegungen der Pflanzen Die Reizbewegungen der Pf·lanzen von Dr. Ernst G. Pring'sheilll Privatdozent an der Universitat Halle Mit 96 Abbildungen Berlin Verlag von Julius Springer 1912 ISBN-13: 978-3-642-90265-9 e-ISBN-13: 978-3-642-92122-3 DOl: 10.1007/978-3-642-92122-3 Copyright 1912 by Julius Springer in Berlin. Softcover reprint of the hardcover 1s t edition 1912 Vorwort. Das vorliegende Buch ist als Einleitung in das Studium der pfianzlichen Reizphysiologie gedacht. Es soli nicht so sehr dem Fachmanne dienen als vielmehr alien denen, die aus irgendeinem Grunde einen Einblick in das Gebiet gewinnen wollen, ohne eingehende Vorkenntnisse zu besitzen. Fiir diese Aufgabe sind die Lehrbiicher nicht recht geeignet, weil sie nur ein Gerippe geben, aber keine Anschauung vermitteln konnen. Die gehihrten Handbiicher wiederum miissen Volistandig keit anstreben und verlieren dadurch unvermeidlich an Dbersichtlich keit. Auch setzen sie zuviel voraus und werden deshalb nur dem Botaniker recht verstandlich. Ein bestimmtes Objekt von vielen Seiten zu betrachten, kann iiberhaupt nicht' ihre Aufgabe sein. Wie mil' scheint, sind es abel' gerade die an cineI' Pfianze zu beobach tenden Einzelheiten, die den Nichtfachmann fesseln und der Dar steliung Leben geben. Die pfianzliche Reizphysiologie ist vielfach, und von berufenster Seite bearbeitet worden, so in den Hand- und Lehrbiichern von Pfeffer, Jost, Noll, Wiesner u.a. Deshalb bedarf mein Unter nehmen einer Begriindung. Sie liegt darin, daB ich mil' meine Auf gabe anders gestellt habe als die genannten Autoren. Es lockte mich, das erwahnte Teilgebiet einmal unabhangig von del' sonstigen Botallik, in anschaulicher Breite, aber ohne den Zwang der VoU stiindigkeit vorzufUhren. Dabei ergab sich die Notwendigkeit, nul' die cinigermal3en sichel' als Reizwirkungen anzusprechenden Erschei nungen zu behandeln. Das gilt abel' in del' Hauptsache allein fiir die Bewegungsreaktionen. Nur zur Abrundung wurden da und dort auch andere Reizerfolge geschildert. . Solite mir die Aufgabe einigermaBen gelungen sein, dieses Gebiet soweit vel'standlich zu machen, daB jedermann folgen kann, der fUr Natun\issenschaft Sinn hat und dabei nicht nur Untel'haltung sucht, so '\viire mil' das eine besondere Genugtuung. Damit ware am besten die Berechtigung meines Unternehmens erwiesen. 1st doch gerade auf diesem Gebiete durch minderwertige populare Darstellung ge siindigt worden. Ganz leicht zu lesen wird das Folgende freilich nicht sein. Del' teilweise schwierige Gegenstand erfordert geistiges Mit arbeiten. VI Vorwort. Die Hauptleitsatze, die mil' vorschwebten, waren folgende: Es soUte groDtmogliche Anschaulichkeit erreicht werden. Ein Erfordernis waren also zahlreiche Abbildungen. Da die Photographie einen lebendiger,en Eindruck ubermittelt als die Zeichnung, wurde sie in hoherem MaDe herangezogen, als bisher ublich. Wiederholt wurde auf die entsprechenden Erscheinungen in der menschlichen Sinnestatigkeit hingewiesen. Das Bedenkliche solcher Vergleiche schien mil' durch die leiehtere Ankniipfung aufgewogen. Zudem gewinnt ja die Anschauung von del' inneren Gemeinschaft aIler Lebewesen, auch in reizphysiologischer Hinsicht, immer mehr an Boden. Manche Erscheinungen wurden auf ihre Bedeutung fur die Pflanze hin betrachtet, doeh nur soweit Versuche einen Anhalt gaben. Ge rade hier bleibt noeh viel zu tun. Deshalb mu/3te ich mich meist damit begniigen, zu zeigen, wie durch exakte Behandlung zuverlassige Antworten auf bestimmte Fragen erzielt werden konnen. Dm die Experimente schildern zu konnen, mu13te auch die Methodik gestreift werden, wenigstens soweit sie fiir das Vel'standnis und die Nach ahmung einfacherer Versuche erforderlich ist. Da manche das Buch nul' del' Folgerungen wegen zur Hand nehmen werden, so wul'den am Schlusse einige allgemeinere Fragen el'ortert. Wenn man diese Suchenden auch auf naturwissenschaft lichem Wege nicht bis zum Ziele geleiten kann, so diirfte es doch geraten sein, sie nicht friiher als notig zu verlassen. SehlieBlich danke ieh Herm Springer fiir die Sorgfalt und das Entgegenkommen bei del' Drucklegung und besondcrs bei del' An fel'tigung del' Abbildungen. Aueh bin ich meinem Bruder Hans Pringsheim in Berlin fiir die Durchsicht des Manuskriptes und del' Korl'ekturen zu gro13em Danke vel'pflichtet. Halle a. d. S., im ,Juli 1911. Ernst G. Pring'sheim. InlIaltsii bersicht. Seite Vorwort ................. . V 1. Einleitung ............. . 1 II. Das pflanzliche Bewegungsvermogen 5 a} Allgemeines . . . . 5 b} Freie Ortsbewegung 6 o} Plasmabewegung .. 21 d} Wachstumsbewegungen 23 e} Turgorbewegungen .. 30 III. Die Reizwirkungen der Schwerkraft 34 a} Allgemeines, iiber Geotropismus . . . . 34 b) Die Glieder der geotropischen Reizkette 45 0) Quantitative Zusammmenhange zwischen RC'iz,mlaB, Erregung und Reaktion ............ . 56 el} Verschiedenheiten im Verhalten der einzelnC'n Pftanzenteile 69 e) Schlingpftanzen. . . 8! f) Niedere Organismen 90 IV. Helligkeit und Temperatur als Reizmittel 93 a} EinfluB des Lichtes auf die Zuwachsbewegung 9~ b) EinftuB des Lichtes auf die Gestaltung . 102 0) Photonastie . . . . . . 108 d} Thermonastie . . . . . 117 e) Periodische Bewegungen 118 V. Richtungsbewegungen auf Lichtreiz 138 a) Allgemeines iibel' Phototropismus 138 b) Zusammenwirken von Phototropismus und GeotrupiSllluS 151 c) Veranderlichkeit des phototropisohen Verhaltens 155 d) EinfluB del' Lichtfarbe. .... . . . . 167 e) Verbreitung und Okologie des PhototropisllluS 170 f) Phototaxis. . . . . . . . . . . . . 1R 6 g) Bewegungen del' Chlorophyllkorper. . . . 200 VI. Die Folgen mechanischer Reizung 209 a) Allgemeines iibel" mechanische Reizbarkeit. 209 b) Ranken ..... . 211 c) Sensitive Pflanzen . 223 d) Reizbare Bliitenteile 230 e) Insektivoren . . . . 235 f} Reizwirkungen mechanischer Verlet.zung 2!4 VIII Inhaltslibersicht Seite VII. Reizwirkung stofflicher Einfllisse 250 a) Chemotropismus . . . . . . . . . 250 b) Osmo., Hydro- und Rheotropismus 264 c) Chemonastie . . . . . . . . . . 271 d) AJlgemeines liber Chemotaxis und Aerotaxis 274 e) Chemotaxis der Samenfiiden. . . . . . . 280 f) Chemotaxis der Schwarmsporen, Bakterien I:SW. 286 g) Osmo-, Hydro- und Rheotaxis 294 h) Die chemotaktische Rellktionsweise 299 ,-III. Allgemeines ....... . 306 a) Das Wesen der Reizbarkeit .. . 306 b) Die Entwickelung der Reizbarkeit 313 Li tera turli b ersich t 317 Sachverzeichnis .. 323 1. Einleitung. Die Dberzeugung von der inneren Gemeinschaft aller Organismen, von der Wesensgleichheit des Lebens in allen seinen tieriRchen und pfianzlichen Formen, ist heute Allgemeingut geworden. Aus ihr er gibt sich auch die Berechtigung einer Wissenschaft, die darauf aus geht, das Einheitliche und da,> Dnterscheidende in den LebensauBe rungen der verschiedenen Organismengruppen zu studieren. Dabei hat diese Forschungsrichtung, wie jede rechte Wissenschaft, das Zu sammengesetzte aus dem Einfachen zu erklaren und abzuleiten. Die Lehre von der Abstammung der hoheren Lebewesen von niederen muB auch die Wissenschaft durchdringen, die ich hier im Sinne habe, die vergleichende odeI' allgemeine Physiologie. Von einigen Betatigungen wissen wir genau, daB sie allen Lebe wesen gemeinsam sind. So die Ernahrung, die Atmung, die Fort pfianzung und die Reizbarkeit. Letztere besonders finden wir immer und liberall bei den Organismen. Sie setzt nicht einmal vorliber gehend aus. Es gibt kein Leben ohne Reizbarkeit! Sie unter richtet die Organismen von den flir sie wichtigen Veranderungen in ihrem 1nneren und in der AuBenwelt. Ohne sie wlirden sogleich ver hangnisvolle Storungen im Lebensgetriebe eintreten. Wollen wir uns Idar maehen was das bedeutet, so konnen wir an unsere eigene Sinnestatigkeit den ken, die letzten Endes auf der Reizbarkeit gewisser Zellen an den versehiedensten Stellen unseres Korpers beruht. Sie ist bestandig rege und hort nur im Tode auf. Selbst im Sehlafe ist sie nur gedampft. Nie ist sie den Einwirkun gen der AuBen- und 1nnenwelt gegenliber ganz verschlossen. Es geht das schon daraus hervor, daB wir durch intensive Reize geweckt werden konnen und daB weniger starke doch wenigstens unsere Traume beeinfiussen. Man ersieht daraus allch gleich, daB BewuBtsein an die Sinnestatigkeit nicht geknlipft sein muB. Flir die Pflanzen wollen wir die BewuBtseinsfrage ganz aus dem Spiel lassen. Wir wissen davon nur bei uns selbst etwas. Bei ganz anders gearteten Lebewesen wie den Pflanzen sind Erorterungen hierliber zwecklos. Ruhezustande, in denen die Reizbarkeit stark herabgesetzt ist, kennen wir iibrigens auch bei den Pflanzen. Man denke an einen Baum im Winter oder einen trockenen Samen. Trotzdem man aber bei ihnen von dem in ihnen ruhenden Leben wenig merkt, sind sie doch ge wissen Reizen zuganglich. Zwischen Sinnestatigkeit und Reizbarkeit einen scharfen Dnter sehied Zll machen ist kaum mehr moglich, nachdem man erkannt P r i n g she i m, Reizbewegungen. 1 2 I. Einleitung. hat, dal3 die Sinnesorgane nul' besonders ausgebildete Aufnahme apparate fiir die wiehtigsten Reize darstellen, wie man sie in ein faeherer Konstruktion aueh bei den niedersten Tieren und selbst bei Pfianzen vorfindet. Worin die Reizbarkeit besteht und sieh aul3ert, das darzulegen soll den ganzen 1nhalt dieses Buehes ausmachen. Man wird also verzeihen, wenn leh keine Definition voransehieke, die doeh an die,ser Stene das Wesen derSaehe nieht klar maehen konnte. Unsere Sinne geben uns Kunde von den Vorgangen del' Umgebung, naeh denen wir uns orientieren konnen. Ahnlieh orientiert sieh die Pfianze naeh den Eindriieken del' Au13enwelt. Das Resultat sind ge wisse Lage- und Ortsveranderungen, die uns in den folgenden Kapiteln besehaftigen werden. Daneben werden auch andere Tatigkeiten del' Pflanze wie unseres Karpel'::; von Reizen beeinfluJ3t. So finden v1'ir bei den Pflanzen formbestimmende Reize, die allerdings nieht im gleichen MaJ3e bei uns auftreten. Die Pflanze ist ein Organismus von viel geringerer 1ndividualitat als das hohere Tier und del' Mensch. 1hre einzelnen Teile sind nicht so stark voneinander abhangig, miissen nicht so genau zusammenarbeiten, damit das Ganze lebensfahig ist. Daher ist auch eine groJ3ere Freiheit in del' Gestaltung del' einzelnen Organe, del' Z,veige, Blatter usw. einer Pflanze je naeh den auJ3eren Umstanden maglieh als bel den Gliedern eines Tieres und des Men sehen. Es ergibt sieh daraus weiter eine grol3ere Versehiedenheit der 1ndi viduen, die versehiedenen Bedingungen ausgesetzt ·waren. Etwas Ahnliehes find en wir beim Menschen immerhin etwa in de"!: starkeren Ausbildung haufig gebrauehter Muskelgruppen. Auch das starkere Nachwaehsen abgesehnittener Haare und Nagel, das aueh Analogien im Pfianzenreieh hat, kannte man vielleieht zu den dureh Reize be einfiuJ3baren Formgestaltungen reehnen. Ferner die Heilung von Ver wundungen und den Ersatz verloren gegangener Teile, die hier wie da dureh maneherlei Reizwirkungen reguliert werden. Man ist Bleh jedoeh noch wenig IdaI' dariiber, wo die Grenze liegt zwischen eine1' direkten Beeinfiussung des Stoffwechsels und dem mittelbaren Zu sammenhange, den man Reizwirkung nennt. Deshalb soIl dieses Ge biet, dem Titel entsprechend, gegeniiber den Bewegungserscheinungen zuriicktreten. Mit den Reaktionen auf Verwundungen sind wir schon dem Gebiete der schwer fal3baren inner en Reize nahe gekommen, die auf dem Zusammenhange und der gegenseitigen Lage, sowie auf der Lebenstatigkeit der Organe beruhen. Da wir iiber die entspreehenden Erscheinungen beim Mensehen, die inneren und Gemeinempfindungen, schon nicht viel wissen, wo die Selbstbeobachtung der ohnehin inten siveren Erforsehung aller Einzelheiten noeh zu Hilfe kommt, so kann es uns nicht wundern, dal3 man sie bei den Pflanzen, deren Wesen von dem unsrigen so verschieden ist, noeh weniger kennt und schwer von chemiseher Weehselwirkung unterscheiden kann. Dieselbe Schwierigkeit zeigt sieh bei del' Beeinflussung del' chemischen Tatigkeit del' Pfianze durch aul3ere Umstande. Zwar kennen wir FaIle, die zweifellos als Reizwirkung angesprochen wer- I. Einleitung. 3 den mussen. Auch hier kann man wieder an Erfahrungen am Men schen anknupfen. So wie die Absonderung unserer Verdauungsdrusen durch den Geruch, Geschmack und selbst den Anblick der Speisen angeregt wird, so wird bei den Insekten fangenden Pflanzen durch die von der Beute ausgehenden chemischen und Beruhrungsreize die Abscheidung von verdauenden Saften veranlaBt. Leider aber ist der Teil der pflanzlichen Reizphysiologie, der sich mit den chemischen Reizerfolgen beschiiftigt, noeh wenig ausgebaut gegeniiber den die Form- und Lageveranderungen, also die physikalischen Reizerfolge um fassenden Gebieten. Wir wollen die letzteren daher in unserer Dar stellung nur nebenher hier und da erwahnen. Man darf daraus aber keineswegs auf eine geringe Bedeutung dieser Vorgange schlieBen. Sie spielen vielmehr sicher eine groBe Rolle. Nur fehlen uns vielfach noch die Mittel sie nachzuweisen und vor allem auch hier wieder, sie von direkten stofflichen Beeinflussungen zu unterscheiden. 1m Gegensatze zu den Reizerfolgen, die sich in einer Veranderung des Stoffwechsels und der Gestaltung offenbaren, sind die leicht er kenn- und meBbaren Bewegungserscheinungen seit lange Gegenstand eifrigsten Studiums gewesen. An ihnen haben sich unsere Begriffe von der pflanzlichen Reizbarkeit gebildet. Da wir alles Zweifelhafte und weniger Bekannte fortlassen, konnen wir dafiir die Bewegungs reize urn so ausfiihrlicher behandeln, was die Anschaulichkeit zu er hohen geeignet ist. Trotz dem Riesenabstande zwischen zwei in so verschiedenen Richtungen entwickclten Organismen, wie es die Pflanze und der Mensch sind, finden wir doch bei beiden die gleichen physikalischen und chemischen Krafte als "Reizanliisse" wirksam. Einige Beispiele mogen das erliiutern. Wir bewahren unsere aufrechte Raltung mit Hilfe eines besonderen Sinnes, der uns die Richtung der Schwerkraft anzeigt; die Pflanze tut das gleiche. Unser Lichtsinn leitet uns vor allen anderen beim Zurechtfinden im Raume. Auch fur die Pflanze ist das Licht einer der wichtigsten Orientierungsfaktoren zur Ge winnung geeigneter Lebensbedingungen. Wir lassen uns beim Auf suchen und der Beurteilung unserer Nahrung durch Gerueh und Geschmack, die chemischen Sinne, lei ten ; dasselbe gilt fiir die Pflanze, denn Wurzeln und Pilzfiiden suchen im Substrate kriechend vermoge ihrer chemisehen Reizbarkeit geeignete Stoffe auf, wahrend die Bak terien frei im Wasser schwimmend solche zu erreichen suchen. SchlieBlich mag noch angefUhrt werden, daB es Pflanzen gibt, die fUr "Kitzel"- und StoBreiz, fur Temperaturerhohung und -erniedri gung, fiir Wasserstromungen und Feuchtigkeitsdifferenzen empfindlich sind. Diese Andeutungen geben wenigstens einen Begriff von der Mannigfaltigkeit und Verbreitung der vcrschiedenen Reizerscheinungen. Auf welche Weise sich uns die Empfindlichkeit der Pflanze fiir all diese Einwirkungen kundgibt, das wird eingehend zu schild ern sein. Mit einem allgemeinen Ausdrucke nennt man die Anzeichen 1*

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