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Die Reaktivität von Kausaldiagramm-Analysen beim komplexen Problemlösen PDF

96 Pages·2006·1.04 MB·German
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Ruprecht-Karls-Universit(cid:228)t Heidelberg Psychologisches Institut Die Reaktivit(cid:228)t von Kausaldiagramm-Analysen beim komplexen Probleml(cid:246)sen Eine experimentelle Untersuchung anhand des komplexen, dynamischen Systems (cid:214)kosystem Diplomarbeit Leimen, Februar 2006 vorgelegt von Christine Blech Sudetenweg 8 69181 Leimen Erstbegutachter: Prof. Dr. J. Funke (Allgemeine und Theoretische Psychologie) Zweitbegutachter: Dr. J(cid:246)rg Zumbach (P(cid:228)dagogische Psychologie) INHALTSVERZEICHNIS 2 Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung 7 2 Komplexes Probleml(cid:246)sen 8 2.1 Gegenstandsbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 2.2 Computersimulierte Szenarios als Methode . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 2.2.1 Realit(cid:228)tsnahe Szenarios . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 2.2.2 Szenarios auf der Basis formaler Modelle . . . . . . . . . . . . . . 13 2.3 Der DYNAMIS-Ansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 2.3.1 Wissenserwerb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 2.3.2 Wissensanwendung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 2.3.3 Schw(cid:228)chen und Risiken des Dynamis-Ansatzes . . . . . . . . . . 23 3 Determinanten im Probleml(cid:246)seprozess 24 3.1 Wissenserwerb und steuerndes Handeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 3.2 Systemfaktoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 3.3 Situationale Faktoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 3.3.1 Art der Informationsdarbietung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 3.3.2 Erweiterte Aufgabenanforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 3.4 Personenfaktoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 3.4.1 Intelligenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 3.4.2 Spontaner Strategieeinsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 3.4.3 Motivation und Emotion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 3.5 Hypothesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 4 Methoden 40 4.1 Versuchsdesign . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 4.2 Materialien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 4.2.1 Beschreibung der verwendeten Simulation . . . . . . . . . . . . . 42 4.2.2 Abfrage von Strukturwissen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 4.2.3 Abfrage von Ober(cid:29)(cid:228)chenwissen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 INHALTSVERZEICHNIS 3 4.2.4 Abfrage emotionaler Zust(cid:228)nde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 4.2.5 Schulische Leistungen und soziodemogra(cid:28)sche Variablen . . . . . 45 4.3 Teilnehmer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 4.3.1 Vor(cid:252)berlegungen zur Stichprobengr(cid:246)(cid:255)e . . . . . . . . . . . . . . . 45 4.3.2 Stichprobenauswahl und -zusammensetzung . . . . . . . . . . . . 46 4.4 Versuchsdurchf(cid:252)hrung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 4.5 Datenanalyseverfahren und -instrumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 5 Ergebnisse 52 5.1 Abh(cid:228)ngige Variablen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 5.1.1 G(cid:252)te der Kausaldiagramme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 5.1.2 G(cid:252)te des Ober(cid:29)(cid:228)chenwissens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 5.1.3 G(cid:252)te der Systemsteuerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 5.1.4 G(cid:252)te der Strategieanwendung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 5.1.5 Bearbeitungsdauer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 5.2 Systemwissen und Systemsteuerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 5.2.1 Lerne(cid:27)ekte und Leistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 5.2.2 Zusammenh(cid:228)nge zwischen Strukturwissen und Systemsteuerung . 56 5.3 Vernetztheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 5.4 Kausaldiagramm-Analysen, Probleml(cid:246)seg(cid:252)te und Probleml(cid:246)severhalten . 60 5.4.1 Systemwissen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 5.4.2 Steuerleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 5.4.3 Strategieeinsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 5.4.4 Bearbeitungsdauer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 5.5 Schulischer Erfolg, soziodemogra(cid:28)sche Variablen und Probleml(cid:246)seerfolg . 64 5.6 Emotionen und Probleml(cid:246)seg(cid:252)te . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 6 Diskussion 69 Literaturverzeichnis 79 Anhang 84 TABELLEN- UND ABBILDUNGSVERZEICHNIS 4 Tabellenverzeichnis 1 (cid:220)berblick (cid:252)ber den Versuchsablauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 GdK 2 GdS, sum und GdOW im Verlauf der f(cid:252)nf Durchg(cid:228)nge . . . . . . . . 57 GdK 3 sum, GdS und Netto-Bearbeitungszeit im ANOVA-Design . . . . . . 61 GdK 4 Zwei Regressionsmodelle zur Vorhersage von sum . . . . . . . . . . . 66 5 Zwei Regressionsmodelle zur Vorhersage von GdS . . . . . . . . . . . . . 66 GdK 6 Geschlechtere(cid:27)ekte f(cid:252)r sum und GdS. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 GdK 7 Varianzaufkl(cid:228)rung durch die Regressionsmodelle f(cid:252)r sum und GdS . . 67 Abbildungsverzeichnis 1 Struktur des Dynamis-Systems (cid:214)kosystem . . . . . . . . . . . . . . . 16 2 Benutzerober(cid:29)(cid:228)che der Simulation (cid:214)kosystem . . . . . . . . . . . . . . 43 3 Benutzerober(cid:29)(cid:228)che des computerbasierten Rekognitionstests . . . . . . . 44 4 Pfadmodell zur Vorhersage von Steuerleistung aus Identi(cid:28)kationsleistung 58 GdK GdK GdK 5 rel, vor und num unter den zwei Vernetztheitsbedingungen . 59 6 Deskriptive Strategieanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 7 Emotionsindizes im Verlauf des Versuchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 5 Zusammenfassung Ein Experiment sollte den Ein(cid:29)uss von Kausaldiagramm-Analysen auf Pro- bleml(cid:246)severhalten und -erfolg im Umgang mit komplexen, dynamischen Systemen untersuchen.Eswurdevermutet,dassdiewissensdiagnostischeMethodeprozessbe- gleitender Kausaldiagramm-Analysen einen hypothesengeleiteten Probleml(cid:246)sestil sensu Klahr und Dunbar (1988) unterst(cid:252)tzt und intensiviert. Als beobachtbare Konsequenz intermittierender Kausaldiagramm-Analysen wurde erh(cid:246)hter Erwerb von Strukturwissen und gesteigerte Leistung im Steuern des Systems erwartet. 64 studentische Versuchspersonen nahmen an der Untersuchung teil. Sie bearbeite- ten das Dynamis-Szenario (cid:214)kosystem (cid:252)ber f(cid:252)nf kombinierte Explorations- und Anwendungsdurchg(cid:228)nge. Probanden, die in den Intervallen zwischen diesen Durchg(cid:228)ngen Kausaldiagramme anfertigten, zeigten sich im abschlie(cid:255)end erworbenem Strukturwissen Vergleichs- personen (cid:252)berlegen, die einen ober(cid:29)(cid:228)chlichen Rekognitionstest, eine nicht szena- riobezogene Aufgabe oder gar keine zus(cid:228)tzliche Aufgabe absolviert hatten. Dies spricht f(cid:252)r eine Reaktivit(cid:228)t von Kausaldiagramm-Analysen. Keine de(cid:28)nitiven Hin- weise auf Reaktivit(cid:228)t hingegen erbrachte die Analyse der Bearbeitungszeiten und des Strategieeinsatzes im Explorieren des Systems: Kausal-instruierte Probanden ben(cid:246)tigten weder mehr Zeit noch explorierten sie (cid:214)kosystem geschickter. Ein Pfadmodell belegte wie vermutet einen hohen positiven, pr(cid:228)diktiven Zusammen- hang des Strukturwissens auf die Steuerleistung; dennoch ging der Wissensvorteil bei Kausaldiagramm-Analysen nicht mit verbesserter Steuerleistung einher. In- wieweit spezi(cid:28)sches Eingri(cid:27)swissen alternativ zum abstraktem Strukturwissen am Steuerprozess beteiligt ist, konnte im Rahmen des Experiments nicht gekl(cid:228)rt wer- den. Als weitere Determinanten auf die Probleml(cid:246)seg(cid:252)te erwiesen sich der Vernetzt- heitsgrad des Systems (s. Funke, 1985) und das Geschlecht der Versuchspersonen. Allgemeine und spezi(cid:28)sch mathematische intellektuelle Leistungsf(cid:228)higkeit hatten entgegen der Erwartung keinen nachweisbaren Ein(cid:29)uss auf den Probleml(cid:246)seerfolg. 6 Abstract An experiment was designed to investigate the in(cid:29)uence which analyses of causal diagrams have on dealing with complex dynamic systems. It was hypothe- sised that the method of diagnosing structural knowledge by causal diagrams, ap- pliedduringadynamictask,wouldsupportandintensifyproblemsolvingprocesses guided by the formation of hypotheses sensu Klahr and Dunbar (1988). In conse- quence, enhanced structural knowledge and increased control performance should occurwhencausaldiagramsareprovided. 64studentsvolunteeredtoparticipatein the experiment. They worked on the Dynamis computer simulation Ecosystem for (cid:28)ve cycles of combined exploration and application. Concerning the structural knowledge (cid:28)nally acquired, subjects confronted with causal diagrams during the intervals between the (cid:28)ve cycles proved superior to control subjects who had been dealing with either a test of mere recognition, a task not related to the scenario or with no extra task at all. This (cid:28)nding has been interpreted in terms of causal diagrams being reactive measures. There was, however, no de(cid:28)nite evidence of reactivity when analysing the time spent on the task or the strategies employed in exploration. Neither did subjects instructed with causal diagrams take more time in coping with Ecosystem nor did they ex- plore the system more skillfully. As expected, a path-analytical model hinted at a highlypositivepredictivee(cid:27)ectofstructuralknowledgeoncontrolperformance;yet increased knowledge associated with causal diagrams was not accompanied by im- provedcontrolperformance. Searchingforalternativepredictorsofsystemcontrol, the experiment could hardly elucidate the role of speci(cid:28)c operational knowledge. The degree of connectivity implemented in the system (see Funke, 1985) as well as the subjects’ sex turned out to be further determinants of the quality of com- plex problem solving. Against expectation, there was no such e(cid:27)ect of general intellectual or speci(cid:28)cally mathematical abilities. 1 EINLEITUNG 7 1 Einleitung Immer wieder, im Alltag, in der Wissenschaft, in der Politik, sto(cid:255)en Menschen auf Ge- gebenheiten, die zu Ver(cid:228)nderungen herausfordern. Ein funktionsunt(cid:252)chtiges technisches Ger(cid:228)t soll repariert, ein Forschungsprojekt geplant und durchgef(cid:252)hrt, eine politische Krise entsch(cid:228)rft werden. Einfache Routinema(cid:255)nahmen gen(cid:252)gen selten, um dies zu er- reichen. Vielmehr sind verschiedene, aufeinander abgestimmte Operationen gefordert, die sich den jeweils aktuellsten Situationen in einer zeitlichen Entwicklung anpassen. Eine Person muss ganze Sequenzen von zielf(cid:252)hrenden Handlungsschritten vorausschau- end (cid:252)berblicken, will sie sich nicht auf zuf(cid:228)llige Erfolge durch planloses Ausprobieren verlassen. Wie Menschen komplexe Probleme bew(cid:228)ltigen, ist f(cid:252)r den Psychologen mindestens so interessant wie f(cid:252)r die probleml(cid:246)sende Person. Anstatt eine L(cid:246)sung nur nach ihrem Endergebnis zu beurteilen (inwieweit wurde das angestrebte Ziel erreicht?), fragt die Probleml(cid:246)seforschung dabei auch nach dem L(cid:246)sungsweg bzw. dem Probleml(cid:246)seprozess. Mit Hilfe von computersimulierten Szenarios, Nachbildungen realer komplexer Probleme in der virtuellen Laborwelt, lassen sich schrittweise Ann(cid:228)herungen an das L(cid:246)sungsziel beobachten. Dem Paradigma des Kognitivismus folgend hat die Prozessforschung seit den siebziger Jahren ihre Perspektive erweitert: Sie erkl(cid:228)rt den beobachtbaren L(cid:246)sungs- prozess auf der Grundlage von inneren mentalen Repr(cid:228)sentationen, die im Kopf des Probleml(cid:246)sers entstehen bzw. entstehen k(cid:246)nnen. Zun(cid:228)chst ist die Art dieser Repr(cid:228)sen- tationen ein hypothetisches Konstrukt des Forschers. Im Dynamis-Forschungsansatz, der komplexe Probleml(cid:246)sesituationen als Systeme ver- netzter Variablen mit kausalen Abh(cid:228)ngigkeiten simuliert, vermutet man, dass die sub- jektiven, internen Problemrepr(cid:228)sentationen einer Person Wissensnetzwerke (Kausalmo- delle) sind, im formalen Aufbau dem Konstruktionsprinzip der Dynamis-Simulation vergleichbar (vgl. Funke, 1985). Einblick in diese angenommenen subjektiven Kausal- modelle erlaubt ein standardisiertes, gra(cid:28)sches Abfrageinstrument, die Methode der Kausaldiagramm-Analyse. Ein Kausaldiagramm erfasst s(cid:228)mtliches Wissen (cid:252)ber kausale Zusammenh(cid:228)nge, die ein Probleml(cid:246)ser glaubt, (cid:252)ber ein komplexes System herausgefun- den zu haben. 2 KOMPLEXES PROBLEML(cid:214)SEN 8 In der Empirie gibt es keinen Zweifel dar(cid:252)ber, dass Personen Kausaldiagramme relativ erfolgreich bearbeiten k(cid:246)nnen. Umstritten ist, inwieweit dieses K(cid:246)nnen auf spontan ge- nerierte, kausale Repr(cid:228)sentationen zur(cid:252)ckgeht. Entsteht ein subjektives Modell kausaler Systemabh(cid:228)ngigkeiten, sobald eine Person begonnen hat, die Probleml(cid:246)sesituation frei zu erkunden? In diesem Fall w(cid:252)rden Kausaldiagramm-Analysen nicht mehr als das be- reits vorhandene und verf(cid:252)gbare Wissen erfassen. Oder beginnt eine Person erst dann (cid:252)berabstrakteKausalzusammenh(cid:228)ngenachzudenken,wennsieausdr(cid:252)cklichdazuaufge- fordert wird? In diesem Fall entst(cid:252)nde das interne subjektive Kausalmodell als Reaktion auf die Kausaldiagramm-Analyse. Die Frage, ob Kausaldiagramm-Analysen ein reaktives Messverfahren darstellen, ist theoretisch bekannt (s. Kluwe, 1988), aber empirisch bislang nicht gepr(cid:252)ft. Die vor- liegende Arbeit beschreibt daher erstmals ein Experiment, das untersucht, inwieweit Kausaldiagramm-AnalysenEin(cid:29)ussaufProbleml(cid:246)seg(cid:252)teundProbleml(cid:246)severhaltenneh- men. Den Ausgangspunkt und Orientierungsrahmen bildet eine Studie von Funke (1985) zum Umgang mit dem komplexen, dynamischen Szenario (cid:214)kosystem, die in ihren Grundz(cid:252)gen repliziert und um die neue Fragestellung erweitert wird. Eingebunden ist die empirische Arbeit in einen theoretischen (cid:220)berblick (cid:252)ber Gegenstand und Methodik der komplexen Probleml(cid:246)seforschung mit besonderem Augenmerk auf den Dynamis- Ansatz und die Kausaldiagramm-Analyse. 2 Komplexes Probleml(cid:246)sen Das (cid:220)berblickskapitel zum komplexen Probleml(cid:246)sen stellt aufbauend auf De(cid:28)nitionen der Begri(cid:27)e Problem, komplexes Problem und komplexes Probleml(cid:246)sen insbesondere die Methoden der Probleml(cid:246)seforschung heraus. Mit realit(cid:228)tsnahen Szenarios einerseits und Szenarios auf der Basis formaler Modelle andererseits werden zwei gro(cid:255)e Klassen com- putersimulierter Szenarios, die zugrunde liegenden Forschungsziele und ihre praktische Umsetzung dargestellt. Ein Unterkapitel (cid:252)ber Szenarios nach dem formalen Dynamis- Ansatz behandelt die wissensdiagnostische Methode der Kausaldiagramm-Analyse. 2 KOMPLEXES PROBLEML(cid:214)SEN 9 2.1 Gegenstandsbestimmung So verbreitet der Begri(cid:27) Problem in der Alltagsauffassung ist, so schwierig scheint es, eine verbindliche De(cid:28)nition f(cid:252)r die Wissenschaft zu (cid:28)nden. Zahlreiche unterschiedliche De(cid:28)nitionsvorschl(cid:228)ge existieren, deren einziges und zugleich wesentliches gemeinsames Merkmal es ist, ein Problem formal als eine zu (cid:252)berwindende Distanz oder Barriere zu umschreiben (s. Frensch & Funke, 1995). Eine bestehende Ausgangssituation, etwa ein defekter Fernseher, fordert zu einer Ver(cid:228)nderung heraus, um einen angestrebten Zielzustand, etwa das Funktionieren des Fernsehers, zu erreichen. Bevor der Zielzustand eintritt, muss eine Barriere aufgehoben, muss das Problem gel(cid:246)st werden. Im Gegensatz zu einer Aufgabe, die mit bekannten (Routine-)Mitteln zu bewerkstelligen ist, impliziert jedes Problem eine neuartige Anforderung. Das Mittel, das zum Zielzustand f(cid:252)hrt, muss erst gefunden, dann angewendet werden. Inwieweit zielf(cid:252)hrende Mittel neu oder bekannt und erprobt sind, h(cid:228)ngt selbstverst(cid:228)ndlich nicht nur von der Problemsituation, sondern auch vom K(cid:246)nnen und den Vorerfahrungen des Probleml(cid:246)sers ab. Unter komplexen Problemen verstehen Frensch und Funke (1995) Probleme, deren Be- w(cid:228)ltigung mehr als nur einen L(cid:246)sungsschritt erfordert. Der Unterschied zwischen einem einfachenProblemunddenmultiplenBarriereneineskomplexenProblemsliegt(cid:252)blicher- weise nicht nur in einem quantitativ erh(cid:246)hten L(cid:246)sungsaufwand. Vielmehr sind komplexe Probleme durch typische Eigenschaften gekennzeichnet, die sie auch qualitativ von ein- stu(cid:28)gen Problemen abheben: Komplexe Probleme verf(cid:252)gen neben ihrer formalen Kom- plexit(cid:228)t (cid:252)ber eine (Eigen-)Dynamik, die Ver(cid:228)nderungen der Problemsituation w(cid:228)hrend des L(cid:246)sungsprozesses bedingt. Genaue Eigenschaften des Problems sind der probleml(cid:246)- senden Person anfangs nicht bekannt; man spricht von intransparenten Systemen. Auch der Zielzustand ist selten auf ein einzelnes Merkmal beschr(cid:228)nkt, sondern kann sich aus vielen Zielen zusammensetzen (Polytelie), die im Verlauf des Probleml(cid:246)sens simultan zu ber(cid:252)cksichtigen und eventuell gegeneinander abzuw(cid:228)gen sind (s. D(cid:246)rner, Kreuzig et al., 1983). ImHinblickaufdenaufw(cid:228)ndigenL(cid:246)sungsprozesskomplexerProbleme(cid:21)Informationsbe- scha(cid:27)ung, Planen, Abw(cid:228)gen, Entscheiden u.a.m. (cid:21) stimmen Theoretiker (cid:252)berein, dass kognitive Aktivit(cid:228)t am Probleml(cid:246)sen notwendig beteiligt ist. Ob komplexes Probleml(cid:246)- 2 KOMPLEXES PROBLEML(cid:214)SEN 10 senmitdemGegenstandderDenkpsychologieschlechthingleichzusetzenist(vgl.D(cid:246)rner 1976), ist sicherlich fraglich. Wie Nickerson (1998) illustriert, denken wir hinreichend oft auch ohne ein o(cid:27)ensichtliches, funktionales Ziel zu verfolgen. Umgekehrt ben(cid:246)tigen wir zur L(cid:246)sung eines Problems neben dem Denkakt fast immer eine ausf(cid:252)hrende Handlung. Beide Elemente, Verhalten und Kognition (cid:28)nden sich in der zusammenfassenden De- (cid:28)tion von Frensch und Funke (1995, S. 18) wieder: (cid:18)CPS [Complex Problem Solving] occurs to overcome barriers between a given state and a desired goal state by means of behavioral and/or cognitive multistep activities.(cid:16) In derselben Arbeit systematisieren die Autoren zentrale Komponenten einer Theorie zum komplexen Probleml(cid:246)sen: die Merkmale des Problems als solches, die Rahmen- bedingungen bzw. die Probleml(cid:246)sesituation und Personenmerkmale des Probleml(cid:246)sers. Die Komponenten werden im Abschnitt (cid:18)Determinanten im Probleml(cid:246)seprozess(cid:16) n(cid:228)her erl(cid:228)utert und (cid:21) z.T. in Verbindung mit spezielleren funktionalistischen Theorien (z.B. Dual Space Theory; Klahr & Dunbar, 1988) (cid:21) auf die eigene Fragestellung bezogen.1 2.2 Computersimulierte Szenarios als Methode Es stellt sich zun(cid:228)chst die Frage, wie komplexe, dynamische, polytelische Problemstel- lungen in der Forschung operationalisierbar sind. Ein v.a. in den Vereinigten Staaten verbreiteter Ansatz besteht darin, Probleml(cid:246)severhalten in nat(cid:252)rlichen, praktisch rele- vanten Wissensdom(cid:228)nen (z.B. physikalisches Wissen, Schreiben, Schachprobleme) zu untersuchen, bevorzugt im Experten-Novizen-Vergleich (s. Sternberg, 1995). In der eu- rop(cid:228)ischen Probleml(cid:246)seforschung hingegen hat sich die Entwicklung angemesserer Pro- blemstellungen seit den siebziger Jahren an den M(cid:246)glichkeiten der Computertechnolo- gie orientiert. Computersimulierte (cid:18)Mikrowelten(cid:16), die einen oft semantisch reichhaltigen Bereich der Alltagswelt nachmodellieren, werden (cid:21) zumeist unerfahreren (cid:21) Probleml(cid:246)- sern (cid:228)hnlich einem Rollenspiel vorgegeben. Versuchspersonen k(cid:246)nnen im jeweiligen Ge- genstandsbereich Entwicklungen beobachten, Zusammenh(cid:228)nge eigenst(cid:228)ndig explorieren, 1F(cid:252)r eine umfassende Rahmentheorie zum komplexen Probleml(cid:246)sen einschlie(cid:255)lich kognitiver Teil- prozesse, Emotion, Motivation und Probleml(cid:246)severhalten ist auf D(cid:246)rners Handlungsregulationstheorie zuverweisen(s.z.B.D(cid:246)rneretal.,1988).DadieTheoriekeinenunmittelbarenBeitragzurempirischen Pr(cid:252)fung in dieser Arbeit leistet, unterbleibt eine Darstellung an dieser Stelle.

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