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Die Regierung der HIV-Infektion: Eine empirischgenealogische Studie PDF

435 Pages·2010·2.082 MB·German
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Katrina Pfundt Die Regierung der HIV-Infektion Katrina Pfundt Die Regierung der HIV-Infektion Eine empirisch- genealogische Studie Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über <http://dnb.d-nb.de> abrufbar. 1. Auflage 2010 Alle Rechte vorbehalten © VS Verlag für Sozialwissenschaften | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2010 Lektorat: Katrin Emmerich / Tilmann Ziegenhain VS Verlag für Sozialwissenschaften ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media. www.vs-verlag.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes istohneZustimmungdes Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbeson - dere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Ein- speicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: KünkelLopka Medienentwicklung, Heidelberg Druck und buchbinderische Verarbeitung: Rosch-Buch, Scheßlitz Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN 978-3-531-17095-4 Für meine Eltern: Adriana Lais und Heimar Pfundt Danksagung Diese Arbeit hätte ohne die Hilfe und Unterstützung anderer, ihrer Bereitschaft zu Diskussion, Kritik und Gedankenaustausch, ihren vielfältigen Anregungen, Hinweisen und Aufmunterungen nicht entstehen können. Sie ermöglichten mir diese lange Zeit, die nicht nur von Freude und Interesse an der Arbeit, sondern auch von Fragen und Zweifeln begleitet war, durchzustehen. Ich möchte mich dafür bei meinen Freundinnen und Freunden, meinen Kol- leginnen und Kollegen, meiner Familie und Prof. Dr. Marianne Pieper bedanken. Darüber hinaus gilt mein ganz spezieller Dank meinen Interviewpartnerinnen. Diese Studie beruht auf ihren Geschichten; auf ihrem Schmerz mit einer Infekti- on leben zu müssen, die in unserer Gesellschaft als Stigma gilt. Sie beruht auf ihrer Bereitschaft mir davon zu erzählen, mir Einsicht in ihr Leben und ihre Er- fahrungen, Gedanken und Gefühle zu geben. Inhaltsverzeichnis Einleitung..........................................................................................................13 1 Der theoretische Rahmen.........................................................................25 1.1 Von der Zentrierung zur Dezentrierung des Subjekts.........................25 1.1.1 Die Zentrierung des Subjekts......................................................27 1.1.2 Soziologische Subjektkonzeptionen im Kontext der Metaphysik...........................................................................31 1.1.3 Die Dezentrierung des Subjekts..................................................33 1.1.4 Strukturalismus und Poststrukturalismus....................................38 1.1.5 Die Projekte Foucaults................................................................45 1.2 Das Gouvernementalitätskonzept.......................................................50 1.2.1 Das Pastorat als Matrix der Gouvernementalität.........................54 1.2.2 Die Konzeptionalisierung von Macht als Führung......................62 1.2.3 Die Konstituierung der politischen Regierungstätigkeit.............65 1.2.4 Die Biopolitik.............................................................................70 1.2.5 Die Selbstführung.......................................................................76 1.2.6 Die „Sorge um sich selbst“.........................................................79 1.2.7 Das „Erkenne dich selbst“...........................................................83 1.2.8 Das Instrumentarium der Gouvernementalitätsanalyse...............88 2 Der methodologische und methodische Rahmen...................................93 2.1 Die Methodologie des „narrativen Interviews“: Kritik, Tansformationen und Verortung.............................................95 2.2 Der methodische Rahmen.................................................................100 2.2.1 Der Zugang zum Feld...............................................................100 2.2.2 Die Interviewsituation...............................................................102 2.2.3 Das Sample...............................................................................104 2.2.4 Der Auswertungsprozess..........................................................105 2.2.5 Triangulation der Perspektiven.................................................108 3 Die Rationalitäten der Biopolitik...........................................................111 3.1 Die liberale Gouvernementalität.......................................................112 3.2 Die Rationalität des Vorsorgestaats..................................................120 3.3 Die Rationalität des Neoliberalismus................................................127 4 Die Regierung der HIV- Infektion im medizinischen Kontext............137 4.1 Die Diagnose.....................................................................................139 1 0 Inhaltsverzeichnis 4.1.1 Die Rationalität des HIV-Antikörpertests.................................140 4.1.1.1 Rechtliche und historische Hintergründe der „informierten Zustimmung“...........................................140 4.1.1.2 Der HIV-Test als Konstruktion von Besonderheit...............144 4.1.1.3 Der HIV-Test als „Wahrheitsdispositiv“..............................145 4.1.1.4 Der „Test“ vor dem Hintergrund biopolitischer Debatten....147 4.1.1.5 Die biopolitische Formierung aktueller Gesetze..................150 Das Transfusionsgesetz.....................................................................151 Das Infektionsschutzgesetz...............................................................155 Fazit..................................................................................................156 4.1.2 Die Suche nach der Diagnose...................................................158 4.1.2.1 Die Testdurchführung bei körperlichen Veränderungen......158 4.1.2.2 Die Testdurchführung im Zusammenhang einer „Risikoevaluation“...............................................................162 4.1.2.3 Die Testdurchführung im Kontext der Blutspendepraxis.....164 4.1.2.4 Fazit......................................................................................164 4.1.3 Die Diagnosemitteilung durch den Arzt...................................165 4.1.3.1 Die Diagnosemitteilung bei fremdinitiierter Testdurchführung.................................................................165 4.1.3.2 Diagnosemitteilung und „Risikoevaluation“ bei selbstinitiierter Testdurchführung........................................168 4.1.4 Die Diagnose als Schock..........................................................170 4.1.5 Die Diagnosemitteilung an andere............................................172 4.1.6 Die (mangelnde) Beratung nach der Diagnosemitteilung: Selbstverhältnisse in der Nähe des Todes.................................175 4.1.6.1 HIV = Tod............................................................................175 4.1.6.2 Die Technologie der Prognosen...........................................180 4.1.7 Selbstkonstituierungen zwischen Responsabilisierung und Schicksal...................................................................................183 4.1.7.1 Die Transmission als vermeidlich Vermeidbares.................185 4.1.7.2 Selbstpositionierungen jenseits der Selbstverantwortung....190 Verantwortungszurechnung und Geschlecht.....................................191 Die Transmission jenseits einer autonomen Subjektposition............192 4.2 Die Regierung der Antiretroviralen Therapie (ART)........................194 4.2.1 Die medizinische Wissensproduktion zur antiretroviralen Therapie....................................................................................195 4.2.2 Die Technologie der Werte.......................................................199 Zusammenfassung............................................................................209 4.2.3 Die Einnahmepraxis..................................................................210 4.2.3.1 Die positive Wirkung der Medikamente..............................210 Inhaltsverzeichnis 11 4.2.3.2 Die Ablehnung der ART: Die Einnahmepraxis als Reglementierung der Lebensführung...................................212 4.2.3.3 Die Unterbrechung: Therapiepausen oder die Einnahmepraxis zwischen Krankheitsbegrenzung und Reglementierung der Lebensführung............................215 4.2.3.4 Die Aufrechterhaltung der Einnahmepraxis: Selbstregulierungen..............................................................219 Einnahmeschwierigkeiten im Kontext der Resistenzbildung............220 4.2.3.5 Zwischen „Versuchskaninchen“ und „Testperson“: Die Einnahme als unkallkulierbare Praxis...........................228 Die Ablehnung einer ART................................................................229 Die Befürwortung der ART..............................................................232 4.3 Die Regierung der Untersuchungs- und Behandlungspraktiken.......235 4.3.1 Identifizierung und Behandlung der Nebenwirkungen.............236 4.3.2 Die paternalistische Führung....................................................240 4.3.3 Die „partnerschaftlich-dialogische“ Führung............................244 4.3.4 Die selbstverantwortliche Patientin...........................................247 5 Das Sagbare und das Sichtbare.............................................................253 5.1 Die Rationalität der Geständnispraktiken.........................................257 5.1.1 Die Diffundierung der Geständnisse.........................................259 5.1.1.1 Die Institutionalisierung der Beichtpflicht...........................259 5.1.1.2 Geständnisse in der juridischen Praxis.................................261 5.1.2 Die Transformation der Geständnisse.......................................263 5.2 Die Situation Diskreditierbarer.........................................................264 5.2.1 Die Regierung des Sagbaren.....................................................265 5.2.1.1 Geständnisse im medizinischen Kontext..............................266 5.2.1.2 Geständnisse gegenüber signifikanten Anderen...................269 Informationssteuerung bei Post-Stigma-Beziehungen......................271 Informationsmanagement bei Ante-Stigma-Beziehungen................276 Das Geständnis als strategisches Mittel............................................282 5.2.1.3 Geständnisse im Arbeitsbereich...........................................286 5.2.1.4 Auswirkungen der Geheimhaltung.......................................291 Psychische und körperliche Auswirkungen der Geheimhaltung.......292 Soziale Effekte der Geheimhaltung..................................................293 5.2.2 Die Regierung des Sichtbaren: Der Umgang mit Stigmasymbolen.................................................................294 5.2.3 Fazit: Geständnispraktiken im Kontext der Biomacht..............299 5.3 Die Situation Diskreditierter.............................................................301 5.3.1 Die HIV-Infektion zwischen Stigma und Hilfe.........................302 5.3.1.1 Im medizinischen Kontext...................................................302 1 2 Inhaltsverzeichnis 5.3.1.2 Im Arbeitskontext.................................................................308 5.3.1.3 Signifikante Andere.............................................................316 5.3.1.4 Fazit......................................................................................320 5.3.2 Die HIV-Infektion als Normalität.............................................323 5.3.2.1 Die Normalisierung des Verhaltens anderer.........................323 5.3.2.2 Informationskontrolle...........................................................335 5.3.2.3 Die Thematisierung..............................................................340 5.3.2.4 Norm und Normalisierungsverfahren im Kontext der Biomacht........................................................................341 6 Biographische Transformationsprozesse..............................................345 6.1 Körperliche Materialisierungsweisen als Transformationsagenten...345 6.1.1 Regulierungspraktiken..............................................................346 6.1.2 Einschränkungen: „Seit meiner Infektion ist das alles nicht mehr drin“.................................................................................352 6.1.3 Der Ausstieg aus der Erwerbstätigkeit......................................354 6.2 Stigmatisierung und Endlichkeit als Transformationsagenten..........364 6.2.1 „Ich wollte auch immer die gute Frau sein“..............................365 6.2.2 „Irgendwie bin ich durch die Krankheit wieder gesund geworden“.................................................................................373 7 Die Regierung der HIV-Infektion..........................................................381 Die medizinische Regierung der HIV-Infektion ......................................381 Das Sagbare und das Sichtbare.................................................................398 Biographische Transformationsprozesse..................................................406 8 Fazit..........................................................................................................411 Literaturverzeichnis.......................................................................................423 Einleitung AIDS, das Acquiered Immune Deficience Syndrom – das erworbene Immun- schwächesyndrom – ist bis heute nicht nur eine unheilbare Infektionserkrankung mit oftmals tödlichem Ausgang, sondern auch „das Prinzip eines speziellen Dis- kurses“ (Eirmbeter, Hahn und Jacob 1993: 35). Ein Diskurs, der neben wissen- schaftlichen Annahmen und Kenntnissen „über Erreger, Übertragungswege, Ansteckungsgefahren, Diagnose- und Therapieverfahren [..] einen kollektiv unterstellten Zusammenhang von anderer Lebensform, Charakter und Gefahr, von Schuld und Tod, von Sexualität und Bedrohung“ (Eirmbeter, Hahn und Jacob 1983: 35; vgl. auch: Rosenbrock 1987: 2; Venrath 1994: 13, 60; Jacob 1995: 132) impliziert. Infolge dieser Diskursivierungsweise sehen sich HIV-infizierte Menschen nicht nur mit den Effekten der Erkrankung, sondern gleichsam mit Problemen konfrontiert, die sich aus den Folgen der „sozialen Infektion“ (Bleibtreu- Ehrenberg 1989: 65) ergeben. Unter diesem Begriff werden aus sozialwissen- schaftlicher Perspektive Verhaltensweisen wie Stigmatisierungen, Diskriminie- rungen und Ausgrenzungspraktiken subsumiert, mit denen Nicht-infizierte auf HIV-infizierte und vermeintlich infizierte Menschen reagieren (Eirmbeter et al. 1993: 10 f.; Unger 1999: 13). Das „Andere“ und Besondere der HIV-Infektion bzw. der AIDS-Erkrankung ergibt sich demnach aus der Konstruktionsweise der Erkrankung, die infizierte bzw. erkrankte Menschen mit spezifischen gesell- schaftlichen Folgen konfrontiert. Dieser Hintergrund bildete den Ausgangspunkt meines Forschungsinteres- ses. Anhand einer qualitativen Analyse wollte ich untersuchen, in welcher Form und in welchem Ausmaß HIV-Infektion bzw. AIDS-Erkrankung für infiierte Frauen1 lebensgeschichtlich relevant wird. Im Mittelpunkt der Analyse steht 1 Angesichts der v. a. innerhalb der feministischen Theorie und in den Sozialwissenschaften geführ- ten Kontroversen und Debatten um die Kategorie „Frau“ erscheine es heute unmöglich, eine wissen- schaftliche Studie unter Verwendung des allgemeinen Nenners „Frauen“ zu beginnen, konstatiert Riesling-Schärfe (1998: 33). In der folgenden Studie geht es nicht um eine Homogenisierung der Darstellung von Frauen, die das Reden im Namen „der Frau“ beinhalten würde (Guitiérrez Rodríguez 1996: 166). Vielmehr soll den unterschiedlichen gesellschaftlichen Positionierungen Rechnung getragen werden, indem die verschiedenen Lebensführungen und Konstituierungsweisen HIV- infizierter Frauen dargelegt und auf ihre Konstituierungsbedingungen

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