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Die Reformpolitik Frankreichs in der Krise: Arbeitsmarkt- und Rentenpolitik vor dem Hintergrund europäischer Krisenbearbeitung PDF

273 Pages·2016·2.404 MB·German
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Felix Syrovatka Die Reformpolitik Frankreichs in der Krise Arbeitsmarkt- und Rentenpolitik vor dem Hintergrund europäischer Krisenbearbeitung Die Reformpolitik Frankreichs in der Krise Felix Syrovatka Die Reformpolitik Frankreichs in der Krise Arbeitsmarkt- und Rentenpolitik vor dem Hintergrund europäischer Krisenbearbeitung Felix Syrovatka Berlin, Deutschland ISBN 978-3-658-14059-5 ISBN 978-3-658-14060-1 (eBook) DOI 10.1007/978-3-658-14060-1 Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen National- bibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Springer VS © Springer Fachmedien Wiesbaden 2016 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Der Verlag, die Autoren und die Herausgeber gehen davon aus, dass die Angaben und Informa- tionen in diesem Werk zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt sind. Weder der Verlag noch die Autoren oder die Herausgeber übernehmen, ausdrücklich oder implizit, Gewähr für den Inhalt des Werkes, etwaige Fehler oder Äußerungen. Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Springer VS ist Teil von Springer Nature Die eingetragene Gesellschaft ist Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH Vorwort Während der Fertigstellung des vorliegenden Buches ist mit dem Rücktritt der Justizministerin, Christina Taubira, die letzte Vertreterin des linken Flügels aus der Regierung Valls ausgeschieden. Taubira hatte sich mit der Einführung der Ehe für homosexuelle Paare einen Namen gemacht und nicht nur gegen die soge- nannte Sicherheitspolitik der Regierung nach den Anschlägen von Paris oppo- niert, sondern auch immer wieder die neoliberale Reformpolitik kritisiert. Die „Linie Valls“, wie die angebotsorientierte Politik in den französischen Medien genannt wird, dominiert, nach dem Ausscheiden von Arnaud Montebourg, Benoît Hamon, Aurélie Filippetti und Christina Taubira als VertreterInnen des linken Flügels, nun auch personell die sozialistische Regierung. Denn mit der Benen- nung Jean-Jacques Urvoas - einem Vertrauten des Premierministers Manuel Valls und Anhänger des rechten Flügels in der PS - zum Nachfolger Taubiras, wird der autoritär-neoliberale Kurs der Regierung Valls bestärkt und bekräftigt, während die linke Opposition jeglichen Einfluss auf die Regierungsentscheidungen verlo- ren hat. Die neoliberale Umgestaltung des französischen Wohlfahrtsstaates wird mit dieser Personalentscheidung weiter intensiviert werden, was jedoch zugleich eine Verstärkung der innergesellschaftlichen Zentrifugalkräfte bedeutet. Aus heutiger Sicht können der „Pacte de Responsabilité“ oder das „Loi Macron“ als die wichtigsten Wegmarken für die bisher tiefgreifensten Reformen im Arbeitsmarkt- und Sozialbereich seit der Gründung der V. Republik gewertet werden. Die vollständige neoliberale Umgestaltung der französischen Arbeits- markt- und Sozialsysteme, welche in vielen anderen Mitgliedsstaaten der EU schon in den 2000er Jahren abgeschlossen wurde, wird nun auch in Frankreich immer autoritärer gegen den Widerstand der Gewerkschaften und der gesell- schaftlichen Linken umgesetzt. Flankiert wird die neoliberale Umgestaltung im Arbeitsmarkt- und Sozial- bereich durch die europäische Krisenpolitik, welche mithilfe austeritätspoliti- scher Instrumente vielfach Einfluss auf die spezifische Politikformulierung in Frankreich nahm (siehe Kapitel 6). Gleichzeitig schrumpfte der Einfluss Frank- reichs auf der europäischen Ebene und speziell in der Ausgestaltung der europä- ischen Krisenpolitik. Dies zeigte sich zuletzt in den Verhandlungen der Euro- gruppe mit der griechischen Regierung, in denen sich der neoliberale Charakter der Europäischen Union und die darin festgeschriebene deutsche Hegemonie of- fenbarte. Die griechische Regierung wurde mit einem klassischen sozialdemokrati- schen Programm gewählt, welches auf europäischer Ebene eine Abkehr von der Austeritätspolitik und eine stärkere Integration und makroökonomische Koordi- nierung vorsah – europapolitische Forderungen also, welche auch die französi- sche Regierung im Präsidentschafts- und Parlamentswahlkampf 2012 vertrat und VI Vorwort nach ihrer Wahl anfänglich auch verfolgte. Die französische Regierung verwei- gerte sich jedoch einem gemeinsamen nachfrageorientierten Vorgehen in der Kri- senpolitik. Vielmehr schloss sich die französische Regierung dem „harten Kurs“ gegen Griechenland an und ordnete sich den Vorgaben der „nordeuropäischen Länder“ (Bieling 2013a) unter. Denn die Idee eines Austritts Griechenlands (Grexit) aus der Eurozone, welche vom deutschen Finanzminister Wolfgang Schäuble in die Verhandlungen eingebracht wurde, sollte nicht nur als ein kalku- liertes Drohszenario gegen die griechische Regierung interpretiert werden, son- dern auch als Signal an die südeuropäischen Länder und vor allem an Frankreich verstanden werden, den eingeschlagenen neoliberalen Reformkurs weiter zu ver- folgen und nicht durch eine keynesianistische Investitionspolitik die Stabilität der Einheitswährung und damit die Wettbewerbsfähigkeit des exportorientierten Ka- pitals zu gefährden. Denn Frankreich wäre im Fall eines Grexits mehrfach betrof- fen. So ist Frankreich, neben Deutschland, einer der größte Kreditgeber Griechen- lands. Zudem sind französische Banken stark im griechischen Privatkundenge- schäft aktiv. Ein Ausscheiden Griechenlands aus der Eurozone hätte in Frankreich zu Rezession und einer starken Neuverschuldung geführt und die Reformen der letzten Jahre zur Reduzierung des Staatsdefizits zunichte gemacht. Eine erneute Abwertung der französischen Kreditwürdigkeit, eine stärkere makroökonomische Überwachung durch die europäischen Institutionen sowie tiefere ökonomische und vor allem soziale Verwerfungen wären die Folge gewesen. Die Verhandlungen mit Griechenland im Sommer 2015 zeigten, wie stark der internationale Druck auf Frankreich wirkte, aber auch wie sehr sich das Kräf- teverhältnis innerhalb Frankreichs seit den Präsidentschaftswahlen verschoben hatte. Zudem machten die Verhandlungen deutlich, dass sich die Rolle und Be- deutung Frankreichs in der EU seit der Einführung der Wirtschafts- und Wäh- rungsunion nicht nur verändert hatte, sondern auch, dass es im Rahmen der euro- päischen Krisenpolitik zu einer Machtverschiebung zwischen Deutschland und Frankreich gekommen sein musste. Vor diesem Hintergrund ist das vorliegende Buch entstanden, welches sich mit der Reformpolitik im Arbeitsmarkt- und Sozialbereich im Kontext eben jener Verschiebungen in der aktuellen Wirtschaftskrise in der EU auseinandersetzt. Es nähert sich dem Untersuchungsgegenstand aus einer historisch-materialistischen Perspektive und fragt nicht nur nach der Rolle der europäischen Institutionen in der nationalen Reformpolitik im Arbeitsmarkt- und Sozialbereich, sondern auch nach den sozialen Kräften, welche die spezifischen Reformvorschläge getragen haben. Das Buch legt dabei den Schwerpunkt auf das Wechselverhältnis zwischen der nationalen und der europäischen Ebene im Rahmen des nationalen Reform- prozesses. Zudem wird der analytische Fokus auf die gesellschaftlichen und mul- tiskalaren Auseinandersetzungen zwischen gesellschaftlichen Gruppen und Klas- senfraktionen gelegt, welche mit der spezifischen Ausgestaltung der Reformen verbunden sind. Ziel der Arbeit ist es, dem Lesenden einen umfassenden Einblick Vorwort VII in die Entwicklungen und Veränderungen der französischen Reformpolitik im Kontext der europäischen Krisenpolitik zu geben und die damit verbundenen multiskalaren Auseinandersetzungen und Konflikte zwischen den gesellschaftli- chen Akteuren darzustellen. Die zentrale empirische Grundlage des Buches stellt dabei die Ergebnisse qualitativer, leitfadengestützter ExpertInneninterviews mit VertreterInnen fran- zösischer Kapitalverbände, Parteien und Gewerkschaften sowie die Ergebnisse einer qualitativen Dokumentenanalyse dar. Mithilfe der beiden qualitativen Da- tenerhebungsmethoden wurde es möglich, die oftmals komplexen, multiskalaren Strategien der einzelnen Akteure in Bezug auf die franzöisische Reformpolitik als Untersuchungsgegenstand dieser Arbeit zu analysieren und die teilweise stark di- vergierenden Machtressourcen offen zu legen. Dadurch eröffnete sich die Mög- lichkeit, das Kräfteverhältnisse zwischen den sozialen Gruppen zu bestimmen und empirisch zu begründen. Vor dem Hintergrund der im Frühjahr 2017 stattfindenen französischen Prä- sidentschaftswahlen und der zunehmenden Polarisierung der Gesellschaft in Frankreich, aber auch in anderen Mitgliedsländern der EU, möchte die vorlie- gende Studie einen Beitrag zum Verständnis des Wechselverhältnisses zwischen der nationalen und europäischen Ebene sowie der dazwischen agierenden Akteure leisten, um somit gleichzeitig die Herausforderungen, Zwänge und Schwierigkei- ten für eine progressive und sozialere Reformpolitik im Arbeitsmarkt- und Sozi- albereich darzulegen. Berlin, 03.03.2016 Danksagung Wie alles im Leben entsteht auch eine solche Arbeit nicht in einem luftleeren Raum oder in einem einsamen Studierzimmer. Vielmehr ist sie das Ergebnis ver- schiedener Begegnungen und kollektiver Prozesse, welche das eigene Denken verändern oder verfeinern. Darum gilt mein Dank in erster Linie Frank Deppe, der mich von Beginn meines Studiums an solidarisch und freundschaftlich be- gleitet und wie kein anderer mein politisches und wissenschaftliches Denken ge- prägt hat. Ebenso gilt ein besonderer Dank Klaus Roth für die hilfreichen Denk- anstöße und Perspektiverweiterungen in meiner Zeit an der FU Berlin. Ebenso bin ich John Kannankulam und der Forschungsgruppe Europäische Integration Marburg (FEI) sowie dem AK Europaforschung der AkG für die zahlreichen the- oretischen und empirischen Diskussionen, für wichtigen Denkanstöße und für meine ersten wissenschaftlichen Erfahrungen zum Dank verpflichtet. Ein großes Dankeschön geht zudem an Inga Jensen für ihre guten Ratschläge und Ideen so- wie für ihre Geduld. Ebenfalls gilt mein Dank Nikolai Huke, Constantin Braun und Ingar Solty für ihren Rat, ihre Korrekturen und ihre Hilfe sowie Anne-Ma- reike Vanselow dafür, dass sie mir, während meiner Zeit in Paris, Unterschlupf gewährte. Zudem geht mein Dank an Tim Berger, Martin Schreiber und für das Lektorat an Christoph Spinger. Die Arbeit wäre jedoch nicht entstanden ohne meine Eltern, Astrid und Bernd Syrovatka, denen ich diese Arbeit widme. Beide haben mich nicht nur mein ge- samtes Studium lang in jeglicher Hinsicht unterstützt und jede meiner Arbeiten Korrektur gelesen, sondern mir auch immer den Mut und das Selbstbewusstsein gegeben, weiter zu machen. Danke! Inhaltsverzeichnis (cid:3) 1. Einleitung ........................................................................................................ 1 1.1 Fragestellung der Untersuchung ................................................................2 1.2 Abgrenzung des Gegenstandes ..................................................................3 1.3 Aufbau und Struktur der Arbeit .................................................................5 2. Theoretische Rahmung .................................................................................. 7 2.1 Der Governance-Ansatz .............................................................................8 2.2 Materialistische Staatstheorie .................................................................. 13 2.2.1 Staat als materialistische Verdichtung eines Kräfteverhältnisses ..... 13 2.2.2 Der erweiterte Staat und Hegemonie ................................................ 21 2.2.3 Prozesse der Transnationalisierung von Staatsapparaten ................. 27 2.2.4 Die Europäische Union als Verdichtung 2. Ordnung ....................... 34 2.3 Zwischenfazit ........................................................................................... 35 3. Historisch - Materialistische Politikanalyse ............................................... 39 4. Frankreich in der Krise – Reformen und Reformstau.............................. 43 4.1 Die Transformationen der französischen Ausprägung des Kapitalismus . 43 4.2 La Securité Social und ihre Reformen bis zur Krise ................................ 62 4.2.1 Rentenversicherung .......................................................................... 64 4.2.2 Aktive und passive Arbeitsmarktpolitik ........................................... 72 4.2.3 Zwischenfazit ................................................................................... 78 5. Die Krisenpolitik der Europäischen Union ................................................ 83 5.1 Der Krisenverlauf der Wirtschafts- und Finanzkrise 2007ff .................... 83 5.1.1 Die Durchsetzung eines gemeinsamen Krisennarrativs .................... 84 5.1.2 Krisenkonstitutionalistische Reformprozesse ................................... 87 5.2 Die Krise in Frankreich ............................................................................ 91 6. Die französische Reformpolitik zwischen 2007 und 2015 ......................... 97 6.1 Die Reformpolitik zu Beginn der Krise - Sarkozy I................................. 98 6.1.1 Kontext ............................................................................................. 98 XII Inhaltsverzeichnis 6.1.2 Reformen in der Renten- und Gesundheitspolitik .......................... 102 6.1.3 Reformen in der Arbeitsmarktpolitik .............................................. 106 6.1.4 Zwischenfazit Sarkozy I ................................................................. 124 6.2 Reformpolitik in der Krise - Sarkozy II ................................................. 127 6.2.1 Kontext ........................................................................................... 127 6.2.2 Reformen in der Rentenpolitik ....................................................... 129 6.2.3 Zwischenfazit Sarkozy II ................................................................ 141 6.3. Wendepunkt in der Reformpolitik? - Hollande I .................................. 144 6.3.1 Kontext ........................................................................................... 144 6.3.2 Reformen in der Sozialpolitik ......................................................... 149 6.3.3 Reformen in der Arbeitsmarktpolitik .............................................. 158 6.3.4 Zwischenfazit Hollande I................................................................ 167 6.4 Die angebotspolitischen Wende - Hollande II ....................................... 172 6.4.1 Kontext ........................................................................................... 172 6.4.2 Reformen in der Arbeitsmarktpolitik .............................................. 177 6.4.3 Ein Strauß voller Reformen – Das Loi Macron .............................. 178 6.4.4 Zwischenfazit Hollande II .............................................................. 185 7. Kräfteverhältnisse und Strategien in der französischen Reformpolitik .. 189 7.1 Akteurskonstellationen .......................................................................... 190 7.1.1 Neoliberale Akteursgruppe ............................................................. 190 7.1.2 Etatistisch-Jakobinische Akteurskonstellation ............................... 199 7.1.3 Sozialliberale Akteursgruppe ......................................................... 206 7.1.4 National-Etatistische Akteurskonstellation..................................... 212 8. Fazit ............................................................................................................. 217 9. Abkürzungsverzeichnis .............................................................................. 225 10. Literatur .................................................................................................... 227 11. ExpertInnen-Interviews ........................................................................... 265

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